Die Grenzboten. Jg. 66, 1907, Drittes Vierteljahr.Maßgebliches und Unniaßgebliches gewollt, für sich selbst nichts. Und wie sie ihm deshalb überall Denkmäler errichtet Unsre ökonomische Sprache. Eine der vielen landläufigen Tiraden, die Demgegenüber muß einmal gesagt werden, daß die Sprache arm, sogar sehr " Maßgebliches und Unniaßgebliches gewollt, für sich selbst nichts. Und wie sie ihm deshalb überall Denkmäler errichtet Unsre ökonomische Sprache. Eine der vielen landläufigen Tiraden, die Demgegenüber muß einmal gesagt werden, daß die Sprache arm, sogar sehr „ <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0165" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/302867"/> <fw type="header" place="top"> Maßgebliches und Unniaßgebliches</fw><lb/> <p xml:id="ID_699" prev="#ID_698"> gewollt, für sich selbst nichts. Und wie sie ihm deshalb überall Denkmäler errichtet<lb/> haben neben dem König Viktor Emanuel, Cavour und Mazzini, und Gedenktafeln<lb/> überall an ihn erinnern, wohin ihn seine Feldzüge geführt haben, von Como bis<lb/> Palermo, so hat jetzt alles, was italienisch spricht, einmütig den Volkshelden ge¬<lb/> feiert. Das recht kleinliche Verbot einer Garibaldifeier im österreichischen Trieft hat<lb/> freilich aufs neue irredentistische Gefühle erweckt und nur ihre Äußerungen unter¬<lb/> drückt, aber die Regierungen beider Reiche haben trotzdem soeben stillschweigend<lb/> ihr Bündnis erne<note type="byline"/> uert und damit den Dreibund befestigt.</p><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> <div n="2"> <head> Unsre ökonomische Sprache.</head> <p xml:id="ID_700"> Eine der vielen landläufigen Tiraden, die<lb/> von oberflächlichen Beobachtern vorgebracht zu werden Pflegen, ist ein Loblied auf<lb/> die Sprache, die Bewunderung ihres Reichtums. Spenderin aus reichem Horne,<lb/> Schöpferin aus vollem Börne, Wohnerin im Sternenzelt! Alle Höhn hast du<lb/> erflügelt, alle Tiefen du entsiegelt und durchwandelt alle WeltI Du hast Worte<lb/> zu vielen Tausenden — unzählig, wie die Schneeflocken stieben sie umher, dieses<lb/> Gleichnis hat schon Homer gebraucht. Jedes Wörterbuch stellt daher einen Sprach¬<lb/> schatz, einen Thesaurus, eine Fundgrube dar; ein Lexikon der arabischen Sprache<lb/> nennt sich Al Kauns. das heißt der Ozean oder das Weltmeer. Es ist eine Lust,<lb/> darin zu plätschern.</p><lb/> <p xml:id="ID_701"> Demgegenüber muß einmal gesagt werden, daß die Sprache arm, sogar sehr<lb/> arm ist, daß sie durchaus keinen Überfluß an Ausdrucksfähigkeit hat, und daß sie<lb/> oas kleine Kapital, das ihr wirklich zu Gebote steht, nicht einmal immer anrührt,<lb/> s/^ ^ ^ ^in begeisterter Lobredner vernehmen, tausend Farben und<lb/> ?! M ^Mer. Sie hat ein Wort für das kleinste Bedürfnis der Minute und<lb/> R». 1 ^ d°s bodenlose Gefühl, das keine Ewigkeit ausschöpft. Nein, guter<lb/> nocki" >!' ^ '"^ viel Worte und macht auch nicht viel Worte, weder die deutsche,<lb/> qeben <7-<lb/> ?^^' ^ eine. Sie kaun nicht alles benennen, nicht alles wieder-<lb/> laus?^ ^ kommt immer wieder auf ihre paar Pfennige zurück, mit denen sie alle<lb/> um^n 5 5 bestreitet, und die immer wieder herhalten müssen, wenn sie auch<lb/> genutzt sind. Sie ist ökonomisch im höchsten Grade und im besten Sinne.</p><lb/> <p xml:id="ID_702" next="#ID_703"> „<lb/> oesj"s - r Worte! Zunächst darf man sich durch das famose Schnee¬<lb/> neu ^ n ^ täuschen lassen, daß man wähnte, die Schneeflocken seien alle<lb/> und es^ki / ""^ Schriften kehren naturgemäß gewisse Worte beständig wieder,<lb/> dürsp» ^ ^ ^ Hand, daß sie nicht jedesmal von neuem gutgeschrieben werden<lb/> deuten ^ mühevollen wie unnützen Häusigkeitsuntersuchuugen der<lb/> oeannn n ^ von einem aus der Stolzescheu Stenographenschule hervor-<lb/> Gesanni ^itsausschuß unter Mitwirkung von freiwilligen Mitarbeitern, ja von<lb/> der 3K1 n^"^'^^ ^°^en sind, ist zum Beispiel ermittelt worden, daß der Artikel<lb/> das? datz im ^ ^'"tA die 358054 mal in dem Zählstoff vorkommt, und<lb/> auf ub-.^ °^ und die dritte Stelle einnimmt. Dann folgt ein. zu, in,<lb/> ver chwendunn"^^""^ ^° """er, ein geringes Resultat und eine heillose Zeit-<lb/> Worte rec5 5- c> s° ^el wird allerdings dadurch bewiesen, daß sich einzelne<lb/> denn nnn wiederholen, und daß die Sprache wenig Abwechslung hat. Sind<lb/> Auch sie s"? die gebuchten Worte alle verschieden und wirklich eigne Worte?<lb/> 47 631 M»^. s"^MK und zum Beispiel gefunden, daß die deutsche Sprache<lb/> als noM^ Im sind von 2680 Wortstämmen hergeleitet, also nicht<lb/> reckt wen ^ sie reduziere» sich auch wieder. Es bleiben<lb/> Le n ac?^? ^ ^rig; daher sie dann gewöhnlich zwei oder mehr Be-<lb/> oeulnngen haben, auch wenn diese darauf passen wie die Faust aufs Auge. Aus</p><lb/> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0165]
Maßgebliches und Unniaßgebliches
gewollt, für sich selbst nichts. Und wie sie ihm deshalb überall Denkmäler errichtet
haben neben dem König Viktor Emanuel, Cavour und Mazzini, und Gedenktafeln
überall an ihn erinnern, wohin ihn seine Feldzüge geführt haben, von Como bis
Palermo, so hat jetzt alles, was italienisch spricht, einmütig den Volkshelden ge¬
feiert. Das recht kleinliche Verbot einer Garibaldifeier im österreichischen Trieft hat
freilich aufs neue irredentistische Gefühle erweckt und nur ihre Äußerungen unter¬
drückt, aber die Regierungen beider Reiche haben trotzdem soeben stillschweigend
ihr Bündnis erne uert und damit den Dreibund befestigt.
Unsre ökonomische Sprache. Eine der vielen landläufigen Tiraden, die
von oberflächlichen Beobachtern vorgebracht zu werden Pflegen, ist ein Loblied auf
die Sprache, die Bewunderung ihres Reichtums. Spenderin aus reichem Horne,
Schöpferin aus vollem Börne, Wohnerin im Sternenzelt! Alle Höhn hast du
erflügelt, alle Tiefen du entsiegelt und durchwandelt alle WeltI Du hast Worte
zu vielen Tausenden — unzählig, wie die Schneeflocken stieben sie umher, dieses
Gleichnis hat schon Homer gebraucht. Jedes Wörterbuch stellt daher einen Sprach¬
schatz, einen Thesaurus, eine Fundgrube dar; ein Lexikon der arabischen Sprache
nennt sich Al Kauns. das heißt der Ozean oder das Weltmeer. Es ist eine Lust,
darin zu plätschern.
Demgegenüber muß einmal gesagt werden, daß die Sprache arm, sogar sehr
arm ist, daß sie durchaus keinen Überfluß an Ausdrucksfähigkeit hat, und daß sie
oas kleine Kapital, das ihr wirklich zu Gebote steht, nicht einmal immer anrührt,
s/^ ^ ^ ^in begeisterter Lobredner vernehmen, tausend Farben und
?! M ^Mer. Sie hat ein Wort für das kleinste Bedürfnis der Minute und
R». 1 ^ d°s bodenlose Gefühl, das keine Ewigkeit ausschöpft. Nein, guter
nocki" >!' ^ '"^ viel Worte und macht auch nicht viel Worte, weder die deutsche,
qeben <7-
?^^' ^ eine. Sie kaun nicht alles benennen, nicht alles wieder-
laus?^ ^ kommt immer wieder auf ihre paar Pfennige zurück, mit denen sie alle
um^n 5 5 bestreitet, und die immer wieder herhalten müssen, wenn sie auch
genutzt sind. Sie ist ökonomisch im höchsten Grade und im besten Sinne.
„
oesj"s - r Worte! Zunächst darf man sich durch das famose Schnee¬
neu ^ n ^ täuschen lassen, daß man wähnte, die Schneeflocken seien alle
und es^ki / ""^ Schriften kehren naturgemäß gewisse Worte beständig wieder,
dürsp» ^ ^ ^ Hand, daß sie nicht jedesmal von neuem gutgeschrieben werden
deuten ^ mühevollen wie unnützen Häusigkeitsuntersuchuugen der
oeannn n ^ von einem aus der Stolzescheu Stenographenschule hervor-
Gesanni ^itsausschuß unter Mitwirkung von freiwilligen Mitarbeitern, ja von
der 3K1 n^"^'^^ ^°^en sind, ist zum Beispiel ermittelt worden, daß der Artikel
das? datz im ^ ^'"tA die 358054 mal in dem Zählstoff vorkommt, und
auf ub-.^ °^ und die dritte Stelle einnimmt. Dann folgt ein. zu, in,
ver chwendunn"^^""^ ^° """er, ein geringes Resultat und eine heillose Zeit-
Worte rec5 5- c> s° ^el wird allerdings dadurch bewiesen, daß sich einzelne
denn nnn wiederholen, und daß die Sprache wenig Abwechslung hat. Sind
Auch sie s"? die gebuchten Worte alle verschieden und wirklich eigne Worte?
47 631 M»^. s"^MK und zum Beispiel gefunden, daß die deutsche Sprache
als noM^ Im sind von 2680 Wortstämmen hergeleitet, also nicht
reckt wen ^ sie reduziere» sich auch wieder. Es bleiben
Le n ac?^? ^ ^rig; daher sie dann gewöhnlich zwei oder mehr Be-
oeulnngen haben, auch wenn diese darauf passen wie die Faust aufs Auge. Aus
Informationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.
Weitere Informationen:Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur. Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (ꝛ): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja; Nachkorrektur erfolgte automatisch.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |