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Die Grenzboten. Jg. 67, 1908, Zweites Vierteljahr.

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Die asiatische Linwandrung

Es bleibt noch eine kurze Betrachtung des Transvaal übrig, der mit
seiner Minenindustrie und deren Versorgung mit ungelernten Arbeitern ein
besondres Problem zu lösen hat.

Die nach dem letzten Kriege eingesetzte "Transvaal-Arbeits-Kommission"
stellte den Bedarf der Minen an Arbeitern auf 129000 fest und schätzte, daß
in fünf Jahren weitere 196000 gebraucht würden. Der Bedarf des Trans¬
vaal im ganzen für Landwirtschaft, Minen. Eisenbahnen und andre Industrien
wurde auf 221399 angegeben.

Die Kommission sah sich ferner veranlaßt, zu erklären, daß die Über¬
zeugung, nach der in Zentral- und Südafrika reichliche eingeborne Arbeits¬
kräfte zur Deckung aller Bedürfnisse vorhanden seien und nur geeignete Or¬
ganisationen und Kapitalien nötig seien, um sie nutzbar zu machen, durchaus
irrig wäre. ^. ...

Infolgedessen entschloß man sich zur Einführung von Chinesen für die
Minen unter solchen Kontraktbedinguugen, daß der Chinese nicht als Kon¬
kurrent des Weißen auftreten konnte. Die wichtigsten Bestimmungen waren,
daß der Kuli in Transvaal nicht als gelernter Arbeiter verwandt werden
durfte, und daß er nach Ablauf des Kontrakts nach China zurückbefördert
werden mußte. Mehr als ein Drittel der Minenmdustne am Rand" wurde
von chinese chen Arbeitskräften abhängig. die übrigen zwei Drittel führten
Arbeiter von Portugiesisch-Ost-Afrika ein D'e Chinesen haben die größte
Industrie Südafrikas gerettet, trotzdem beschloß der Transvaal als eme der
ersten Maßnahmen seiner ihm verliehenen Selbst^der Chinesen, von denen zurzeit nur noch 40000 bi 50000 in den Minen
arbeiten. Die portugiesischen Kolonien rend Zcntralafn a decken nur zum
Teil den Ausfall, und schou ist die Einführung von Malegassen aus Mada¬
gaskar vorgeschlagen worden, dieser Vorschlag ist bis jetzt aber heftig bekämpft
worden.

Auch die Stellung der Jndier im Transvaal hat zu scharfen Auseinander¬
setzungen Anlaß gegeben. Die Britisch-Jndier. 2'/, Millionen an Zahl, bilden
ein Fünfzehntel der Bevölkerung, ebenso wie in Natal wurde die Konkurrenz,
die sie den Weißen machten, dauernd schärfer fühlbar, sodaß die Transvaal¬
regierung darauf bestand, die schon anwesenden registrieren zu lassen um den
weitern ungehinderten Zuzug verhindern zu omnem. Durch Vermittlung des
Mutterlandes ist ein Kompromiß zustande gekommen, indem die Midier in die
Registrierung willigten, gegen die sie sich sträubten, die Regierung dagegen
versprach, gegenüber den Jndiern nicht mit unnötiger Scharfe zu verfahre^Das Mutterland mußte für die Interessen seiner indischen Untertanen nach
Möglichkeit eintreten, ohne die berechtigten Wünsche seiner weißen Untertanen
zu mißachten.

Eins geht vor allem aus der Geschichte der asiatischen Emwandrnng in
die überseeischen Bestandteile des britischen Weltreichs hervor, nämlich die


Die asiatische Linwandrung

Es bleibt noch eine kurze Betrachtung des Transvaal übrig, der mit
seiner Minenindustrie und deren Versorgung mit ungelernten Arbeitern ein
besondres Problem zu lösen hat.

Die nach dem letzten Kriege eingesetzte „Transvaal-Arbeits-Kommission"
stellte den Bedarf der Minen an Arbeitern auf 129000 fest und schätzte, daß
in fünf Jahren weitere 196000 gebraucht würden. Der Bedarf des Trans¬
vaal im ganzen für Landwirtschaft, Minen. Eisenbahnen und andre Industrien
wurde auf 221399 angegeben.

Die Kommission sah sich ferner veranlaßt, zu erklären, daß die Über¬
zeugung, nach der in Zentral- und Südafrika reichliche eingeborne Arbeits¬
kräfte zur Deckung aller Bedürfnisse vorhanden seien und nur geeignete Or¬
ganisationen und Kapitalien nötig seien, um sie nutzbar zu machen, durchaus
irrig wäre. ^. ...

Infolgedessen entschloß man sich zur Einführung von Chinesen für die
Minen unter solchen Kontraktbedinguugen, daß der Chinese nicht als Kon¬
kurrent des Weißen auftreten konnte. Die wichtigsten Bestimmungen waren,
daß der Kuli in Transvaal nicht als gelernter Arbeiter verwandt werden
durfte, und daß er nach Ablauf des Kontrakts nach China zurückbefördert
werden mußte. Mehr als ein Drittel der Minenmdustne am Rand" wurde
von chinese chen Arbeitskräften abhängig. die übrigen zwei Drittel führten
Arbeiter von Portugiesisch-Ost-Afrika ein D'e Chinesen haben die größte
Industrie Südafrikas gerettet, trotzdem beschloß der Transvaal als eme der
ersten Maßnahmen seiner ihm verliehenen Selbst^der Chinesen, von denen zurzeit nur noch 40000 bi 50000 in den Minen
arbeiten. Die portugiesischen Kolonien rend Zcntralafn a decken nur zum
Teil den Ausfall, und schou ist die Einführung von Malegassen aus Mada¬
gaskar vorgeschlagen worden, dieser Vorschlag ist bis jetzt aber heftig bekämpft
worden.

Auch die Stellung der Jndier im Transvaal hat zu scharfen Auseinander¬
setzungen Anlaß gegeben. Die Britisch-Jndier. 2'/, Millionen an Zahl, bilden
ein Fünfzehntel der Bevölkerung, ebenso wie in Natal wurde die Konkurrenz,
die sie den Weißen machten, dauernd schärfer fühlbar, sodaß die Transvaal¬
regierung darauf bestand, die schon anwesenden registrieren zu lassen um den
weitern ungehinderten Zuzug verhindern zu omnem. Durch Vermittlung des
Mutterlandes ist ein Kompromiß zustande gekommen, indem die Midier in die
Registrierung willigten, gegen die sie sich sträubten, die Regierung dagegen
versprach, gegenüber den Jndiern nicht mit unnötiger Scharfe zu verfahre^Das Mutterland mußte für die Interessen seiner indischen Untertanen nach
Möglichkeit eintreten, ohne die berechtigten Wünsche seiner weißen Untertanen
zu mißachten.

Eins geht vor allem aus der Geschichte der asiatischen Emwandrnng in
die überseeischen Bestandteile des britischen Weltreichs hervor, nämlich die


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[0177] Die asiatische Linwandrung Es bleibt noch eine kurze Betrachtung des Transvaal übrig, der mit seiner Minenindustrie und deren Versorgung mit ungelernten Arbeitern ein besondres Problem zu lösen hat. Die nach dem letzten Kriege eingesetzte „Transvaal-Arbeits-Kommission" stellte den Bedarf der Minen an Arbeitern auf 129000 fest und schätzte, daß in fünf Jahren weitere 196000 gebraucht würden. Der Bedarf des Trans¬ vaal im ganzen für Landwirtschaft, Minen. Eisenbahnen und andre Industrien wurde auf 221399 angegeben. Die Kommission sah sich ferner veranlaßt, zu erklären, daß die Über¬ zeugung, nach der in Zentral- und Südafrika reichliche eingeborne Arbeits¬ kräfte zur Deckung aller Bedürfnisse vorhanden seien und nur geeignete Or¬ ganisationen und Kapitalien nötig seien, um sie nutzbar zu machen, durchaus irrig wäre. ^. ... Infolgedessen entschloß man sich zur Einführung von Chinesen für die Minen unter solchen Kontraktbedinguugen, daß der Chinese nicht als Kon¬ kurrent des Weißen auftreten konnte. Die wichtigsten Bestimmungen waren, daß der Kuli in Transvaal nicht als gelernter Arbeiter verwandt werden durfte, und daß er nach Ablauf des Kontrakts nach China zurückbefördert werden mußte. Mehr als ein Drittel der Minenmdustne am Rand" wurde von chinese chen Arbeitskräften abhängig. die übrigen zwei Drittel führten Arbeiter von Portugiesisch-Ost-Afrika ein D'e Chinesen haben die größte Industrie Südafrikas gerettet, trotzdem beschloß der Transvaal als eme der ersten Maßnahmen seiner ihm verliehenen Selbst^der Chinesen, von denen zurzeit nur noch 40000 bi 50000 in den Minen arbeiten. Die portugiesischen Kolonien rend Zcntralafn a decken nur zum Teil den Ausfall, und schou ist die Einführung von Malegassen aus Mada¬ gaskar vorgeschlagen worden, dieser Vorschlag ist bis jetzt aber heftig bekämpft worden. Auch die Stellung der Jndier im Transvaal hat zu scharfen Auseinander¬ setzungen Anlaß gegeben. Die Britisch-Jndier. 2'/, Millionen an Zahl, bilden ein Fünfzehntel der Bevölkerung, ebenso wie in Natal wurde die Konkurrenz, die sie den Weißen machten, dauernd schärfer fühlbar, sodaß die Transvaal¬ regierung darauf bestand, die schon anwesenden registrieren zu lassen um den weitern ungehinderten Zuzug verhindern zu omnem. Durch Vermittlung des Mutterlandes ist ein Kompromiß zustande gekommen, indem die Midier in die Registrierung willigten, gegen die sie sich sträubten, die Regierung dagegen versprach, gegenüber den Jndiern nicht mit unnötiger Scharfe zu verfahre^Das Mutterland mußte für die Interessen seiner indischen Untertanen nach Möglichkeit eintreten, ohne die berechtigten Wünsche seiner weißen Untertanen zu mißachten. Eins geht vor allem aus der Geschichte der asiatischen Emwandrnng in die überseeischen Bestandteile des britischen Weltreichs hervor, nämlich die

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 67, 1908, Zweites Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341887_311740/177>, abgerufen am 26.07.2024.