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Die Grenzboten. Jg. 67, 1908, Viertes Vierteljahr.

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Bulgarien und die Türkei

Häuser, Klöster, Wirtshausstallungen, Schulen, Regierungsgebäude). Die
Kasernen haben Platz für einen Notbelag von 5000 Mann. Skutari ist als
Depotpunkt leicht zu befestigen, da der See und die beiden Flüsse die Ver¬
teidigungsmaßnahmen erleichtern. Zurzeit besteht nur ein armiertes Kastell
in taktisch starker Lage. Nördlich vom See ist der Raum um Tuzi als ver¬
schanztes Gefechtsfeld eingerichtet, bestehend aus Kulen, alten Erdwerken und
Depotrüumen.

Plciva an den Plawskoseen ist durch Sperrbefestigungen bestehend aus
mehrern Kulen und einem Kastell geschützt. Die Befestigungen sperren die
Zugänge nach Joel und ins Amselfeld.

Durazzo hat eine schadhafte Ringmauer.

Prevesa und Janina sind alte Depotfestungen, jene mit einigen neuern,
aber wenig bedeutenden Verstärkungen, jedoch besser armiert, sie sollen deu
Besitz der für die Verscunmluug von Truppen wichtigen Becken sichern.

Parga enthält eine Küstenbatterie aus Erde, ein Kastell und eine
Zitadelle.

Butrinto ist eine Flußsperre, Palermo ein Fort; beide sollen die Ein¬
fahrt in den Hafen verwehren, wozu sie angesichts ihrer schlechten Beschaffen¬
heit und ungenügenden Armierung kaum befähigt scheinen.

Delpino enthält ein Kastell, Mecovo eine gut erhaltne Paßsperre.

Die Küstenbefestigungen sollen einer Modernisierung unterzogen werden,
doch da der Plan schon seit Jahren besteht, und da die politischen Verhältnisse
dessen Verwirklichung nicht dringlich erscheinen lassen, dürfte es wohl noch
geraume Zeit währen, bis die Verteidigung der albanischen Küste gegen feind¬
liche Landungen möglich ist.

Bemerkenswert find die im Gebirge Nord-Albaniens zahlreichen, solid
gemauerten Kulen. Dies sind zwei- bis dreistöckige Türme, im Erdgeschoß
mit Schießscharten versehen und schwer zugänglich, da zu der freistehenden
Treppe nur eine Zugbrücke führt. Auch die übrigen Wohnhäuser in dem
genannten Gebirge sind verteidigungsfähig. Zu ihrer Niederkümpfung wird,
da sie meist in taktisch starker Lage sind, schwereres Geschütz als Gebirgs-
geschütze notwendig sein.

Die wichtigsten Küstenorte sind durch Telegraphenlinien mit dem Land¬
innern verbunden.

Die Befestigungen gegen Ostrumelien und bei Konstantinopel.
Nach dem Befestigungsprojekte vom Jahre 1882 sollte durch Befestigung von
Adrianopel, Kirk-Kilise, Eskibaba oder Luke, Burgas und Üzünkoprü (am
Ergene südöstlich Dimotika) an der ostrumelischen Grenze ein Manövrierraum
geschaffen und Konstantinopel durch die moderne Ausgestaltung der Cataldscha-
linie geschützt werden. Zugleich sollten die Seesperren des Bosporus und
der Dardanellen in moderner Weise umgebaut und die Meeresküste auf beiden
Seiten der Nordausfahrt des Bosporus befestigt werden. Bisher ist dieses


Bulgarien und die Türkei

Häuser, Klöster, Wirtshausstallungen, Schulen, Regierungsgebäude). Die
Kasernen haben Platz für einen Notbelag von 5000 Mann. Skutari ist als
Depotpunkt leicht zu befestigen, da der See und die beiden Flüsse die Ver¬
teidigungsmaßnahmen erleichtern. Zurzeit besteht nur ein armiertes Kastell
in taktisch starker Lage. Nördlich vom See ist der Raum um Tuzi als ver¬
schanztes Gefechtsfeld eingerichtet, bestehend aus Kulen, alten Erdwerken und
Depotrüumen.

Plciva an den Plawskoseen ist durch Sperrbefestigungen bestehend aus
mehrern Kulen und einem Kastell geschützt. Die Befestigungen sperren die
Zugänge nach Joel und ins Amselfeld.

Durazzo hat eine schadhafte Ringmauer.

Prevesa und Janina sind alte Depotfestungen, jene mit einigen neuern,
aber wenig bedeutenden Verstärkungen, jedoch besser armiert, sie sollen deu
Besitz der für die Verscunmluug von Truppen wichtigen Becken sichern.

Parga enthält eine Küstenbatterie aus Erde, ein Kastell und eine
Zitadelle.

Butrinto ist eine Flußsperre, Palermo ein Fort; beide sollen die Ein¬
fahrt in den Hafen verwehren, wozu sie angesichts ihrer schlechten Beschaffen¬
heit und ungenügenden Armierung kaum befähigt scheinen.

Delpino enthält ein Kastell, Mecovo eine gut erhaltne Paßsperre.

Die Küstenbefestigungen sollen einer Modernisierung unterzogen werden,
doch da der Plan schon seit Jahren besteht, und da die politischen Verhältnisse
dessen Verwirklichung nicht dringlich erscheinen lassen, dürfte es wohl noch
geraume Zeit währen, bis die Verteidigung der albanischen Küste gegen feind¬
liche Landungen möglich ist.

Bemerkenswert find die im Gebirge Nord-Albaniens zahlreichen, solid
gemauerten Kulen. Dies sind zwei- bis dreistöckige Türme, im Erdgeschoß
mit Schießscharten versehen und schwer zugänglich, da zu der freistehenden
Treppe nur eine Zugbrücke führt. Auch die übrigen Wohnhäuser in dem
genannten Gebirge sind verteidigungsfähig. Zu ihrer Niederkümpfung wird,
da sie meist in taktisch starker Lage sind, schwereres Geschütz als Gebirgs-
geschütze notwendig sein.

Die wichtigsten Küstenorte sind durch Telegraphenlinien mit dem Land¬
innern verbunden.

Die Befestigungen gegen Ostrumelien und bei Konstantinopel.
Nach dem Befestigungsprojekte vom Jahre 1882 sollte durch Befestigung von
Adrianopel, Kirk-Kilise, Eskibaba oder Luke, Burgas und Üzünkoprü (am
Ergene südöstlich Dimotika) an der ostrumelischen Grenze ein Manövrierraum
geschaffen und Konstantinopel durch die moderne Ausgestaltung der Cataldscha-
linie geschützt werden. Zugleich sollten die Seesperren des Bosporus und
der Dardanellen in moderner Weise umgebaut und die Meeresküste auf beiden
Seiten der Nordausfahrt des Bosporus befestigt werden. Bisher ist dieses


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[0180] Bulgarien und die Türkei Häuser, Klöster, Wirtshausstallungen, Schulen, Regierungsgebäude). Die Kasernen haben Platz für einen Notbelag von 5000 Mann. Skutari ist als Depotpunkt leicht zu befestigen, da der See und die beiden Flüsse die Ver¬ teidigungsmaßnahmen erleichtern. Zurzeit besteht nur ein armiertes Kastell in taktisch starker Lage. Nördlich vom See ist der Raum um Tuzi als ver¬ schanztes Gefechtsfeld eingerichtet, bestehend aus Kulen, alten Erdwerken und Depotrüumen. Plciva an den Plawskoseen ist durch Sperrbefestigungen bestehend aus mehrern Kulen und einem Kastell geschützt. Die Befestigungen sperren die Zugänge nach Joel und ins Amselfeld. Durazzo hat eine schadhafte Ringmauer. Prevesa und Janina sind alte Depotfestungen, jene mit einigen neuern, aber wenig bedeutenden Verstärkungen, jedoch besser armiert, sie sollen deu Besitz der für die Verscunmluug von Truppen wichtigen Becken sichern. Parga enthält eine Küstenbatterie aus Erde, ein Kastell und eine Zitadelle. Butrinto ist eine Flußsperre, Palermo ein Fort; beide sollen die Ein¬ fahrt in den Hafen verwehren, wozu sie angesichts ihrer schlechten Beschaffen¬ heit und ungenügenden Armierung kaum befähigt scheinen. Delpino enthält ein Kastell, Mecovo eine gut erhaltne Paßsperre. Die Küstenbefestigungen sollen einer Modernisierung unterzogen werden, doch da der Plan schon seit Jahren besteht, und da die politischen Verhältnisse dessen Verwirklichung nicht dringlich erscheinen lassen, dürfte es wohl noch geraume Zeit währen, bis die Verteidigung der albanischen Küste gegen feind¬ liche Landungen möglich ist. Bemerkenswert find die im Gebirge Nord-Albaniens zahlreichen, solid gemauerten Kulen. Dies sind zwei- bis dreistöckige Türme, im Erdgeschoß mit Schießscharten versehen und schwer zugänglich, da zu der freistehenden Treppe nur eine Zugbrücke führt. Auch die übrigen Wohnhäuser in dem genannten Gebirge sind verteidigungsfähig. Zu ihrer Niederkümpfung wird, da sie meist in taktisch starker Lage sind, schwereres Geschütz als Gebirgs- geschütze notwendig sein. Die wichtigsten Küstenorte sind durch Telegraphenlinien mit dem Land¬ innern verbunden. Die Befestigungen gegen Ostrumelien und bei Konstantinopel. Nach dem Befestigungsprojekte vom Jahre 1882 sollte durch Befestigung von Adrianopel, Kirk-Kilise, Eskibaba oder Luke, Burgas und Üzünkoprü (am Ergene südöstlich Dimotika) an der ostrumelischen Grenze ein Manövrierraum geschaffen und Konstantinopel durch die moderne Ausgestaltung der Cataldscha- linie geschützt werden. Zugleich sollten die Seesperren des Bosporus und der Dardanellen in moderner Weise umgebaut und die Meeresküste auf beiden Seiten der Nordausfahrt des Bosporus befestigt werden. Bisher ist dieses

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 67, 1908, Viertes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341887_310410/180>, abgerufen am 22.07.2024.