Die Grenzboten. Jg. 67, 1908, Zweites Vierteljahr.Lateno, der Jagdfalk Schatten des Brückenbogens von Refolta, damals waren ein paar Wiedehopfe, die, Jetzt freilich bin ich durch den Uhu, den ich da draußen nicht unbewacht sitzen Ich schweifte ziellos durch dieses unermeßliche von der Geschichte tausendfach Da gewahrte ich, daß die Sonne schon bedenklich gesunken war, daß die Den ganzen Tag über hatte ich unter der Wärme nicht zu leiden gehabt Seltsam' Jetzt gerade, wo ich an das Cmpagnagewitter denke, ertönt in Lateno, der Jagdfalk Schatten des Brückenbogens von Refolta, damals waren ein paar Wiedehopfe, die, Jetzt freilich bin ich durch den Uhu, den ich da draußen nicht unbewacht sitzen Ich schweifte ziellos durch dieses unermeßliche von der Geschichte tausendfach Da gewahrte ich, daß die Sonne schon bedenklich gesunken war, daß die Den ganzen Tag über hatte ich unter der Wärme nicht zu leiden gehabt Seltsam' Jetzt gerade, wo ich an das Cmpagnagewitter denke, ertönt in <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0055" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/311796"/> <fw type="header" place="top"> Lateno, der Jagdfalk</fw><lb/> <p xml:id="ID_175" prev="#ID_174"> Schatten des Brückenbogens von Refolta, damals waren ein paar Wiedehopfe, die,<lb/> unbekümmert um meine Nähe, die Abfälle eines verlaßnen Hirtenlagers durchsuchten,<lb/> meine Tischgesellschaft, heute muß ich mich mit einem brandroten Feldmäuslein be¬<lb/> gnügen, das harmlos-dreist, als hätte es noch nie etwas von der Bosheit des<lb/> Menschengeschlechts vernommen, aus der Verschalung der Hüllenwand zum Vorschein<lb/> kommt und sich die auf die schmale Kante eines Brettes gelegten Wurst- und Brot¬<lb/> krümlein ohne jede Ziererei zu Gemüte führt, ^ „</p><lb/> <p xml:id="ID_176"> Jetzt freilich bin ich durch den Uhu, den ich da draußen nicht unbewacht sitzen<lb/> lassen kann, und den ich ebensowenig zu so zeitiger Stunde in seinen engen<lb/> Tragkorb sperren möchte, an meine dunkle Hütte gebannt; an jenem Camvagnatage<lb/> Wanderte ich Noch manche römische Meile nach Westen bis ich von den Hügeln der<lb/> Macchia den Spiegel des Meeres aufglänzen sah. das hier seine mit weißen Schäum-<lb/> kttmmen geschmückten Wogen noch genau so unermüdlich an den von Pinienwäldern<lb/> umkränzten Strand rollt wie zu den Zeiten wo der Mngere Plunus von der^Halle<lb/> seines laurentinischen Landgutes aus als einer der ersten die Reize der Landschaft<lb/> mit Bewußtsein genoß. Was gab es da nicht alles zu schauen Die langgestreckte,<lb/> nur schwach ausgebuchtete Küste von Fiumicino bis Porto dAnzio^<lb/> haste Ostia einst der Kriegs- und Handelshafen Roms, icht em armseliges Nest<lb/> an einem fieberschwangern Sumpfe, die mittelalterlichen Wart urme von San Michele.<lb/> Bovacciano. Paterno. Vajanica und San Lorenzo und die stattliche, wegen der<lb/> Seeräuber befestigte Tennte des Hauses Chigi. Castel Fnsano!</p><lb/> <p xml:id="ID_177"> Ich schweifte ziellos durch dieses unermeßliche von der Geschichte tausendfach<lb/> geheiligt Gebie und sog den herben Duft des Meeres der steh hier in.t dem<lb/> ha zigen Geruch der Pinien und dem süßen Arom d^ Macchiagew°esse.>s wilden<lb/> Thymians und der mannigfachen Heidekräuter vermocht, begierig em. Ich ließ die<lb/> Blicke über das sanftgewellte Land schweifen mit der geheimen Hoffnung, irg^<lb/> hinter den grauen Schilfdickichten oder den braunen Hügeln den Goldfuchs meiner<lb/> schönen Römerin auftauchen zu sehen, ich spähte W,. Hummel empor an dem steh<lb/> möglicherweise einer der Beizfalken hätte zeigen tonnen, der nur wie der Polar¬<lb/> stern dem Schiffer, zu einem Orientierungspunkte auf meiner Fahrt durch die er¬<lb/> starrten Wellen der Campagna geworden wäre.</p><lb/> <p xml:id="ID_178"> Da gewahrte ich, daß die Sonne schon bedenklich gesunken war, daß die<lb/> Albanerberge ihre veilchenblauen Tinten gegen ein gesättigtes Violett eingetauscht<lb/> hatten, und daß im Süden, von den Pontinen her schwere bleigraue Wetterwolken<lb/> aufstiegen. Nun galt es. sobald wie mögt'es die Straße wieder zu erreichen oder<lb/> einen Unterschlupf, eine Ruine oder eine Hirtenhütte ausfindig zu machen, wo ich<lb/> das drohende Unwetter vorübergehn lassen und zur Not auch die Nacht zubringen<lb/> ^</p><lb/> <p xml:id="ID_179"> Den ganzen Tag über hatte ich unter der Wärme nicht zu leiden gehabt<lb/> jetzt, wo ich meine Schritte beschleunigte, merkte ich den lähmenden H°»es des<lb/> Scirokko. der so plötzlich und unerwartet kommt wie das Unglück. Man sagt, daß<lb/> er gewöhnlich keinen Regen und nur ganz ausnahmsweife ein regelrechtes Gewitter<lb/> bringe, aber ich selbst hatte schon einmal Gelegenhe.t gehabt, diese Ausnahme am<lb/> eignen Leibe zu erfahren, und es verlangte mich nicht im geringsten danach, es auf<lb/> eine zweite Probe ankommen zu lassen. ^ . ... ^ . ^ ^a</p><lb/> <p xml:id="ID_180" next="#ID_181"> Seltsam' Jetzt gerade, wo ich an das Cmpagnagewitter denke, ertönt in<lb/> der Ferne ein schwaches, langgezognes Grollen. Die Sonne blinzelt zwar noch<lb/> durch die blendendweißen Wolkenballen, aber die vielen Hunderte von Saatkrähen<lb/> die drüben hinter den Wiesen so eifrig die Furchen eines frischumgepflugten Ackers<lb/> abgesucht haben, erheben sich nach und nach und fliegen einzeln oder in kleinen</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0055]
Lateno, der Jagdfalk
Schatten des Brückenbogens von Refolta, damals waren ein paar Wiedehopfe, die,
unbekümmert um meine Nähe, die Abfälle eines verlaßnen Hirtenlagers durchsuchten,
meine Tischgesellschaft, heute muß ich mich mit einem brandroten Feldmäuslein be¬
gnügen, das harmlos-dreist, als hätte es noch nie etwas von der Bosheit des
Menschengeschlechts vernommen, aus der Verschalung der Hüllenwand zum Vorschein
kommt und sich die auf die schmale Kante eines Brettes gelegten Wurst- und Brot¬
krümlein ohne jede Ziererei zu Gemüte führt, ^ „
Jetzt freilich bin ich durch den Uhu, den ich da draußen nicht unbewacht sitzen
lassen kann, und den ich ebensowenig zu so zeitiger Stunde in seinen engen
Tragkorb sperren möchte, an meine dunkle Hütte gebannt; an jenem Camvagnatage
Wanderte ich Noch manche römische Meile nach Westen bis ich von den Hügeln der
Macchia den Spiegel des Meeres aufglänzen sah. das hier seine mit weißen Schäum-
kttmmen geschmückten Wogen noch genau so unermüdlich an den von Pinienwäldern
umkränzten Strand rollt wie zu den Zeiten wo der Mngere Plunus von der^Halle
seines laurentinischen Landgutes aus als einer der ersten die Reize der Landschaft
mit Bewußtsein genoß. Was gab es da nicht alles zu schauen Die langgestreckte,
nur schwach ausgebuchtete Küste von Fiumicino bis Porto dAnzio^
haste Ostia einst der Kriegs- und Handelshafen Roms, icht em armseliges Nest
an einem fieberschwangern Sumpfe, die mittelalterlichen Wart urme von San Michele.
Bovacciano. Paterno. Vajanica und San Lorenzo und die stattliche, wegen der
Seeräuber befestigte Tennte des Hauses Chigi. Castel Fnsano!
Ich schweifte ziellos durch dieses unermeßliche von der Geschichte tausendfach
geheiligt Gebie und sog den herben Duft des Meeres der steh hier in.t dem
ha zigen Geruch der Pinien und dem süßen Arom d^ Macchiagew°esse.>s wilden
Thymians und der mannigfachen Heidekräuter vermocht, begierig em. Ich ließ die
Blicke über das sanftgewellte Land schweifen mit der geheimen Hoffnung, irg^
hinter den grauen Schilfdickichten oder den braunen Hügeln den Goldfuchs meiner
schönen Römerin auftauchen zu sehen, ich spähte W,. Hummel empor an dem steh
möglicherweise einer der Beizfalken hätte zeigen tonnen, der nur wie der Polar¬
stern dem Schiffer, zu einem Orientierungspunkte auf meiner Fahrt durch die er¬
starrten Wellen der Campagna geworden wäre.
Da gewahrte ich, daß die Sonne schon bedenklich gesunken war, daß die
Albanerberge ihre veilchenblauen Tinten gegen ein gesättigtes Violett eingetauscht
hatten, und daß im Süden, von den Pontinen her schwere bleigraue Wetterwolken
aufstiegen. Nun galt es. sobald wie mögt'es die Straße wieder zu erreichen oder
einen Unterschlupf, eine Ruine oder eine Hirtenhütte ausfindig zu machen, wo ich
das drohende Unwetter vorübergehn lassen und zur Not auch die Nacht zubringen
^
Den ganzen Tag über hatte ich unter der Wärme nicht zu leiden gehabt
jetzt, wo ich meine Schritte beschleunigte, merkte ich den lähmenden H°»es des
Scirokko. der so plötzlich und unerwartet kommt wie das Unglück. Man sagt, daß
er gewöhnlich keinen Regen und nur ganz ausnahmsweife ein regelrechtes Gewitter
bringe, aber ich selbst hatte schon einmal Gelegenhe.t gehabt, diese Ausnahme am
eignen Leibe zu erfahren, und es verlangte mich nicht im geringsten danach, es auf
eine zweite Probe ankommen zu lassen. ^ . ... ^ . ^ ^a
Seltsam' Jetzt gerade, wo ich an das Cmpagnagewitter denke, ertönt in
der Ferne ein schwaches, langgezognes Grollen. Die Sonne blinzelt zwar noch
durch die blendendweißen Wolkenballen, aber die vielen Hunderte von Saatkrähen
die drüben hinter den Wiesen so eifrig die Furchen eines frischumgepflugten Ackers
abgesucht haben, erheben sich nach und nach und fliegen einzeln oder in kleinen
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