Die Grenzboten. Jg. 67, 1908, Erstes Vierteljahr.Bei all deiner Wirksamkeit wirst du mir schließlich noch mürrisch und verdrossen. Kalt schüttelte den Kopf. Ich habe mich zu einem Weiberhasser entwickelt. Die Diese Tatsache hob Kalt immer gern besonders hervor. Nun, das aus; schließlich deine Sache sein, sagte Jörgen gähnend, Platz ist Wirklich? versetzte Kalt mit lauerndem Blick. Du hast dich also schon entschlossen? Halbwegs, erwiderte Jörgen. Ich bringe es bloß nicht über das Herz, mit Pips Aber gemacht wirds, unterbrach ihn Kalt. Gemache muß es werden, verbesserte Jörgen. Ich werde sie später furchtbar Nein, sagte Kalt, und du wirst dir auch niemals die Pein bereiten, darüber Pips ist tapfer, klug und verständig; wenn sie einsieht, daß alles Hoffen ver¬ Hast du denn Erfahrungen darin? fragte Kalt trocken. Einige, erwiderte Jörgen lächelnd. Meinetwegen, sagte Kalt, mir ist das völlig gleichgiltig. Und ich habe auch Jörgen lachte. Du bist doch wirklich unvergleichlich, Kalt. Gott weiß, was Du gehörst zu denen, die alles mögliche werden können, sagte Kalt trocken. Du Nur eine Zeit lang? fragte Jörgen lächelnd. Ja, nur eine Zeit lang. Vermählst dn dich, Jörgen, dann sollst du einmal Ich glaube, Pips ist ein guter Beweis für das Gegenteil, meinte Jörgen. Die Ja, weil sie weiß, daß sie dich jeden Augenblick verlieren kann. Das ist die Rose, sagte Jörgen nachdenklich und lachte dann. Kannst du dir vorstellen, Freilich nicht um des ersten besten willen, meinte Kalt geheimnisvoll. Ach, Unsinn! versetzte Jörgen kurz. Und dann dachte er wohlgefällig an Pips. Grenzl'selen I 1908 50
Bei all deiner Wirksamkeit wirst du mir schließlich noch mürrisch und verdrossen. Kalt schüttelte den Kopf. Ich habe mich zu einem Weiberhasser entwickelt. Die Diese Tatsache hob Kalt immer gern besonders hervor. Nun, das aus; schließlich deine Sache sein, sagte Jörgen gähnend, Platz ist Wirklich? versetzte Kalt mit lauerndem Blick. Du hast dich also schon entschlossen? Halbwegs, erwiderte Jörgen. Ich bringe es bloß nicht über das Herz, mit Pips Aber gemacht wirds, unterbrach ihn Kalt. Gemache muß es werden, verbesserte Jörgen. Ich werde sie später furchtbar Nein, sagte Kalt, und du wirst dir auch niemals die Pein bereiten, darüber Pips ist tapfer, klug und verständig; wenn sie einsieht, daß alles Hoffen ver¬ Hast du denn Erfahrungen darin? fragte Kalt trocken. Einige, erwiderte Jörgen lächelnd. Meinetwegen, sagte Kalt, mir ist das völlig gleichgiltig. Und ich habe auch Jörgen lachte. Du bist doch wirklich unvergleichlich, Kalt. Gott weiß, was Du gehörst zu denen, die alles mögliche werden können, sagte Kalt trocken. Du Nur eine Zeit lang? fragte Jörgen lächelnd. Ja, nur eine Zeit lang. Vermählst dn dich, Jörgen, dann sollst du einmal Ich glaube, Pips ist ein guter Beweis für das Gegenteil, meinte Jörgen. Die Ja, weil sie weiß, daß sie dich jeden Augenblick verlieren kann. Das ist die Rose, sagte Jörgen nachdenklich und lachte dann. Kannst du dir vorstellen, Freilich nicht um des ersten besten willen, meinte Kalt geheimnisvoll. Ach, Unsinn! versetzte Jörgen kurz. Und dann dachte er wohlgefällig an Pips. Grenzl'selen I 1908 50
<TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0389" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/311470"/> <fw type="header" place="top"/><lb/> <p xml:id="ID_1877" prev="#ID_1876"> Bei all deiner Wirksamkeit wirst du mir schließlich noch mürrisch und verdrossen.<lb/> Verheirate dich doch.</p><lb/> <p xml:id="ID_1878"> Kalt schüttelte den Kopf. Ich habe mich zu einem Weiberhasser entwickelt. Die<lb/> berühmten Stiefel waren meine letzte erotische Begebenheit. Ich habe das Konto<lb/> abgeschlossen und bin nun fertig damit.</p><lb/> <p xml:id="ID_1879"> Diese Tatsache hob Kalt immer gern besonders hervor.</p><lb/> <p xml:id="ID_1880"> Nun, das aus; schließlich deine Sache sein, sagte Jörgen gähnend, Platz ist<lb/> jedenfalls genug in der Verwalterwohnung vorhanden, sowohl für eine Frau als<lb/> auch für etliche Kinder; auch sollst du Zulage pro Kopf erhalten, wenn es soweit<lb/> kommen sollte. Ich selbst muß ja auch einmal an die Sache ran.</p><lb/> <p xml:id="ID_1881"> Wirklich? versetzte Kalt mit lauerndem Blick. Du hast dich also schon entschlossen?</p><lb/> <p xml:id="ID_1882"> Halbwegs, erwiderte Jörgen. Ich bringe es bloß nicht über das Herz, mit Pips<lb/> völlig abzubrechen. So etwas muß man taktvoll machen, weißt du, und langsam.</p><lb/> <p xml:id="ID_1883"> Aber gemacht wirds, unterbrach ihn Kalt.</p><lb/> <p xml:id="ID_1884"> Gemache muß es werden, verbesserte Jörgen. Ich werde sie später furchtbar<lb/> vermissen, das weiß ich genau. Doch hieran ist nun einmal nichts zu ändern.</p><lb/> <p xml:id="ID_1885"> Nein, sagte Kalt, und du wirst dir auch niemals die Pein bereiten, darüber<lb/> »achzudenken, wie sie nun eigentlich gestellt sein mag.</p><lb/> <p xml:id="ID_1886"> Pips ist tapfer, klug und verständig; wenn sie einsieht, daß alles Hoffen ver¬<lb/> gebens ist, dann leistet sie sicher Verzicht. Derartiges bringen die Weiber immer<lb/> leichter fertig, als wir glauben.</p><lb/> <p xml:id="ID_1887"> Hast du denn Erfahrungen darin? fragte Kalt trocken.</p><lb/> <p xml:id="ID_1888"> Einige, erwiderte Jörgen lächelnd.</p><lb/> <p xml:id="ID_1889"> Meinetwegen, sagte Kalt, mir ist das völlig gleichgiltig. Und ich habe auch<lb/> schon ein Konzept zu deinem Abschiedsbrief verfaßt. Du wirst mit mir zufrieden sein.</p><lb/> <p xml:id="ID_1890"> Jörgen lachte. Du bist doch wirklich unvergleichlich, Kalt. Gott weiß, was<lb/> ich ohne dich geworden wäre.</p><lb/> <p xml:id="ID_1891"> Du gehörst zu denen, die alles mögliche werden können, sagte Kalt trocken. Du<lb/> hast die Anlage dazu, dich beständig in dem Geleise zu halten, das dir ein andrer<lb/> freundlichst gezeigt hat. Und so lieben dich auch die Frauenzimmer eine Zeit lang!</p><lb/> <p xml:id="ID_1892"> Nur eine Zeit lang? fragte Jörgen lächelnd.</p><lb/> <p xml:id="ID_1893"> Ja, nur eine Zeit lang. Vermählst dn dich, Jörgen, dann sollst du einmal<lb/> schein Wenn an der Frau, die deine Gattin wird, wirklich etwas ist, dann wirst<lb/> du bald gezwungen sein, sie zu bewachen. Anfangs freilich weckst du in den Weibern<lb/> Gefühl für dich, doch dieses auf die Dauer zu erhalten, das dürfte dir schwer fallen.</p><lb/> <p xml:id="ID_1894"> Ich glaube, Pips ist ein guter Beweis für das Gegenteil, meinte Jörgen. Die<lb/> Liebschaften sind für uns Männer eine nützliche Sache, mußt du wissen; sie gehören<lb/> mit zur Ausbildung. Ich habe recht viel von Pips gelernt. Und sie hält zu mir,<lb/> sag ich dir.</p><lb/> <p xml:id="ID_1895"> Ja, weil sie weiß, daß sie dich jeden Augenblick verlieren kann. Das ist die<lb/> Fessel, die sie an dich bindet. Aber warte du bloß, mein Freund, wenn deine<lb/> Gattin erst freie Bahn vor sich liegen sehn wird!</p><lb/> <p xml:id="ID_1896"> Rose, sagte Jörgen nachdenklich und lachte dann. Kannst du dir vorstellen,<lb/> daß die echte Tochter Seiner Exzellenz und Ihrer Gnaden überhaupt aus der<lb/> Bahn brechen wird?</p><lb/> <p xml:id="ID_1897"> Freilich nicht um des ersten besten willen, meinte Kalt geheimnisvoll.</p><lb/> <p xml:id="ID_1898"> Ach, Unsinn! versetzte Jörgen kurz. Und dann dachte er wohlgefällig an Pips.<lb/> Es war auch verwünscht, daß sie niemals mehr nach Steensgaard herüberkommen<lb/> wollte. Hier hatten sie doch so wunderschöne Tage verbracht. Kalt dagegen dachte<lb/> an Rose.</p><lb/> <fw type="sig" place="bottom"> Grenzl'selen I 1908 50</fw><lb/> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0389]
Bei all deiner Wirksamkeit wirst du mir schließlich noch mürrisch und verdrossen.
Verheirate dich doch.
Kalt schüttelte den Kopf. Ich habe mich zu einem Weiberhasser entwickelt. Die
berühmten Stiefel waren meine letzte erotische Begebenheit. Ich habe das Konto
abgeschlossen und bin nun fertig damit.
Diese Tatsache hob Kalt immer gern besonders hervor.
Nun, das aus; schließlich deine Sache sein, sagte Jörgen gähnend, Platz ist
jedenfalls genug in der Verwalterwohnung vorhanden, sowohl für eine Frau als
auch für etliche Kinder; auch sollst du Zulage pro Kopf erhalten, wenn es soweit
kommen sollte. Ich selbst muß ja auch einmal an die Sache ran.
Wirklich? versetzte Kalt mit lauerndem Blick. Du hast dich also schon entschlossen?
Halbwegs, erwiderte Jörgen. Ich bringe es bloß nicht über das Herz, mit Pips
völlig abzubrechen. So etwas muß man taktvoll machen, weißt du, und langsam.
Aber gemacht wirds, unterbrach ihn Kalt.
Gemache muß es werden, verbesserte Jörgen. Ich werde sie später furchtbar
vermissen, das weiß ich genau. Doch hieran ist nun einmal nichts zu ändern.
Nein, sagte Kalt, und du wirst dir auch niemals die Pein bereiten, darüber
»achzudenken, wie sie nun eigentlich gestellt sein mag.
Pips ist tapfer, klug und verständig; wenn sie einsieht, daß alles Hoffen ver¬
gebens ist, dann leistet sie sicher Verzicht. Derartiges bringen die Weiber immer
leichter fertig, als wir glauben.
Hast du denn Erfahrungen darin? fragte Kalt trocken.
Einige, erwiderte Jörgen lächelnd.
Meinetwegen, sagte Kalt, mir ist das völlig gleichgiltig. Und ich habe auch
schon ein Konzept zu deinem Abschiedsbrief verfaßt. Du wirst mit mir zufrieden sein.
Jörgen lachte. Du bist doch wirklich unvergleichlich, Kalt. Gott weiß, was
ich ohne dich geworden wäre.
Du gehörst zu denen, die alles mögliche werden können, sagte Kalt trocken. Du
hast die Anlage dazu, dich beständig in dem Geleise zu halten, das dir ein andrer
freundlichst gezeigt hat. Und so lieben dich auch die Frauenzimmer eine Zeit lang!
Nur eine Zeit lang? fragte Jörgen lächelnd.
Ja, nur eine Zeit lang. Vermählst dn dich, Jörgen, dann sollst du einmal
schein Wenn an der Frau, die deine Gattin wird, wirklich etwas ist, dann wirst
du bald gezwungen sein, sie zu bewachen. Anfangs freilich weckst du in den Weibern
Gefühl für dich, doch dieses auf die Dauer zu erhalten, das dürfte dir schwer fallen.
Ich glaube, Pips ist ein guter Beweis für das Gegenteil, meinte Jörgen. Die
Liebschaften sind für uns Männer eine nützliche Sache, mußt du wissen; sie gehören
mit zur Ausbildung. Ich habe recht viel von Pips gelernt. Und sie hält zu mir,
sag ich dir.
Ja, weil sie weiß, daß sie dich jeden Augenblick verlieren kann. Das ist die
Fessel, die sie an dich bindet. Aber warte du bloß, mein Freund, wenn deine
Gattin erst freie Bahn vor sich liegen sehn wird!
Rose, sagte Jörgen nachdenklich und lachte dann. Kannst du dir vorstellen,
daß die echte Tochter Seiner Exzellenz und Ihrer Gnaden überhaupt aus der
Bahn brechen wird?
Freilich nicht um des ersten besten willen, meinte Kalt geheimnisvoll.
Ach, Unsinn! versetzte Jörgen kurz. Und dann dachte er wohlgefällig an Pips.
Es war auch verwünscht, daß sie niemals mehr nach Steensgaard herüberkommen
wollte. Hier hatten sie doch so wunderschöne Tage verbracht. Kalt dagegen dachte
an Rose.
Grenzl'selen I 1908 50
Informationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.
Weitere Informationen:Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur. Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (ꝛ): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja; Nachkorrektur erfolgte automatisch.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |