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Die Grenzboten. Jg. 67, 1908, Viertes Vierteljahr.

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Junge Richter und junge Rechtsanwälte

bald zur Tntsache werde, damit der Bundesgenosse in neuer und verstärkter
Rüstung und in gleicher Kraft und Schlagfertigkeit wie der Deutsche vor den
Augen Europas dastehe, beide bereit, wenn es sein muß, die Bedeutung und
Macht des geschlossnen Bundes für die gemeinsamen Interessen durch die Tat
zu beweisen. Jede Stärkung des gemeinsamen Heeres bedeutet aber zugleich für
Österreich-Ungarn eine Stärkung der Monarchie und für Europa eine solche
des Dreibundes und des Weltfriedens.

Nachwort.

Während der Drucklegung der vorstehenden Ausführungen nahmen die Ver¬
handlungen im Heeresausschuß der österreichischen Delegation über das Heeresordinarium ihren
Anfang. In der Eröffnungssitzung äußerte der Kriegsminister u. n.: Wenn er im letzten Jahre
der Delegation zugerufen habe, daß "die Armee verdorre" (vgl. S. 257), so möchte er jetzt fest¬
stellen, wie weit das Verdorren bereits fortgeschritten sei. Unter den dringlichen Forderungen
der Heeresverwaltung führte Baron von Schönaich sodann an: Besserung der materiellen Lage
der Offiziere und Mannschaften, Hebung der Truppenausbildung durch Anlage von Übungsplätzen
und Einrichtung größerer Schießübungen unter gleichzeitiger Erhöhung der Übungsmunition,
Verbesserung der Ausrüstung und Bewaffnung der Truppen, namentlich der Kavallerie, Fort¬
führung der Vermehrung und Neuorganisation der Gebirgsartillerie sowie der schweren Artillerie
des Feldheeres in größerm Maße und schneller"? Tempo als bisher, Umgestaltung der Belagerungs¬
artillerie, Vermehrung der Pioniertruppe und gleichzeitig Verbesserung ihrer Ausrüstung, Schaffung
einer Automobiltruppe und eines Automobilpärkes unter Angliederang an die Trainorganisation,
Erhöhung der Kriegsmunitionsvorräte, Ausdehnung und Erweiterung des Landesverteidigungs¬
systems, Entwicklung der Seemacht, Besserung der Beförderungsverhältnisse des Osfizierkorpsü. a.in.
Als unbedingt notwendig betonte der Minister die Erhöhung des Mannschaftstandes mit Rücksicht
auf die geplante Einführung der zweijährigen aktiven Dienstzeit sowie die Verbesserung der
Lage und Versorgungsverhältnisse für die länger dienenden Unteroffiziere. Er erklärte zum
Schluß, daß die Ausgaben für die Wehrmacht immer nur als Versicherungsprämie für den Frieden
und für die gesicherte Weiterentwicklung des Staates anzusehen sei.

Das hier kurz skizzierte Programm der Heeresverwaltung beweist besser als alles andre
die dringende Notwendigkeit einer schleunigen, zeitgemäßen und weitgehenden Reform.




Junge Richter und junge Rechtsanwälte
Eugen Josef i vonn

lor einer Reihe von Jahren tat der berühmte Wiener Chirurg
Billroth den bekannten Ausspruch, daß unsre jungen Ärzte sofort
mach bestandner Staatsprüfung "auf die leidende Menschheit
losgelassen" werden, obwohl ihnen doch infolge ihrer mangelnden
I praktischen Erfahrung die Fähigkeit zu einer gedeihlichen Aus¬
übung des ärztlichen Berufs abgebe. Ähnliche Erwägungen wurden über die
Rechtsanwälte laut, als im Jahre 1894 der damalige preußische Justizminister
von Schelling in einem vielbesprochnen Runderlaß eine Einschränkung der


Junge Richter und junge Rechtsanwälte

bald zur Tntsache werde, damit der Bundesgenosse in neuer und verstärkter
Rüstung und in gleicher Kraft und Schlagfertigkeit wie der Deutsche vor den
Augen Europas dastehe, beide bereit, wenn es sein muß, die Bedeutung und
Macht des geschlossnen Bundes für die gemeinsamen Interessen durch die Tat
zu beweisen. Jede Stärkung des gemeinsamen Heeres bedeutet aber zugleich für
Österreich-Ungarn eine Stärkung der Monarchie und für Europa eine solche
des Dreibundes und des Weltfriedens.

Nachwort.

Während der Drucklegung der vorstehenden Ausführungen nahmen die Ver¬
handlungen im Heeresausschuß der österreichischen Delegation über das Heeresordinarium ihren
Anfang. In der Eröffnungssitzung äußerte der Kriegsminister u. n.: Wenn er im letzten Jahre
der Delegation zugerufen habe, daß „die Armee verdorre" (vgl. S. 257), so möchte er jetzt fest¬
stellen, wie weit das Verdorren bereits fortgeschritten sei. Unter den dringlichen Forderungen
der Heeresverwaltung führte Baron von Schönaich sodann an: Besserung der materiellen Lage
der Offiziere und Mannschaften, Hebung der Truppenausbildung durch Anlage von Übungsplätzen
und Einrichtung größerer Schießübungen unter gleichzeitiger Erhöhung der Übungsmunition,
Verbesserung der Ausrüstung und Bewaffnung der Truppen, namentlich der Kavallerie, Fort¬
führung der Vermehrung und Neuorganisation der Gebirgsartillerie sowie der schweren Artillerie
des Feldheeres in größerm Maße und schneller»? Tempo als bisher, Umgestaltung der Belagerungs¬
artillerie, Vermehrung der Pioniertruppe und gleichzeitig Verbesserung ihrer Ausrüstung, Schaffung
einer Automobiltruppe und eines Automobilpärkes unter Angliederang an die Trainorganisation,
Erhöhung der Kriegsmunitionsvorräte, Ausdehnung und Erweiterung des Landesverteidigungs¬
systems, Entwicklung der Seemacht, Besserung der Beförderungsverhältnisse des Osfizierkorpsü. a.in.
Als unbedingt notwendig betonte der Minister die Erhöhung des Mannschaftstandes mit Rücksicht
auf die geplante Einführung der zweijährigen aktiven Dienstzeit sowie die Verbesserung der
Lage und Versorgungsverhältnisse für die länger dienenden Unteroffiziere. Er erklärte zum
Schluß, daß die Ausgaben für die Wehrmacht immer nur als Versicherungsprämie für den Frieden
und für die gesicherte Weiterentwicklung des Staates anzusehen sei.

Das hier kurz skizzierte Programm der Heeresverwaltung beweist besser als alles andre
die dringende Notwendigkeit einer schleunigen, zeitgemäßen und weitgehenden Reform.




Junge Richter und junge Rechtsanwälte
Eugen Josef i vonn

lor einer Reihe von Jahren tat der berühmte Wiener Chirurg
Billroth den bekannten Ausspruch, daß unsre jungen Ärzte sofort
mach bestandner Staatsprüfung „auf die leidende Menschheit
losgelassen" werden, obwohl ihnen doch infolge ihrer mangelnden
I praktischen Erfahrung die Fähigkeit zu einer gedeihlichen Aus¬
übung des ärztlichen Berufs abgebe. Ähnliche Erwägungen wurden über die
Rechtsanwälte laut, als im Jahre 1894 der damalige preußische Justizminister
von Schelling in einem vielbesprochnen Runderlaß eine Einschränkung der


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[0276] Junge Richter und junge Rechtsanwälte bald zur Tntsache werde, damit der Bundesgenosse in neuer und verstärkter Rüstung und in gleicher Kraft und Schlagfertigkeit wie der Deutsche vor den Augen Europas dastehe, beide bereit, wenn es sein muß, die Bedeutung und Macht des geschlossnen Bundes für die gemeinsamen Interessen durch die Tat zu beweisen. Jede Stärkung des gemeinsamen Heeres bedeutet aber zugleich für Österreich-Ungarn eine Stärkung der Monarchie und für Europa eine solche des Dreibundes und des Weltfriedens. Nachwort. Während der Drucklegung der vorstehenden Ausführungen nahmen die Ver¬ handlungen im Heeresausschuß der österreichischen Delegation über das Heeresordinarium ihren Anfang. In der Eröffnungssitzung äußerte der Kriegsminister u. n.: Wenn er im letzten Jahre der Delegation zugerufen habe, daß „die Armee verdorre" (vgl. S. 257), so möchte er jetzt fest¬ stellen, wie weit das Verdorren bereits fortgeschritten sei. Unter den dringlichen Forderungen der Heeresverwaltung führte Baron von Schönaich sodann an: Besserung der materiellen Lage der Offiziere und Mannschaften, Hebung der Truppenausbildung durch Anlage von Übungsplätzen und Einrichtung größerer Schießübungen unter gleichzeitiger Erhöhung der Übungsmunition, Verbesserung der Ausrüstung und Bewaffnung der Truppen, namentlich der Kavallerie, Fort¬ führung der Vermehrung und Neuorganisation der Gebirgsartillerie sowie der schweren Artillerie des Feldheeres in größerm Maße und schneller»? Tempo als bisher, Umgestaltung der Belagerungs¬ artillerie, Vermehrung der Pioniertruppe und gleichzeitig Verbesserung ihrer Ausrüstung, Schaffung einer Automobiltruppe und eines Automobilpärkes unter Angliederang an die Trainorganisation, Erhöhung der Kriegsmunitionsvorräte, Ausdehnung und Erweiterung des Landesverteidigungs¬ systems, Entwicklung der Seemacht, Besserung der Beförderungsverhältnisse des Osfizierkorpsü. a.in. Als unbedingt notwendig betonte der Minister die Erhöhung des Mannschaftstandes mit Rücksicht auf die geplante Einführung der zweijährigen aktiven Dienstzeit sowie die Verbesserung der Lage und Versorgungsverhältnisse für die länger dienenden Unteroffiziere. Er erklärte zum Schluß, daß die Ausgaben für die Wehrmacht immer nur als Versicherungsprämie für den Frieden und für die gesicherte Weiterentwicklung des Staates anzusehen sei. Das hier kurz skizzierte Programm der Heeresverwaltung beweist besser als alles andre die dringende Notwendigkeit einer schleunigen, zeitgemäßen und weitgehenden Reform. Junge Richter und junge Rechtsanwälte Eugen Josef i vonn lor einer Reihe von Jahren tat der berühmte Wiener Chirurg Billroth den bekannten Ausspruch, daß unsre jungen Ärzte sofort mach bestandner Staatsprüfung „auf die leidende Menschheit losgelassen" werden, obwohl ihnen doch infolge ihrer mangelnden I praktischen Erfahrung die Fähigkeit zu einer gedeihlichen Aus¬ übung des ärztlichen Berufs abgebe. Ähnliche Erwägungen wurden über die Rechtsanwälte laut, als im Jahre 1894 der damalige preußische Justizminister von Schelling in einem vielbesprochnen Runderlaß eine Einschränkung der

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 67, 1908, Viertes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341887_310410/276>, abgerufen am 22.07.2024.