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Die Grenzboten. Jg. 66, 1907, Drittes Vierteljahr.

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Die evangelischen Deutschen im Auslande

bereitet nur die Frage, wie sich die aus der allgemeinen Wehrpflicht ergebenden
gesetzlichen Erfordernisse mit den Bedingungen über den Verlust der Reichs¬
angehörigkeit werden vereinigen lassen. Die Differenzen über diesen Punkt sind
die Ursache für die Verzögerung, die zu allgemeinem Bedauern in der Vor¬
legung des Gesetzentwurfs eingetreten ist.

Zur Förderung deutscher Schul- und Unterrichtszwecke im Auslande sowie
zur Unterstützung von deutschen Bibliotheken und andern zu gemeinnützigen
Zwecken im Auslande bestehenden vaterländischen Unternehmungen ist im Etat
des Auswärtigen Amtes ein jährlicher Reichszuschuß vorgesehen, der jetzt auf
650000 Mark erhöht worden ist. Merkwürdigerweise sind aber die Anforderungen
an diesen Fonds noch immer verhältnismäßig sehr gering, da offenbar viele
Auslandsdeutsche der Ansicht sind, daß er lediglich für Schulen bestimmt ist,
weil ihn die Presse immer "Reichsschulfonds" zu nennen pflegt.

Dagegen ist der Fonds, der zur Unterstützung mittelloser Deutscher im
Auslande gebildet ist, um ihnen die Erfüllung der Militär- und Wehrpflicht
zu erleichtern, nur deshalb so wenig benutzt worden, weil die bureaukratischen
Ausführungsbestimmungen dies verhindert haben. Es müßte den Konsuln ein
viel weiterer Spielraum hinsichtlich der Verwendung dieses Fonds gelassen
werden, wenn er wirklich zum Segen der Auslandsdeutschen gereichen soll, für
die er bestimmt ist.

Unzulänglich war auch bis jetzt die kirchliche Versorgung der evangelischen
Auslandsdeutschen. Das Reich, kann für diese Zwecke aus dem einfachen Grunde
nichts ausgeben, weil es keine Reichsreligion gibt. Nur die Bundesstaaten, an
deren Staatskirche sich deutsche evangelische Gemeinden des Auslandes an¬
geschlossen haben, sind in der Lage, hier helfend und fördernd einzugreifen.
Insbesondre hat es sich die preußische Landeskirche angelegen sein lassen, mög¬
lichst vielen Auslandsgemeinden, die darum baten, den Anschluß zu gewähren.
Vorläufig ist dies allerdings nur für die evangelische Landeskirche der ältern
preußischen Provinzen geschehn, während sich die neuern preußischen Provinzen
aus formellen Gründen bisher außer mit gelegentlichen Kollekten nicht be¬
teiligt haben.

Gesetzlich geregelt sind diese Verhältnisse durch Paragraph 2 des preußischen
Kirchengesetzes vom 7. Mai 1900 (Kirchliches Gesetz- und Verordnungsblatt,
Verlag des Evangelischen Oberkirchenrath in Berlin, Jahrgang 1900, S. 27),
der von dem Anspruch der angeschlossenen Auslandsgemeinden auf Fürsorge
und Förderung ihrer Interessen durch die Landeskirche handelt. Auf Grund
dieses Gesetzes und des Paragraphen 34, Nummer 3 der Generalsynodalordnung
ist am 22. April 1907 ein königlicher Erlaß ergangen, wodurch der durch
Kirchengesetz vom 16. August 1898 gebildete Hilfsfonds für die Auslands¬
gemeinden vom 1. April 1907 ab um jährlich Prozent der von den Mit¬
gliedern der evangelischen Kirche der ältern Provinzen zu zahlenden Staats¬
einkommensteuer erhöht wird. Bisher war der Evangelische Oberkirchenrat für
die Beschaffung der Mittel zu einer solchen Diasporapflege ausschließlich auf


Die evangelischen Deutschen im Auslande

bereitet nur die Frage, wie sich die aus der allgemeinen Wehrpflicht ergebenden
gesetzlichen Erfordernisse mit den Bedingungen über den Verlust der Reichs¬
angehörigkeit werden vereinigen lassen. Die Differenzen über diesen Punkt sind
die Ursache für die Verzögerung, die zu allgemeinem Bedauern in der Vor¬
legung des Gesetzentwurfs eingetreten ist.

Zur Förderung deutscher Schul- und Unterrichtszwecke im Auslande sowie
zur Unterstützung von deutschen Bibliotheken und andern zu gemeinnützigen
Zwecken im Auslande bestehenden vaterländischen Unternehmungen ist im Etat
des Auswärtigen Amtes ein jährlicher Reichszuschuß vorgesehen, der jetzt auf
650000 Mark erhöht worden ist. Merkwürdigerweise sind aber die Anforderungen
an diesen Fonds noch immer verhältnismäßig sehr gering, da offenbar viele
Auslandsdeutsche der Ansicht sind, daß er lediglich für Schulen bestimmt ist,
weil ihn die Presse immer „Reichsschulfonds" zu nennen pflegt.

Dagegen ist der Fonds, der zur Unterstützung mittelloser Deutscher im
Auslande gebildet ist, um ihnen die Erfüllung der Militär- und Wehrpflicht
zu erleichtern, nur deshalb so wenig benutzt worden, weil die bureaukratischen
Ausführungsbestimmungen dies verhindert haben. Es müßte den Konsuln ein
viel weiterer Spielraum hinsichtlich der Verwendung dieses Fonds gelassen
werden, wenn er wirklich zum Segen der Auslandsdeutschen gereichen soll, für
die er bestimmt ist.

Unzulänglich war auch bis jetzt die kirchliche Versorgung der evangelischen
Auslandsdeutschen. Das Reich, kann für diese Zwecke aus dem einfachen Grunde
nichts ausgeben, weil es keine Reichsreligion gibt. Nur die Bundesstaaten, an
deren Staatskirche sich deutsche evangelische Gemeinden des Auslandes an¬
geschlossen haben, sind in der Lage, hier helfend und fördernd einzugreifen.
Insbesondre hat es sich die preußische Landeskirche angelegen sein lassen, mög¬
lichst vielen Auslandsgemeinden, die darum baten, den Anschluß zu gewähren.
Vorläufig ist dies allerdings nur für die evangelische Landeskirche der ältern
preußischen Provinzen geschehn, während sich die neuern preußischen Provinzen
aus formellen Gründen bisher außer mit gelegentlichen Kollekten nicht be¬
teiligt haben.

Gesetzlich geregelt sind diese Verhältnisse durch Paragraph 2 des preußischen
Kirchengesetzes vom 7. Mai 1900 (Kirchliches Gesetz- und Verordnungsblatt,
Verlag des Evangelischen Oberkirchenrath in Berlin, Jahrgang 1900, S. 27),
der von dem Anspruch der angeschlossenen Auslandsgemeinden auf Fürsorge
und Förderung ihrer Interessen durch die Landeskirche handelt. Auf Grund
dieses Gesetzes und des Paragraphen 34, Nummer 3 der Generalsynodalordnung
ist am 22. April 1907 ein königlicher Erlaß ergangen, wodurch der durch
Kirchengesetz vom 16. August 1898 gebildete Hilfsfonds für die Auslands¬
gemeinden vom 1. April 1907 ab um jährlich Prozent der von den Mit¬
gliedern der evangelischen Kirche der ältern Provinzen zu zahlenden Staats¬
einkommensteuer erhöht wird. Bisher war der Evangelische Oberkirchenrat für
die Beschaffung der Mittel zu einer solchen Diasporapflege ausschließlich auf


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 66, 1907, Drittes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341885_302701/170>, abgerufen am 12.12.2024.