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Die Grenzboten. Jg. 66, 1907, Viertes Vierteljahr.

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Das Mlitärbildungswesen in den vereinigten Staaten von Nordamerika

auf den Exerzierplatz und bildet hier gleichsam die Basis zur Aufstellung des
ganzen Korps, die andern Kompagnien folgen der Reihe nach und formieren
sich abwechselnd zur Rechten und zur Linken der Fahnenkompagnie.

Sehr streng wird auch der Wachdienst gehandhabt. Jede Wache dauert
vierundzwanzig Stunden, Posten sind die ganze Nacht aufgestellt, die Ablösung
erfolgt aller zwei Stunden. Wachvergehen werden besonders scharf bestraft.

Obgleich, wie aus unsern kurzen Ausführungen zu ersehen ist, von den
Kadetten in Westpoint recht viel verlangt wird, ehe sie die Offiziersepauletten
erlangen, ist die Periode militärischer Studien doch noch nicht zu Ende mit
dem Patent, das sie auf der Akademie erwerben. Die Regierung der Ver¬
einigten Staaten bezahlt ihre Offiziere gut und verlangt dafür, daß die Offi¬
ziere ihrer Armee, solange sie ihr angehören, denselben hohen Grad von
Tüchtigkeit und Kenntnissen in allen Dienstzweigen bewahren. Darum muß
jeder Offizier bis zum Range eines Oberstleutnants eine Prüfung bestehn,
bevor er zu der nächst höhern Charge befördert werden kann. Diese Prüfung
beschränkt sich aber nicht auf die Nachweisung taktischer Fähigkeit, eine Ge¬
fechtseinheit der Waffe zu kommandieren, der der zu prüfende Offizier an¬
gehört, sondern verfolgt den in der Militärakademie festgelegten Grundsatz,
daß die Geeignetheit für eine Beförderung nur durch die genaue Kenntnis
der Taktik der verbundnen Waffen erworben werden kann. Infolgedessen muß
sich jeder Offizier der amerikanischen Armee sowohl in der Theorie als auch
in der Praxis mit allen Waffengattungen vertraut machen. Diesem Zweck
dienen die?o8t-Leuoo1s oder Garnisonschulen und die Lveoial Korvivs Louools,
die die Sonderausbildung der verschiednen Waffengattungen zu übernehmen
haben.

Was die Garnisonschulen anlangt, so befindet sich von diesen Schulen
eine in jeder Militürstation. Der Besuch ist obligatorisch für alle Offiziere,
die noch nicht zehn Jahre Dienstzeit hinter sich haben. Der Unterricht wird
während der Monate November bis März zwei Stunden täglich von ältern
Offizieren der Garnison erteilt und besteht in Taktik, Kenntnis der Dienst¬
vorschriften, Militärverwaltung und -Gesetzgebung usw. Der Schulbesuch
dauert drei Jahre (bei der Geniewaffe nur zwei Jahre, es muß aber im
dritten Jahre eine praktische Arbeit ausgeführt werden). Am Schlüsse des
Schulkurses findet eine Prüfung statt. Ferner werden Kurse für Fort¬
geschrittene (vo8t-"rg.cwg.es Mrnison oour^s) in drei aufeinanderfolgenden Jahren
abgehalten, an denen alle Offiziere bis zum Major aufwärts teilzunehmen
haben, die die Prüfung nach Beendigung des Schulkurses bestanden haben.
Diese Kurse können auch Milizoffiziere besuchen. Für Unteroffiziere und Mann¬
schaften finden ebenfalls Schulkurse statt.

Die Sxeoial Lervivs Lodools muß jeder Offizier innerhalb einer gewissen
Zeit nach seiner Ernennung durchmachen. Von diesen Schulen ist die in Fort
Leawenworth die größte und wichtigste; offiziell trägt sie die Bezeichnung


Das Mlitärbildungswesen in den vereinigten Staaten von Nordamerika

auf den Exerzierplatz und bildet hier gleichsam die Basis zur Aufstellung des
ganzen Korps, die andern Kompagnien folgen der Reihe nach und formieren
sich abwechselnd zur Rechten und zur Linken der Fahnenkompagnie.

Sehr streng wird auch der Wachdienst gehandhabt. Jede Wache dauert
vierundzwanzig Stunden, Posten sind die ganze Nacht aufgestellt, die Ablösung
erfolgt aller zwei Stunden. Wachvergehen werden besonders scharf bestraft.

Obgleich, wie aus unsern kurzen Ausführungen zu ersehen ist, von den
Kadetten in Westpoint recht viel verlangt wird, ehe sie die Offiziersepauletten
erlangen, ist die Periode militärischer Studien doch noch nicht zu Ende mit
dem Patent, das sie auf der Akademie erwerben. Die Regierung der Ver¬
einigten Staaten bezahlt ihre Offiziere gut und verlangt dafür, daß die Offi¬
ziere ihrer Armee, solange sie ihr angehören, denselben hohen Grad von
Tüchtigkeit und Kenntnissen in allen Dienstzweigen bewahren. Darum muß
jeder Offizier bis zum Range eines Oberstleutnants eine Prüfung bestehn,
bevor er zu der nächst höhern Charge befördert werden kann. Diese Prüfung
beschränkt sich aber nicht auf die Nachweisung taktischer Fähigkeit, eine Ge¬
fechtseinheit der Waffe zu kommandieren, der der zu prüfende Offizier an¬
gehört, sondern verfolgt den in der Militärakademie festgelegten Grundsatz,
daß die Geeignetheit für eine Beförderung nur durch die genaue Kenntnis
der Taktik der verbundnen Waffen erworben werden kann. Infolgedessen muß
sich jeder Offizier der amerikanischen Armee sowohl in der Theorie als auch
in der Praxis mit allen Waffengattungen vertraut machen. Diesem Zweck
dienen die?o8t-Leuoo1s oder Garnisonschulen und die Lveoial Korvivs Louools,
die die Sonderausbildung der verschiednen Waffengattungen zu übernehmen
haben.

Was die Garnisonschulen anlangt, so befindet sich von diesen Schulen
eine in jeder Militürstation. Der Besuch ist obligatorisch für alle Offiziere,
die noch nicht zehn Jahre Dienstzeit hinter sich haben. Der Unterricht wird
während der Monate November bis März zwei Stunden täglich von ältern
Offizieren der Garnison erteilt und besteht in Taktik, Kenntnis der Dienst¬
vorschriften, Militärverwaltung und -Gesetzgebung usw. Der Schulbesuch
dauert drei Jahre (bei der Geniewaffe nur zwei Jahre, es muß aber im
dritten Jahre eine praktische Arbeit ausgeführt werden). Am Schlüsse des
Schulkurses findet eine Prüfung statt. Ferner werden Kurse für Fort¬
geschrittene (vo8t-»rg.cwg.es Mrnison oour^s) in drei aufeinanderfolgenden Jahren
abgehalten, an denen alle Offiziere bis zum Major aufwärts teilzunehmen
haben, die die Prüfung nach Beendigung des Schulkurses bestanden haben.
Diese Kurse können auch Milizoffiziere besuchen. Für Unteroffiziere und Mann¬
schaften finden ebenfalls Schulkurse statt.

Die Sxeoial Lervivs Lodools muß jeder Offizier innerhalb einer gewissen
Zeit nach seiner Ernennung durchmachen. Von diesen Schulen ist die in Fort
Leawenworth die größte und wichtigste; offiziell trägt sie die Bezeichnung


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 66, 1907, Viertes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341885_303415/80>, abgerufen am 22.07.2024.