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Die Grenzboten. Jg. 69, 1910, Erstes Vierteljahr.

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An Paul tteyse
Mein Sehnen ward erfüllt. Es kam die Stunde,
Da ich dir selbst ins Auge durfte schauen.
Es kamen Monde, da an deinem Munde
Ich lauschend hing mit fröhlichen: Vertrauen,
Da ich an deines Hauses Tafelrunde,
Poeten zugesellt, mich durft' erbauen;
Und wahrlich, was ich ward in meiner Weise,
Ich dankt' es dir und deinen: Sternenkreise.
An vierzig Jahre sind seitdem verflossen;
Uns trennte bald der Wirbelstrom der Zeiten.
Die damals Freunde waren und Genossen,
Sind heilt verstreut in fernen Erdenweiten.
Ja, viele, die wir warm ins Herz geschlossen,
Schon sahn wir in den Schoß der Erde gleiten;
Und selten nur auch führten gleiche Gleise
Zusammen uns noch auf des Lebens Reise.
Dann drohten neue Zeiten mit Vernichtung
Den alten, hellen Schönheitsidealen.
Die Malerei nun reichten und die Dichtung
Uns neue Früchte dar in neuen Schalen;
Ulld ich gesteh' es, daß die "junge Richtung"
Auch mich entflammte mit ersehnten Strahlen;
Doch nimmermehr sank in den neuen Flammen,
Was echt und schön gewesen war, zusammen.
Ulld immer wieder aus des Tages Dröhnen
Zog's mich zurück zum längst bewährten Alten,
Zog's mich zurück zum alten Eivigschönen,
Das du naturfrisch wußtest zu gestalten,
Zu deinen Erdentöchtern, Erdensöhnen,
Durchglüht vom Hauche himmlischer Gewalten,
Zu dir, den mich, eh' jung're noch ich ehrte,
Die Mutter meiner Mutter lieben lehrte.

An Paul tteyse
Mein Sehnen ward erfüllt. Es kam die Stunde,
Da ich dir selbst ins Auge durfte schauen.
Es kamen Monde, da an deinem Munde
Ich lauschend hing mit fröhlichen: Vertrauen,
Da ich an deines Hauses Tafelrunde,
Poeten zugesellt, mich durft' erbauen;
Und wahrlich, was ich ward in meiner Weise,
Ich dankt' es dir und deinen: Sternenkreise.
An vierzig Jahre sind seitdem verflossen;
Uns trennte bald der Wirbelstrom der Zeiten.
Die damals Freunde waren und Genossen,
Sind heilt verstreut in fernen Erdenweiten.
Ja, viele, die wir warm ins Herz geschlossen,
Schon sahn wir in den Schoß der Erde gleiten;
Und selten nur auch führten gleiche Gleise
Zusammen uns noch auf des Lebens Reise.
Dann drohten neue Zeiten mit Vernichtung
Den alten, hellen Schönheitsidealen.
Die Malerei nun reichten und die Dichtung
Uns neue Früchte dar in neuen Schalen;
Ulld ich gesteh' es, daß die „junge Richtung"
Auch mich entflammte mit ersehnten Strahlen;
Doch nimmermehr sank in den neuen Flammen,
Was echt und schön gewesen war, zusammen.
Ulld immer wieder aus des Tages Dröhnen
Zog's mich zurück zum längst bewährten Alten,
Zog's mich zurück zum alten Eivigschönen,
Das du naturfrisch wußtest zu gestalten,
Zu deinen Erdentöchtern, Erdensöhnen,
Durchglüht vom Hauche himmlischer Gewalten,
Zu dir, den mich, eh' jung're noch ich ehrte,
Die Mutter meiner Mutter lieben lehrte.

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[0446] An Paul tteyse Mein Sehnen ward erfüllt. Es kam die Stunde, Da ich dir selbst ins Auge durfte schauen. Es kamen Monde, da an deinem Munde Ich lauschend hing mit fröhlichen: Vertrauen, Da ich an deines Hauses Tafelrunde, Poeten zugesellt, mich durft' erbauen; Und wahrlich, was ich ward in meiner Weise, Ich dankt' es dir und deinen: Sternenkreise. An vierzig Jahre sind seitdem verflossen; Uns trennte bald der Wirbelstrom der Zeiten. Die damals Freunde waren und Genossen, Sind heilt verstreut in fernen Erdenweiten. Ja, viele, die wir warm ins Herz geschlossen, Schon sahn wir in den Schoß der Erde gleiten; Und selten nur auch führten gleiche Gleise Zusammen uns noch auf des Lebens Reise. Dann drohten neue Zeiten mit Vernichtung Den alten, hellen Schönheitsidealen. Die Malerei nun reichten und die Dichtung Uns neue Früchte dar in neuen Schalen; Ulld ich gesteh' es, daß die „junge Richtung" Auch mich entflammte mit ersehnten Strahlen; Doch nimmermehr sank in den neuen Flammen, Was echt und schön gewesen war, zusammen. Ulld immer wieder aus des Tages Dröhnen Zog's mich zurück zum längst bewährten Alten, Zog's mich zurück zum alten Eivigschönen, Das du naturfrisch wußtest zu gestalten, Zu deinen Erdentöchtern, Erdensöhnen, Durchglüht vom Hauche himmlischer Gewalten, Zu dir, den mich, eh' jung're noch ich ehrte, Die Mutter meiner Mutter lieben lehrte.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 69, 1910, Erstes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341891_314996/446>, abgerufen am 24.07.2024.