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Die Grenzboten. Jg. 69, 1910, Drittes Vierteljahr.

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Maßgebliches und Umnaßgci'liebes

nicht Pächter ihrer Scholle. Dabei ist der bäuerliche Besitz im Wachstum, der
Großgrundbesitz im Rückgang begriffen. Von Großgrundherrschaften mit 1000 und
mehr Hektar landwirtschaftlich benutzter Fläche kommen 83 auf Posen, 68 auf
Ostpreußen, 63 auf Brandenburg, 51 auf Pommern, 32 auf Westpreußen, 27 auf
Schlesien, 21 auf die Provinz Sachsen, 17 auf Mecklenburg-Schwerin, je 5 auf
Mecklenburg-Strelitz und Anhalt, je 2 auf Schleswig-Holstein und Hannover, je
1 auf Westfalen, Königreich Sachsen und Württemberg. In allen übrigen Teilen
des Reiches fehlen solche fürstlichen Güterkomplexe. Die landwirtschaftliche Ent¬
wicklung bewegt sich also in einer Richtung, die der von den sozialdemokratischen
Theoretikern gewünschten entgegengesetzt ist. Dagegen dürfen sie allerdings aus
der gewerblichen einige Hoffnung schöpfen: die Konzentration der Betriebe, die
Zunahme der Abhängigen und die relative Abnahme der selbständigen ist hier
unzweifelhaft. Im Gewerbe allein (ohne Handel und Verkehr) hat sich die Zahl
der selbständigen gegen 1893 um 4,11 vom Hundert, gegen 1882 gar um 10,18
v. H. vermindert. In Handel und Verkehr ist zwar die Zahl der selbständigen
bedeutend gestiegen, aber weit stärker steigt die Zahl der Betriebspersonen. In
Großbetrieben des Handels waren 1907 beschäftigt 183170, in Mittelbetrieben
380519 Personen. Der Zugang zur Selbständigkeit ist den Angestellten im Gro߬
betrieb so gut wie ganz, im Mittelbetrieb beinahe verschlossen, und die Fälle, daß
Handlungsdiener einen Kleinbetrieb übernehmen oder gründen, werden seltener.
"Die kaufmännischen Arbeitskräfte, die mit einer dauernden Abhängigkeit zu rechnen
haben, empfinden natürlich manchen Mißstand schwerer als die, denen die Aussicht
auf spätere Selbständigkeit manches Unbequeme und nachteilige erträglich erscheinen
läßt. Da die Zahl jener zugenommen hat, erklärt es sich von selbst, daß das
Ringen um Verbesserung von Arbeitsbedingungen auch im Handel so lebhaft und
drängend geworden ist und in der Öffentlichkeit so große Wellen schlägt." Doch
sind wir glücklicherweise von einer Konzentration, die den Umschlag in eine (selbst¬
verständlich rasch vorübergehende) Herrschaft des Proletariats ermöglichen könnte,
noch ziemlich weit entfernt. Um uus auf das Gewerbe (ohne Handel und Verkehr)
zu beschränken, so waren nach der Zählung in den 32000 Großbetrieben 5,36, in den
270000 Mittelbetrieben 3,69, in den 3,15 Millionen Kleinbetrieben 5,38 Millionen
Personen beschäftigt.

Eine dritte Tatsache, die nicht bloß volkswirtschaftlich wichtig ist, sondern auch
für die Politik und für das gesamte Kulturleben ins Gewicht fällt, besteht in der
wachsenden Zahl der weiblichen Personen, die ums Brot arbeiten müssen. Lassen
wir die 4,60 Millionen, die an der landwirtschaftlichen Erwerbstätigkeit teilnehmen,
aus dem Spiele (weil sie zu einem großen Teil Familienangehörige des Bauern
sind und weil die landwirtschaftliche Frauenarbeit althergebracht und in keiner
Beziehung bedenklich ist), so waren im Jahre 1907 im Gewerbe 2,10, in Handel
und Verkehr (wo die Zunahme gegen frühere Zählungen besonders stark ist) 3,48, in
häuslichen Diensten und Lohnarbeit wechselnder Art (diese Kategorie nimmt ab, waS
zu allerlei Betrachtungen anregt) 0,32, im öffentlichen Dienst und in freien Berufs-
arten 0,29 Millionen weibliche Personen tätig; außerdem wurden 1,79 Millionen
selbständige Frauen ohne Beruf gezählt. Das macht zusammen 7,98 Millionen Frauen,
die wirtschaftlich auf ihren eignen Füßen stehen. So widerwärtig diese Entwicklung
Leuten von meinem Geschmack sein mag, hemmen oder rückgängig machen läßt sie
sich nicht, und ihren politischen Konsequenzen können wir uns nicht entziehen.
Wenn alle Völker aller Zeiten die Frauen in irgendeiner Form der Mundschaft
des Mannes unterstellt haben, so ist das, bei den Germanen wenigstens, nicht aus
Despotenlaune geschehen, sondern in der Absicht, die Frauen der Notwendigkeit


Maßgebliches und Umnaßgci'liebes

nicht Pächter ihrer Scholle. Dabei ist der bäuerliche Besitz im Wachstum, der
Großgrundbesitz im Rückgang begriffen. Von Großgrundherrschaften mit 1000 und
mehr Hektar landwirtschaftlich benutzter Fläche kommen 83 auf Posen, 68 auf
Ostpreußen, 63 auf Brandenburg, 51 auf Pommern, 32 auf Westpreußen, 27 auf
Schlesien, 21 auf die Provinz Sachsen, 17 auf Mecklenburg-Schwerin, je 5 auf
Mecklenburg-Strelitz und Anhalt, je 2 auf Schleswig-Holstein und Hannover, je
1 auf Westfalen, Königreich Sachsen und Württemberg. In allen übrigen Teilen
des Reiches fehlen solche fürstlichen Güterkomplexe. Die landwirtschaftliche Ent¬
wicklung bewegt sich also in einer Richtung, die der von den sozialdemokratischen
Theoretikern gewünschten entgegengesetzt ist. Dagegen dürfen sie allerdings aus
der gewerblichen einige Hoffnung schöpfen: die Konzentration der Betriebe, die
Zunahme der Abhängigen und die relative Abnahme der selbständigen ist hier
unzweifelhaft. Im Gewerbe allein (ohne Handel und Verkehr) hat sich die Zahl
der selbständigen gegen 1893 um 4,11 vom Hundert, gegen 1882 gar um 10,18
v. H. vermindert. In Handel und Verkehr ist zwar die Zahl der selbständigen
bedeutend gestiegen, aber weit stärker steigt die Zahl der Betriebspersonen. In
Großbetrieben des Handels waren 1907 beschäftigt 183170, in Mittelbetrieben
380519 Personen. Der Zugang zur Selbständigkeit ist den Angestellten im Gro߬
betrieb so gut wie ganz, im Mittelbetrieb beinahe verschlossen, und die Fälle, daß
Handlungsdiener einen Kleinbetrieb übernehmen oder gründen, werden seltener.
„Die kaufmännischen Arbeitskräfte, die mit einer dauernden Abhängigkeit zu rechnen
haben, empfinden natürlich manchen Mißstand schwerer als die, denen die Aussicht
auf spätere Selbständigkeit manches Unbequeme und nachteilige erträglich erscheinen
läßt. Da die Zahl jener zugenommen hat, erklärt es sich von selbst, daß das
Ringen um Verbesserung von Arbeitsbedingungen auch im Handel so lebhaft und
drängend geworden ist und in der Öffentlichkeit so große Wellen schlägt." Doch
sind wir glücklicherweise von einer Konzentration, die den Umschlag in eine (selbst¬
verständlich rasch vorübergehende) Herrschaft des Proletariats ermöglichen könnte,
noch ziemlich weit entfernt. Um uus auf das Gewerbe (ohne Handel und Verkehr)
zu beschränken, so waren nach der Zählung in den 32000 Großbetrieben 5,36, in den
270000 Mittelbetrieben 3,69, in den 3,15 Millionen Kleinbetrieben 5,38 Millionen
Personen beschäftigt.

Eine dritte Tatsache, die nicht bloß volkswirtschaftlich wichtig ist, sondern auch
für die Politik und für das gesamte Kulturleben ins Gewicht fällt, besteht in der
wachsenden Zahl der weiblichen Personen, die ums Brot arbeiten müssen. Lassen
wir die 4,60 Millionen, die an der landwirtschaftlichen Erwerbstätigkeit teilnehmen,
aus dem Spiele (weil sie zu einem großen Teil Familienangehörige des Bauern
sind und weil die landwirtschaftliche Frauenarbeit althergebracht und in keiner
Beziehung bedenklich ist), so waren im Jahre 1907 im Gewerbe 2,10, in Handel
und Verkehr (wo die Zunahme gegen frühere Zählungen besonders stark ist) 3,48, in
häuslichen Diensten und Lohnarbeit wechselnder Art (diese Kategorie nimmt ab, waS
zu allerlei Betrachtungen anregt) 0,32, im öffentlichen Dienst und in freien Berufs-
arten 0,29 Millionen weibliche Personen tätig; außerdem wurden 1,79 Millionen
selbständige Frauen ohne Beruf gezählt. Das macht zusammen 7,98 Millionen Frauen,
die wirtschaftlich auf ihren eignen Füßen stehen. So widerwärtig diese Entwicklung
Leuten von meinem Geschmack sein mag, hemmen oder rückgängig machen läßt sie
sich nicht, und ihren politischen Konsequenzen können wir uns nicht entziehen.
Wenn alle Völker aller Zeiten die Frauen in irgendeiner Form der Mundschaft
des Mannes unterstellt haben, so ist das, bei den Germanen wenigstens, nicht aus
Despotenlaune geschehen, sondern in der Absicht, die Frauen der Notwendigkeit


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[0410] Maßgebliches und Umnaßgci'liebes nicht Pächter ihrer Scholle. Dabei ist der bäuerliche Besitz im Wachstum, der Großgrundbesitz im Rückgang begriffen. Von Großgrundherrschaften mit 1000 und mehr Hektar landwirtschaftlich benutzter Fläche kommen 83 auf Posen, 68 auf Ostpreußen, 63 auf Brandenburg, 51 auf Pommern, 32 auf Westpreußen, 27 auf Schlesien, 21 auf die Provinz Sachsen, 17 auf Mecklenburg-Schwerin, je 5 auf Mecklenburg-Strelitz und Anhalt, je 2 auf Schleswig-Holstein und Hannover, je 1 auf Westfalen, Königreich Sachsen und Württemberg. In allen übrigen Teilen des Reiches fehlen solche fürstlichen Güterkomplexe. Die landwirtschaftliche Ent¬ wicklung bewegt sich also in einer Richtung, die der von den sozialdemokratischen Theoretikern gewünschten entgegengesetzt ist. Dagegen dürfen sie allerdings aus der gewerblichen einige Hoffnung schöpfen: die Konzentration der Betriebe, die Zunahme der Abhängigen und die relative Abnahme der selbständigen ist hier unzweifelhaft. Im Gewerbe allein (ohne Handel und Verkehr) hat sich die Zahl der selbständigen gegen 1893 um 4,11 vom Hundert, gegen 1882 gar um 10,18 v. H. vermindert. In Handel und Verkehr ist zwar die Zahl der selbständigen bedeutend gestiegen, aber weit stärker steigt die Zahl der Betriebspersonen. In Großbetrieben des Handels waren 1907 beschäftigt 183170, in Mittelbetrieben 380519 Personen. Der Zugang zur Selbständigkeit ist den Angestellten im Gro߬ betrieb so gut wie ganz, im Mittelbetrieb beinahe verschlossen, und die Fälle, daß Handlungsdiener einen Kleinbetrieb übernehmen oder gründen, werden seltener. „Die kaufmännischen Arbeitskräfte, die mit einer dauernden Abhängigkeit zu rechnen haben, empfinden natürlich manchen Mißstand schwerer als die, denen die Aussicht auf spätere Selbständigkeit manches Unbequeme und nachteilige erträglich erscheinen läßt. Da die Zahl jener zugenommen hat, erklärt es sich von selbst, daß das Ringen um Verbesserung von Arbeitsbedingungen auch im Handel so lebhaft und drängend geworden ist und in der Öffentlichkeit so große Wellen schlägt." Doch sind wir glücklicherweise von einer Konzentration, die den Umschlag in eine (selbst¬ verständlich rasch vorübergehende) Herrschaft des Proletariats ermöglichen könnte, noch ziemlich weit entfernt. Um uus auf das Gewerbe (ohne Handel und Verkehr) zu beschränken, so waren nach der Zählung in den 32000 Großbetrieben 5,36, in den 270000 Mittelbetrieben 3,69, in den 3,15 Millionen Kleinbetrieben 5,38 Millionen Personen beschäftigt. Eine dritte Tatsache, die nicht bloß volkswirtschaftlich wichtig ist, sondern auch für die Politik und für das gesamte Kulturleben ins Gewicht fällt, besteht in der wachsenden Zahl der weiblichen Personen, die ums Brot arbeiten müssen. Lassen wir die 4,60 Millionen, die an der landwirtschaftlichen Erwerbstätigkeit teilnehmen, aus dem Spiele (weil sie zu einem großen Teil Familienangehörige des Bauern sind und weil die landwirtschaftliche Frauenarbeit althergebracht und in keiner Beziehung bedenklich ist), so waren im Jahre 1907 im Gewerbe 2,10, in Handel und Verkehr (wo die Zunahme gegen frühere Zählungen besonders stark ist) 3,48, in häuslichen Diensten und Lohnarbeit wechselnder Art (diese Kategorie nimmt ab, waS zu allerlei Betrachtungen anregt) 0,32, im öffentlichen Dienst und in freien Berufs- arten 0,29 Millionen weibliche Personen tätig; außerdem wurden 1,79 Millionen selbständige Frauen ohne Beruf gezählt. Das macht zusammen 7,98 Millionen Frauen, die wirtschaftlich auf ihren eignen Füßen stehen. So widerwärtig diese Entwicklung Leuten von meinem Geschmack sein mag, hemmen oder rückgängig machen läßt sie sich nicht, und ihren politischen Konsequenzen können wir uns nicht entziehen. Wenn alle Völker aller Zeiten die Frauen in irgendeiner Form der Mundschaft des Mannes unterstellt haben, so ist das, bei den Germanen wenigstens, nicht aus Despotenlaune geschehen, sondern in der Absicht, die Frauen der Notwendigkeit

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 69, 1910, Drittes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341891_316288/410>, abgerufen am 23.07.2024.