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Die Grenzboten. Jg. 66, 1907, Viertes Vierteljahr.

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Maßgebliches und Unmaßgebliches

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Was Sully Prudhomme i" diesem Briefe von dem Eindringen der Philo¬
sophie in die Gebiete der Dichtkunst sagt, ist für sein dichterisches Schaffen und
seine literarische Stellung höchst bezeichnend. Er wollte nicht ein unselbständiger
Epigone der sentimentalen Romantik sein, nicht ein Nachtreter von Lamartine,
Theophile Gautier, Vigny. Müsset und Victor Hugo, souderu eine eigne dichterische
Individualität, ein Entdecker neuer geistiger Provinzen für die Poesie, ein Bau¬
meister mit neuem Gedankenmaterial, das er aus dem Schachte der Psychologie, der
Philosophie und der exakten Wissenschaften herausholte, er wollte der Begründer
einer neuen Lyrik sein, der xossis soisntiüqus. Was Sully Prudhomme an die
Parnassiens und deren Führer Leconte de Liste und Theodore de Bcmville knüpft,
ist seine heilige Scheu vor dem Genius der Sprache, die Genauigkeit des Aus¬
drucks, die Schönheit des Rhythmus und die Kraft des Reimes, aber an Gedanken¬
tiefe überragt er sie alle. Er hatte das zweifelhafte Glück, daß eins seiner kleinern
elegischen Gedichte aus seinen 8kann-Sö (1865), ein Bravourstück für Vortrags-
künstler, Ls Vass Lriss, sehr populär wurde, und wie das ähnlich auch andern
Dichtern gegangen ist, nach dieser poetisch ziemlich unbedeutenden Erstlingsfrucht,
einer Allegorie des gebrochnen Herzens, ist Sully Prudhomme von seinen Zeit¬
genossen in die Gruppe der Elegiker trotz seinem Protest beständig eingereiht worden,
während man seinen wirklich originellen philosophischen Dichtungen La lustlos und
Ls Londsur und seinem ?sstawsut xnilosoxuiius fast vollständig verständnislos
gegenüberstand. Der Gedanke Sully Prudhommes, die Philosophie und die Wissen¬
schaften für den Strom der Dichtkunst auszunutzen, ist in der französischen Literatur
nicht neu; er hatte schon in Andrö Chünier einen überzeugten Vertreter gefunden.
"Toricelli, Newton, Kepler und Galilei, sagt Chenier in seinem Gedichte L'Invsntion,
haben jedem neuen Vergil Schatzkammern eröffnet; die menschlichen Wissenschaften
können die Gebiete ihrer Herrschaft nicht ausdehnen, ohne auch den Raum der
Dichtkunst zu erweitern. Welche lange Arbeit hat ihr das Weltall erobert! Vor
den Blicken eines Buffon öffnet die Erde unverschleiert und ungehindert ihren
Schoß, ihre Quellen, ihre Wunder. Welche Fülle von Bildern, von erhabnen
Anschauungen hebt sich aus diesen großartigen Dingen, die unserm Zeitalter auf¬
bewahrt worden sind." Aber Cheniers Versuch, den er in dieser Richtung mit
seinem Gedicht Ilsrinss machte, blieb unvollendet. Sully Prndhomme hat diese
Ideen mit mehr Glück verwertet. Die Schopenhauersche Willensmetaphysik und die
Mitleidstheorie sind der Grundzug in seiner Dichtung La ssustios. "Ich möchte
zeigen, sagt er im Vorwort, daß die Gerechtigkeit weder aus dem Wissen allein
hervorgehen kann, das die unbewußten Triebe des Herzens verdächtigt, noch aus
dem edelmütigen Nichtwissen, das sich völlig aus das Herz verläßt, sondern daß
die Ausübung der Gerechtigkeit das zarteste Mitleid für den Menschen erfordert,
das durch die tiefste Kenntnis seines innern Wesens erleuchtet wird." Geradezu
eine poetische Paraphrase der philosophischen Systeme ist seine Dichtung Ls Bonlisur.
Der Held Faustus -- man könnte die Dichtung fast einen dritten Teil zu Goethes
Faust nennen -- sucht nach dem Glücke des Lebens. Er durcheilt im Geiste die
Lehren der griechischen Weisen von Thales bis Epikur und findet kein Gedanken-


Maßgebliches und Unmaßgebliches

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Was Sully Prudhomme i» diesem Briefe von dem Eindringen der Philo¬
sophie in die Gebiete der Dichtkunst sagt, ist für sein dichterisches Schaffen und
seine literarische Stellung höchst bezeichnend. Er wollte nicht ein unselbständiger
Epigone der sentimentalen Romantik sein, nicht ein Nachtreter von Lamartine,
Theophile Gautier, Vigny. Müsset und Victor Hugo, souderu eine eigne dichterische
Individualität, ein Entdecker neuer geistiger Provinzen für die Poesie, ein Bau¬
meister mit neuem Gedankenmaterial, das er aus dem Schachte der Psychologie, der
Philosophie und der exakten Wissenschaften herausholte, er wollte der Begründer
einer neuen Lyrik sein, der xossis soisntiüqus. Was Sully Prudhomme an die
Parnassiens und deren Führer Leconte de Liste und Theodore de Bcmville knüpft,
ist seine heilige Scheu vor dem Genius der Sprache, die Genauigkeit des Aus¬
drucks, die Schönheit des Rhythmus und die Kraft des Reimes, aber an Gedanken¬
tiefe überragt er sie alle. Er hatte das zweifelhafte Glück, daß eins seiner kleinern
elegischen Gedichte aus seinen 8kann-Sö (1865), ein Bravourstück für Vortrags-
künstler, Ls Vass Lriss, sehr populär wurde, und wie das ähnlich auch andern
Dichtern gegangen ist, nach dieser poetisch ziemlich unbedeutenden Erstlingsfrucht,
einer Allegorie des gebrochnen Herzens, ist Sully Prudhomme von seinen Zeit¬
genossen in die Gruppe der Elegiker trotz seinem Protest beständig eingereiht worden,
während man seinen wirklich originellen philosophischen Dichtungen La lustlos und
Ls Londsur und seinem ?sstawsut xnilosoxuiius fast vollständig verständnislos
gegenüberstand. Der Gedanke Sully Prudhommes, die Philosophie und die Wissen¬
schaften für den Strom der Dichtkunst auszunutzen, ist in der französischen Literatur
nicht neu; er hatte schon in Andrö Chünier einen überzeugten Vertreter gefunden.
„Toricelli, Newton, Kepler und Galilei, sagt Chenier in seinem Gedichte L'Invsntion,
haben jedem neuen Vergil Schatzkammern eröffnet; die menschlichen Wissenschaften
können die Gebiete ihrer Herrschaft nicht ausdehnen, ohne auch den Raum der
Dichtkunst zu erweitern. Welche lange Arbeit hat ihr das Weltall erobert! Vor
den Blicken eines Buffon öffnet die Erde unverschleiert und ungehindert ihren
Schoß, ihre Quellen, ihre Wunder. Welche Fülle von Bildern, von erhabnen
Anschauungen hebt sich aus diesen großartigen Dingen, die unserm Zeitalter auf¬
bewahrt worden sind." Aber Cheniers Versuch, den er in dieser Richtung mit
seinem Gedicht Ilsrinss machte, blieb unvollendet. Sully Prndhomme hat diese
Ideen mit mehr Glück verwertet. Die Schopenhauersche Willensmetaphysik und die
Mitleidstheorie sind der Grundzug in seiner Dichtung La ssustios. „Ich möchte
zeigen, sagt er im Vorwort, daß die Gerechtigkeit weder aus dem Wissen allein
hervorgehen kann, das die unbewußten Triebe des Herzens verdächtigt, noch aus
dem edelmütigen Nichtwissen, das sich völlig aus das Herz verläßt, sondern daß
die Ausübung der Gerechtigkeit das zarteste Mitleid für den Menschen erfordert,
das durch die tiefste Kenntnis seines innern Wesens erleuchtet wird." Geradezu
eine poetische Paraphrase der philosophischen Systeme ist seine Dichtung Ls Bonlisur.
Der Held Faustus — man könnte die Dichtung fast einen dritten Teil zu Goethes
Faust nennen — sucht nach dem Glücke des Lebens. Er durcheilt im Geiste die
Lehren der griechischen Weisen von Thales bis Epikur und findet kein Gedanken-


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[0063] Maßgebliches und Unmaßgebliches Ah 1a xkilosoxlüs äans Iss cloinainss as 1a xoSsis. ?arini Iss ^Asiusuts Ms vous xortssi sur ass äivsrs rssusils as xoSsiss, ^s rslsvs eslui-la Ah xrsjsrsnos aux autrss, xaros M'it in'sse 1s xlus a sazur, Mais ^s vous sais Zrs as tons SKalsnisut xour 1'iwxartialitS c>ni su tont 1s xrix se xour 1'meins c-onuaissanss Ms i'v trouvs as mon iäsal littSrairs.' VsuiUöi- aZrssr, Uonsisur se lionorö von5rsrs, 1sxxrsssion as inss ssutimsnts ^ni^ ?ruä^virus Iss xws äistiuZuüs.' ^.^ ^ Was Sully Prudhomme i» diesem Briefe von dem Eindringen der Philo¬ sophie in die Gebiete der Dichtkunst sagt, ist für sein dichterisches Schaffen und seine literarische Stellung höchst bezeichnend. Er wollte nicht ein unselbständiger Epigone der sentimentalen Romantik sein, nicht ein Nachtreter von Lamartine, Theophile Gautier, Vigny. Müsset und Victor Hugo, souderu eine eigne dichterische Individualität, ein Entdecker neuer geistiger Provinzen für die Poesie, ein Bau¬ meister mit neuem Gedankenmaterial, das er aus dem Schachte der Psychologie, der Philosophie und der exakten Wissenschaften herausholte, er wollte der Begründer einer neuen Lyrik sein, der xossis soisntiüqus. Was Sully Prudhomme an die Parnassiens und deren Führer Leconte de Liste und Theodore de Bcmville knüpft, ist seine heilige Scheu vor dem Genius der Sprache, die Genauigkeit des Aus¬ drucks, die Schönheit des Rhythmus und die Kraft des Reimes, aber an Gedanken¬ tiefe überragt er sie alle. Er hatte das zweifelhafte Glück, daß eins seiner kleinern elegischen Gedichte aus seinen 8kann-Sö (1865), ein Bravourstück für Vortrags- künstler, Ls Vass Lriss, sehr populär wurde, und wie das ähnlich auch andern Dichtern gegangen ist, nach dieser poetisch ziemlich unbedeutenden Erstlingsfrucht, einer Allegorie des gebrochnen Herzens, ist Sully Prudhomme von seinen Zeit¬ genossen in die Gruppe der Elegiker trotz seinem Protest beständig eingereiht worden, während man seinen wirklich originellen philosophischen Dichtungen La lustlos und Ls Londsur und seinem ?sstawsut xnilosoxuiius fast vollständig verständnislos gegenüberstand. Der Gedanke Sully Prudhommes, die Philosophie und die Wissen¬ schaften für den Strom der Dichtkunst auszunutzen, ist in der französischen Literatur nicht neu; er hatte schon in Andrö Chünier einen überzeugten Vertreter gefunden. „Toricelli, Newton, Kepler und Galilei, sagt Chenier in seinem Gedichte L'Invsntion, haben jedem neuen Vergil Schatzkammern eröffnet; die menschlichen Wissenschaften können die Gebiete ihrer Herrschaft nicht ausdehnen, ohne auch den Raum der Dichtkunst zu erweitern. Welche lange Arbeit hat ihr das Weltall erobert! Vor den Blicken eines Buffon öffnet die Erde unverschleiert und ungehindert ihren Schoß, ihre Quellen, ihre Wunder. Welche Fülle von Bildern, von erhabnen Anschauungen hebt sich aus diesen großartigen Dingen, die unserm Zeitalter auf¬ bewahrt worden sind." Aber Cheniers Versuch, den er in dieser Richtung mit seinem Gedicht Ilsrinss machte, blieb unvollendet. Sully Prndhomme hat diese Ideen mit mehr Glück verwertet. Die Schopenhauersche Willensmetaphysik und die Mitleidstheorie sind der Grundzug in seiner Dichtung La ssustios. „Ich möchte zeigen, sagt er im Vorwort, daß die Gerechtigkeit weder aus dem Wissen allein hervorgehen kann, das die unbewußten Triebe des Herzens verdächtigt, noch aus dem edelmütigen Nichtwissen, das sich völlig aus das Herz verläßt, sondern daß die Ausübung der Gerechtigkeit das zarteste Mitleid für den Menschen erfordert, das durch die tiefste Kenntnis seines innern Wesens erleuchtet wird." Geradezu eine poetische Paraphrase der philosophischen Systeme ist seine Dichtung Ls Bonlisur. Der Held Faustus — man könnte die Dichtung fast einen dritten Teil zu Goethes Faust nennen — sucht nach dem Glücke des Lebens. Er durcheilt im Geiste die Lehren der griechischen Weisen von Thales bis Epikur und findet kein Gedanken-

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 66, 1907, Viertes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341885_303415/63>, abgerufen am 26.06.2024.