Die Grenzboten. Jg. 68, 1909, Erstes Vierteljahr.Kaiser Wilhelm der Liste als Schriftsteller hadern delegieren. Soll jedoch mit der Bezeichnung "Geschworne" nur der Begriff Und seine lakonische Bemerkung zu den Ehrengerichten motiviert er Vergebens sucht man bei dem ersten Anblick der inhaltsschweren Bestimmung: Alle Vergehen, welche den gewöhnlichen Strafgesetzen nicht unterliegen, dessen¬ Zu solchen geschloßne" Sonderungen zählt nun aber der Stand des Offiziers. Kaiser Wilhelm der Liste als Schriftsteller hadern delegieren. Soll jedoch mit der Bezeichnung „Geschworne" nur der Begriff Und seine lakonische Bemerkung zu den Ehrengerichten motiviert er Vergebens sucht man bei dem ersten Anblick der inhaltsschweren Bestimmung: Alle Vergehen, welche den gewöhnlichen Strafgesetzen nicht unterliegen, dessen¬ Zu solchen geschloßne» Sonderungen zählt nun aber der Stand des Offiziers. <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0605" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/312956"/> <fw type="header" place="top"> Kaiser Wilhelm der Liste als Schriftsteller</fw><lb/> <p xml:id="ID_2464" prev="#ID_2463"> hadern delegieren. Soll jedoch mit der Bezeichnung „Geschworne" nur der Begriff<lb/> verbunden werden, daß der Soldat von seinesgleichen gerichtet werde, so ist auch<lb/> dieser Anforderung im Preußischen Heere bereits seit dem Jahre 1808 entsprochen<lb/> worden. Hier werden dem Präses des Kriegsgerichts, welcher selbst ein höherer<lb/> Offizier sein muß, als Beigeordnete je drei Gemeine. Unteroffiziere. Sergeanten,<lb/> Sekond- und Premierleutnants, Hauptleute usw. und auch höher hinauf nach dem<lb/> Range des Angeklagten zugegeben. Der dem Präses zugeteilte Auditeur hält den<lb/> Vortrag, worauf jede einzelne Klasse für sich das Strafmaß ausspricht, dann nach<lb/> der daraus gewonnenen Stimmenmehrheit das Erkenntnis aufgesetzt und entweder<lb/> an den König oder an den von demselben Delegierten eingereicht wird. Diese<lb/> Einrichtung hat sich bisher durchaus bewährt, und wir haben sie daher mit Ver¬<lb/> meidung des Wortes „Geschworne" der dritten Rubrik des Paragraphen 68 sub¬<lb/> stituiert.</p><lb/> <p xml:id="ID_2465"> Und seine lakonische Bemerkung zu den Ehrengerichten motiviert er<lb/> folgendermaßen:</p><lb/> <p xml:id="ID_2466"> Vergebens sucht man bei dem ersten Anblick der inhaltsschweren Bestimmung:<lb/> ..Die Ehrengerichte sind abgeschafft!" in den Motiven nach den Gründen derselben.<lb/> Wir können auch hierin nur eine Zeitkonzession erkennen. Liegt es denn aber in<lb/> den Zeiterfordernissen, daß die Ehre nichts mehr gelten soll? Wir glauben im<lb/> Gegenteil, je freier die Handlungen der Menschen sein dürfen, je mehr müssen sie<lb/> sich den Forderungen der Ehre und der Ehrenhaftigkeit unterwerfen. Und da, wo<lb/> geschloßne Sonderungen bestehen, ist es wohl ganz natürlich, daß in denselben der<lb/> eine über den andern wacht, damit jenen Forderungen Genüge geleistet, jeder<lb/> Verstoß gegen dieselben zur Verantwortung gezogen und nach Befund Strafe ver¬<lb/> hängt wird.</p><lb/> <p xml:id="ID_2467"> Alle Vergehen, welche den gewöhnlichen Strafgesetzen nicht unterliegen, dessen¬<lb/> ungeachtet aber nicht ungeahndet bleiben dürfen, wenn die konventionellen Be¬<lb/> dingungen aufrechterhalten werden sollen, ohne welche keine geschloßne Sonderung<lb/> bestehen kann, gehören vor das Forum einer Beratung und Entscheidung der<lb/> Standesgenossen.</p><lb/> <p xml:id="ID_2468"> Zu solchen geschloßne» Sonderungen zählt nun aber der Stand des Offiziers.<lb/> Wollte man selbst das Prinzip der Nivellierung soweit ausdehnen, alle Standes¬<lb/> unterschiede zu vernichten, so wird es doch wahrlich nie gelingen, auch einen Stand<lb/> in den Kreis dieser Nivellierung hineinzuziehen, dessen Lebensaufgabe es ist, jeden<lb/> Augenblick für die höchsten und edelsten Güter der Menschheit das Leben einzu¬<lb/> setzen, und sich gerade hiermit von andern Genossenschaften unterscheidet, deren<lb/> Lebensaufgabe eine durchaus andre ist. Wer sich aber einem Berufe widmet, der<lb/> das Einsetzen des eignen Lebens für allgemeine Zwecke verlangt, wer zugleich die<lb/> Verantwortung übernimmt, andre durch seinen Befehl in den Tod zu führen, der<lb/> muß sich auch eine Gesinnung und Richtung bewahren, die nicht mit dem gewöhn¬<lb/> lichen Maßstabe gemessen werden kann. Diese Bewahrung bedarf aber einer ganz<lb/> besondern Überwachung. Ohne eine solche würden Ausschreitungen der rohesten<lb/> und unedelsten Art den Stand in die Zeiten der Barbarei zurückversetzen. Ist<lb/> doch die Geschichte der neusten Zeit nicht arm an Beispielen, zu welchen Grausam¬<lb/> keiten und Abscheulichkeiten bewaffnete Massen sich hinreißen lassen, wenn keine<lb/> Führer an ihrer Spitze stehen, welche von dem Prinzip der Ehre durchdrungen<lb/> sind. Will man daher die Heere auf dem Standpunkt der Gesittung erhalten, so<lb/> stelle man auch Führer an ihre Spitze, welche diese Gesinnung vor allem nicht<lb/> "«ein in sich zu erhalten, sondern auch bei ihren Untergebnen zu beleben wissen.</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0605]
Kaiser Wilhelm der Liste als Schriftsteller
hadern delegieren. Soll jedoch mit der Bezeichnung „Geschworne" nur der Begriff
verbunden werden, daß der Soldat von seinesgleichen gerichtet werde, so ist auch
dieser Anforderung im Preußischen Heere bereits seit dem Jahre 1808 entsprochen
worden. Hier werden dem Präses des Kriegsgerichts, welcher selbst ein höherer
Offizier sein muß, als Beigeordnete je drei Gemeine. Unteroffiziere. Sergeanten,
Sekond- und Premierleutnants, Hauptleute usw. und auch höher hinauf nach dem
Range des Angeklagten zugegeben. Der dem Präses zugeteilte Auditeur hält den
Vortrag, worauf jede einzelne Klasse für sich das Strafmaß ausspricht, dann nach
der daraus gewonnenen Stimmenmehrheit das Erkenntnis aufgesetzt und entweder
an den König oder an den von demselben Delegierten eingereicht wird. Diese
Einrichtung hat sich bisher durchaus bewährt, und wir haben sie daher mit Ver¬
meidung des Wortes „Geschworne" der dritten Rubrik des Paragraphen 68 sub¬
stituiert.
Und seine lakonische Bemerkung zu den Ehrengerichten motiviert er
folgendermaßen:
Vergebens sucht man bei dem ersten Anblick der inhaltsschweren Bestimmung:
..Die Ehrengerichte sind abgeschafft!" in den Motiven nach den Gründen derselben.
Wir können auch hierin nur eine Zeitkonzession erkennen. Liegt es denn aber in
den Zeiterfordernissen, daß die Ehre nichts mehr gelten soll? Wir glauben im
Gegenteil, je freier die Handlungen der Menschen sein dürfen, je mehr müssen sie
sich den Forderungen der Ehre und der Ehrenhaftigkeit unterwerfen. Und da, wo
geschloßne Sonderungen bestehen, ist es wohl ganz natürlich, daß in denselben der
eine über den andern wacht, damit jenen Forderungen Genüge geleistet, jeder
Verstoß gegen dieselben zur Verantwortung gezogen und nach Befund Strafe ver¬
hängt wird.
Alle Vergehen, welche den gewöhnlichen Strafgesetzen nicht unterliegen, dessen¬
ungeachtet aber nicht ungeahndet bleiben dürfen, wenn die konventionellen Be¬
dingungen aufrechterhalten werden sollen, ohne welche keine geschloßne Sonderung
bestehen kann, gehören vor das Forum einer Beratung und Entscheidung der
Standesgenossen.
Zu solchen geschloßne» Sonderungen zählt nun aber der Stand des Offiziers.
Wollte man selbst das Prinzip der Nivellierung soweit ausdehnen, alle Standes¬
unterschiede zu vernichten, so wird es doch wahrlich nie gelingen, auch einen Stand
in den Kreis dieser Nivellierung hineinzuziehen, dessen Lebensaufgabe es ist, jeden
Augenblick für die höchsten und edelsten Güter der Menschheit das Leben einzu¬
setzen, und sich gerade hiermit von andern Genossenschaften unterscheidet, deren
Lebensaufgabe eine durchaus andre ist. Wer sich aber einem Berufe widmet, der
das Einsetzen des eignen Lebens für allgemeine Zwecke verlangt, wer zugleich die
Verantwortung übernimmt, andre durch seinen Befehl in den Tod zu führen, der
muß sich auch eine Gesinnung und Richtung bewahren, die nicht mit dem gewöhn¬
lichen Maßstabe gemessen werden kann. Diese Bewahrung bedarf aber einer ganz
besondern Überwachung. Ohne eine solche würden Ausschreitungen der rohesten
und unedelsten Art den Stand in die Zeiten der Barbarei zurückversetzen. Ist
doch die Geschichte der neusten Zeit nicht arm an Beispielen, zu welchen Grausam¬
keiten und Abscheulichkeiten bewaffnete Massen sich hinreißen lassen, wenn keine
Führer an ihrer Spitze stehen, welche von dem Prinzip der Ehre durchdrungen
sind. Will man daher die Heere auf dem Standpunkt der Gesittung erhalten, so
stelle man auch Führer an ihre Spitze, welche diese Gesinnung vor allem nicht
"«ein in sich zu erhalten, sondern auch bei ihren Untergebnen zu beleben wissen.
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