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Die Grenzboten. Jg. 68, 1909, Erstes Vierteljahr.

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Das neue Exerzierreglement für die Fußartillerie

zwischen auch manche Verbesserung erfahren hatte, wurde die leichte Feldhanbitze
eingeführt, und zwar zunächst für jedes Armeekorps eine Abteilung zu drei
Batterien. Es war dies Ende der neunziger Jahre. Man hatte damit der
Feldartilleric ein wirksames Mittel zur Lösung solcher Aufgaben gegeben,
denen gegenüber die Kanone allein nicht ausreichte. Allein es zeigte sich
doch, daß die leichte Feldhanbitze zwar für die Aufgaben der Feldschlncht ge¬
nügte, daß man aber befestigten Stellungen gegenüber, auch wenn es sich nicht
">n permanente Werke handelte, sondern nur um sorgsam angelegte feldmäßige
Befestigungen, einer noch wirksamern Artillerie bedürfe. Bei der Konstruktion
der leichten Feldhanbitze hatte man auf große Beweglichkeit Wert gelegt, um
ein Geschütz zu erhalten, das auch außerhalb der Wege rasch vorwärtskommen
konnte, also dieselben Möglichkeiten der Verwendung bot wie die Feldkcmoue.
Es liegt auf der Hand, daß die Wirkung eines so kleinen nud leichten Ge¬
schützes künstlichen Deckungen gegenüber gering sein muß. Man kam somit
dazu, auch die schweren Geschütze der Fußartillerie heranzuziehen. Es wurde
eine sogenannte "Fußartillerie mit Bespannung" organisiert, indem bei ein¬
zelnen Fnszartillerieregimentcrn Bespanuungsabteilungen aufgestellt und diese,
mit schweren Haubitzen ausgerüstet, bei Manövern und andern größern Übungen
im Verbände der übrigen Waffengattungen mit verwandt wurden. Diese
Persuche haben dazu geführt, daß jetzt die Fußartillerie eine im Verein mit
der Feldartillerie in der Feldschlacht ankämpfende Waffe geworden ist. In¬
zwischen ist nämlich mit der eigentlichen Feldartillerie eine solche Veränderung
vorgegangen, die der ganzen Verwendung dieser Waffe in der Schlacht ein
verändertes Gepräge gibt. An Stelle der seitherigen Feldkanone ist ein
Schncllfeuergeschütz mit Panzerschilder eingeführt worden. Zugleich ist das
indirekte Schießverfahren zu einer solchen Vollkommenheit ausgebildet worden,
daß es in Zukunft auch von den Kcmonenbatterien viel öfter als seither an¬
gewandt werden wird. Unter indirekten Feuer versteht man ein Feuer, bei dem
das Rohr nicht unmittelbar über Visier und Korn gerichtet wird, sondern
bei dem aus verdeckter Stellung, also ohne daß die Bedienung des Geschützes
das Ziel sehen kann, mit Hilfe besonderer Richtvorrichtungen geschossen wird.
Es ist für den Feind natürlich außerordentlich schwer, häufig sogar ganz nn-
Mvglich, eine Artillerie, die ans solcher verdeckten Stellung feuert, zu siudeu
""d zu bekämpfen. Zieht man dies sowie die Tatsache in Betracht, daß jede
Feldknnone mit einem Panzerschild versehen ist, so wird man wohl ohne Über¬
treibung sagen können, daß sich die beiderseitigen Feldartillerien in einer Zu¬
kunftsschlacht überhaupt nicht viel werden anhaben können, jedenfalls niemals
die eine über die andre ein derartiges Übergewicht erhalten wird, daß diese
zum Einstellen des Feuers gezwungen und als niedergekämpft angesehen
werden kann. Man hatte früher die Vorstellung, daß die Schlacht mit einem
"Artilleriednell" beginnen werde, daß währenddessen die Infanterie sich ent-
Wickeln und den Kampf einleiten werde, in dessen Durchführung die im


Das neue Exerzierreglement für die Fußartillerie

zwischen auch manche Verbesserung erfahren hatte, wurde die leichte Feldhanbitze
eingeführt, und zwar zunächst für jedes Armeekorps eine Abteilung zu drei
Batterien. Es war dies Ende der neunziger Jahre. Man hatte damit der
Feldartilleric ein wirksames Mittel zur Lösung solcher Aufgaben gegeben,
denen gegenüber die Kanone allein nicht ausreichte. Allein es zeigte sich
doch, daß die leichte Feldhanbitze zwar für die Aufgaben der Feldschlncht ge¬
nügte, daß man aber befestigten Stellungen gegenüber, auch wenn es sich nicht
»>n permanente Werke handelte, sondern nur um sorgsam angelegte feldmäßige
Befestigungen, einer noch wirksamern Artillerie bedürfe. Bei der Konstruktion
der leichten Feldhanbitze hatte man auf große Beweglichkeit Wert gelegt, um
ein Geschütz zu erhalten, das auch außerhalb der Wege rasch vorwärtskommen
konnte, also dieselben Möglichkeiten der Verwendung bot wie die Feldkcmoue.
Es liegt auf der Hand, daß die Wirkung eines so kleinen nud leichten Ge¬
schützes künstlichen Deckungen gegenüber gering sein muß. Man kam somit
dazu, auch die schweren Geschütze der Fußartillerie heranzuziehen. Es wurde
eine sogenannte „Fußartillerie mit Bespannung" organisiert, indem bei ein¬
zelnen Fnszartillerieregimentcrn Bespanuungsabteilungen aufgestellt und diese,
mit schweren Haubitzen ausgerüstet, bei Manövern und andern größern Übungen
im Verbände der übrigen Waffengattungen mit verwandt wurden. Diese
Persuche haben dazu geführt, daß jetzt die Fußartillerie eine im Verein mit
der Feldartillerie in der Feldschlacht ankämpfende Waffe geworden ist. In¬
zwischen ist nämlich mit der eigentlichen Feldartillerie eine solche Veränderung
vorgegangen, die der ganzen Verwendung dieser Waffe in der Schlacht ein
verändertes Gepräge gibt. An Stelle der seitherigen Feldkanone ist ein
Schncllfeuergeschütz mit Panzerschilder eingeführt worden. Zugleich ist das
indirekte Schießverfahren zu einer solchen Vollkommenheit ausgebildet worden,
daß es in Zukunft auch von den Kcmonenbatterien viel öfter als seither an¬
gewandt werden wird. Unter indirekten Feuer versteht man ein Feuer, bei dem
das Rohr nicht unmittelbar über Visier und Korn gerichtet wird, sondern
bei dem aus verdeckter Stellung, also ohne daß die Bedienung des Geschützes
das Ziel sehen kann, mit Hilfe besonderer Richtvorrichtungen geschossen wird.
Es ist für den Feind natürlich außerordentlich schwer, häufig sogar ganz nn-
Mvglich, eine Artillerie, die ans solcher verdeckten Stellung feuert, zu siudeu
""d zu bekämpfen. Zieht man dies sowie die Tatsache in Betracht, daß jede
Feldknnone mit einem Panzerschild versehen ist, so wird man wohl ohne Über¬
treibung sagen können, daß sich die beiderseitigen Feldartillerien in einer Zu¬
kunftsschlacht überhaupt nicht viel werden anhaben können, jedenfalls niemals
die eine über die andre ein derartiges Übergewicht erhalten wird, daß diese
zum Einstellen des Feuers gezwungen und als niedergekämpft angesehen
werden kann. Man hatte früher die Vorstellung, daß die Schlacht mit einem
"Artilleriednell" beginnen werde, daß währenddessen die Infanterie sich ent-
Wickeln und den Kampf einleiten werde, in dessen Durchführung die im


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[0633] Das neue Exerzierreglement für die Fußartillerie zwischen auch manche Verbesserung erfahren hatte, wurde die leichte Feldhanbitze eingeführt, und zwar zunächst für jedes Armeekorps eine Abteilung zu drei Batterien. Es war dies Ende der neunziger Jahre. Man hatte damit der Feldartilleric ein wirksames Mittel zur Lösung solcher Aufgaben gegeben, denen gegenüber die Kanone allein nicht ausreichte. Allein es zeigte sich doch, daß die leichte Feldhanbitze zwar für die Aufgaben der Feldschlncht ge¬ nügte, daß man aber befestigten Stellungen gegenüber, auch wenn es sich nicht »>n permanente Werke handelte, sondern nur um sorgsam angelegte feldmäßige Befestigungen, einer noch wirksamern Artillerie bedürfe. Bei der Konstruktion der leichten Feldhanbitze hatte man auf große Beweglichkeit Wert gelegt, um ein Geschütz zu erhalten, das auch außerhalb der Wege rasch vorwärtskommen konnte, also dieselben Möglichkeiten der Verwendung bot wie die Feldkcmoue. Es liegt auf der Hand, daß die Wirkung eines so kleinen nud leichten Ge¬ schützes künstlichen Deckungen gegenüber gering sein muß. Man kam somit dazu, auch die schweren Geschütze der Fußartillerie heranzuziehen. Es wurde eine sogenannte „Fußartillerie mit Bespannung" organisiert, indem bei ein¬ zelnen Fnszartillerieregimentcrn Bespanuungsabteilungen aufgestellt und diese, mit schweren Haubitzen ausgerüstet, bei Manövern und andern größern Übungen im Verbände der übrigen Waffengattungen mit verwandt wurden. Diese Persuche haben dazu geführt, daß jetzt die Fußartillerie eine im Verein mit der Feldartillerie in der Feldschlacht ankämpfende Waffe geworden ist. In¬ zwischen ist nämlich mit der eigentlichen Feldartillerie eine solche Veränderung vorgegangen, die der ganzen Verwendung dieser Waffe in der Schlacht ein verändertes Gepräge gibt. An Stelle der seitherigen Feldkanone ist ein Schncllfeuergeschütz mit Panzerschilder eingeführt worden. Zugleich ist das indirekte Schießverfahren zu einer solchen Vollkommenheit ausgebildet worden, daß es in Zukunft auch von den Kcmonenbatterien viel öfter als seither an¬ gewandt werden wird. Unter indirekten Feuer versteht man ein Feuer, bei dem das Rohr nicht unmittelbar über Visier und Korn gerichtet wird, sondern bei dem aus verdeckter Stellung, also ohne daß die Bedienung des Geschützes das Ziel sehen kann, mit Hilfe besonderer Richtvorrichtungen geschossen wird. Es ist für den Feind natürlich außerordentlich schwer, häufig sogar ganz nn- Mvglich, eine Artillerie, die ans solcher verdeckten Stellung feuert, zu siudeu ""d zu bekämpfen. Zieht man dies sowie die Tatsache in Betracht, daß jede Feldknnone mit einem Panzerschild versehen ist, so wird man wohl ohne Über¬ treibung sagen können, daß sich die beiderseitigen Feldartillerien in einer Zu¬ kunftsschlacht überhaupt nicht viel werden anhaben können, jedenfalls niemals die eine über die andre ein derartiges Übergewicht erhalten wird, daß diese zum Einstellen des Feuers gezwungen und als niedergekämpft angesehen werden kann. Man hatte früher die Vorstellung, daß die Schlacht mit einem "Artilleriednell" beginnen werde, daß währenddessen die Infanterie sich ent- Wickeln und den Kampf einleiten werde, in dessen Durchführung die im

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 68, 1909, Erstes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341889_312350/633>, abgerufen am 23.07.2024.