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Die Grenzboten. Jg. 67, 1908, Viertes Vierteljahr.

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Pläne für eine australische Wehrmacht

direkter Kontrolle fest. Er nehme an, daß es der Besuch der Flotte der
Vereinigten Staaten der britischen Admiralität klar vor Angen führe, welches
intensive Verlangen in Australien nach einer Flotte in australischen Gewässern
bestehe, die in Fühlung bleibe mit den nationalen Aspirationen und den
direkten Interessen der Bewohner des Commonwealth. Die Summe, die
jährlich zur Landesverteidigung aufgebracht wird, beläuft sich auf 6 Schillinge
für den Kopf. Bis jetzt zahlt das Commonwealth 250000 Pfund Sterling
an das Mutterland als jährlichen Zuschuß zu den Marineausgaben. Der
Vorschlag des Premierministers Deakin geht nun dahin, anstatt dieser Summe
tausend australische Seeleute für den Dienst auf der australischen Station zu
stellen. Der Unterhalt dieser Leute wird zu 100000 Pfund Sterling be¬
rechnet, die Differenz soll zum Bau von Unterseebooten und Torpedobovts-
zerstörern verwandt werden. Diese Maßnahmen müssen als die Anfänge einer
australischen Flotte angesehen werden, zwar zunächst einer reinen Defensivflotte,
der der Küsten- und Hafenschutz obliegt. Weiter wird dem Mutterlande vor¬
geschlagen, zwei Kreuzer mit je vierhundert Maun Besatzung (australischer
Seeleute) dauernd, auch in Kriegszeiten auf der Station zu belassen. Ein
erweitertes Programm für den Ausbau der vorhandnen Hafenbefestignngen
liegt ebenfalls vor.

Was nun die Landstreitkrüfte der Föderation betrifft, so war es bisher
um diese traurig bestellt, die "Armee" bestand ans 22000 Mann (1333
ständiger Truppen, 15187 Milizen und 5237 Freiwilligen). Während der
letzten sechs Jahre sind mannigfache Entwürfe zu eiuer nationalen Wehrmacht
entstanden und wieder verworfen worden, als letzter vor gut einem Jahre der
des Generals Hutton. Die vötsnLk ^oth von 1903/04 legten zwar jedem
australischen Bürger die Verpflichtung zum Dienst während eines Krieges ans,
aber es wurden noch keine Vorkehrungen getroffen, um eine entsprechende Aus¬
bildung mit der Waffe zu ermöglichen.

Vor zwei Jahren trat unter dem Druck der äußern Verhältnisse die
^u8trg.Iig.Q Xationgl vstöneo IieaZuo ins Leben, ihr Organ ist der und
ihr Zweck, Australien wehrfähig zu machen, indem nach und nach die ganze
männliche Bevölkerung eine militärische Schulung erhalten soll. Mau ent¬
schied sich für das Schweizer System, natürlich unter Anpassung an die Ver¬
hältnisse. Der Zweig der "Verteidigungsliga", der seinen Sitz in Neusüd-
wales hat, befürwortete von vornherein die allgemeine Wehrpflicht. Der
Zweig "Victoria" sträubte sich gegen den Vorschlag und jagte immer noch
dem Phantom eines allgemeinen freiwilligen Dienstes nach. Der damalige
Verteidigungsminister, Mr. Playford, verwarf den Gedanken einer Bürger¬
wehr sogar ganz und gar. Mr. Deakin selbst stand anfangs auf feiten
seiner Landsleute in Victoria, beschloß aber dennoch eine Kommission zum
Studium der Schweizer Wehrverhältnisse zu entsenden. Inzwischen gewann
die "Neusüdwales"-Richtung immer mehr Anhänger, die letzten Parlaments-


Pläne für eine australische Wehrmacht

direkter Kontrolle fest. Er nehme an, daß es der Besuch der Flotte der
Vereinigten Staaten der britischen Admiralität klar vor Angen führe, welches
intensive Verlangen in Australien nach einer Flotte in australischen Gewässern
bestehe, die in Fühlung bleibe mit den nationalen Aspirationen und den
direkten Interessen der Bewohner des Commonwealth. Die Summe, die
jährlich zur Landesverteidigung aufgebracht wird, beläuft sich auf 6 Schillinge
für den Kopf. Bis jetzt zahlt das Commonwealth 250000 Pfund Sterling
an das Mutterland als jährlichen Zuschuß zu den Marineausgaben. Der
Vorschlag des Premierministers Deakin geht nun dahin, anstatt dieser Summe
tausend australische Seeleute für den Dienst auf der australischen Station zu
stellen. Der Unterhalt dieser Leute wird zu 100000 Pfund Sterling be¬
rechnet, die Differenz soll zum Bau von Unterseebooten und Torpedobovts-
zerstörern verwandt werden. Diese Maßnahmen müssen als die Anfänge einer
australischen Flotte angesehen werden, zwar zunächst einer reinen Defensivflotte,
der der Küsten- und Hafenschutz obliegt. Weiter wird dem Mutterlande vor¬
geschlagen, zwei Kreuzer mit je vierhundert Maun Besatzung (australischer
Seeleute) dauernd, auch in Kriegszeiten auf der Station zu belassen. Ein
erweitertes Programm für den Ausbau der vorhandnen Hafenbefestignngen
liegt ebenfalls vor.

Was nun die Landstreitkrüfte der Föderation betrifft, so war es bisher
um diese traurig bestellt, die „Armee" bestand ans 22000 Mann (1333
ständiger Truppen, 15187 Milizen und 5237 Freiwilligen). Während der
letzten sechs Jahre sind mannigfache Entwürfe zu eiuer nationalen Wehrmacht
entstanden und wieder verworfen worden, als letzter vor gut einem Jahre der
des Generals Hutton. Die vötsnLk ^oth von 1903/04 legten zwar jedem
australischen Bürger die Verpflichtung zum Dienst während eines Krieges ans,
aber es wurden noch keine Vorkehrungen getroffen, um eine entsprechende Aus¬
bildung mit der Waffe zu ermöglichen.

Vor zwei Jahren trat unter dem Druck der äußern Verhältnisse die
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ihr Zweck, Australien wehrfähig zu machen, indem nach und nach die ganze
männliche Bevölkerung eine militärische Schulung erhalten soll. Mau ent¬
schied sich für das Schweizer System, natürlich unter Anpassung an die Ver¬
hältnisse. Der Zweig der „Verteidigungsliga", der seinen Sitz in Neusüd-
wales hat, befürwortete von vornherein die allgemeine Wehrpflicht. Der
Zweig „Victoria" sträubte sich gegen den Vorschlag und jagte immer noch
dem Phantom eines allgemeinen freiwilligen Dienstes nach. Der damalige
Verteidigungsminister, Mr. Playford, verwarf den Gedanken einer Bürger¬
wehr sogar ganz und gar. Mr. Deakin selbst stand anfangs auf feiten
seiner Landsleute in Victoria, beschloß aber dennoch eine Kommission zum
Studium der Schweizer Wehrverhältnisse zu entsenden. Inzwischen gewann
die „Neusüdwales"-Richtung immer mehr Anhänger, die letzten Parlaments-


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[0064] Pläne für eine australische Wehrmacht direkter Kontrolle fest. Er nehme an, daß es der Besuch der Flotte der Vereinigten Staaten der britischen Admiralität klar vor Angen führe, welches intensive Verlangen in Australien nach einer Flotte in australischen Gewässern bestehe, die in Fühlung bleibe mit den nationalen Aspirationen und den direkten Interessen der Bewohner des Commonwealth. Die Summe, die jährlich zur Landesverteidigung aufgebracht wird, beläuft sich auf 6 Schillinge für den Kopf. Bis jetzt zahlt das Commonwealth 250000 Pfund Sterling an das Mutterland als jährlichen Zuschuß zu den Marineausgaben. Der Vorschlag des Premierministers Deakin geht nun dahin, anstatt dieser Summe tausend australische Seeleute für den Dienst auf der australischen Station zu stellen. Der Unterhalt dieser Leute wird zu 100000 Pfund Sterling be¬ rechnet, die Differenz soll zum Bau von Unterseebooten und Torpedobovts- zerstörern verwandt werden. Diese Maßnahmen müssen als die Anfänge einer australischen Flotte angesehen werden, zwar zunächst einer reinen Defensivflotte, der der Küsten- und Hafenschutz obliegt. Weiter wird dem Mutterlande vor¬ geschlagen, zwei Kreuzer mit je vierhundert Maun Besatzung (australischer Seeleute) dauernd, auch in Kriegszeiten auf der Station zu belassen. Ein erweitertes Programm für den Ausbau der vorhandnen Hafenbefestignngen liegt ebenfalls vor. Was nun die Landstreitkrüfte der Föderation betrifft, so war es bisher um diese traurig bestellt, die „Armee" bestand ans 22000 Mann (1333 ständiger Truppen, 15187 Milizen und 5237 Freiwilligen). Während der letzten sechs Jahre sind mannigfache Entwürfe zu eiuer nationalen Wehrmacht entstanden und wieder verworfen worden, als letzter vor gut einem Jahre der des Generals Hutton. Die vötsnLk ^oth von 1903/04 legten zwar jedem australischen Bürger die Verpflichtung zum Dienst während eines Krieges ans, aber es wurden noch keine Vorkehrungen getroffen, um eine entsprechende Aus¬ bildung mit der Waffe zu ermöglichen. Vor zwei Jahren trat unter dem Druck der äußern Verhältnisse die ^u8trg.Iig.Q Xationgl vstöneo IieaZuo ins Leben, ihr Organ ist der und ihr Zweck, Australien wehrfähig zu machen, indem nach und nach die ganze männliche Bevölkerung eine militärische Schulung erhalten soll. Mau ent¬ schied sich für das Schweizer System, natürlich unter Anpassung an die Ver¬ hältnisse. Der Zweig der „Verteidigungsliga", der seinen Sitz in Neusüd- wales hat, befürwortete von vornherein die allgemeine Wehrpflicht. Der Zweig „Victoria" sträubte sich gegen den Vorschlag und jagte immer noch dem Phantom eines allgemeinen freiwilligen Dienstes nach. Der damalige Verteidigungsminister, Mr. Playford, verwarf den Gedanken einer Bürger¬ wehr sogar ganz und gar. Mr. Deakin selbst stand anfangs auf feiten seiner Landsleute in Victoria, beschloß aber dennoch eine Kommission zum Studium der Schweizer Wehrverhältnisse zu entsenden. Inzwischen gewann die „Neusüdwales"-Richtung immer mehr Anhänger, die letzten Parlaments-

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 67, 1908, Viertes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341887_310410/64>, abgerufen am 25.08.2024.