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Die Grenzboten. Jg. 67, 1908, Erstes Vierteljahr.

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Maßgebliches und Unmaßgebliches

Landtag zur Sprache gekommen, und der Kultusminister hat in einer sehr gewundnen
und vorsichtigen Darlegung der Rechtsverhältnisse versucht, die Besorgnisse wegen
der Nachgiebigkeit des Staats zu zerstreuen. Eine recht klare Überzeugung von
der Rückgratfestigkeit der bayrischen Regierung konnte man freilich daraus uicht
gewinnen. Vielleicht aber überhebt der weitere Verlauf der Angelegenheit die
Regierung der peinlichen Notwendigkeit, ihr Recht unter Umständen gegen die Kirche
zu behaupten. Es scheint nämlich, als ob auch Professor Schnitzer nicht festbleiben
werde. Er hat zunächst aus "Gesundheitsrücksichten" sein Lehramt einstweilen nieder¬
gelegt, sodaß der Fall bereits ein andres Antlitz gewonnen hat. Aber die allgemeine
Aufmerksamkeit bleibt trotzdem noch auf die Frage gerichtet, wie sich die Regierung
in dein zwar verfassungsmäßig paritätischen, in der Tat aber überwiegend katho¬
lischen Staate Bayern mit allen diesen Streitfragen und den jedenfalls noch zu
erwartenden zahlreichen Konflikten abfinden wird. Vielleicht laßt man sich aber
auch im Vatikan noch überzeugen, daß man übel beraten gewesen ist, als man gerade
in Dentschland den Kampf gegen den Modernismus mit solcher Schroffheit auf¬
nahm. Es scheint, daß die Versuche, in dieser Richtung auf die Kurie einzuwirken,
von dem deutschen Episkopat noch nicht aufgegeben worden sind.

In einer Beziehung jedoch findet der Ultrnmontanismus in seinem Kampfe
gegen den Modernismus willige Hilfe, nämlich da, wo es sich um die Beleidigung einer
rein politischen Überzeugung handelt. In Bayern ist den Geistlichen die Mitarbeit
an liberalen Zeitungen verboten worden, und noch schärfer wird die Lage durch
das Vorgehen des Erzbischofs von Bamberg gegen den Pfarrer Grandinger be¬
leuchtet. Hier ist überhaupt von einem Verstoß gegen kirchliche Pflichten gar nicht
die Rede. Der Pfarrer Grandinger ist als liberaler Abgeordneter in den bayrischen
Landtag gewählt worden, und er hat als solcher seineu politischen Überzeugungen
gemäß gewirkt, ohne etwas getan zu haben, was zur kirchlichen Disziplinierung
Anlaß bot. Aber das genügte. Die Selbstverständlichkeit, mit der die Kirche das
Recht in Anspruch nimmt, den Geistlichen die politische Gesinnung vorzuschreiben
und ihre weltlichen Staatsbürgerpflichten zu regeln, läßt darauf schließen, daß die
Kirche in der politischen Beeinflussung grundsätzlich nicht bei dem Klerus stehn
bleibt, sondern alles tut, um auch die Laien politisch zu führen. Das ist zwar
nichts neues, aber es ist doch von Bedeutung, wenn das in einem bestimmten Falle
so klar und greifbar aller Welt gezeigt wird.

In Preußen richtete sich das Hauptinteresse mehr als je auf das Schicksal der
Ostmarkeuvorlage im Herrenhause. Die Opposition, die sich bei der ersten Beratung
im Plenum des Hauses in unerwarteter Stärke regte, hat große Besorgnisse hervor¬
gerufen und die pessimistischen Urteile, zu denen ohnehin große Neigung vorhanden
war, sehr bestärkt. Aber es scheint, als ob man zu rasch darin urteilte. Zunächst
ist dabei außer acht gelassen, daß die Behandlung der Gesetzvorlagen im Herren¬
hause immer etwas anders zu verlaufen pflegt als im Abgeordnetenhause, wo die
Organisation der Fraktionen eine bedeutende Rolle spielt. Hier werden die Parteien
zuerst in sich über ihre Haltung zu einer Vorlage einig und erwägen vorher nicht
"ur den materiellen Inhalt eines Gesetzentwurfs, sondern auch die taktische Seite
der Sache. Wenn auch die erste Plenarberatung sehr oft noch keine endgiltigen
und unabänderlichen Entschlüsse bringt, so läßt sie doch immer schon einen Feldzugs¬
plan der Fraktionen erkennen, der die Frucht der stets vorhergehenden Beratungen
ist- Im Herrenhause dagegen gehn die ersten Meinungsäußerungen über einen Gesetz¬
entwurf regelloser und persönlicher vor sich; in den entscheidenden Beratungen pflegt
sich aber das Staatsgefühl, das bei den Mitgliedern dieses Hauses durch keine
Vorstellung von einem Wählermandat beeinflußt wird, sondern auf ganz andern


Grenzboten I 1908 51
Maßgebliches und Unmaßgebliches

Landtag zur Sprache gekommen, und der Kultusminister hat in einer sehr gewundnen
und vorsichtigen Darlegung der Rechtsverhältnisse versucht, die Besorgnisse wegen
der Nachgiebigkeit des Staats zu zerstreuen. Eine recht klare Überzeugung von
der Rückgratfestigkeit der bayrischen Regierung konnte man freilich daraus uicht
gewinnen. Vielleicht aber überhebt der weitere Verlauf der Angelegenheit die
Regierung der peinlichen Notwendigkeit, ihr Recht unter Umständen gegen die Kirche
zu behaupten. Es scheint nämlich, als ob auch Professor Schnitzer nicht festbleiben
werde. Er hat zunächst aus „Gesundheitsrücksichten" sein Lehramt einstweilen nieder¬
gelegt, sodaß der Fall bereits ein andres Antlitz gewonnen hat. Aber die allgemeine
Aufmerksamkeit bleibt trotzdem noch auf die Frage gerichtet, wie sich die Regierung
in dein zwar verfassungsmäßig paritätischen, in der Tat aber überwiegend katho¬
lischen Staate Bayern mit allen diesen Streitfragen und den jedenfalls noch zu
erwartenden zahlreichen Konflikten abfinden wird. Vielleicht laßt man sich aber
auch im Vatikan noch überzeugen, daß man übel beraten gewesen ist, als man gerade
in Dentschland den Kampf gegen den Modernismus mit solcher Schroffheit auf¬
nahm. Es scheint, daß die Versuche, in dieser Richtung auf die Kurie einzuwirken,
von dem deutschen Episkopat noch nicht aufgegeben worden sind.

In einer Beziehung jedoch findet der Ultrnmontanismus in seinem Kampfe
gegen den Modernismus willige Hilfe, nämlich da, wo es sich um die Beleidigung einer
rein politischen Überzeugung handelt. In Bayern ist den Geistlichen die Mitarbeit
an liberalen Zeitungen verboten worden, und noch schärfer wird die Lage durch
das Vorgehen des Erzbischofs von Bamberg gegen den Pfarrer Grandinger be¬
leuchtet. Hier ist überhaupt von einem Verstoß gegen kirchliche Pflichten gar nicht
die Rede. Der Pfarrer Grandinger ist als liberaler Abgeordneter in den bayrischen
Landtag gewählt worden, und er hat als solcher seineu politischen Überzeugungen
gemäß gewirkt, ohne etwas getan zu haben, was zur kirchlichen Disziplinierung
Anlaß bot. Aber das genügte. Die Selbstverständlichkeit, mit der die Kirche das
Recht in Anspruch nimmt, den Geistlichen die politische Gesinnung vorzuschreiben
und ihre weltlichen Staatsbürgerpflichten zu regeln, läßt darauf schließen, daß die
Kirche in der politischen Beeinflussung grundsätzlich nicht bei dem Klerus stehn
bleibt, sondern alles tut, um auch die Laien politisch zu führen. Das ist zwar
nichts neues, aber es ist doch von Bedeutung, wenn das in einem bestimmten Falle
so klar und greifbar aller Welt gezeigt wird.

In Preußen richtete sich das Hauptinteresse mehr als je auf das Schicksal der
Ostmarkeuvorlage im Herrenhause. Die Opposition, die sich bei der ersten Beratung
im Plenum des Hauses in unerwarteter Stärke regte, hat große Besorgnisse hervor¬
gerufen und die pessimistischen Urteile, zu denen ohnehin große Neigung vorhanden
war, sehr bestärkt. Aber es scheint, als ob man zu rasch darin urteilte. Zunächst
ist dabei außer acht gelassen, daß die Behandlung der Gesetzvorlagen im Herren¬
hause immer etwas anders zu verlaufen pflegt als im Abgeordnetenhause, wo die
Organisation der Fraktionen eine bedeutende Rolle spielt. Hier werden die Parteien
zuerst in sich über ihre Haltung zu einer Vorlage einig und erwägen vorher nicht
»ur den materiellen Inhalt eines Gesetzentwurfs, sondern auch die taktische Seite
der Sache. Wenn auch die erste Plenarberatung sehr oft noch keine endgiltigen
und unabänderlichen Entschlüsse bringt, so läßt sie doch immer schon einen Feldzugs¬
plan der Fraktionen erkennen, der die Frucht der stets vorhergehenden Beratungen
ist- Im Herrenhause dagegen gehn die ersten Meinungsäußerungen über einen Gesetz¬
entwurf regelloser und persönlicher vor sich; in den entscheidenden Beratungen pflegt
sich aber das Staatsgefühl, das bei den Mitgliedern dieses Hauses durch keine
Vorstellung von einem Wählermandat beeinflußt wird, sondern auf ganz andern


Grenzboten I 1908 51
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[0397] Maßgebliches und Unmaßgebliches Landtag zur Sprache gekommen, und der Kultusminister hat in einer sehr gewundnen und vorsichtigen Darlegung der Rechtsverhältnisse versucht, die Besorgnisse wegen der Nachgiebigkeit des Staats zu zerstreuen. Eine recht klare Überzeugung von der Rückgratfestigkeit der bayrischen Regierung konnte man freilich daraus uicht gewinnen. Vielleicht aber überhebt der weitere Verlauf der Angelegenheit die Regierung der peinlichen Notwendigkeit, ihr Recht unter Umständen gegen die Kirche zu behaupten. Es scheint nämlich, als ob auch Professor Schnitzer nicht festbleiben werde. Er hat zunächst aus „Gesundheitsrücksichten" sein Lehramt einstweilen nieder¬ gelegt, sodaß der Fall bereits ein andres Antlitz gewonnen hat. Aber die allgemeine Aufmerksamkeit bleibt trotzdem noch auf die Frage gerichtet, wie sich die Regierung in dein zwar verfassungsmäßig paritätischen, in der Tat aber überwiegend katho¬ lischen Staate Bayern mit allen diesen Streitfragen und den jedenfalls noch zu erwartenden zahlreichen Konflikten abfinden wird. Vielleicht laßt man sich aber auch im Vatikan noch überzeugen, daß man übel beraten gewesen ist, als man gerade in Dentschland den Kampf gegen den Modernismus mit solcher Schroffheit auf¬ nahm. Es scheint, daß die Versuche, in dieser Richtung auf die Kurie einzuwirken, von dem deutschen Episkopat noch nicht aufgegeben worden sind. In einer Beziehung jedoch findet der Ultrnmontanismus in seinem Kampfe gegen den Modernismus willige Hilfe, nämlich da, wo es sich um die Beleidigung einer rein politischen Überzeugung handelt. In Bayern ist den Geistlichen die Mitarbeit an liberalen Zeitungen verboten worden, und noch schärfer wird die Lage durch das Vorgehen des Erzbischofs von Bamberg gegen den Pfarrer Grandinger be¬ leuchtet. Hier ist überhaupt von einem Verstoß gegen kirchliche Pflichten gar nicht die Rede. Der Pfarrer Grandinger ist als liberaler Abgeordneter in den bayrischen Landtag gewählt worden, und er hat als solcher seineu politischen Überzeugungen gemäß gewirkt, ohne etwas getan zu haben, was zur kirchlichen Disziplinierung Anlaß bot. Aber das genügte. Die Selbstverständlichkeit, mit der die Kirche das Recht in Anspruch nimmt, den Geistlichen die politische Gesinnung vorzuschreiben und ihre weltlichen Staatsbürgerpflichten zu regeln, läßt darauf schließen, daß die Kirche in der politischen Beeinflussung grundsätzlich nicht bei dem Klerus stehn bleibt, sondern alles tut, um auch die Laien politisch zu führen. Das ist zwar nichts neues, aber es ist doch von Bedeutung, wenn das in einem bestimmten Falle so klar und greifbar aller Welt gezeigt wird. In Preußen richtete sich das Hauptinteresse mehr als je auf das Schicksal der Ostmarkeuvorlage im Herrenhause. Die Opposition, die sich bei der ersten Beratung im Plenum des Hauses in unerwarteter Stärke regte, hat große Besorgnisse hervor¬ gerufen und die pessimistischen Urteile, zu denen ohnehin große Neigung vorhanden war, sehr bestärkt. Aber es scheint, als ob man zu rasch darin urteilte. Zunächst ist dabei außer acht gelassen, daß die Behandlung der Gesetzvorlagen im Herren¬ hause immer etwas anders zu verlaufen pflegt als im Abgeordnetenhause, wo die Organisation der Fraktionen eine bedeutende Rolle spielt. Hier werden die Parteien zuerst in sich über ihre Haltung zu einer Vorlage einig und erwägen vorher nicht »ur den materiellen Inhalt eines Gesetzentwurfs, sondern auch die taktische Seite der Sache. Wenn auch die erste Plenarberatung sehr oft noch keine endgiltigen und unabänderlichen Entschlüsse bringt, so läßt sie doch immer schon einen Feldzugs¬ plan der Fraktionen erkennen, der die Frucht der stets vorhergehenden Beratungen ist- Im Herrenhause dagegen gehn die ersten Meinungsäußerungen über einen Gesetz¬ entwurf regelloser und persönlicher vor sich; in den entscheidenden Beratungen pflegt sich aber das Staatsgefühl, das bei den Mitgliedern dieses Hauses durch keine Vorstellung von einem Wählermandat beeinflußt wird, sondern auf ganz andern Grenzboten I 1908 51

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 67, 1908, Erstes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341887_311080/397>, abgerufen am 22.07.2024.