Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Jg. 67, 1908, Zweites Vierteljahr.

Bild:
<< vorherige Seite
Die großen Flotten der Welt im Jahre

des russisch-japanischen Kriegs außerordentlich an.Bedeutung gewonnen hat.
Die ersten Anfänge nach dieser Richtung bildeten im Jahre 1905 die Aufstellung
einer Minenkompagnie und bald darauf die Formation einer Minensuchdivision.
Die Erfahrungen ergaben, daß bei den hohen Anforderungen, die an diese
neuen Einheiten gestellt werden mußten, mit den vorhandnen Kräften nicht
auszukommen sei. Infolgedessen wurden im vorjährigen Etat die Erweiterung
der Minenkompagnie durch Aufstellung einer zweiten Kompagnie zur Minen¬
abteilung und die Bildung einer zweiten Minensuchdivision vom Reichstag
genehmigt. Die Minenabteilung, für den Dienst an Land bestimmt, hat, abgesehn
von den Offizieren, eine etatsmüßige Stärke von 11 Oberdcckoffiziercn, 21 Deck¬
offizieren, 2 Feldwebeln, 4 Vizefeldwebeln und 609 Unteroffizieren und Gemeinen.
Jede Minensuchdivision setzt sich aus zwölf Torpedobooten, einschließlich eines
Führerbootes, zusammen, alle drei Minenformationen sind in Cuxhaven stationiert.
Nachdem demnächst der zweite Minendampfer Albatroß in Dienst gestellt sein
wird, wird voraussichtlich noch in diesem Jahre jede der beiden Minensuch-
divisionen mit einem Dampfer versehen werden.

Als wesentliche Neuerung in der deutschen Marine, deren Vorteile sich erst
in diesem und in den folgenden Jahren bemerkbar machen werden, sind endlich
noch die neuen Bestimmungen über Einstellung und Ausbildung der Schiffs¬
jungen zu nennen. Die Hauptquelle für den seemännischen Unteroffizier- und
Deckoffizierersatz bildet bekanntlich die Schiffsjungendivision in Friedrichsort.
Bisher dauerte die Ausbildung der Schiffsjungen anderthalb Jahre; doch hat
diese Zeit nicht immer genügt, die wünschenswerte seemännische und moralische
Durchbildung zu erreichen. Es ist deshalb für die Zukunft eine Gesamtcms-
bildungszcit von zwei Jahren in Aussicht genommen, und mit dieser Ausbildungs¬
verlängerung soll zugleich der Übergang zu einer grundsätzlichen Ausbildungs¬
änderung eingeleitet werden. Der Anfang damit ist schon im vorigen Früh¬
jahr mit der Einstellung der Freya als modernes Schulschiff an Stelle der
bisherigen Schiffe der Stoschklasse gemacht worden. In diesem Jahre sollen zu
denselben Zwecken noch die Viktoria Luise und Hertha hinzukommen, und 1909
sollen die Hansa und die Vineta als weiterer Bestand zum Schulschiffmaterial
übertreten. Der veränderte Ausbildungsplan hat außerdem eine Verlegung - des
Einstellüngstevmins der Schiffsjungen vom Frühjahr auf den Herbst not¬
wendig gemacht. ^ ,, ^ .

An der Spitze der Hauptseemächte steht der Zahl der Schiffe nach immer
noch die englische Flotte. Trotz aller Abrüstungs-und Friedensbeteuerungen
wird der Grundsatz des "Zweimächteverhältnisses" nicht nur nicht aus der Hand
gegeben, sondern im Gegenteil noch weiter ausgedehnt. Das-ist in unzwei¬
deutigster Form nach dem Ergebnis der Haager Friedenskonferenz im
Herbst v. I. in die Erscheinung getreten. Denn kaum hatten diese Beratungen
ehr Ende gefunden, da trat die englische Admiralität mit dem Beschluß hervor,
noch das dritte der im Marinehaushalt von 1907/08 ncugefordertcn drei


Die großen Flotten der Welt im Jahre

des russisch-japanischen Kriegs außerordentlich an.Bedeutung gewonnen hat.
Die ersten Anfänge nach dieser Richtung bildeten im Jahre 1905 die Aufstellung
einer Minenkompagnie und bald darauf die Formation einer Minensuchdivision.
Die Erfahrungen ergaben, daß bei den hohen Anforderungen, die an diese
neuen Einheiten gestellt werden mußten, mit den vorhandnen Kräften nicht
auszukommen sei. Infolgedessen wurden im vorjährigen Etat die Erweiterung
der Minenkompagnie durch Aufstellung einer zweiten Kompagnie zur Minen¬
abteilung und die Bildung einer zweiten Minensuchdivision vom Reichstag
genehmigt. Die Minenabteilung, für den Dienst an Land bestimmt, hat, abgesehn
von den Offizieren, eine etatsmüßige Stärke von 11 Oberdcckoffiziercn, 21 Deck¬
offizieren, 2 Feldwebeln, 4 Vizefeldwebeln und 609 Unteroffizieren und Gemeinen.
Jede Minensuchdivision setzt sich aus zwölf Torpedobooten, einschließlich eines
Führerbootes, zusammen, alle drei Minenformationen sind in Cuxhaven stationiert.
Nachdem demnächst der zweite Minendampfer Albatroß in Dienst gestellt sein
wird, wird voraussichtlich noch in diesem Jahre jede der beiden Minensuch-
divisionen mit einem Dampfer versehen werden.

Als wesentliche Neuerung in der deutschen Marine, deren Vorteile sich erst
in diesem und in den folgenden Jahren bemerkbar machen werden, sind endlich
noch die neuen Bestimmungen über Einstellung und Ausbildung der Schiffs¬
jungen zu nennen. Die Hauptquelle für den seemännischen Unteroffizier- und
Deckoffizierersatz bildet bekanntlich die Schiffsjungendivision in Friedrichsort.
Bisher dauerte die Ausbildung der Schiffsjungen anderthalb Jahre; doch hat
diese Zeit nicht immer genügt, die wünschenswerte seemännische und moralische
Durchbildung zu erreichen. Es ist deshalb für die Zukunft eine Gesamtcms-
bildungszcit von zwei Jahren in Aussicht genommen, und mit dieser Ausbildungs¬
verlängerung soll zugleich der Übergang zu einer grundsätzlichen Ausbildungs¬
änderung eingeleitet werden. Der Anfang damit ist schon im vorigen Früh¬
jahr mit der Einstellung der Freya als modernes Schulschiff an Stelle der
bisherigen Schiffe der Stoschklasse gemacht worden. In diesem Jahre sollen zu
denselben Zwecken noch die Viktoria Luise und Hertha hinzukommen, und 1909
sollen die Hansa und die Vineta als weiterer Bestand zum Schulschiffmaterial
übertreten. Der veränderte Ausbildungsplan hat außerdem eine Verlegung - des
Einstellüngstevmins der Schiffsjungen vom Frühjahr auf den Herbst not¬
wendig gemacht. ^ ,, ^ .

An der Spitze der Hauptseemächte steht der Zahl der Schiffe nach immer
noch die englische Flotte. Trotz aller Abrüstungs-und Friedensbeteuerungen
wird der Grundsatz des „Zweimächteverhältnisses" nicht nur nicht aus der Hand
gegeben, sondern im Gegenteil noch weiter ausgedehnt. Das-ist in unzwei¬
deutigster Form nach dem Ergebnis der Haager Friedenskonferenz im
Herbst v. I. in die Erscheinung getreten. Denn kaum hatten diese Beratungen
ehr Ende gefunden, da trat die englische Admiralität mit dem Beschluß hervor,
noch das dritte der im Marinehaushalt von 1907/08 ncugefordertcn drei


<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <pb facs="#f0011" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/311752"/>
          <fw type="header" place="top"> Die großen Flotten der Welt im Jahre</fw><lb/>
          <p xml:id="ID_11" prev="#ID_10"> des russisch-japanischen Kriegs außerordentlich an.Bedeutung gewonnen hat.<lb/>
Die ersten Anfänge nach dieser Richtung bildeten im Jahre 1905 die Aufstellung<lb/>
einer Minenkompagnie und bald darauf die Formation einer Minensuchdivision.<lb/>
Die Erfahrungen ergaben, daß bei den hohen Anforderungen, die an diese<lb/>
neuen Einheiten gestellt werden mußten, mit den vorhandnen Kräften nicht<lb/>
auszukommen sei. Infolgedessen wurden im vorjährigen Etat die Erweiterung<lb/>
der Minenkompagnie durch Aufstellung einer zweiten Kompagnie zur Minen¬<lb/>
abteilung und die Bildung einer zweiten Minensuchdivision vom Reichstag<lb/>
genehmigt. Die Minenabteilung, für den Dienst an Land bestimmt, hat, abgesehn<lb/>
von den Offizieren, eine etatsmüßige Stärke von 11 Oberdcckoffiziercn, 21 Deck¬<lb/>
offizieren, 2 Feldwebeln, 4 Vizefeldwebeln und 609 Unteroffizieren und Gemeinen.<lb/>
Jede Minensuchdivision setzt sich aus zwölf Torpedobooten, einschließlich eines<lb/>
Führerbootes, zusammen, alle drei Minenformationen sind in Cuxhaven stationiert.<lb/>
Nachdem demnächst der zweite Minendampfer Albatroß in Dienst gestellt sein<lb/>
wird, wird voraussichtlich noch in diesem Jahre jede der beiden Minensuch-<lb/>
divisionen mit einem Dampfer versehen werden.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_12"> Als wesentliche Neuerung in der deutschen Marine, deren Vorteile sich erst<lb/>
in diesem und in den folgenden Jahren bemerkbar machen werden, sind endlich<lb/>
noch die neuen Bestimmungen über Einstellung und Ausbildung der Schiffs¬<lb/>
jungen zu nennen. Die Hauptquelle für den seemännischen Unteroffizier- und<lb/>
Deckoffizierersatz bildet bekanntlich die Schiffsjungendivision in Friedrichsort.<lb/>
Bisher dauerte die Ausbildung der Schiffsjungen anderthalb Jahre; doch hat<lb/>
diese Zeit nicht immer genügt, die wünschenswerte seemännische und moralische<lb/>
Durchbildung zu erreichen. Es ist deshalb für die Zukunft eine Gesamtcms-<lb/>
bildungszcit von zwei Jahren in Aussicht genommen, und mit dieser Ausbildungs¬<lb/>
verlängerung soll zugleich der Übergang zu einer grundsätzlichen Ausbildungs¬<lb/>
änderung eingeleitet werden. Der Anfang damit ist schon im vorigen Früh¬<lb/>
jahr mit der Einstellung der Freya als modernes Schulschiff an Stelle der<lb/>
bisherigen Schiffe der Stoschklasse gemacht worden. In diesem Jahre sollen zu<lb/>
denselben Zwecken noch die Viktoria Luise und Hertha hinzukommen, und 1909<lb/>
sollen die Hansa und die Vineta als weiterer Bestand zum Schulschiffmaterial<lb/>
übertreten. Der veränderte Ausbildungsplan hat außerdem eine Verlegung - des<lb/>
Einstellüngstevmins der Schiffsjungen vom Frühjahr auf den Herbst not¬<lb/>
wendig gemacht.    ^ ,, ^ .</p><lb/>
          <p xml:id="ID_13" next="#ID_14"> An der Spitze der Hauptseemächte steht der Zahl der Schiffe nach immer<lb/>
noch die englische Flotte. Trotz aller Abrüstungs-und Friedensbeteuerungen<lb/>
wird der Grundsatz des &#x201E;Zweimächteverhältnisses" nicht nur nicht aus der Hand<lb/>
gegeben, sondern im Gegenteil noch weiter ausgedehnt. Das-ist in unzwei¬<lb/>
deutigster Form nach dem Ergebnis der Haager Friedenskonferenz im<lb/>
Herbst v. I. in die Erscheinung getreten. Denn kaum hatten diese Beratungen<lb/>
ehr Ende gefunden, da trat die englische Admiralität mit dem Beschluß hervor,<lb/>
noch das dritte der im Marinehaushalt von 1907/08 ncugefordertcn drei</p><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0011] Die großen Flotten der Welt im Jahre des russisch-japanischen Kriegs außerordentlich an.Bedeutung gewonnen hat. Die ersten Anfänge nach dieser Richtung bildeten im Jahre 1905 die Aufstellung einer Minenkompagnie und bald darauf die Formation einer Minensuchdivision. Die Erfahrungen ergaben, daß bei den hohen Anforderungen, die an diese neuen Einheiten gestellt werden mußten, mit den vorhandnen Kräften nicht auszukommen sei. Infolgedessen wurden im vorjährigen Etat die Erweiterung der Minenkompagnie durch Aufstellung einer zweiten Kompagnie zur Minen¬ abteilung und die Bildung einer zweiten Minensuchdivision vom Reichstag genehmigt. Die Minenabteilung, für den Dienst an Land bestimmt, hat, abgesehn von den Offizieren, eine etatsmüßige Stärke von 11 Oberdcckoffiziercn, 21 Deck¬ offizieren, 2 Feldwebeln, 4 Vizefeldwebeln und 609 Unteroffizieren und Gemeinen. Jede Minensuchdivision setzt sich aus zwölf Torpedobooten, einschließlich eines Führerbootes, zusammen, alle drei Minenformationen sind in Cuxhaven stationiert. Nachdem demnächst der zweite Minendampfer Albatroß in Dienst gestellt sein wird, wird voraussichtlich noch in diesem Jahre jede der beiden Minensuch- divisionen mit einem Dampfer versehen werden. Als wesentliche Neuerung in der deutschen Marine, deren Vorteile sich erst in diesem und in den folgenden Jahren bemerkbar machen werden, sind endlich noch die neuen Bestimmungen über Einstellung und Ausbildung der Schiffs¬ jungen zu nennen. Die Hauptquelle für den seemännischen Unteroffizier- und Deckoffizierersatz bildet bekanntlich die Schiffsjungendivision in Friedrichsort. Bisher dauerte die Ausbildung der Schiffsjungen anderthalb Jahre; doch hat diese Zeit nicht immer genügt, die wünschenswerte seemännische und moralische Durchbildung zu erreichen. Es ist deshalb für die Zukunft eine Gesamtcms- bildungszcit von zwei Jahren in Aussicht genommen, und mit dieser Ausbildungs¬ verlängerung soll zugleich der Übergang zu einer grundsätzlichen Ausbildungs¬ änderung eingeleitet werden. Der Anfang damit ist schon im vorigen Früh¬ jahr mit der Einstellung der Freya als modernes Schulschiff an Stelle der bisherigen Schiffe der Stoschklasse gemacht worden. In diesem Jahre sollen zu denselben Zwecken noch die Viktoria Luise und Hertha hinzukommen, und 1909 sollen die Hansa und die Vineta als weiterer Bestand zum Schulschiffmaterial übertreten. Der veränderte Ausbildungsplan hat außerdem eine Verlegung - des Einstellüngstevmins der Schiffsjungen vom Frühjahr auf den Herbst not¬ wendig gemacht. ^ ,, ^ . An der Spitze der Hauptseemächte steht der Zahl der Schiffe nach immer noch die englische Flotte. Trotz aller Abrüstungs-und Friedensbeteuerungen wird der Grundsatz des „Zweimächteverhältnisses" nicht nur nicht aus der Hand gegeben, sondern im Gegenteil noch weiter ausgedehnt. Das-ist in unzwei¬ deutigster Form nach dem Ergebnis der Haager Friedenskonferenz im Herbst v. I. in die Erscheinung getreten. Denn kaum hatten diese Beratungen ehr Ende gefunden, da trat die englische Admiralität mit dem Beschluß hervor, noch das dritte der im Marinehaushalt von 1907/08 ncugefordertcn drei

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

Nachkorrektur erfolgte automatisch.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341887_311740
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341887_311740/11
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 67, 1908, Zweites Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341887_311740/11>, abgerufen am 24.07.2024.