Die Grenzboten. Jg. 69, 1910, Drittes Vierteljahr.Friedrich Stcxß Bildnisse seiner Freunde. Einen Brief von: 9. September hatte er angeblich von Vor den Gendarmen, sowie vor Nepp und Savary blieb der Verhaftete da¬ Er wurde darauf in das Polizeihaus in Wien gebracht, wo er am 13. Dieses Verhör hatte der Kaiser am 12. Oktober angeordnet; er hatte die *) Napoleons Brief an Couchö in der "Lorresponäance", 19, 572. Grenzboten III 1910 28
Friedrich Stcxß Bildnisse seiner Freunde. Einen Brief von: 9. September hatte er angeblich von Vor den Gendarmen, sowie vor Nepp und Savary blieb der Verhaftete da¬ Er wurde darauf in das Polizeihaus in Wien gebracht, wo er am 13. Dieses Verhör hatte der Kaiser am 12. Oktober angeordnet; er hatte die *) Napoleons Brief an Couchö in der „Lorresponäance", 19, 572. Grenzboten III 1910 28
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Friedrich Stcxß
Bildnisse seiner Freunde. Einen Brief von: 9. September hatte er angeblich von
einem Freunde erhalten; erst später stellte sich heraus, daß er ihn in Erfurt noch
an sich selbst geschrieben hatte, um den Schein zu erwecken, als habe er geschäftlich
in Wien zu tun.
Vor den Gendarmen, sowie vor Nepp und Savary blieb der Verhaftete da¬
bei, er habe dein Kaiser allein etwas mitzuteilen, es sei ein Geheimnis, das
sonst niemand wissen dürfe. Man könne mit ihm machen, was man wolle, er
sei bereit zu sterben. Vor Napoleon geführt, hatte er in Gegenwart von Berthier,
Bernadotte, Duroi, Nepp uudSavary mit demKaiser eine halbstündigeUnterredung;
er gestand, daß er ihn habe töten wollen; während des Erfurter .Kongresses
habe er den Plan noch nicht gefaßt, da er geglaubt habe, der Kaiser werde
Deutschland den Frieden geben. Als der Leibarzt Corvisart gerufen wurde,
um ihn: den Picks zu fühlen, war keinerlei Aufregung an ihm wahrzunehmen.
Auch auf die Frage: „Würden Sie es mir danken, wenn ich Sie begnadigte?"
verharrte Stepß bei seiner Absicht: „Ich würde Sie dennoch zu töten suchen."
Er wurde darauf in das Polizeihaus in Wien gebracht, wo er am 13.
und 14. Oktober vor dem Polizeikommissar Schulmeister vernommen wurde:
Er schlief ruhig des Nachts und gab bis zuletzt auf alle Fragen klare und
bestimmte Autwort. Als man ihm vorhielt, warum er nicht den Kaiser Franz
getötet habe, meinte er, die Franzosen wären alsdann in Deutschland geblieben
und er selbst wäre nicht im Stande gewesen, Deutschland, Holland, Spanien,
England und auch Frankreich zu retten oder ihnen einen Dienst zu erweisen;
denn nur durch Napoleons Tod könne der Friede wiederhergestellt werden. Er
habe nicht die geringste Unruhe in sich verspürt und hätte seinen Plan kalt¬
blütig ausgeführt. Die Strafe, die ihn treffe, kenne er wohl; aber je schmerz¬
licher sie sei, um so mehr ersehne er die Nähe des Todes, um endlich die ewige
Seligkeit zu genießen. Er erhoffe für den beabsichtigten Mord eine Belohnung
vom höchsten Wesen. Schulmeister suchte ihm um eine bessere Meinung von
Napoleon beizubringen. Er habe den Bürgerkrieg in Frankreich beendigt,
die öffentliche Sicherheit wieder hergestellt, dem Lande das Konkordat und die
Freiheit des Kultus gegeben und tue alles für das Glück seiner Völker. Stepß
sagte, daran habe er nie gedacht und sich nur das Unglück in Deutschland vor
Augen gehalten. Er ließ sich auch überzeugen, daß nicht Napoleon, sondern
Kaiser Franz den Krieg begonnen habe, und gab schließlich zu, daß er sich
geirrt habe.
Dieses Verhör hatte der Kaiser am 12. Oktober angeordnet; er hatte die
Absicht, den Übeltäter vor ein Kriegsgericht zu stellen, doch sollte die Sache
möglichst geheimgehalten werden.*) Berthier hatte schon vorher verboten über den
Fall zu sprechen, und obwohl eine große Zuschauermenge durch die Parade angelockt
worden war, hatte niemand etwas von dein Vorgang bemerkt; erst am folgenden
*) Napoleons Brief an Couchö in der „Lorresponäance", 19, 572.
Grenzboten III 1910 28
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