Die Grenzboten. Jg. 67, 1908, Zweites Vierteljahr.Die preußische Artillerie im Dienste des Rüstenrettungswesens Weitab von der See verlebte Trost seine erste Jugend, die nächsten Jene Versuche, die er als vierzigjähriger Premierleutuant in Swinemünde Es ist überhaupt viel grübelnde Gründlichkeit auf das artilleristische Die preußische Artillerie im Dienste des Rüstenrettungswesens Weitab von der See verlebte Trost seine erste Jugend, die nächsten Jene Versuche, die er als vierzigjähriger Premierleutuant in Swinemünde Es ist überhaupt viel grübelnde Gründlichkeit auf das artilleristische <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0415" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/361933"/> <fw type="header" place="top"> Die preußische Artillerie im Dienste des Rüstenrettungswesens</fw><lb/> <p xml:id="ID_1651"> Weitab von der See verlebte Trost seine erste Jugend, die nächsten<lb/> größern Gewässer, der Schwielowsee und der Rcmgsdorfer See, waren acht¬<lb/> zehn und zehn Kilometer entfernt, für einen frischen Knaben nicht weit, aber<lb/> doch zu weit, als daß sie ihm täglich als Tummelplatz hätten dienen können.<lb/> Aber seine Phantasie mögen sie genährt haben. Mit sechzehn Jahren trat er<lb/> im Jahre 1817 bei der 2. Artilleriebrigade in Stettin in den Heeresdienst.<lb/> Nun war er am Meer, und er blieb wohl zeitlebens dort. Wenigstens ver¬<lb/> lebte er seine ganze Dienstzeit an der Küste. Die zwanzig Jahre seiner<lb/> Leutnantszeit — er war fünfzehn Jahre Sekondleutnaut, fast sechs Jahre<lb/> Premierleutnant — stand er in Stettin und Stralsund, Hauptmann, Kom-<lb/> pagnicchef, Artillerieoffizier des Platzes und Batteriechef war er ebenfalls in<lb/> diesen Städten, und auch bei seiner Beförderung zum Major und Abteilungs¬<lb/> kommandeur mußte er nicht von der See scheiden. Er kommandierte die<lb/> Festungsabteilung des 1. Artillerieregiments in Danzig und Pillau. Im<lb/> Jahre 1858 wurde ihm der Abschied mit Pension, der Regimentsuniform und<lb/> dem Charakter als Oberstleutnant bewilligt.</p><lb/> <p xml:id="ID_1652"> Jene Versuche, die er als vierzigjähriger Premierleutuant in Swinemünde<lb/> mit dem Mörserapparat anstellte, hat er mit der grübelnden Gründlichkeit, die<lb/> auch die Berichte des Oberfeuerwerkers Kohler über die Mcmeler Versuche<lb/> auszeichnet, beschrieben.</p><lb/> <p xml:id="ID_1653" next="#ID_1654"> Es ist überhaupt viel grübelnde Gründlichkeit auf das artilleristische<lb/> Nettungsverfahren verwandt worden. In den Jahren 1816, 1819, 1820,<lb/> 1321, 1825, 1826, 1828, 1832, 1840, 1842 wurde es sorgfältig erprobt,<lb/> immer wieder. Immer wieder arbeiteten Artillerieoffiziere und -Unteroffiziere,<lb/> Hafcnbaubenmte, Lotscnkommandeure und Ballastiuspektoren mit preußischer<lb/> Zähigkeit an der Errichtung von Mörserrettungsstationeu, aber es war niemand<lb/> da, der die Ergebnisse dieser Mühe addierte, diese Summe hätte schon in den<lb/> ersten Jahrzehnten des neunzehnten Jahrhunderts ausgereicht, die preußische<lb/> Küste vor allen andern Festlandküsten mit Rettungsstationeil auszustatten. Die<lb/> einzelnen Versuche wurden ohne jeden Zusammenhang veranstaltet, Erfahrungen,<lb/> die in Memel gewonnen worden waren, mußten ein Jahr später in Pillau<lb/> erarbeitet werden. Man sang von den braven Männern an der Küste kein<lb/> Lied, man ließ ihre hilfreiche Begeisterung immer wieder ermatten und erkalten<lb/> und hielt die Rettungsidee in der Enge einer untergeordneten Etatsposition<lb/> gefangen. Man ließ Gießbäche von Kraft und gutem Willen verrinnen, man<lb/> sparte die Räder, die sie gern getrieben hätten, man vergeudete im Großen:<lb/> das konnte man, Kraft und guten Willen gab es genug im Lande — und<lb/> sparte im Kleinen: das mußte man, man brauchte Geschütze zur Erfüllung<lb/> einer großen nationalen Aufgabe, hinter der die Rettungsidee und ihr Bedarf<lb/> an Geschützen zurücktraten. Preußisch war die Zähigkeit, womit man immer<lb/> wieder an einer Aufgabe arbeitete, deren Lösung einer reifern Technik vor¬<lb/> behalten war, aber uupreußisch mutet das Tempo an, in dem die Angelegenheit</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0415]
Die preußische Artillerie im Dienste des Rüstenrettungswesens
Weitab von der See verlebte Trost seine erste Jugend, die nächsten
größern Gewässer, der Schwielowsee und der Rcmgsdorfer See, waren acht¬
zehn und zehn Kilometer entfernt, für einen frischen Knaben nicht weit, aber
doch zu weit, als daß sie ihm täglich als Tummelplatz hätten dienen können.
Aber seine Phantasie mögen sie genährt haben. Mit sechzehn Jahren trat er
im Jahre 1817 bei der 2. Artilleriebrigade in Stettin in den Heeresdienst.
Nun war er am Meer, und er blieb wohl zeitlebens dort. Wenigstens ver¬
lebte er seine ganze Dienstzeit an der Küste. Die zwanzig Jahre seiner
Leutnantszeit — er war fünfzehn Jahre Sekondleutnaut, fast sechs Jahre
Premierleutnant — stand er in Stettin und Stralsund, Hauptmann, Kom-
pagnicchef, Artillerieoffizier des Platzes und Batteriechef war er ebenfalls in
diesen Städten, und auch bei seiner Beförderung zum Major und Abteilungs¬
kommandeur mußte er nicht von der See scheiden. Er kommandierte die
Festungsabteilung des 1. Artillerieregiments in Danzig und Pillau. Im
Jahre 1858 wurde ihm der Abschied mit Pension, der Regimentsuniform und
dem Charakter als Oberstleutnant bewilligt.
Jene Versuche, die er als vierzigjähriger Premierleutuant in Swinemünde
mit dem Mörserapparat anstellte, hat er mit der grübelnden Gründlichkeit, die
auch die Berichte des Oberfeuerwerkers Kohler über die Mcmeler Versuche
auszeichnet, beschrieben.
Es ist überhaupt viel grübelnde Gründlichkeit auf das artilleristische
Nettungsverfahren verwandt worden. In den Jahren 1816, 1819, 1820,
1321, 1825, 1826, 1828, 1832, 1840, 1842 wurde es sorgfältig erprobt,
immer wieder. Immer wieder arbeiteten Artillerieoffiziere und -Unteroffiziere,
Hafcnbaubenmte, Lotscnkommandeure und Ballastiuspektoren mit preußischer
Zähigkeit an der Errichtung von Mörserrettungsstationeu, aber es war niemand
da, der die Ergebnisse dieser Mühe addierte, diese Summe hätte schon in den
ersten Jahrzehnten des neunzehnten Jahrhunderts ausgereicht, die preußische
Küste vor allen andern Festlandküsten mit Rettungsstationeil auszustatten. Die
einzelnen Versuche wurden ohne jeden Zusammenhang veranstaltet, Erfahrungen,
die in Memel gewonnen worden waren, mußten ein Jahr später in Pillau
erarbeitet werden. Man sang von den braven Männern an der Küste kein
Lied, man ließ ihre hilfreiche Begeisterung immer wieder ermatten und erkalten
und hielt die Rettungsidee in der Enge einer untergeordneten Etatsposition
gefangen. Man ließ Gießbäche von Kraft und gutem Willen verrinnen, man
sparte die Räder, die sie gern getrieben hätten, man vergeudete im Großen:
das konnte man, Kraft und guten Willen gab es genug im Lande — und
sparte im Kleinen: das mußte man, man brauchte Geschütze zur Erfüllung
einer großen nationalen Aufgabe, hinter der die Rettungsidee und ihr Bedarf
an Geschützen zurücktraten. Preußisch war die Zähigkeit, womit man immer
wieder an einer Aufgabe arbeitete, deren Lösung einer reifern Technik vor¬
behalten war, aber uupreußisch mutet das Tempo an, in dem die Angelegenheit
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