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Die Grenzboten. Jg. 67, 1908, Viertes Vierteljahr.

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Maßgebliches und Unmaßgebliches

der Kommissionsmehrheit kund, daß es Sache der Einzelstaaten sei, für diesen Betrag
auszukommen. Das ist eine Kurzsichtigkeit und eine Verständnislosigkeit für die
vom Reichstag zu lösende Aufgabe, wie man sie sich kaum ärger vorstellen kann.
Es ist daher nicht ungerechtfertigt, wenn sich starke Befürchtungen für den Aus¬
gang der ganzen Sache regen. Die Reichsfinanzreform von 1906 hat sich als
unzulänglich erwiesen. Da aber der Reichstag die Ausgaben des Reichs nicht nach
den wirklichen Einnahmequellen, sondern nach einer falschen Schätzung ihrer Er¬
giebigkeit bestimmt hat, so ist das Ergebnis eine Überlastung der Einzelstaaten mit
Matrikülarbeiträgen gewesen. Anstatt nun, wie es doch eigentlich richtig wäre,
eine gründliche Reichsfinanzreform damit zu beginnen, daß zunächst die Einzel¬
staaten für die ihnen durch die fehlerhafte Finanzpolitik des Reichs zugeschobnen
Lasten entschädigt werden, will man der Sache vielmehr das Ansehen geben, als
ob die Einzelstaaten zu ihrem Vergnügen auf Reichsunkosten Schulden gemacht
hätten und min zusehe" mögen, wie sie sie decken können. Dieses rechnerische und
logische Meisterstück soll der Anfang einer Reichsfinanzreform sein, die zur Be¬
seitigung einer dringenden Not und zur Lösung einer der vornehmsten Aufgaben
der Reichspolitik "ganze Arbeit" machen soll. Wenn die Kommission sich weiter
auf dieser Höhe hält, wird sie wenigstens den Ruhm erlangen, den Reichstag dem
Gipfel der Unfähigkeit ziemlich nahe gebracht zu haben. Es ist merkwürdig, mit
welcher Leichtherzigkeit die Finanzkünstler des Reichstags jetzt von Erhöhung der
Matrikularbeiträge sprechen, während es doch eine bekannte Sache ist, daß auf der
Grundlage, auf der jetzt die Matrikularbeiträge erhoben werden, eine Mehrbelastung
der Einzelstaaten ausgeschlossen ist. Nun wäre ja eine sogenannte "Veredlung"
der Matrikularbeiträge, d. h. die Erhebung dieser Umlagen nach der Leistungs¬
fähigkeit der Bundesstaaten, eine freudig zu begrüßende Lösung, und wir haben
diesem Ausweg selbst grundsätzlich zugestimmt, als es bei der Vorbereitung der
Reichsfinanzreform den Anschein hatte, als werde sich eine Möglichkeit, die der
Zustimmung des Bundesrath sicher wäre, hierzu finden lassen. Das hat sich freilich
als Täuschung erwiesen, und unter diesen Umständen muß es doch merkwürdig be¬
rühren, wenn die Reichstcigskommission wieder auf deu Begriff der "Veredlung"
der Matrikularbeiträge zurückkommt, ohne auch nur einen positiven Vorschlag zu
machen, wie das eigentlich geschehen soll.

Im Reichstagswahlkreise Meseritz-Bomst der Provinz Posen hat jetzt eine
Neuwahl stattgefunden, wobei das Zentrum, das sich große Mühe gibt, seine Or¬
ganisation in den Ostmarken zu verstärken, die erste Probe auf das Exempel machen
wollte. Der Wahlkreis war bisher konservativ vertreten gewesen, da sich unter
dieser Fahne alle Deutschen gegenüber dem polnischen Kandidaten gesammelt hatten.
Das Zentrum glaubte uun den Wahlkreis zwar nicht für einen Vertreter polnischer
Nationalität, Wohl aber für die polnische Sache dadurch retten zu können, daß es
einen Propst mit deutschem Namen als gemeinsamen Kandidaten des Zentrums und
der Polen aufstellte. Dieser Herr figurierte natürlich in Wahlaufrufen und Wahlreden
als Kandidat "der Katholiken". Die Polen ließen sich das gefallen, da sie wußten,
daß sie keine Aussicht hatten, einen eignen Bewerber durchzubringen, ihre nationale
Sache aber bei eineni Zentrumsmann ebensogut aufgehoben ist wie bei dem
fanatischsten Polen von Geburt. Wer sich aber diese Täuschung nicht gefallen ließ,
das war die Mehrheit der deutschen Katholiken, die keiner Belehrung mehr darüber
bedürfen, wohin die Ziele der Polen gehn, und die sich durch die Vorspiegelungen
des Zentrums nicht mehr zum Verrat an der deutschen Sache bewegen lassen. Sie
stimmten für den konservativen Kandidaten, der das Deutschtum vertrat, und so
wurde glücklich der Ansturm des Polentums abgeschlagen. Der Wahlkreis behält
seine deutsche Vertretung.




Maßgebliches und Unmaßgebliches

der Kommissionsmehrheit kund, daß es Sache der Einzelstaaten sei, für diesen Betrag
auszukommen. Das ist eine Kurzsichtigkeit und eine Verständnislosigkeit für die
vom Reichstag zu lösende Aufgabe, wie man sie sich kaum ärger vorstellen kann.
Es ist daher nicht ungerechtfertigt, wenn sich starke Befürchtungen für den Aus¬
gang der ganzen Sache regen. Die Reichsfinanzreform von 1906 hat sich als
unzulänglich erwiesen. Da aber der Reichstag die Ausgaben des Reichs nicht nach
den wirklichen Einnahmequellen, sondern nach einer falschen Schätzung ihrer Er¬
giebigkeit bestimmt hat, so ist das Ergebnis eine Überlastung der Einzelstaaten mit
Matrikülarbeiträgen gewesen. Anstatt nun, wie es doch eigentlich richtig wäre,
eine gründliche Reichsfinanzreform damit zu beginnen, daß zunächst die Einzel¬
staaten für die ihnen durch die fehlerhafte Finanzpolitik des Reichs zugeschobnen
Lasten entschädigt werden, will man der Sache vielmehr das Ansehen geben, als
ob die Einzelstaaten zu ihrem Vergnügen auf Reichsunkosten Schulden gemacht
hätten und min zusehe» mögen, wie sie sie decken können. Dieses rechnerische und
logische Meisterstück soll der Anfang einer Reichsfinanzreform sein, die zur Be¬
seitigung einer dringenden Not und zur Lösung einer der vornehmsten Aufgaben
der Reichspolitik „ganze Arbeit" machen soll. Wenn die Kommission sich weiter
auf dieser Höhe hält, wird sie wenigstens den Ruhm erlangen, den Reichstag dem
Gipfel der Unfähigkeit ziemlich nahe gebracht zu haben. Es ist merkwürdig, mit
welcher Leichtherzigkeit die Finanzkünstler des Reichstags jetzt von Erhöhung der
Matrikularbeiträge sprechen, während es doch eine bekannte Sache ist, daß auf der
Grundlage, auf der jetzt die Matrikularbeiträge erhoben werden, eine Mehrbelastung
der Einzelstaaten ausgeschlossen ist. Nun wäre ja eine sogenannte „Veredlung"
der Matrikularbeiträge, d. h. die Erhebung dieser Umlagen nach der Leistungs¬
fähigkeit der Bundesstaaten, eine freudig zu begrüßende Lösung, und wir haben
diesem Ausweg selbst grundsätzlich zugestimmt, als es bei der Vorbereitung der
Reichsfinanzreform den Anschein hatte, als werde sich eine Möglichkeit, die der
Zustimmung des Bundesrath sicher wäre, hierzu finden lassen. Das hat sich freilich
als Täuschung erwiesen, und unter diesen Umständen muß es doch merkwürdig be¬
rühren, wenn die Reichstcigskommission wieder auf deu Begriff der „Veredlung"
der Matrikularbeiträge zurückkommt, ohne auch nur einen positiven Vorschlag zu
machen, wie das eigentlich geschehen soll.

Im Reichstagswahlkreise Meseritz-Bomst der Provinz Posen hat jetzt eine
Neuwahl stattgefunden, wobei das Zentrum, das sich große Mühe gibt, seine Or¬
ganisation in den Ostmarken zu verstärken, die erste Probe auf das Exempel machen
wollte. Der Wahlkreis war bisher konservativ vertreten gewesen, da sich unter
dieser Fahne alle Deutschen gegenüber dem polnischen Kandidaten gesammelt hatten.
Das Zentrum glaubte uun den Wahlkreis zwar nicht für einen Vertreter polnischer
Nationalität, Wohl aber für die polnische Sache dadurch retten zu können, daß es
einen Propst mit deutschem Namen als gemeinsamen Kandidaten des Zentrums und
der Polen aufstellte. Dieser Herr figurierte natürlich in Wahlaufrufen und Wahlreden
als Kandidat „der Katholiken". Die Polen ließen sich das gefallen, da sie wußten,
daß sie keine Aussicht hatten, einen eignen Bewerber durchzubringen, ihre nationale
Sache aber bei eineni Zentrumsmann ebensogut aufgehoben ist wie bei dem
fanatischsten Polen von Geburt. Wer sich aber diese Täuschung nicht gefallen ließ,
das war die Mehrheit der deutschen Katholiken, die keiner Belehrung mehr darüber
bedürfen, wohin die Ziele der Polen gehn, und die sich durch die Vorspiegelungen
des Zentrums nicht mehr zum Verrat an der deutschen Sache bewegen lassen. Sie
stimmten für den konservativen Kandidaten, der das Deutschtum vertrat, und so
wurde glücklich der Ansturm des Polentums abgeschlagen. Der Wahlkreis behält
seine deutsche Vertretung.




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[0618] Maßgebliches und Unmaßgebliches der Kommissionsmehrheit kund, daß es Sache der Einzelstaaten sei, für diesen Betrag auszukommen. Das ist eine Kurzsichtigkeit und eine Verständnislosigkeit für die vom Reichstag zu lösende Aufgabe, wie man sie sich kaum ärger vorstellen kann. Es ist daher nicht ungerechtfertigt, wenn sich starke Befürchtungen für den Aus¬ gang der ganzen Sache regen. Die Reichsfinanzreform von 1906 hat sich als unzulänglich erwiesen. Da aber der Reichstag die Ausgaben des Reichs nicht nach den wirklichen Einnahmequellen, sondern nach einer falschen Schätzung ihrer Er¬ giebigkeit bestimmt hat, so ist das Ergebnis eine Überlastung der Einzelstaaten mit Matrikülarbeiträgen gewesen. Anstatt nun, wie es doch eigentlich richtig wäre, eine gründliche Reichsfinanzreform damit zu beginnen, daß zunächst die Einzel¬ staaten für die ihnen durch die fehlerhafte Finanzpolitik des Reichs zugeschobnen Lasten entschädigt werden, will man der Sache vielmehr das Ansehen geben, als ob die Einzelstaaten zu ihrem Vergnügen auf Reichsunkosten Schulden gemacht hätten und min zusehe» mögen, wie sie sie decken können. Dieses rechnerische und logische Meisterstück soll der Anfang einer Reichsfinanzreform sein, die zur Be¬ seitigung einer dringenden Not und zur Lösung einer der vornehmsten Aufgaben der Reichspolitik „ganze Arbeit" machen soll. Wenn die Kommission sich weiter auf dieser Höhe hält, wird sie wenigstens den Ruhm erlangen, den Reichstag dem Gipfel der Unfähigkeit ziemlich nahe gebracht zu haben. Es ist merkwürdig, mit welcher Leichtherzigkeit die Finanzkünstler des Reichstags jetzt von Erhöhung der Matrikularbeiträge sprechen, während es doch eine bekannte Sache ist, daß auf der Grundlage, auf der jetzt die Matrikularbeiträge erhoben werden, eine Mehrbelastung der Einzelstaaten ausgeschlossen ist. Nun wäre ja eine sogenannte „Veredlung" der Matrikularbeiträge, d. h. die Erhebung dieser Umlagen nach der Leistungs¬ fähigkeit der Bundesstaaten, eine freudig zu begrüßende Lösung, und wir haben diesem Ausweg selbst grundsätzlich zugestimmt, als es bei der Vorbereitung der Reichsfinanzreform den Anschein hatte, als werde sich eine Möglichkeit, die der Zustimmung des Bundesrath sicher wäre, hierzu finden lassen. Das hat sich freilich als Täuschung erwiesen, und unter diesen Umständen muß es doch merkwürdig be¬ rühren, wenn die Reichstcigskommission wieder auf deu Begriff der „Veredlung" der Matrikularbeiträge zurückkommt, ohne auch nur einen positiven Vorschlag zu machen, wie das eigentlich geschehen soll. Im Reichstagswahlkreise Meseritz-Bomst der Provinz Posen hat jetzt eine Neuwahl stattgefunden, wobei das Zentrum, das sich große Mühe gibt, seine Or¬ ganisation in den Ostmarken zu verstärken, die erste Probe auf das Exempel machen wollte. Der Wahlkreis war bisher konservativ vertreten gewesen, da sich unter dieser Fahne alle Deutschen gegenüber dem polnischen Kandidaten gesammelt hatten. Das Zentrum glaubte uun den Wahlkreis zwar nicht für einen Vertreter polnischer Nationalität, Wohl aber für die polnische Sache dadurch retten zu können, daß es einen Propst mit deutschem Namen als gemeinsamen Kandidaten des Zentrums und der Polen aufstellte. Dieser Herr figurierte natürlich in Wahlaufrufen und Wahlreden als Kandidat „der Katholiken". Die Polen ließen sich das gefallen, da sie wußten, daß sie keine Aussicht hatten, einen eignen Bewerber durchzubringen, ihre nationale Sache aber bei eineni Zentrumsmann ebensogut aufgehoben ist wie bei dem fanatischsten Polen von Geburt. Wer sich aber diese Täuschung nicht gefallen ließ, das war die Mehrheit der deutschen Katholiken, die keiner Belehrung mehr darüber bedürfen, wohin die Ziele der Polen gehn, und die sich durch die Vorspiegelungen des Zentrums nicht mehr zum Verrat an der deutschen Sache bewegen lassen. Sie stimmten für den konservativen Kandidaten, der das Deutschtum vertrat, und so wurde glücklich der Ansturm des Polentums abgeschlagen. Der Wahlkreis behält seine deutsche Vertretung.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 67, 1908, Viertes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341887_310410/618>, abgerufen am 24.08.2024.