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Die Grenzboten. Jg. 69, 1910, Drittes Vierteljahr.

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Das neue Versicherungsrecht

Auch für die Allgemeinheit gewinnt die Privatversicherung in ihrem gegen¬
wärtigen Umfange stets an Wichtigkeit; man vergegenwärtige sich nur die
Gesamtergebnisse, mit denen die Versicherung zurzeit in Deutschland arbeitet.
Die Prämien eines einzigen Jahres (1907) aus dem unmittelbaren deutschen
Geschäft werden angegeben für die Lebensversicherung auf 507770000 Mark,
für die Unfall- und Haftpflichtversicherung auf 79640000 Mark, für die Feuer¬
versicherung auf 272780000 Mark, zusammen also für diese vier großen Ver¬
sicherungszweige auf 860190000 Mark. Danach fließen diesen Versicherungs-
unternehmuugen an jedem Tage rund 2400000 Mark Prämien zu. Auf den
Kopf der Bevölkerung entfallen für die genannten Zweige der Lebens-, Unfall-,
Haftpflicht- und Feuerversicherung 14,13 Mark Prämien jährlich. Die Prämien¬
zunahme für die sämtlichen Versicherungsunternehmungen betrug im Jahre 1905:
55000000, 1906: 49000000 und 1907: 43500000 Mark, also eine scheinbare
Verlangsamung des Fortschreitens. die aber mit allerlei Zufälligkeiten des Wirt¬
schaftslebens zusammenhängt, z. B. mit der größern oder geringern Häufigkeit
der Hagelschaden und der dadurch bedingten Nachschüsse. Bei der Beratung
des Versicherungsvertragsgesetzes im Jahre 1906 wurde zur Vergleichung hervor¬
gehoben, daß im Jahre 1904 für die Feuer-, Hagel-, Vieh- und Lebens¬
versicherung in Deutschland an Prämien ungefähr das Dreifache des Gesamt¬
betrages der direkten Steuern in Preußen jährlich aufgewendet wird. Inzwischen
mag sich das Verhältnis noch zugunsten der Versicherung verschoben haben,
obgleich ja auch die Steuern, wie bekannt, nicht geringer geworden sind.

In der Lebensversicherung sind für 1907 von den Versicherungsnehmern
an Prämien und Policegebühren an die deutschen Versicherungsunternehmungen
gezahlt worden: in der Volksversicherung 80050000 Mark und in der großen
Versicherung 424180000 Mark; für eingetretene Versicherungsfälle und für
vorzeitig aufgelöste Versicherungen sind in der Volksversicherung 35960000 Mark
und in der großen Versicherung 232 910 000 Mark bar an die Versicherungs¬
nehmer zurückgeflossen; mau muß dabei berücksichtigen, daß die Prämien eines
Jahres nur zu einem Teile für Versicherungsleistungen desselben Jahres ver¬
wendet werden, zum andern Teil als Prämienreserve für zukünftige Ver¬
sicherungsleistungen zurückgehalten werden müssen; dieser Prämienreserve sind
von den Prämien in der Volksversicherung 19830000 Mark, in der großen
Versicherung 173660000 Mark zugeführt worden. In der Unfall- und Haftpflicht¬
versicherung sind 42497000 Mark, in der Feuerversicherung 125538000 Mark
an Schäden ausgezahlt worden. Rechnet man die Versicherungssummen der bei
den großen deutschen, bei den ausländischen und den deutschen öffentlichen Ver¬
sicherungsanstalten versicherten Objekte zusammen, so erhält man für Ende 1907
mit 177601000000 Mark sehr nahe den ganzen Wert des deutschen Volks¬
vermögens, soweit dieses einer Versicherung gegen Feuersgefahr zugänglich ist.

Um nicht allzusehr mit den großen Zahlen zu ermüden, sei nur noch die
Höhe der Kapitalanlagen, also des festangelegten Vermögens der Versicherungs-


Grenzboten III 1910 41
Das neue Versicherungsrecht

Auch für die Allgemeinheit gewinnt die Privatversicherung in ihrem gegen¬
wärtigen Umfange stets an Wichtigkeit; man vergegenwärtige sich nur die
Gesamtergebnisse, mit denen die Versicherung zurzeit in Deutschland arbeitet.
Die Prämien eines einzigen Jahres (1907) aus dem unmittelbaren deutschen
Geschäft werden angegeben für die Lebensversicherung auf 507770000 Mark,
für die Unfall- und Haftpflichtversicherung auf 79640000 Mark, für die Feuer¬
versicherung auf 272780000 Mark, zusammen also für diese vier großen Ver¬
sicherungszweige auf 860190000 Mark. Danach fließen diesen Versicherungs-
unternehmuugen an jedem Tage rund 2400000 Mark Prämien zu. Auf den
Kopf der Bevölkerung entfallen für die genannten Zweige der Lebens-, Unfall-,
Haftpflicht- und Feuerversicherung 14,13 Mark Prämien jährlich. Die Prämien¬
zunahme für die sämtlichen Versicherungsunternehmungen betrug im Jahre 1905:
55000000, 1906: 49000000 und 1907: 43500000 Mark, also eine scheinbare
Verlangsamung des Fortschreitens. die aber mit allerlei Zufälligkeiten des Wirt¬
schaftslebens zusammenhängt, z. B. mit der größern oder geringern Häufigkeit
der Hagelschaden und der dadurch bedingten Nachschüsse. Bei der Beratung
des Versicherungsvertragsgesetzes im Jahre 1906 wurde zur Vergleichung hervor¬
gehoben, daß im Jahre 1904 für die Feuer-, Hagel-, Vieh- und Lebens¬
versicherung in Deutschland an Prämien ungefähr das Dreifache des Gesamt¬
betrages der direkten Steuern in Preußen jährlich aufgewendet wird. Inzwischen
mag sich das Verhältnis noch zugunsten der Versicherung verschoben haben,
obgleich ja auch die Steuern, wie bekannt, nicht geringer geworden sind.

In der Lebensversicherung sind für 1907 von den Versicherungsnehmern
an Prämien und Policegebühren an die deutschen Versicherungsunternehmungen
gezahlt worden: in der Volksversicherung 80050000 Mark und in der großen
Versicherung 424180000 Mark; für eingetretene Versicherungsfälle und für
vorzeitig aufgelöste Versicherungen sind in der Volksversicherung 35960000 Mark
und in der großen Versicherung 232 910 000 Mark bar an die Versicherungs¬
nehmer zurückgeflossen; mau muß dabei berücksichtigen, daß die Prämien eines
Jahres nur zu einem Teile für Versicherungsleistungen desselben Jahres ver¬
wendet werden, zum andern Teil als Prämienreserve für zukünftige Ver¬
sicherungsleistungen zurückgehalten werden müssen; dieser Prämienreserve sind
von den Prämien in der Volksversicherung 19830000 Mark, in der großen
Versicherung 173660000 Mark zugeführt worden. In der Unfall- und Haftpflicht¬
versicherung sind 42497000 Mark, in der Feuerversicherung 125538000 Mark
an Schäden ausgezahlt worden. Rechnet man die Versicherungssummen der bei
den großen deutschen, bei den ausländischen und den deutschen öffentlichen Ver¬
sicherungsanstalten versicherten Objekte zusammen, so erhält man für Ende 1907
mit 177601000000 Mark sehr nahe den ganzen Wert des deutschen Volks¬
vermögens, soweit dieses einer Versicherung gegen Feuersgefahr zugänglich ist.

Um nicht allzusehr mit den großen Zahlen zu ermüden, sei nur noch die
Höhe der Kapitalanlagen, also des festangelegten Vermögens der Versicherungs-


Grenzboten III 1910 41
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[0333] Das neue Versicherungsrecht Auch für die Allgemeinheit gewinnt die Privatversicherung in ihrem gegen¬ wärtigen Umfange stets an Wichtigkeit; man vergegenwärtige sich nur die Gesamtergebnisse, mit denen die Versicherung zurzeit in Deutschland arbeitet. Die Prämien eines einzigen Jahres (1907) aus dem unmittelbaren deutschen Geschäft werden angegeben für die Lebensversicherung auf 507770000 Mark, für die Unfall- und Haftpflichtversicherung auf 79640000 Mark, für die Feuer¬ versicherung auf 272780000 Mark, zusammen also für diese vier großen Ver¬ sicherungszweige auf 860190000 Mark. Danach fließen diesen Versicherungs- unternehmuugen an jedem Tage rund 2400000 Mark Prämien zu. Auf den Kopf der Bevölkerung entfallen für die genannten Zweige der Lebens-, Unfall-, Haftpflicht- und Feuerversicherung 14,13 Mark Prämien jährlich. Die Prämien¬ zunahme für die sämtlichen Versicherungsunternehmungen betrug im Jahre 1905: 55000000, 1906: 49000000 und 1907: 43500000 Mark, also eine scheinbare Verlangsamung des Fortschreitens. die aber mit allerlei Zufälligkeiten des Wirt¬ schaftslebens zusammenhängt, z. B. mit der größern oder geringern Häufigkeit der Hagelschaden und der dadurch bedingten Nachschüsse. Bei der Beratung des Versicherungsvertragsgesetzes im Jahre 1906 wurde zur Vergleichung hervor¬ gehoben, daß im Jahre 1904 für die Feuer-, Hagel-, Vieh- und Lebens¬ versicherung in Deutschland an Prämien ungefähr das Dreifache des Gesamt¬ betrages der direkten Steuern in Preußen jährlich aufgewendet wird. Inzwischen mag sich das Verhältnis noch zugunsten der Versicherung verschoben haben, obgleich ja auch die Steuern, wie bekannt, nicht geringer geworden sind. In der Lebensversicherung sind für 1907 von den Versicherungsnehmern an Prämien und Policegebühren an die deutschen Versicherungsunternehmungen gezahlt worden: in der Volksversicherung 80050000 Mark und in der großen Versicherung 424180000 Mark; für eingetretene Versicherungsfälle und für vorzeitig aufgelöste Versicherungen sind in der Volksversicherung 35960000 Mark und in der großen Versicherung 232 910 000 Mark bar an die Versicherungs¬ nehmer zurückgeflossen; mau muß dabei berücksichtigen, daß die Prämien eines Jahres nur zu einem Teile für Versicherungsleistungen desselben Jahres ver¬ wendet werden, zum andern Teil als Prämienreserve für zukünftige Ver¬ sicherungsleistungen zurückgehalten werden müssen; dieser Prämienreserve sind von den Prämien in der Volksversicherung 19830000 Mark, in der großen Versicherung 173660000 Mark zugeführt worden. In der Unfall- und Haftpflicht¬ versicherung sind 42497000 Mark, in der Feuerversicherung 125538000 Mark an Schäden ausgezahlt worden. Rechnet man die Versicherungssummen der bei den großen deutschen, bei den ausländischen und den deutschen öffentlichen Ver¬ sicherungsanstalten versicherten Objekte zusammen, so erhält man für Ende 1907 mit 177601000000 Mark sehr nahe den ganzen Wert des deutschen Volks¬ vermögens, soweit dieses einer Versicherung gegen Feuersgefahr zugänglich ist. Um nicht allzusehr mit den großen Zahlen zu ermüden, sei nur noch die Höhe der Kapitalanlagen, also des festangelegten Vermögens der Versicherungs- Grenzboten III 1910 41

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 69, 1910, Drittes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341891_316288/333>, abgerufen am 23.07.2024.