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Die Grenzboten. Jg. 68, 1909, Drittes Vierteljahr.

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Maßgebliches und Unmaßgebliches

Das hat der Ausgang der Stichwahl in der Pfalz schlagend bewiesen. Die
Nationalliberalen haben den Wahlsitz eingebüßt, die Sozialdemokratie hat ihn nun.
Das wird stets das Resultat erbitterten Streites unter den bürgerlichen Parteien
sein. Möchten sie doch daraus lernen; denn trauriger im nationalen Sinne nach
dem Aufschwung vor dritthalb Jahren konnte der Ausgang nicht sein. In der
Stichwahl haben die Nationalliberalen nicht voll 3000 Stimmen, die Sozialdemo¬
kraten weit über 4000 Stimmen gewonnen; das ist für einen Wahlkreis, der in
der Hauptwahl über zwei Drittel bürgerliche Stimmen ausgewiesen hatte, geradezu
beschämend, und noch mehr, wenn man in Betracht zieht, daß bisher in der Pfalz
die Gegnerschaft des Zentrums gegen die Sozialdemokratie viel lebhafter war als
im rechtsrheinischen Bayern. norddeutsche Zeitungen, denen dieses Verhältnis un¬
bekannt ist, schlagen die bayrischen Parteiverhältnisse gern über einen Leisten. In
der Pfalz war aber die Stellung der Parteien bisher wesentlich anders, wie noch
die Stichwahl in Neustadt-Landau 1907 ergeben hatte. Wenn jetzt eine Wandlung
eingetreten ist, so wird sie hoffentlich nicht dauernd sein, denn vorläufig ist sie
bloß auf die ungeeignete, auf einer ganzen Reihe von Täuschungen beruhende
Agitation der Liberalen zurückzuführen. Nach Lage der Dinge scheint der Bund
der Landwirte ziemlich vollzählig für den Nationalliberalen eingetreten zu sein und
hat somit trotz einer gerade ihm gegenüber häufig Maß und Ziel cmßerachtlassenden
Kampfweise seine vaterländische Pflicht erfüllt, wie auch die liberale Presse zugibt.
Dagegen hat sich gezeigt, daß mindestens die Hälfte der Zentrumswähler ihre Ab¬
neigung gegen die Liberalen über alle nationalen Bedenken und selbst über den auf
Wahlenthaltung lautenden Beschluß der Parteileitung gestellt hat. Hier hat sich
demnach der Riß zwischen den bürgerlichen Parteien erweitert, und die Behauptung
läßt sich begründen, daß das bei einer geschickter betriebnen Wahlagitation zu ver¬
meiden gewesen wäre. Es handelt sich dabei nicht etwa nur um liberale Partei¬
interessen, sondern es kommt auch die vaterländische Frage mit ins Spiel. Diesmal
war zum erstenmal der Sozialdemokrat in die Stichwahl gekommen und ist dann
auch durchgedrungen; frühere Stichwahlen hatten zwischen Nationalliberalen und
dem Zentrum stattgefunden. Dabei ist noch niemals eine so geringe Anzahl liberaler
Stimmen im Wahlkreis aufgebracht worden wie das letztemal, selbst wenn man
die Stimmen für den Kandidaten des Bundes der Landwirte hinzurechnen will,
dagegen war die Zahl der Sozialdemokraten bedeutend gewachsen. Wieviele davon
früher liberal gewählt haben mögen, wird schwer festzustellen sein, ist auch schließlich
weiter nicht von Bedeutung. Endlich läßt sich aber nicht bestreiten, daß das Auf¬
treten der Liberalen im Reichstage bei der Finanzreform und nachher ihnen bei
der Wahl nicht den erwarteten und auch vorausverkündeten Vorteil gebracht hat.
Die nächsten in Aussicht stehenden Nachwahlen dürften bei Beibehaltung der bis¬
herigen Agitationsmethode auch die gleiche Enttäuschung bringen. Denn die Nuance,
daß die liberale Opposition nur "dieser" Reichsfinanzreform gelten soll, ist für
einen großen Teil der Wähler zu fein und vermischt sich zu leicht mit dem Stand¬
punkt, der gegen jede Reform war, und den nehmen die Sozialdemokraten ein.
Ihnen kommt also das Mißverständnis zugute, und die Liberalen müssen Wähler
einbüßen. In Stichwahlkreisen ist überhaupt eine besonders vorsichtige Wahltaktik
geboten, bei der man am allerwenigsten mit Selbsttäuschungen arbeiten darf, und
die meisten liberalen Wahlkreise sind Stichwahlkreise. Im nationalen Interesse
kann das nicht laut genug betont werden; wenn es so weitergehn sollte wie jetzt,
werden wir im Reichstage bald wieder die Lage von vor drei Jahren haben, bei
der allein das Zentrum die Mehrheiten diktierte.

Dem nationalen Trauertage vom 30. Juli folgte unmittelbar wieder ein
nationaler Freudentag: Graf Zeppelin fuhr mit 2 II von Friedrichshafen nach


Maßgebliches und Unmaßgebliches

Das hat der Ausgang der Stichwahl in der Pfalz schlagend bewiesen. Die
Nationalliberalen haben den Wahlsitz eingebüßt, die Sozialdemokratie hat ihn nun.
Das wird stets das Resultat erbitterten Streites unter den bürgerlichen Parteien
sein. Möchten sie doch daraus lernen; denn trauriger im nationalen Sinne nach
dem Aufschwung vor dritthalb Jahren konnte der Ausgang nicht sein. In der
Stichwahl haben die Nationalliberalen nicht voll 3000 Stimmen, die Sozialdemo¬
kraten weit über 4000 Stimmen gewonnen; das ist für einen Wahlkreis, der in
der Hauptwahl über zwei Drittel bürgerliche Stimmen ausgewiesen hatte, geradezu
beschämend, und noch mehr, wenn man in Betracht zieht, daß bisher in der Pfalz
die Gegnerschaft des Zentrums gegen die Sozialdemokratie viel lebhafter war als
im rechtsrheinischen Bayern. norddeutsche Zeitungen, denen dieses Verhältnis un¬
bekannt ist, schlagen die bayrischen Parteiverhältnisse gern über einen Leisten. In
der Pfalz war aber die Stellung der Parteien bisher wesentlich anders, wie noch
die Stichwahl in Neustadt-Landau 1907 ergeben hatte. Wenn jetzt eine Wandlung
eingetreten ist, so wird sie hoffentlich nicht dauernd sein, denn vorläufig ist sie
bloß auf die ungeeignete, auf einer ganzen Reihe von Täuschungen beruhende
Agitation der Liberalen zurückzuführen. Nach Lage der Dinge scheint der Bund
der Landwirte ziemlich vollzählig für den Nationalliberalen eingetreten zu sein und
hat somit trotz einer gerade ihm gegenüber häufig Maß und Ziel cmßerachtlassenden
Kampfweise seine vaterländische Pflicht erfüllt, wie auch die liberale Presse zugibt.
Dagegen hat sich gezeigt, daß mindestens die Hälfte der Zentrumswähler ihre Ab¬
neigung gegen die Liberalen über alle nationalen Bedenken und selbst über den auf
Wahlenthaltung lautenden Beschluß der Parteileitung gestellt hat. Hier hat sich
demnach der Riß zwischen den bürgerlichen Parteien erweitert, und die Behauptung
läßt sich begründen, daß das bei einer geschickter betriebnen Wahlagitation zu ver¬
meiden gewesen wäre. Es handelt sich dabei nicht etwa nur um liberale Partei¬
interessen, sondern es kommt auch die vaterländische Frage mit ins Spiel. Diesmal
war zum erstenmal der Sozialdemokrat in die Stichwahl gekommen und ist dann
auch durchgedrungen; frühere Stichwahlen hatten zwischen Nationalliberalen und
dem Zentrum stattgefunden. Dabei ist noch niemals eine so geringe Anzahl liberaler
Stimmen im Wahlkreis aufgebracht worden wie das letztemal, selbst wenn man
die Stimmen für den Kandidaten des Bundes der Landwirte hinzurechnen will,
dagegen war die Zahl der Sozialdemokraten bedeutend gewachsen. Wieviele davon
früher liberal gewählt haben mögen, wird schwer festzustellen sein, ist auch schließlich
weiter nicht von Bedeutung. Endlich läßt sich aber nicht bestreiten, daß das Auf¬
treten der Liberalen im Reichstage bei der Finanzreform und nachher ihnen bei
der Wahl nicht den erwarteten und auch vorausverkündeten Vorteil gebracht hat.
Die nächsten in Aussicht stehenden Nachwahlen dürften bei Beibehaltung der bis¬
herigen Agitationsmethode auch die gleiche Enttäuschung bringen. Denn die Nuance,
daß die liberale Opposition nur „dieser" Reichsfinanzreform gelten soll, ist für
einen großen Teil der Wähler zu fein und vermischt sich zu leicht mit dem Stand¬
punkt, der gegen jede Reform war, und den nehmen die Sozialdemokraten ein.
Ihnen kommt also das Mißverständnis zugute, und die Liberalen müssen Wähler
einbüßen. In Stichwahlkreisen ist überhaupt eine besonders vorsichtige Wahltaktik
geboten, bei der man am allerwenigsten mit Selbsttäuschungen arbeiten darf, und
die meisten liberalen Wahlkreise sind Stichwahlkreise. Im nationalen Interesse
kann das nicht laut genug betont werden; wenn es so weitergehn sollte wie jetzt,
werden wir im Reichstage bald wieder die Lage von vor drei Jahren haben, bei
der allein das Zentrum die Mehrheiten diktierte.

Dem nationalen Trauertage vom 30. Juli folgte unmittelbar wieder ein
nationaler Freudentag: Graf Zeppelin fuhr mit 2 II von Friedrichshafen nach


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[0289] Maßgebliches und Unmaßgebliches Das hat der Ausgang der Stichwahl in der Pfalz schlagend bewiesen. Die Nationalliberalen haben den Wahlsitz eingebüßt, die Sozialdemokratie hat ihn nun. Das wird stets das Resultat erbitterten Streites unter den bürgerlichen Parteien sein. Möchten sie doch daraus lernen; denn trauriger im nationalen Sinne nach dem Aufschwung vor dritthalb Jahren konnte der Ausgang nicht sein. In der Stichwahl haben die Nationalliberalen nicht voll 3000 Stimmen, die Sozialdemo¬ kraten weit über 4000 Stimmen gewonnen; das ist für einen Wahlkreis, der in der Hauptwahl über zwei Drittel bürgerliche Stimmen ausgewiesen hatte, geradezu beschämend, und noch mehr, wenn man in Betracht zieht, daß bisher in der Pfalz die Gegnerschaft des Zentrums gegen die Sozialdemokratie viel lebhafter war als im rechtsrheinischen Bayern. norddeutsche Zeitungen, denen dieses Verhältnis un¬ bekannt ist, schlagen die bayrischen Parteiverhältnisse gern über einen Leisten. In der Pfalz war aber die Stellung der Parteien bisher wesentlich anders, wie noch die Stichwahl in Neustadt-Landau 1907 ergeben hatte. Wenn jetzt eine Wandlung eingetreten ist, so wird sie hoffentlich nicht dauernd sein, denn vorläufig ist sie bloß auf die ungeeignete, auf einer ganzen Reihe von Täuschungen beruhende Agitation der Liberalen zurückzuführen. Nach Lage der Dinge scheint der Bund der Landwirte ziemlich vollzählig für den Nationalliberalen eingetreten zu sein und hat somit trotz einer gerade ihm gegenüber häufig Maß und Ziel cmßerachtlassenden Kampfweise seine vaterländische Pflicht erfüllt, wie auch die liberale Presse zugibt. Dagegen hat sich gezeigt, daß mindestens die Hälfte der Zentrumswähler ihre Ab¬ neigung gegen die Liberalen über alle nationalen Bedenken und selbst über den auf Wahlenthaltung lautenden Beschluß der Parteileitung gestellt hat. Hier hat sich demnach der Riß zwischen den bürgerlichen Parteien erweitert, und die Behauptung läßt sich begründen, daß das bei einer geschickter betriebnen Wahlagitation zu ver¬ meiden gewesen wäre. Es handelt sich dabei nicht etwa nur um liberale Partei¬ interessen, sondern es kommt auch die vaterländische Frage mit ins Spiel. Diesmal war zum erstenmal der Sozialdemokrat in die Stichwahl gekommen und ist dann auch durchgedrungen; frühere Stichwahlen hatten zwischen Nationalliberalen und dem Zentrum stattgefunden. Dabei ist noch niemals eine so geringe Anzahl liberaler Stimmen im Wahlkreis aufgebracht worden wie das letztemal, selbst wenn man die Stimmen für den Kandidaten des Bundes der Landwirte hinzurechnen will, dagegen war die Zahl der Sozialdemokraten bedeutend gewachsen. Wieviele davon früher liberal gewählt haben mögen, wird schwer festzustellen sein, ist auch schließlich weiter nicht von Bedeutung. Endlich läßt sich aber nicht bestreiten, daß das Auf¬ treten der Liberalen im Reichstage bei der Finanzreform und nachher ihnen bei der Wahl nicht den erwarteten und auch vorausverkündeten Vorteil gebracht hat. Die nächsten in Aussicht stehenden Nachwahlen dürften bei Beibehaltung der bis¬ herigen Agitationsmethode auch die gleiche Enttäuschung bringen. Denn die Nuance, daß die liberale Opposition nur „dieser" Reichsfinanzreform gelten soll, ist für einen großen Teil der Wähler zu fein und vermischt sich zu leicht mit dem Stand¬ punkt, der gegen jede Reform war, und den nehmen die Sozialdemokraten ein. Ihnen kommt also das Mißverständnis zugute, und die Liberalen müssen Wähler einbüßen. In Stichwahlkreisen ist überhaupt eine besonders vorsichtige Wahltaktik geboten, bei der man am allerwenigsten mit Selbsttäuschungen arbeiten darf, und die meisten liberalen Wahlkreise sind Stichwahlkreise. Im nationalen Interesse kann das nicht laut genug betont werden; wenn es so weitergehn sollte wie jetzt, werden wir im Reichstage bald wieder die Lage von vor drei Jahren haben, bei der allein das Zentrum die Mehrheiten diktierte. Dem nationalen Trauertage vom 30. Juli folgte unmittelbar wieder ein nationaler Freudentag: Graf Zeppelin fuhr mit 2 II von Friedrichshafen nach

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 68, 1909, Drittes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341889_313702/289>, abgerufen am 03.07.2024.