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Die Grenzboten. Jg. 67, 1908, Viertes Vierteljahr.

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Über das Lrfindergeschlecht Siemers

elektrische,, Entfernungsmesser, eine Einrichtung, um Geschütze auf elektrischem
Wege abzufeuern, eine Methode zum Messen von Geschoßgeschwindigkeiten im
Geschützrohr usw. Er starb zu Berlin am 1. Juli 1837.

Was endlich die vier berühmten Erfinderbrüder betrifft, so ist es in die
Augen springend, daß es sich bei ihnen nicht etwa nur um sehr gescheite, be¬
gabte Köpfe handelt, die das Glück gehabt haben, mehr zufällig irgendeine
brauchbare Verbesserung irgendwelcher Art zu erfinden und nutzbar zu machen,
sondern um Vertreter eines bestimmten Typus, eben des Erfindertypus, das
heißt um Personen, die sich planmäßig und wissenschaftlich an die Lösung irgend¬
einer Aufgabe machten, auf die sie kamen, deren Lösung ihnen wichtig oder nützlich
erschien, und die sie dann einer meist glücklichen Lösung entgegenführten.

Findet sich nun irgendein solcher Typus bei einer Reihe von Geschwistern
deutlich ausgeprägt, findet er sich, wie es bei der Familie Siemers der Fall
ist, auch ausgeprägt bei den Nachkommen und nächsten Seitenverwandten dieser
Geschwister, läßt sich, wie es hier der Fall ist, nachweisen, daß er außerdem bei
einigen entfernt verwandten Mitgliedern desselben Geschlechts vorhanden ist, so
ist es nach der gegenwärtigen Meinung der Wissenschaft berechtigt, diesen Typus
einen Familientypus zu nennen.

Danach ist es aber ganz gewiß berechtigt, von dem Vorhandensein des
Erfindertypus als eines Familientypus in dem Geschlechte Siemers zu sprechen
und es ein "Erfindergeschlecht" zu nennen. Man weiß nur merkwürdigerweise
gerade bei ihm nicht recht, von welcher Seite her er in die Familie gekommen
ist. Nimmt man ihn als von den Vorfahren ererbt an, und das muß man
bei der ganzen Sachlage, so muß man, um Klarheit zu gewinnen, jedenfalls
auf das gemeinsame Stammelternpaar der vorgenannten Personen zurückgehn.
Dieses gemeinsame Stammelternpaar aller vorerwähnten "Erfinder" aus dem
Geschlechte ist Hans Henning Siemers, gestorben 1725, der erste Eigentümer
des Ohlhofes aus dem Geschlechte, von dem man aber nichts näheres weiß als
dieses. Nicht einmal der Name seiner Ehefrau ist bekannt. Und doch ist es
wahrscheinlich gerade sie, die den Erfindertypus in das Geschlecht gebracht hat
wie eine andre Stammutter, was dargelegt worden ist, die eheliche Fruchtbarkeit.
Es ist dieses eine häufig feststellbare Erscheinung, nämlich daß irgendeine Eigen¬
schaft durch eine Stammutter von deren Vorfahren in die Familie ihres Ehe¬
mannes gebracht und dann bei den weitern Nachkommen zum Familien¬
typus wird.

Was nun die vier berühmten Erfinderbrüder Siemers der Neuzeit selbst
betrifft, so sind sie die Söhne des Landwirtes Christian Ferdinand Siemers,
geboren auf dem Reichsfreiherrlich Grote-zu-Schauenschen Gute Wasserleben
am nördlichen Fuße des Harzes im Jahre 1787, Domänenpächters zu Leuthe
bei Hannover, dann zu Menzendorf im Mecklenburg-Strelitzschen Fürstentum
Ratzeburg, gestorben 1840. Er war vermählt mit einer Eleonore Deichmann und
hatte aus dieser Ehe vierzehn Kinder, nämlich elf Söhne und drei Töchter.


Über das Lrfindergeschlecht Siemers

elektrische,, Entfernungsmesser, eine Einrichtung, um Geschütze auf elektrischem
Wege abzufeuern, eine Methode zum Messen von Geschoßgeschwindigkeiten im
Geschützrohr usw. Er starb zu Berlin am 1. Juli 1837.

Was endlich die vier berühmten Erfinderbrüder betrifft, so ist es in die
Augen springend, daß es sich bei ihnen nicht etwa nur um sehr gescheite, be¬
gabte Köpfe handelt, die das Glück gehabt haben, mehr zufällig irgendeine
brauchbare Verbesserung irgendwelcher Art zu erfinden und nutzbar zu machen,
sondern um Vertreter eines bestimmten Typus, eben des Erfindertypus, das
heißt um Personen, die sich planmäßig und wissenschaftlich an die Lösung irgend¬
einer Aufgabe machten, auf die sie kamen, deren Lösung ihnen wichtig oder nützlich
erschien, und die sie dann einer meist glücklichen Lösung entgegenführten.

Findet sich nun irgendein solcher Typus bei einer Reihe von Geschwistern
deutlich ausgeprägt, findet er sich, wie es bei der Familie Siemers der Fall
ist, auch ausgeprägt bei den Nachkommen und nächsten Seitenverwandten dieser
Geschwister, läßt sich, wie es hier der Fall ist, nachweisen, daß er außerdem bei
einigen entfernt verwandten Mitgliedern desselben Geschlechts vorhanden ist, so
ist es nach der gegenwärtigen Meinung der Wissenschaft berechtigt, diesen Typus
einen Familientypus zu nennen.

Danach ist es aber ganz gewiß berechtigt, von dem Vorhandensein des
Erfindertypus als eines Familientypus in dem Geschlechte Siemers zu sprechen
und es ein „Erfindergeschlecht" zu nennen. Man weiß nur merkwürdigerweise
gerade bei ihm nicht recht, von welcher Seite her er in die Familie gekommen
ist. Nimmt man ihn als von den Vorfahren ererbt an, und das muß man
bei der ganzen Sachlage, so muß man, um Klarheit zu gewinnen, jedenfalls
auf das gemeinsame Stammelternpaar der vorgenannten Personen zurückgehn.
Dieses gemeinsame Stammelternpaar aller vorerwähnten „Erfinder" aus dem
Geschlechte ist Hans Henning Siemers, gestorben 1725, der erste Eigentümer
des Ohlhofes aus dem Geschlechte, von dem man aber nichts näheres weiß als
dieses. Nicht einmal der Name seiner Ehefrau ist bekannt. Und doch ist es
wahrscheinlich gerade sie, die den Erfindertypus in das Geschlecht gebracht hat
wie eine andre Stammutter, was dargelegt worden ist, die eheliche Fruchtbarkeit.
Es ist dieses eine häufig feststellbare Erscheinung, nämlich daß irgendeine Eigen¬
schaft durch eine Stammutter von deren Vorfahren in die Familie ihres Ehe¬
mannes gebracht und dann bei den weitern Nachkommen zum Familien¬
typus wird.

Was nun die vier berühmten Erfinderbrüder Siemers der Neuzeit selbst
betrifft, so sind sie die Söhne des Landwirtes Christian Ferdinand Siemers,
geboren auf dem Reichsfreiherrlich Grote-zu-Schauenschen Gute Wasserleben
am nördlichen Fuße des Harzes im Jahre 1787, Domänenpächters zu Leuthe
bei Hannover, dann zu Menzendorf im Mecklenburg-Strelitzschen Fürstentum
Ratzeburg, gestorben 1840. Er war vermählt mit einer Eleonore Deichmann und
hatte aus dieser Ehe vierzehn Kinder, nämlich elf Söhne und drei Töchter.


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 67, 1908, Viertes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341887_310410/290>, abgerufen am 22.07.2024.