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Die Grenzboten. Jg. 68, 1909, Drittes Vierteljahr.

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Die Amerikaner auf Hawai

Verfassung dieser Republik befand sich ein Absatz, der ausdrücklich die "poli¬
tische oder kommerzielle Union mit den Vereinigten Staaten" guthieß.

Die Annexion scheiterte jedoch damals an dem Widerstande des Präsi¬
denten Cleveland. Durch seinen Vorgänger war der Annexionsvertrag dem
Senat in Washington vorgelegt worden. Cleveland zog ihn jedoch sofort nach
dem Antritt seiner zweiten Präsidentschaft (im Jahre 1893) zurück. Weite
Kreise Nordamerikas mochten damals eben eine Gebietserweiterung nicht gut¬
heißen. Wenigstens entsprach eine überseeische Gebietserweiterung den Über¬
lieferungen der Vereinigten Staaten nicht. Hatte doch zum Beispiel 1867 der
Senat einen Antrag verworfen, der die Annexion der dünischen Insel Sankt
Thomas bezweckte, und drei Jahre später einen andern Antrag, durch den
San Domingo annektiert werden sollte. So erklärten sich denn auch jetzt die
an Zahl damals noch beträchtlichen Antiimperialisten gegen eine Annexion
Hawcn's. Die Entthronung der Königin Liliuokalcmi sei durch eine Revolution
zustande gekommen, die von einigen wenigen Ausländern angezettelt worden sei;
ohne die Landung amerikanischer Truppen, wenn diese auch unter dem Vor-
wande des Schutzes für die Gesandtschaft geschehen sei, Hütte die Revolution
nicht gelingen können, und wenn die Amerikaner auf den Inseln auch nur
einen kleinen Teil der Bevölkerung bildeten, so sei ihr Einfluß doch schon lange
überwiegend.

Aber die Amerikaner auf Hawai und ihre imperialistischen Freunde in
der Heimat gaben ihre Sache nicht verloren. Sie setzten einen zweiten
Anncxionsvertrag auf, der von dem Senat der Republik Hawai am 16. Juni
1897 ratifiziert wurde. Und nun stellte sich auch die Negierung der Vereinigten
Staaten auf ihre Seite, zumal da es der Krieg mit Spanien ungemein
wünschenswert erscheinen ließ, im Stillen Ozean eine Basis für die Operationen
der Kriegsflotte zu haben. Am 4. Mai 1898 brachte Francis G. Newlcmds
von Nevcida in Washington den förmlichen Antrag auf Annexion Hawais ein.
Am 15. Juni wurde im Neprüsentantenhause der Gegenantrag gestellt, die
Vereinigten Staaten sollten die Unabhängigkeit Hawais garantieren und sich
gegen die Annexion der Inseln durch irgendeine fremde Macht erklären. Aber
dieser Gegenantrag wurde mit 96 gegen 204 Stimmen abgelehnt, und endlich
der Annexionsantrag selbst mit 209 gegen 91 Stimmen angenommen. Im
Senat fand er am 6. Juli 42 Stimmen gegen 21 Gegenstimmen. Am 7. Juli
1898 unterzeichnete Präsident Mac Kinley die Annexion, die damit vollzogen
war. Als die Flotte des Admirals Dewey auf dem Wege nach Ostasien war,
hatte Hawai schon nicht mehr den geringsten Versuch gemacht, seine Neutralität
aufrechtzuerhalten, hatte vielmehr der Verpflegung der amerikanischen Flotte
keinerlei Schwierigkeiten bereitet.

Die Aufregung, von der das amerikanische Volk in dem Kriege gegen
Spanien ergriffen worden war, hatte wesentlich dazu beigetragen, die Stimmung
für die Annexion Hawais so günstig zu gestalten. Dennoch hatte die Regierung,


Die Amerikaner auf Hawai

Verfassung dieser Republik befand sich ein Absatz, der ausdrücklich die „poli¬
tische oder kommerzielle Union mit den Vereinigten Staaten" guthieß.

Die Annexion scheiterte jedoch damals an dem Widerstande des Präsi¬
denten Cleveland. Durch seinen Vorgänger war der Annexionsvertrag dem
Senat in Washington vorgelegt worden. Cleveland zog ihn jedoch sofort nach
dem Antritt seiner zweiten Präsidentschaft (im Jahre 1893) zurück. Weite
Kreise Nordamerikas mochten damals eben eine Gebietserweiterung nicht gut¬
heißen. Wenigstens entsprach eine überseeische Gebietserweiterung den Über¬
lieferungen der Vereinigten Staaten nicht. Hatte doch zum Beispiel 1867 der
Senat einen Antrag verworfen, der die Annexion der dünischen Insel Sankt
Thomas bezweckte, und drei Jahre später einen andern Antrag, durch den
San Domingo annektiert werden sollte. So erklärten sich denn auch jetzt die
an Zahl damals noch beträchtlichen Antiimperialisten gegen eine Annexion
Hawcn's. Die Entthronung der Königin Liliuokalcmi sei durch eine Revolution
zustande gekommen, die von einigen wenigen Ausländern angezettelt worden sei;
ohne die Landung amerikanischer Truppen, wenn diese auch unter dem Vor-
wande des Schutzes für die Gesandtschaft geschehen sei, Hütte die Revolution
nicht gelingen können, und wenn die Amerikaner auf den Inseln auch nur
einen kleinen Teil der Bevölkerung bildeten, so sei ihr Einfluß doch schon lange
überwiegend.

Aber die Amerikaner auf Hawai und ihre imperialistischen Freunde in
der Heimat gaben ihre Sache nicht verloren. Sie setzten einen zweiten
Anncxionsvertrag auf, der von dem Senat der Republik Hawai am 16. Juni
1897 ratifiziert wurde. Und nun stellte sich auch die Negierung der Vereinigten
Staaten auf ihre Seite, zumal da es der Krieg mit Spanien ungemein
wünschenswert erscheinen ließ, im Stillen Ozean eine Basis für die Operationen
der Kriegsflotte zu haben. Am 4. Mai 1898 brachte Francis G. Newlcmds
von Nevcida in Washington den förmlichen Antrag auf Annexion Hawais ein.
Am 15. Juni wurde im Neprüsentantenhause der Gegenantrag gestellt, die
Vereinigten Staaten sollten die Unabhängigkeit Hawais garantieren und sich
gegen die Annexion der Inseln durch irgendeine fremde Macht erklären. Aber
dieser Gegenantrag wurde mit 96 gegen 204 Stimmen abgelehnt, und endlich
der Annexionsantrag selbst mit 209 gegen 91 Stimmen angenommen. Im
Senat fand er am 6. Juli 42 Stimmen gegen 21 Gegenstimmen. Am 7. Juli
1898 unterzeichnete Präsident Mac Kinley die Annexion, die damit vollzogen
war. Als die Flotte des Admirals Dewey auf dem Wege nach Ostasien war,
hatte Hawai schon nicht mehr den geringsten Versuch gemacht, seine Neutralität
aufrechtzuerhalten, hatte vielmehr der Verpflegung der amerikanischen Flotte
keinerlei Schwierigkeiten bereitet.

Die Aufregung, von der das amerikanische Volk in dem Kriege gegen
Spanien ergriffen worden war, hatte wesentlich dazu beigetragen, die Stimmung
für die Annexion Hawais so günstig zu gestalten. Dennoch hatte die Regierung,


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[0553] Die Amerikaner auf Hawai Verfassung dieser Republik befand sich ein Absatz, der ausdrücklich die „poli¬ tische oder kommerzielle Union mit den Vereinigten Staaten" guthieß. Die Annexion scheiterte jedoch damals an dem Widerstande des Präsi¬ denten Cleveland. Durch seinen Vorgänger war der Annexionsvertrag dem Senat in Washington vorgelegt worden. Cleveland zog ihn jedoch sofort nach dem Antritt seiner zweiten Präsidentschaft (im Jahre 1893) zurück. Weite Kreise Nordamerikas mochten damals eben eine Gebietserweiterung nicht gut¬ heißen. Wenigstens entsprach eine überseeische Gebietserweiterung den Über¬ lieferungen der Vereinigten Staaten nicht. Hatte doch zum Beispiel 1867 der Senat einen Antrag verworfen, der die Annexion der dünischen Insel Sankt Thomas bezweckte, und drei Jahre später einen andern Antrag, durch den San Domingo annektiert werden sollte. So erklärten sich denn auch jetzt die an Zahl damals noch beträchtlichen Antiimperialisten gegen eine Annexion Hawcn's. Die Entthronung der Königin Liliuokalcmi sei durch eine Revolution zustande gekommen, die von einigen wenigen Ausländern angezettelt worden sei; ohne die Landung amerikanischer Truppen, wenn diese auch unter dem Vor- wande des Schutzes für die Gesandtschaft geschehen sei, Hütte die Revolution nicht gelingen können, und wenn die Amerikaner auf den Inseln auch nur einen kleinen Teil der Bevölkerung bildeten, so sei ihr Einfluß doch schon lange überwiegend. Aber die Amerikaner auf Hawai und ihre imperialistischen Freunde in der Heimat gaben ihre Sache nicht verloren. Sie setzten einen zweiten Anncxionsvertrag auf, der von dem Senat der Republik Hawai am 16. Juni 1897 ratifiziert wurde. Und nun stellte sich auch die Negierung der Vereinigten Staaten auf ihre Seite, zumal da es der Krieg mit Spanien ungemein wünschenswert erscheinen ließ, im Stillen Ozean eine Basis für die Operationen der Kriegsflotte zu haben. Am 4. Mai 1898 brachte Francis G. Newlcmds von Nevcida in Washington den förmlichen Antrag auf Annexion Hawais ein. Am 15. Juni wurde im Neprüsentantenhause der Gegenantrag gestellt, die Vereinigten Staaten sollten die Unabhängigkeit Hawais garantieren und sich gegen die Annexion der Inseln durch irgendeine fremde Macht erklären. Aber dieser Gegenantrag wurde mit 96 gegen 204 Stimmen abgelehnt, und endlich der Annexionsantrag selbst mit 209 gegen 91 Stimmen angenommen. Im Senat fand er am 6. Juli 42 Stimmen gegen 21 Gegenstimmen. Am 7. Juli 1898 unterzeichnete Präsident Mac Kinley die Annexion, die damit vollzogen war. Als die Flotte des Admirals Dewey auf dem Wege nach Ostasien war, hatte Hawai schon nicht mehr den geringsten Versuch gemacht, seine Neutralität aufrechtzuerhalten, hatte vielmehr der Verpflegung der amerikanischen Flotte keinerlei Schwierigkeiten bereitet. Die Aufregung, von der das amerikanische Volk in dem Kriege gegen Spanien ergriffen worden war, hatte wesentlich dazu beigetragen, die Stimmung für die Annexion Hawais so günstig zu gestalten. Dennoch hatte die Regierung,

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 68, 1909, Drittes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341889_313702/553>, abgerufen am 23.07.2024.