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Die Grenzboten. Jg. 69, 1910, Drittes Vierteljahr.

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Die Wasserwirtschaft im rheinisch-westfälischen Zndttstricbczirk

wieder ein auch unter modernen Verhältnissen lohnender Schiffsverkehr auf der'
Ruhr stattfinden kann. Daneben spielen die Talsperren im Hinterland als
Kraftquellen eine segensreiche Rolle, namentlich seitdem nicht bloß die Kraft des
fließenden Wassers an den von ihnen gespeisten Bächen ausgenutzt wird, sondern
auch bei der Talsperre selbst durch besondere Anlagen in Elektrizität umgewandelt
und beliebig fortgeleitet wird.




Bald nach der endgültigen Gründung des Ruhrtalsperrenvereins sand der
entscheidende Schritt statt, der auch das Problem der Wasscrableitung des
Jndustriebezirks zur Lösung bringen sollte. Am 14. Dezember 1899 tagte in Essen
unter dem Vorsitz des Regierungspräsidenten Winzer aus Arnsberg eine Versamm¬
lung von Vertretern der Behörden, der Stadt- und Landkreise des Bezirks und
einiger besonders geladener Bergwerksunternehmungen. Es handelte sich vor
allen Dingen darum, die technische Lösung der Frage vorzubereiten, aus dem
Stadium der Versuche, der unfruchtbaren Teilarbeiten herauszukommen, und einen
Plan für den ganzen Bezirk aufzustellen, der die Herstellung eines zuverlässigen
gemeinsamen Vorfluters zum Zweck hatte. Von der Staatsverwaltung war, so
betonte der Vorsitzende, hierin nichts zu erwarten, da drei Regierungsbezirke
und zwei Provinzen beteiligt seien und über die hierdurch gegebene Schwierigkeit
nicht hinwegzukommen sei. Es sollten vorläufig die nicht unerheblichen Kosten
der Projektaufstellung aufgebracht werden, und zwar von den beteiligten Stadt-
und Landkreisen. Dies wurde auch durch freiwillige Vereinbarung erreicht,
ferner wurde eine große Kommission gewählt, insbesondere aus den Gemeinde¬
verwaltungen und der Bergwerksindustrie, welche die Projektausstellung leiten
und die Ausführung vorbereiten sollte.

In den Jahren 1901 bis 1903 wurde dann im Auftrage dieser Kommission
ein Projekt durch den Wasserbauinspektor Mitteldorf ausgearbeitet. Es sah
von der Erbauung eines besonderen großen Schmutzwasserkanals ab, hielt an
der Emscher als Hauptvorfluter fest und sah ihre Begradigung, Vertiefung und
die Verlegung des unteren Teils zur Gewinnung einer tieferen Mündungsstelle
rheinabwärts vor. Daneben wurde die Regulierung der Nebenbäche und die
Anlage großer Klärbrunnen geplant, kurz alles, was zur Reinigung und möglichst
schnellen Abführung der Abwässer erforderlich war. Die Kosten -- ohne Klär¬
anlagen -- wurden auf dreiunddreißig Millionen Mark veranschlagt, der
zur jährlichen Verzinsung und Tilgung erforderliche Betrag auf eineinhalb
Millionen Mark.

Unterdessen war auch die fast unlösbar scheinende Frage entschieden, wie
die Mittel aufzubringen seien. Daß dies ans dem leistungsfähigen Bezirk
selbst heraus geschehen müsse, war klar, nur fehlte es an einem geeigneten
Träger dieser Verpflichtung. Die einwandfreie Abführung der Abwässer gehört
an sich zum Gebiete der Gemeindeaufgabcn, doch beschränkt sich diese Ausgab^,
regelmäßig auf geeignete Maßnahmen im Gemcindegebiet; eine regelmäßige


Die Wasserwirtschaft im rheinisch-westfälischen Zndttstricbczirk

wieder ein auch unter modernen Verhältnissen lohnender Schiffsverkehr auf der'
Ruhr stattfinden kann. Daneben spielen die Talsperren im Hinterland als
Kraftquellen eine segensreiche Rolle, namentlich seitdem nicht bloß die Kraft des
fließenden Wassers an den von ihnen gespeisten Bächen ausgenutzt wird, sondern
auch bei der Talsperre selbst durch besondere Anlagen in Elektrizität umgewandelt
und beliebig fortgeleitet wird.




Bald nach der endgültigen Gründung des Ruhrtalsperrenvereins sand der
entscheidende Schritt statt, der auch das Problem der Wasscrableitung des
Jndustriebezirks zur Lösung bringen sollte. Am 14. Dezember 1899 tagte in Essen
unter dem Vorsitz des Regierungspräsidenten Winzer aus Arnsberg eine Versamm¬
lung von Vertretern der Behörden, der Stadt- und Landkreise des Bezirks und
einiger besonders geladener Bergwerksunternehmungen. Es handelte sich vor
allen Dingen darum, die technische Lösung der Frage vorzubereiten, aus dem
Stadium der Versuche, der unfruchtbaren Teilarbeiten herauszukommen, und einen
Plan für den ganzen Bezirk aufzustellen, der die Herstellung eines zuverlässigen
gemeinsamen Vorfluters zum Zweck hatte. Von der Staatsverwaltung war, so
betonte der Vorsitzende, hierin nichts zu erwarten, da drei Regierungsbezirke
und zwei Provinzen beteiligt seien und über die hierdurch gegebene Schwierigkeit
nicht hinwegzukommen sei. Es sollten vorläufig die nicht unerheblichen Kosten
der Projektaufstellung aufgebracht werden, und zwar von den beteiligten Stadt-
und Landkreisen. Dies wurde auch durch freiwillige Vereinbarung erreicht,
ferner wurde eine große Kommission gewählt, insbesondere aus den Gemeinde¬
verwaltungen und der Bergwerksindustrie, welche die Projektausstellung leiten
und die Ausführung vorbereiten sollte.

In den Jahren 1901 bis 1903 wurde dann im Auftrage dieser Kommission
ein Projekt durch den Wasserbauinspektor Mitteldorf ausgearbeitet. Es sah
von der Erbauung eines besonderen großen Schmutzwasserkanals ab, hielt an
der Emscher als Hauptvorfluter fest und sah ihre Begradigung, Vertiefung und
die Verlegung des unteren Teils zur Gewinnung einer tieferen Mündungsstelle
rheinabwärts vor. Daneben wurde die Regulierung der Nebenbäche und die
Anlage großer Klärbrunnen geplant, kurz alles, was zur Reinigung und möglichst
schnellen Abführung der Abwässer erforderlich war. Die Kosten — ohne Klär¬
anlagen — wurden auf dreiunddreißig Millionen Mark veranschlagt, der
zur jährlichen Verzinsung und Tilgung erforderliche Betrag auf eineinhalb
Millionen Mark.

Unterdessen war auch die fast unlösbar scheinende Frage entschieden, wie
die Mittel aufzubringen seien. Daß dies ans dem leistungsfähigen Bezirk
selbst heraus geschehen müsse, war klar, nur fehlte es an einem geeigneten
Träger dieser Verpflichtung. Die einwandfreie Abführung der Abwässer gehört
an sich zum Gebiete der Gemeindeaufgabcn, doch beschränkt sich diese Ausgab^,
regelmäßig auf geeignete Maßnahmen im Gemcindegebiet; eine regelmäßige


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[0219] Die Wasserwirtschaft im rheinisch-westfälischen Zndttstricbczirk wieder ein auch unter modernen Verhältnissen lohnender Schiffsverkehr auf der' Ruhr stattfinden kann. Daneben spielen die Talsperren im Hinterland als Kraftquellen eine segensreiche Rolle, namentlich seitdem nicht bloß die Kraft des fließenden Wassers an den von ihnen gespeisten Bächen ausgenutzt wird, sondern auch bei der Talsperre selbst durch besondere Anlagen in Elektrizität umgewandelt und beliebig fortgeleitet wird. Bald nach der endgültigen Gründung des Ruhrtalsperrenvereins sand der entscheidende Schritt statt, der auch das Problem der Wasscrableitung des Jndustriebezirks zur Lösung bringen sollte. Am 14. Dezember 1899 tagte in Essen unter dem Vorsitz des Regierungspräsidenten Winzer aus Arnsberg eine Versamm¬ lung von Vertretern der Behörden, der Stadt- und Landkreise des Bezirks und einiger besonders geladener Bergwerksunternehmungen. Es handelte sich vor allen Dingen darum, die technische Lösung der Frage vorzubereiten, aus dem Stadium der Versuche, der unfruchtbaren Teilarbeiten herauszukommen, und einen Plan für den ganzen Bezirk aufzustellen, der die Herstellung eines zuverlässigen gemeinsamen Vorfluters zum Zweck hatte. Von der Staatsverwaltung war, so betonte der Vorsitzende, hierin nichts zu erwarten, da drei Regierungsbezirke und zwei Provinzen beteiligt seien und über die hierdurch gegebene Schwierigkeit nicht hinwegzukommen sei. Es sollten vorläufig die nicht unerheblichen Kosten der Projektaufstellung aufgebracht werden, und zwar von den beteiligten Stadt- und Landkreisen. Dies wurde auch durch freiwillige Vereinbarung erreicht, ferner wurde eine große Kommission gewählt, insbesondere aus den Gemeinde¬ verwaltungen und der Bergwerksindustrie, welche die Projektausstellung leiten und die Ausführung vorbereiten sollte. In den Jahren 1901 bis 1903 wurde dann im Auftrage dieser Kommission ein Projekt durch den Wasserbauinspektor Mitteldorf ausgearbeitet. Es sah von der Erbauung eines besonderen großen Schmutzwasserkanals ab, hielt an der Emscher als Hauptvorfluter fest und sah ihre Begradigung, Vertiefung und die Verlegung des unteren Teils zur Gewinnung einer tieferen Mündungsstelle rheinabwärts vor. Daneben wurde die Regulierung der Nebenbäche und die Anlage großer Klärbrunnen geplant, kurz alles, was zur Reinigung und möglichst schnellen Abführung der Abwässer erforderlich war. Die Kosten — ohne Klär¬ anlagen — wurden auf dreiunddreißig Millionen Mark veranschlagt, der zur jährlichen Verzinsung und Tilgung erforderliche Betrag auf eineinhalb Millionen Mark. Unterdessen war auch die fast unlösbar scheinende Frage entschieden, wie die Mittel aufzubringen seien. Daß dies ans dem leistungsfähigen Bezirk selbst heraus geschehen müsse, war klar, nur fehlte es an einem geeigneten Träger dieser Verpflichtung. Die einwandfreie Abführung der Abwässer gehört an sich zum Gebiete der Gemeindeaufgabcn, doch beschränkt sich diese Ausgab^, regelmäßig auf geeignete Maßnahmen im Gemcindegebiet; eine regelmäßige

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 69, 1910, Drittes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341891_316288/219>, abgerufen am 23.07.2024.