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Die Grenzboten. Jg. 69, 1910, Erstes Vierteljahr.

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Die Methode und die Technik der preußischen Verwaltung

schriften wurden im Plenum vorgetragen und so zur .Kenntnis aller andern
Angehörigen der Regierung gebracht, sowie schließlich den vorgesetzten Behörden
vorgelegt. Ähnlich planmäßig muß nach den Mitteilungen des Ministers
von Delbrück in seinen Erinnerungen bis in die vierziger Jahre des vorigen
Jahrhunderts auch die Reiseübung in den Ministerien gewesen sein.

Für die Provinzialbehörden bestand daneben eine andre vortreffliche Ein¬
richtung, nämlich die Verpflichtung, regelmäßige Berichte allgemeiner Art nach
oben zu erstatten. Die Oberprüsidenten hatten nach der Instruktion von 1808
alljährlich einen allgemeinen Bericht vorzulegen über "den Zustand der ganzen
Administration des Innern und der Finanzen und deren Hauptzweige, was
darin in dem verflossenen Jahr Erhebliches geschehen, und das, was darin noch
zu tun übrig bleibt, mit räsonicrenden Vorschlägen zur Verbesserung der
Administration". Auch die jetzt noch formell geltende Oberpräsidialinstruktion
von 1825 trägt den Oberprüsidenten auf, alljährlich einen allgemeinen Bericht
über den Zustand der ihnen anvertrauten Provinzen an das Staatsministerium
zu erstatten. Bei den Regierungen hatte jedes Mitglied am Jahresschluß "über
den Zustand und die Geschäftslage seines Departements, von dem, was während
dem Laufe des Jahres in demselben von Erheblichkeit geschehen und noch zu
tun übrig bleibt, einen allgemeinen übersichtlichen und beurteilende" Bericht"
abzustatten, der im Kollegium vorgetragen wurde. Ebenso mußte die Regierung
selbst alljährlich über den Zustand der Verwaltung ihres Bezirks im ganzen
und die darin im verflossenen Jahr gemachten Fortschritte durch die Hand des
Oberpräsidenten an die Ministerien berichten. Diesen: Bericht, der vorher im
Plenum vorzulegen war, wurden die Berichte der einzelnen Departementsräte
beigefügt.

Eine dritte Gruppe von Vorschriften ging dahin, daß alle wichtigeren grund¬
sätzlichen Entscheidungen und allgemeinen Verfügungen der Regierung durch
Kollegialbeschluß, und zwar, wenn mehr als eine Abteilung beteiligt war, im
Plenum, zu treffen waren, daß alle neuen Gesetze, Gesetzentwürfe, Ministerial-
verordnungen im Plenum, sowie endlich zahlreiche andre wichtige Sachen je
nachdem im Plenum oder in den Abteilungssitzungen vorgetragen werden mußten.

Berücksichtigt man alles dieses, dann wird man nicht leugnen können, daß
bei zweckentsprechender Beobachtung dieser Vorschriften nicht uur die obern Be¬
hörden über die Verhältnisse im Lande vorzüglich unterrichtet sein mußten, sondern
daß auch die Provinzialbehörden, namentlich die Regierungen und ihre einzelnen
Mitglieder eine gleichmäßige, unifassende Kenntnis der Verhältnisse ihres Amts¬
bezirks und seiner Bewohner haben mußten und befähigt waren, richtige Ent¬
scheidungen zu treffen.

Die spätere Entwicklung hat nur eins geändert, indem die Geschäfte der
früheren Abteilung des Innern auf den Regierungspräsidenten übertragen wurden,
womit die kollegialische Erledigung dieser Angelegenheiten grundsätzlich beseitigt
war, so daß für diese neue sogenannte Präsidialabteilung Sitzungen gesetzlich


Die Methode und die Technik der preußischen Verwaltung

schriften wurden im Plenum vorgetragen und so zur .Kenntnis aller andern
Angehörigen der Regierung gebracht, sowie schließlich den vorgesetzten Behörden
vorgelegt. Ähnlich planmäßig muß nach den Mitteilungen des Ministers
von Delbrück in seinen Erinnerungen bis in die vierziger Jahre des vorigen
Jahrhunderts auch die Reiseübung in den Ministerien gewesen sein.

Für die Provinzialbehörden bestand daneben eine andre vortreffliche Ein¬
richtung, nämlich die Verpflichtung, regelmäßige Berichte allgemeiner Art nach
oben zu erstatten. Die Oberprüsidenten hatten nach der Instruktion von 1808
alljährlich einen allgemeinen Bericht vorzulegen über „den Zustand der ganzen
Administration des Innern und der Finanzen und deren Hauptzweige, was
darin in dem verflossenen Jahr Erhebliches geschehen, und das, was darin noch
zu tun übrig bleibt, mit räsonicrenden Vorschlägen zur Verbesserung der
Administration". Auch die jetzt noch formell geltende Oberpräsidialinstruktion
von 1825 trägt den Oberprüsidenten auf, alljährlich einen allgemeinen Bericht
über den Zustand der ihnen anvertrauten Provinzen an das Staatsministerium
zu erstatten. Bei den Regierungen hatte jedes Mitglied am Jahresschluß „über
den Zustand und die Geschäftslage seines Departements, von dem, was während
dem Laufe des Jahres in demselben von Erheblichkeit geschehen und noch zu
tun übrig bleibt, einen allgemeinen übersichtlichen und beurteilende» Bericht"
abzustatten, der im Kollegium vorgetragen wurde. Ebenso mußte die Regierung
selbst alljährlich über den Zustand der Verwaltung ihres Bezirks im ganzen
und die darin im verflossenen Jahr gemachten Fortschritte durch die Hand des
Oberpräsidenten an die Ministerien berichten. Diesen: Bericht, der vorher im
Plenum vorzulegen war, wurden die Berichte der einzelnen Departementsräte
beigefügt.

Eine dritte Gruppe von Vorschriften ging dahin, daß alle wichtigeren grund¬
sätzlichen Entscheidungen und allgemeinen Verfügungen der Regierung durch
Kollegialbeschluß, und zwar, wenn mehr als eine Abteilung beteiligt war, im
Plenum, zu treffen waren, daß alle neuen Gesetze, Gesetzentwürfe, Ministerial-
verordnungen im Plenum, sowie endlich zahlreiche andre wichtige Sachen je
nachdem im Plenum oder in den Abteilungssitzungen vorgetragen werden mußten.

Berücksichtigt man alles dieses, dann wird man nicht leugnen können, daß
bei zweckentsprechender Beobachtung dieser Vorschriften nicht uur die obern Be¬
hörden über die Verhältnisse im Lande vorzüglich unterrichtet sein mußten, sondern
daß auch die Provinzialbehörden, namentlich die Regierungen und ihre einzelnen
Mitglieder eine gleichmäßige, unifassende Kenntnis der Verhältnisse ihres Amts¬
bezirks und seiner Bewohner haben mußten und befähigt waren, richtige Ent¬
scheidungen zu treffen.

Die spätere Entwicklung hat nur eins geändert, indem die Geschäfte der
früheren Abteilung des Innern auf den Regierungspräsidenten übertragen wurden,
womit die kollegialische Erledigung dieser Angelegenheiten grundsätzlich beseitigt
war, so daß für diese neue sogenannte Präsidialabteilung Sitzungen gesetzlich


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[0216] Die Methode und die Technik der preußischen Verwaltung schriften wurden im Plenum vorgetragen und so zur .Kenntnis aller andern Angehörigen der Regierung gebracht, sowie schließlich den vorgesetzten Behörden vorgelegt. Ähnlich planmäßig muß nach den Mitteilungen des Ministers von Delbrück in seinen Erinnerungen bis in die vierziger Jahre des vorigen Jahrhunderts auch die Reiseübung in den Ministerien gewesen sein. Für die Provinzialbehörden bestand daneben eine andre vortreffliche Ein¬ richtung, nämlich die Verpflichtung, regelmäßige Berichte allgemeiner Art nach oben zu erstatten. Die Oberprüsidenten hatten nach der Instruktion von 1808 alljährlich einen allgemeinen Bericht vorzulegen über „den Zustand der ganzen Administration des Innern und der Finanzen und deren Hauptzweige, was darin in dem verflossenen Jahr Erhebliches geschehen, und das, was darin noch zu tun übrig bleibt, mit räsonicrenden Vorschlägen zur Verbesserung der Administration". Auch die jetzt noch formell geltende Oberpräsidialinstruktion von 1825 trägt den Oberprüsidenten auf, alljährlich einen allgemeinen Bericht über den Zustand der ihnen anvertrauten Provinzen an das Staatsministerium zu erstatten. Bei den Regierungen hatte jedes Mitglied am Jahresschluß „über den Zustand und die Geschäftslage seines Departements, von dem, was während dem Laufe des Jahres in demselben von Erheblichkeit geschehen und noch zu tun übrig bleibt, einen allgemeinen übersichtlichen und beurteilende» Bericht" abzustatten, der im Kollegium vorgetragen wurde. Ebenso mußte die Regierung selbst alljährlich über den Zustand der Verwaltung ihres Bezirks im ganzen und die darin im verflossenen Jahr gemachten Fortschritte durch die Hand des Oberpräsidenten an die Ministerien berichten. Diesen: Bericht, der vorher im Plenum vorzulegen war, wurden die Berichte der einzelnen Departementsräte beigefügt. Eine dritte Gruppe von Vorschriften ging dahin, daß alle wichtigeren grund¬ sätzlichen Entscheidungen und allgemeinen Verfügungen der Regierung durch Kollegialbeschluß, und zwar, wenn mehr als eine Abteilung beteiligt war, im Plenum, zu treffen waren, daß alle neuen Gesetze, Gesetzentwürfe, Ministerial- verordnungen im Plenum, sowie endlich zahlreiche andre wichtige Sachen je nachdem im Plenum oder in den Abteilungssitzungen vorgetragen werden mußten. Berücksichtigt man alles dieses, dann wird man nicht leugnen können, daß bei zweckentsprechender Beobachtung dieser Vorschriften nicht uur die obern Be¬ hörden über die Verhältnisse im Lande vorzüglich unterrichtet sein mußten, sondern daß auch die Provinzialbehörden, namentlich die Regierungen und ihre einzelnen Mitglieder eine gleichmäßige, unifassende Kenntnis der Verhältnisse ihres Amts¬ bezirks und seiner Bewohner haben mußten und befähigt waren, richtige Ent¬ scheidungen zu treffen. Die spätere Entwicklung hat nur eins geändert, indem die Geschäfte der früheren Abteilung des Innern auf den Regierungspräsidenten übertragen wurden, womit die kollegialische Erledigung dieser Angelegenheiten grundsätzlich beseitigt war, so daß für diese neue sogenannte Präsidialabteilung Sitzungen gesetzlich

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 69, 1910, Erstes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341891_314996/216>, abgerufen am 04.07.2024.