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Die Grenzboten. Jg. 68, 1909, Viertes Vierteljahr.

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Maßgebliches und Unmaßgebliches

in den Anmerkungen reichliche und zuverlässige Erläuterungen zum rechten Ver¬
ständnis der Briefe. Schade nur, daß sie hinter und nicht unter dem Texte gedruckt
si G. to. nd, was die genußreiche Lektüre recht erschwert.


Lebenserinnerungen eines deutschen Malers.

Selbstbiographie nebst
Tagebuchniederschriften und Briefen von Ludwig Richter. Herausgegeben und er¬
gänzt von Heinrich Richter. Mit einem Bildnis Ludwig Richters und einer Ein¬
leitung von Ferdinand Avenarius. (Volksausgabe des Dürerbundes. Leipzig, Max
Hesses Verlag.) Es ist ein gutes Zeichen, daß in unserm Volke die Freude an
Ludwig Richters Radierungen und Holzschnitten in beständigem Wachsen ist, offenbar
eine Rückwirkung gegen die aufdringliche Apotheose des Häßlichen und des Raffinierter,
womit wir in dem letzten Jahrzehnt überschüttet worden sind. Da sich in Ludwig
Richters künstlerischem Schaffen wesentliche Züge des deutschen Volkscharakters
offenbaren, werden seine Zeichnungen auch ewig jung, frisch und wirkungsvoll
bleiben. Die ganze Liebenswürdigkeit dieses Künstlers, die Tiefe seines religiös
gestimmten Gemüts, die Beweglichkeit und Reinheit seiner Phantasie und die un¬
ermüdliche Schaffensfreudigkeit lernt man am besten aus seinen Lebenserinnerungen
kennen, die soeben der Dürerbund neu herausgebracht hat. Ludwig Richters
Leben ist ja ohne besondre dramatische Verwicklungen und äußere Kämpfe dahin¬
geflossen; aber welch ein reiches Innenleben hat dieser Künstler geführt, welche
Fülle feiner Beobachtungen und schlagender Urteile tritt in seinen Erinnerungen
zutage! "Wer lange betrachtet, sagt er in einem Briefe, genau beobachtet, auf den
Kern der Gegenstände einzugehen sich bemüht, sieht und erfährt mehr, als wer
vielerlei sieht und von flüchtigen Eindrücken lebt, weiß deshalb mehr zu erzählen,
erlebt mehr und behält geistige Energie, Selbständigkeit, sich innerlich frei zu wissen
von den Außendingen." In 25 Kapiteln ist der reiche Stoff gegliedert: die Kinder-
jahre, die Schulzeit, die napoleonischen Kriege, die ersten Studien, die Reise nach
Frankreich, der Ausenthalt in Italien, die Heimreise, die Tätigkeit in Meißen und in
Dresden. Und daran schließen sich die ergänzenden Nachträge seines Sohnes Heinrich
Richter mit Auszügen aus den Tagebüchern, aus Jahresheften und Briefen. Gerade
diese Nachträge sind äußerst wertvoll, denn sie geben manchen Einblick in die
Denkart des Künstlers. "Der Angelpunkt aller künstlerischen Begeisterung, sagt er
einmal, sind Religion und Vaterland. Unglaube und Kosmopolitismus zerstören die
Grundlagen alles naturwüchsigen Daseins. Nicht ist nötig, mit politischem Partei¬
treiben und konfessionellen Unterschieden sich zu befassen, sondern Wesen und Kern
zu erfassen und darin zu leben! Goethes gesunde Natur brachte mit einem Schlage
deutsche Art und Kunst zum Bewußtsein und zur Geltung in seinen frühern Werken,
und er war auf dem Wege, der größte deutsche Volksdichter zu werden! Später
wurde er Sektierer des Altertums und verließ die eiugeschlagne Bahn, wodurch
Verwirrung und Unsicherheit und ein Auseinandergehn auf tausend verschiednen
Wegen in der Literatur entstanden ist. Was haben die Altertümer nicht geschadet!
Sie haben alles in dumpfem Wahn gehalten, sodaß zuletzt das Vaterländische nicht
nur nicht erkannt, nicht gesucht und geliebt, sondern verachtet war." Wir haben
diese Aufzeichnungen wieder mit großem Genuß gelesen. Es ist ja richtig, was
Avenarius sagt, daß Ludwig Richters "Lebenserinnerungen" nicht zu den Büchern
gehören, die pfadweisend Neuland zeigen, und die nicht nur der Kunstfreund, sondern
auch wir ganz sicherlich auch brauchen, aber wir glauben doch, daß mancher unsrer
jungen Künstler aus den Beobachtungen und Reflexionen Ludwig Richters auch heute
noch vielfach Aufklärung und Anregung schöpfen kann. Unsern Lesern sei das altbekannte
Buch in seiner neuen billigen und schönen Ausgabe angelegentlich empfohlen.




Für die Herausgabe verantwortlich Karl Weisser in Leipzig und George Cleinow in Berlin-
Friedenau. Alle Zuschriften an die Redaktion sind nur nach Leipzig, Jnselstraße 20, zu richten.
Verlag von Fr. Wilh, Grunow in Leipzig -- Druck von Karl Marquart in Leipzig
Maßgebliches und Unmaßgebliches

in den Anmerkungen reichliche und zuverlässige Erläuterungen zum rechten Ver¬
ständnis der Briefe. Schade nur, daß sie hinter und nicht unter dem Texte gedruckt
si G. to. nd, was die genußreiche Lektüre recht erschwert.


Lebenserinnerungen eines deutschen Malers.

Selbstbiographie nebst
Tagebuchniederschriften und Briefen von Ludwig Richter. Herausgegeben und er¬
gänzt von Heinrich Richter. Mit einem Bildnis Ludwig Richters und einer Ein¬
leitung von Ferdinand Avenarius. (Volksausgabe des Dürerbundes. Leipzig, Max
Hesses Verlag.) Es ist ein gutes Zeichen, daß in unserm Volke die Freude an
Ludwig Richters Radierungen und Holzschnitten in beständigem Wachsen ist, offenbar
eine Rückwirkung gegen die aufdringliche Apotheose des Häßlichen und des Raffinierter,
womit wir in dem letzten Jahrzehnt überschüttet worden sind. Da sich in Ludwig
Richters künstlerischem Schaffen wesentliche Züge des deutschen Volkscharakters
offenbaren, werden seine Zeichnungen auch ewig jung, frisch und wirkungsvoll
bleiben. Die ganze Liebenswürdigkeit dieses Künstlers, die Tiefe seines religiös
gestimmten Gemüts, die Beweglichkeit und Reinheit seiner Phantasie und die un¬
ermüdliche Schaffensfreudigkeit lernt man am besten aus seinen Lebenserinnerungen
kennen, die soeben der Dürerbund neu herausgebracht hat. Ludwig Richters
Leben ist ja ohne besondre dramatische Verwicklungen und äußere Kämpfe dahin¬
geflossen; aber welch ein reiches Innenleben hat dieser Künstler geführt, welche
Fülle feiner Beobachtungen und schlagender Urteile tritt in seinen Erinnerungen
zutage! „Wer lange betrachtet, sagt er in einem Briefe, genau beobachtet, auf den
Kern der Gegenstände einzugehen sich bemüht, sieht und erfährt mehr, als wer
vielerlei sieht und von flüchtigen Eindrücken lebt, weiß deshalb mehr zu erzählen,
erlebt mehr und behält geistige Energie, Selbständigkeit, sich innerlich frei zu wissen
von den Außendingen." In 25 Kapiteln ist der reiche Stoff gegliedert: die Kinder-
jahre, die Schulzeit, die napoleonischen Kriege, die ersten Studien, die Reise nach
Frankreich, der Ausenthalt in Italien, die Heimreise, die Tätigkeit in Meißen und in
Dresden. Und daran schließen sich die ergänzenden Nachträge seines Sohnes Heinrich
Richter mit Auszügen aus den Tagebüchern, aus Jahresheften und Briefen. Gerade
diese Nachträge sind äußerst wertvoll, denn sie geben manchen Einblick in die
Denkart des Künstlers. „Der Angelpunkt aller künstlerischen Begeisterung, sagt er
einmal, sind Religion und Vaterland. Unglaube und Kosmopolitismus zerstören die
Grundlagen alles naturwüchsigen Daseins. Nicht ist nötig, mit politischem Partei¬
treiben und konfessionellen Unterschieden sich zu befassen, sondern Wesen und Kern
zu erfassen und darin zu leben! Goethes gesunde Natur brachte mit einem Schlage
deutsche Art und Kunst zum Bewußtsein und zur Geltung in seinen frühern Werken,
und er war auf dem Wege, der größte deutsche Volksdichter zu werden! Später
wurde er Sektierer des Altertums und verließ die eiugeschlagne Bahn, wodurch
Verwirrung und Unsicherheit und ein Auseinandergehn auf tausend verschiednen
Wegen in der Literatur entstanden ist. Was haben die Altertümer nicht geschadet!
Sie haben alles in dumpfem Wahn gehalten, sodaß zuletzt das Vaterländische nicht
nur nicht erkannt, nicht gesucht und geliebt, sondern verachtet war." Wir haben
diese Aufzeichnungen wieder mit großem Genuß gelesen. Es ist ja richtig, was
Avenarius sagt, daß Ludwig Richters „Lebenserinnerungen" nicht zu den Büchern
gehören, die pfadweisend Neuland zeigen, und die nicht nur der Kunstfreund, sondern
auch wir ganz sicherlich auch brauchen, aber wir glauben doch, daß mancher unsrer
jungen Künstler aus den Beobachtungen und Reflexionen Ludwig Richters auch heute
noch vielfach Aufklärung und Anregung schöpfen kann. Unsern Lesern sei das altbekannte
Buch in seiner neuen billigen und schönen Ausgabe angelegentlich empfohlen.




Für die Herausgabe verantwortlich Karl Weisser in Leipzig und George Cleinow in Berlin-
Friedenau. Alle Zuschriften an die Redaktion sind nur nach Leipzig, Jnselstraße 20, zu richten.
Verlag von Fr. Wilh, Grunow in Leipzig — Druck von Karl Marquart in Leipzig
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[0208] Maßgebliches und Unmaßgebliches in den Anmerkungen reichliche und zuverlässige Erläuterungen zum rechten Ver¬ ständnis der Briefe. Schade nur, daß sie hinter und nicht unter dem Texte gedruckt si G. to. nd, was die genußreiche Lektüre recht erschwert. Lebenserinnerungen eines deutschen Malers. Selbstbiographie nebst Tagebuchniederschriften und Briefen von Ludwig Richter. Herausgegeben und er¬ gänzt von Heinrich Richter. Mit einem Bildnis Ludwig Richters und einer Ein¬ leitung von Ferdinand Avenarius. (Volksausgabe des Dürerbundes. Leipzig, Max Hesses Verlag.) Es ist ein gutes Zeichen, daß in unserm Volke die Freude an Ludwig Richters Radierungen und Holzschnitten in beständigem Wachsen ist, offenbar eine Rückwirkung gegen die aufdringliche Apotheose des Häßlichen und des Raffinierter, womit wir in dem letzten Jahrzehnt überschüttet worden sind. Da sich in Ludwig Richters künstlerischem Schaffen wesentliche Züge des deutschen Volkscharakters offenbaren, werden seine Zeichnungen auch ewig jung, frisch und wirkungsvoll bleiben. Die ganze Liebenswürdigkeit dieses Künstlers, die Tiefe seines religiös gestimmten Gemüts, die Beweglichkeit und Reinheit seiner Phantasie und die un¬ ermüdliche Schaffensfreudigkeit lernt man am besten aus seinen Lebenserinnerungen kennen, die soeben der Dürerbund neu herausgebracht hat. Ludwig Richters Leben ist ja ohne besondre dramatische Verwicklungen und äußere Kämpfe dahin¬ geflossen; aber welch ein reiches Innenleben hat dieser Künstler geführt, welche Fülle feiner Beobachtungen und schlagender Urteile tritt in seinen Erinnerungen zutage! „Wer lange betrachtet, sagt er in einem Briefe, genau beobachtet, auf den Kern der Gegenstände einzugehen sich bemüht, sieht und erfährt mehr, als wer vielerlei sieht und von flüchtigen Eindrücken lebt, weiß deshalb mehr zu erzählen, erlebt mehr und behält geistige Energie, Selbständigkeit, sich innerlich frei zu wissen von den Außendingen." In 25 Kapiteln ist der reiche Stoff gegliedert: die Kinder- jahre, die Schulzeit, die napoleonischen Kriege, die ersten Studien, die Reise nach Frankreich, der Ausenthalt in Italien, die Heimreise, die Tätigkeit in Meißen und in Dresden. Und daran schließen sich die ergänzenden Nachträge seines Sohnes Heinrich Richter mit Auszügen aus den Tagebüchern, aus Jahresheften und Briefen. Gerade diese Nachträge sind äußerst wertvoll, denn sie geben manchen Einblick in die Denkart des Künstlers. „Der Angelpunkt aller künstlerischen Begeisterung, sagt er einmal, sind Religion und Vaterland. Unglaube und Kosmopolitismus zerstören die Grundlagen alles naturwüchsigen Daseins. Nicht ist nötig, mit politischem Partei¬ treiben und konfessionellen Unterschieden sich zu befassen, sondern Wesen und Kern zu erfassen und darin zu leben! Goethes gesunde Natur brachte mit einem Schlage deutsche Art und Kunst zum Bewußtsein und zur Geltung in seinen frühern Werken, und er war auf dem Wege, der größte deutsche Volksdichter zu werden! Später wurde er Sektierer des Altertums und verließ die eiugeschlagne Bahn, wodurch Verwirrung und Unsicherheit und ein Auseinandergehn auf tausend verschiednen Wegen in der Literatur entstanden ist. Was haben die Altertümer nicht geschadet! Sie haben alles in dumpfem Wahn gehalten, sodaß zuletzt das Vaterländische nicht nur nicht erkannt, nicht gesucht und geliebt, sondern verachtet war." Wir haben diese Aufzeichnungen wieder mit großem Genuß gelesen. Es ist ja richtig, was Avenarius sagt, daß Ludwig Richters „Lebenserinnerungen" nicht zu den Büchern gehören, die pfadweisend Neuland zeigen, und die nicht nur der Kunstfreund, sondern auch wir ganz sicherlich auch brauchen, aber wir glauben doch, daß mancher unsrer jungen Künstler aus den Beobachtungen und Reflexionen Ludwig Richters auch heute noch vielfach Aufklärung und Anregung schöpfen kann. Unsern Lesern sei das altbekannte Buch in seiner neuen billigen und schönen Ausgabe angelegentlich empfohlen. Für die Herausgabe verantwortlich Karl Weisser in Leipzig und George Cleinow in Berlin- Friedenau. Alle Zuschriften an die Redaktion sind nur nach Leipzig, Jnselstraße 20, zu richten. Verlag von Fr. Wilh, Grunow in Leipzig — Druck von Karl Marquart in Leipzig

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 68, 1909, Viertes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341889_314346/208>, abgerufen am 04.07.2024.