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Die Grenzboten. Jg. 66, 1907, Viertes Vierteljahr.

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Maßgebliches und Unmaßgebliches

stände gebracht und ein wirtschaftlich lebensfähiger Bestand deutscher Besitzer ge¬
schaffen worden, sodaß die Bevölkerungszunahme des deutschen Elements in der
letzten Zählungsperiode zum ersten Mal die des polnischen übersteigt. Der Vor¬
sprung, den das Polentum durch seine nationale Organisation hat, würde sich also
sehr wohl einholen lassen, wenn nicht die feste Stellung der Polen, die sie sich durch
ihre finanziellen Kräfte erworben haben, es ihnen ermöglichte, der Ansiedlungs-
kommission direkt den Weg zu verlegen und die weitere Erwerbung polnischen
Besitzes zu verhindern. Man wäre also gezwungen, in Zukunft fast allen Grund
und Boden für Besiedlungszwecke aus deutscher Hand zu erwerben, d. h. deutschen
Großgrundbesitz in deutschen Kleingrundbesitz zu verwandeln. Das wäre ja für
die zahlenmäßige Vermehrung der deutschen Bevölkerung immer noch ein gewisser
Erfolg, für das Deutschtum und die wirtschaftlichen Verhältnisse der Provinz aber
zuletzt doch ein schwerer Schaden. Die Landwirtschaft im Osten bedarf, wenn sie
zweckmäßig betrieben werden soll, einer verständigen Mischung von Groß- und
Kleinbesitz. Ferner läge eine schwere Schädigung der deutschen Interessen darin,
daß der deutsche Großgrundbesitz zerstört und zerschlagen würde, während man
den polnischen notgedrungen unangetastet lassen muß. Das bedeutet, daß man den
einflußreichen und führenden Teil der Landwirtschaft in den Ostmarken in polnischer
Hand läßt und mithin auch den Polen die Führung auf den Kreistagen überträgt,
während die Deutschen nur den kleinern Besitz vertreten. Das darf natürlich
nicht sein, und so müssen wir notgedrungen der Ansiedlungskommission durch be¬
sondre Maßregeln den Weg öffnen, der ihrer eigentlichen Bestimmung entspricht.

So hat sich die Regierung entschließen müssen, das Enteignungsrecht als solchen
Ausweg vorzuschlagen. Es bedarf keiner besondern Versicherung, daß sie es ungern
getan hat. denn es ließ sich voraussehen, daß der Gedanke auf zahlreiche Wider¬
stände stoßen werde. Es ist zuerst in Erwartung dieser Widerstände der Versuch
gemacht worden, nachzuweisen, daß schon die bestehende Gesetzgebung ein Enteignungs¬
verfahren für die Zwecke der innern Kolonisation zulasse. Man ist von diesen un¬
haltbaren Gedanken zurückgekommen; Aufgaben von großer politischer Tragweite soll
Man nicht auf formaljuristische Kunststücke und Tüfteleien aufbauen. Man muß
vielmehr ehrlich zugeben, daß das Enteignungsrecht, das der Ansiedlungskommission
für bestimmte Bezirke auf bestimmte Zeit verliehen werden soll, allerdings etwas
neues, außerhalb des bisherigen Rechts stehendes ist. Für die Rechtslage bedeutet
einen nicht unwesentlichen Unterschied, ob der Staat Privatbesitz in Anspruch
nimmt, um ihn zu einer gemeinnützigen Anlage zu verwerten, oder ob er den Über¬
gang von Privatbesitz aus einer Hand in die andre wider den Willen des ersten
Besitzers vermittelt, also Privatbesitz enteignet, um ihn wieder Privatbesitz werden
M lassen. Aber wenn dieser Unterschied auch vorhanden ist, und der neue Gesetz¬
entwurf somit wirklich eine Ausdehnung des Enteignungsrechts auf ein ganz neues
Gebiet bedeutet, so darf man doch nicht vergessen, daß der Begriff der Enteignung
tatsächlich im Recht schon längst existiert hat. man daher auch keine Berechtigung
hat, sich so zu stellen, als müsse der moderne Staat unter allen Umständen vor
jedem Eigentumsrecht Halt machen. Daß die Schutzpflicht des Staats für Leben,
persönliche Freiheit und Eigentum ihre Grenze findet an gewissen Lebensinteressen
der staatlichen Gemeinschaft, ist durchaus kein neuer oder fremder Gedanke; er ist
in mannigfacher Weise in unserm Recht verwirklicht. Es ist darum auch nichts
Ungeheuerliches, wenn eine besondre Lage den Staat nötigt, eine Ausdehnung des
Enteignungsrechts für bestimmte, genau abgegrenzte Fälle vorzuschlagen. Es müssen
aber allerdings Lebensinteressen des Staats sein, die einen solchen Eingriff recht¬
fertigen, und das trifft auf die Verhältnisse in der Ostmark zu. Wer sich freilich
von dieser Lage und von Natur und Ziel der polnischen Bestrebungen noch kein rechtes


Maßgebliches und Unmaßgebliches

stände gebracht und ein wirtschaftlich lebensfähiger Bestand deutscher Besitzer ge¬
schaffen worden, sodaß die Bevölkerungszunahme des deutschen Elements in der
letzten Zählungsperiode zum ersten Mal die des polnischen übersteigt. Der Vor¬
sprung, den das Polentum durch seine nationale Organisation hat, würde sich also
sehr wohl einholen lassen, wenn nicht die feste Stellung der Polen, die sie sich durch
ihre finanziellen Kräfte erworben haben, es ihnen ermöglichte, der Ansiedlungs-
kommission direkt den Weg zu verlegen und die weitere Erwerbung polnischen
Besitzes zu verhindern. Man wäre also gezwungen, in Zukunft fast allen Grund
und Boden für Besiedlungszwecke aus deutscher Hand zu erwerben, d. h. deutschen
Großgrundbesitz in deutschen Kleingrundbesitz zu verwandeln. Das wäre ja für
die zahlenmäßige Vermehrung der deutschen Bevölkerung immer noch ein gewisser
Erfolg, für das Deutschtum und die wirtschaftlichen Verhältnisse der Provinz aber
zuletzt doch ein schwerer Schaden. Die Landwirtschaft im Osten bedarf, wenn sie
zweckmäßig betrieben werden soll, einer verständigen Mischung von Groß- und
Kleinbesitz. Ferner läge eine schwere Schädigung der deutschen Interessen darin,
daß der deutsche Großgrundbesitz zerstört und zerschlagen würde, während man
den polnischen notgedrungen unangetastet lassen muß. Das bedeutet, daß man den
einflußreichen und führenden Teil der Landwirtschaft in den Ostmarken in polnischer
Hand läßt und mithin auch den Polen die Führung auf den Kreistagen überträgt,
während die Deutschen nur den kleinern Besitz vertreten. Das darf natürlich
nicht sein, und so müssen wir notgedrungen der Ansiedlungskommission durch be¬
sondre Maßregeln den Weg öffnen, der ihrer eigentlichen Bestimmung entspricht.

So hat sich die Regierung entschließen müssen, das Enteignungsrecht als solchen
Ausweg vorzuschlagen. Es bedarf keiner besondern Versicherung, daß sie es ungern
getan hat. denn es ließ sich voraussehen, daß der Gedanke auf zahlreiche Wider¬
stände stoßen werde. Es ist zuerst in Erwartung dieser Widerstände der Versuch
gemacht worden, nachzuweisen, daß schon die bestehende Gesetzgebung ein Enteignungs¬
verfahren für die Zwecke der innern Kolonisation zulasse. Man ist von diesen un¬
haltbaren Gedanken zurückgekommen; Aufgaben von großer politischer Tragweite soll
Man nicht auf formaljuristische Kunststücke und Tüfteleien aufbauen. Man muß
vielmehr ehrlich zugeben, daß das Enteignungsrecht, das der Ansiedlungskommission
für bestimmte Bezirke auf bestimmte Zeit verliehen werden soll, allerdings etwas
neues, außerhalb des bisherigen Rechts stehendes ist. Für die Rechtslage bedeutet
einen nicht unwesentlichen Unterschied, ob der Staat Privatbesitz in Anspruch
nimmt, um ihn zu einer gemeinnützigen Anlage zu verwerten, oder ob er den Über¬
gang von Privatbesitz aus einer Hand in die andre wider den Willen des ersten
Besitzers vermittelt, also Privatbesitz enteignet, um ihn wieder Privatbesitz werden
M lassen. Aber wenn dieser Unterschied auch vorhanden ist, und der neue Gesetz¬
entwurf somit wirklich eine Ausdehnung des Enteignungsrechts auf ein ganz neues
Gebiet bedeutet, so darf man doch nicht vergessen, daß der Begriff der Enteignung
tatsächlich im Recht schon längst existiert hat. man daher auch keine Berechtigung
hat, sich so zu stellen, als müsse der moderne Staat unter allen Umständen vor
jedem Eigentumsrecht Halt machen. Daß die Schutzpflicht des Staats für Leben,
persönliche Freiheit und Eigentum ihre Grenze findet an gewissen Lebensinteressen
der staatlichen Gemeinschaft, ist durchaus kein neuer oder fremder Gedanke; er ist
in mannigfacher Weise in unserm Recht verwirklicht. Es ist darum auch nichts
Ungeheuerliches, wenn eine besondre Lage den Staat nötigt, eine Ausdehnung des
Enteignungsrechts für bestimmte, genau abgegrenzte Fälle vorzuschlagen. Es müssen
aber allerdings Lebensinteressen des Staats sein, die einen solchen Eingriff recht¬
fertigen, und das trifft auf die Verhältnisse in der Ostmark zu. Wer sich freilich
von dieser Lage und von Natur und Ziel der polnischen Bestrebungen noch kein rechtes


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[0549] Maßgebliches und Unmaßgebliches stände gebracht und ein wirtschaftlich lebensfähiger Bestand deutscher Besitzer ge¬ schaffen worden, sodaß die Bevölkerungszunahme des deutschen Elements in der letzten Zählungsperiode zum ersten Mal die des polnischen übersteigt. Der Vor¬ sprung, den das Polentum durch seine nationale Organisation hat, würde sich also sehr wohl einholen lassen, wenn nicht die feste Stellung der Polen, die sie sich durch ihre finanziellen Kräfte erworben haben, es ihnen ermöglichte, der Ansiedlungs- kommission direkt den Weg zu verlegen und die weitere Erwerbung polnischen Besitzes zu verhindern. Man wäre also gezwungen, in Zukunft fast allen Grund und Boden für Besiedlungszwecke aus deutscher Hand zu erwerben, d. h. deutschen Großgrundbesitz in deutschen Kleingrundbesitz zu verwandeln. Das wäre ja für die zahlenmäßige Vermehrung der deutschen Bevölkerung immer noch ein gewisser Erfolg, für das Deutschtum und die wirtschaftlichen Verhältnisse der Provinz aber zuletzt doch ein schwerer Schaden. Die Landwirtschaft im Osten bedarf, wenn sie zweckmäßig betrieben werden soll, einer verständigen Mischung von Groß- und Kleinbesitz. Ferner läge eine schwere Schädigung der deutschen Interessen darin, daß der deutsche Großgrundbesitz zerstört und zerschlagen würde, während man den polnischen notgedrungen unangetastet lassen muß. Das bedeutet, daß man den einflußreichen und führenden Teil der Landwirtschaft in den Ostmarken in polnischer Hand läßt und mithin auch den Polen die Führung auf den Kreistagen überträgt, während die Deutschen nur den kleinern Besitz vertreten. Das darf natürlich nicht sein, und so müssen wir notgedrungen der Ansiedlungskommission durch be¬ sondre Maßregeln den Weg öffnen, der ihrer eigentlichen Bestimmung entspricht. So hat sich die Regierung entschließen müssen, das Enteignungsrecht als solchen Ausweg vorzuschlagen. Es bedarf keiner besondern Versicherung, daß sie es ungern getan hat. denn es ließ sich voraussehen, daß der Gedanke auf zahlreiche Wider¬ stände stoßen werde. Es ist zuerst in Erwartung dieser Widerstände der Versuch gemacht worden, nachzuweisen, daß schon die bestehende Gesetzgebung ein Enteignungs¬ verfahren für die Zwecke der innern Kolonisation zulasse. Man ist von diesen un¬ haltbaren Gedanken zurückgekommen; Aufgaben von großer politischer Tragweite soll Man nicht auf formaljuristische Kunststücke und Tüfteleien aufbauen. Man muß vielmehr ehrlich zugeben, daß das Enteignungsrecht, das der Ansiedlungskommission für bestimmte Bezirke auf bestimmte Zeit verliehen werden soll, allerdings etwas neues, außerhalb des bisherigen Rechts stehendes ist. Für die Rechtslage bedeutet einen nicht unwesentlichen Unterschied, ob der Staat Privatbesitz in Anspruch nimmt, um ihn zu einer gemeinnützigen Anlage zu verwerten, oder ob er den Über¬ gang von Privatbesitz aus einer Hand in die andre wider den Willen des ersten Besitzers vermittelt, also Privatbesitz enteignet, um ihn wieder Privatbesitz werden M lassen. Aber wenn dieser Unterschied auch vorhanden ist, und der neue Gesetz¬ entwurf somit wirklich eine Ausdehnung des Enteignungsrechts auf ein ganz neues Gebiet bedeutet, so darf man doch nicht vergessen, daß der Begriff der Enteignung tatsächlich im Recht schon längst existiert hat. man daher auch keine Berechtigung hat, sich so zu stellen, als müsse der moderne Staat unter allen Umständen vor jedem Eigentumsrecht Halt machen. Daß die Schutzpflicht des Staats für Leben, persönliche Freiheit und Eigentum ihre Grenze findet an gewissen Lebensinteressen der staatlichen Gemeinschaft, ist durchaus kein neuer oder fremder Gedanke; er ist in mannigfacher Weise in unserm Recht verwirklicht. Es ist darum auch nichts Ungeheuerliches, wenn eine besondre Lage den Staat nötigt, eine Ausdehnung des Enteignungsrechts für bestimmte, genau abgegrenzte Fälle vorzuschlagen. Es müssen aber allerdings Lebensinteressen des Staats sein, die einen solchen Eingriff recht¬ fertigen, und das trifft auf die Verhältnisse in der Ostmark zu. Wer sich freilich von dieser Lage und von Natur und Ziel der polnischen Bestrebungen noch kein rechtes

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 66, 1907, Viertes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341885_303415/549>, abgerufen am 26.06.2024.