Die Grenzboten. Jg. 66, 1907, Zweites Vierteljahr.Atlantischer und Stiller Gzemi des Amazonas und des La-Plata-Systems. Beide Ebenen sind erfüllt von Doch während über die tatsächlichen Neränderuugen und Umwälzungen Atlantischer und Stiller Gzemi des Amazonas und des La-Plata-Systems. Beide Ebenen sind erfüllt von Doch während über die tatsächlichen Neränderuugen und Umwälzungen <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0080" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/302068"/> <fw type="header" place="top"> Atlantischer und Stiller Gzemi</fw><lb/> <p xml:id="ID_307" prev="#ID_306"> des Amazonas und des La-Plata-Systems. Beide Ebenen sind erfüllt von<lb/> Ablagerungen, die sich erst im Tertiär, der Periode, die der gegenwärtigen<lb/> vorangeht, ans großen Süßwasserseen gebildet haben. In der kurz vorangehenden<lb/> Zeit der Kreideperiode scheinen die Länder noch von der salzigen Meeresflut<lb/> bedeckt gewesen zu sein. Die östlichen Gebirgszüge, die Appalachen in Nord¬<lb/> amerika, das brasilianische Bergland in Südamerika aber sind sicher schon<lb/> teilweise bis ans ihren ältesten Urgesteinskern abgetragen, während für den<lb/> Westen die Vermutung ausgesprochen ist, daß hier noch hente das Abbrechen<lb/> und das Absinken einzelner Schollen, große tektonische Veränderungen und wohl<lb/> auch vulkanische Aufwölbnngen andauern.</p><lb/> <p xml:id="ID_308"> Doch während über die tatsächlichen Neränderuugen und Umwälzungen<lb/> in der Erdoberfläche unter den Gelehrten noch zahlreiche Meinungsverschieden¬<lb/> heiten bestehen, und vieles sehr zweifelhaft ist, belehrt uns der Augenschein<lb/> in andrer Weise über das Wesen der Verschiedenartigkeit beider Seiten der<lb/> Kontinente. Mit gewaltigen Mühen und der genialsten Verwendung aller<lb/> Hilfsmittel der Technik hat man versucht, die Anden Südamerikas zu über¬<lb/> schreiten. Nur im Süden über den Cumbrepaß in einer Höhe von 3900 Metern<lb/> über dem Meere östlich von Santiago ist man bis auf eine kurze Strecke<lb/> so weit gekommen, daß die Transtontinentalbahn von Valparaiso-Santiago nach<lb/> Buenos Aires fertiggestellt werden konnte. Die wirtschaftliche Verrottung<lb/> der südamerikanischen Verwaltung, vielleicht auch die Grenzzwistigkeiten haben<lb/> die letzte Vollendung des kühnen Werkes verhindert. Von Antofagasw aber<lb/> führt ein Schienenstrang hinauf in das innere Bolivia nach dem 3764 Meter<lb/> hoch liegenden Oruro, und Peru besitzt eine Südbahn von Mollendo nach dem<lb/> Titicnmsee, deren höchster Punkt bei 4470 Metern liegt, und eine Zentralbahn<lb/> von Cnllao nach Cerro de Pasco mit 4774 Metern höchster Erhebung. Solche<lb/> Höhen finden wir aber nirgends im Osten. Die Wasseradern des Parana und<lb/> des San Francisco führen von Südwest und von Nord bis in die höchsten<lb/> Täter des brasilianischen Berglandes, und die Sierra Mantiqueira, die allein<lb/> in ihrem höchsten Berge zu 2990 Metern ansteigt, hat dem geringen Eifer für<lb/> Eisenbahnbau kein wesentliches Hindernis bieten können. Von Rio de Janeiro<lb/> führt die Linie über die Berge nach Ouro Preto. Im Norden aber liegen die<lb/> Appalachen inmitten des dichtest bevölkerten Gebietes, das sich von der Küste<lb/> bis zum Mississippital erstreckt, und bald in Längstülern, bald sie quer über-,<lb/> schreitend, bald sie beiderseits einschließend führt der Verkehr in den innersten<lb/> Winkel des Berglandes. Der schmale, etwas lebhafter besiedelte Küstensaum<lb/> des Westens dagegen ist dnrch die ungeheure Bergeinöde von der Kulturwelt<lb/> der Mitte und des Ostens getrennt, die nur durch die großen Bauten der<lb/> Transkontinentalbahnen überwunden wird. Der Wetteifer der energischen und<lb/> unerschrocknen Amerikaner und Engländer hat ihre Zahl jetzt bis zu fünf an¬<lb/> wachsen lassen. Weite Strecken zwischen diesen Hauptlinien aber sind fast<lb/> menschenleer und im höchsten Grade knlturcirm.</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0080]
Atlantischer und Stiller Gzemi
des Amazonas und des La-Plata-Systems. Beide Ebenen sind erfüllt von
Ablagerungen, die sich erst im Tertiär, der Periode, die der gegenwärtigen
vorangeht, ans großen Süßwasserseen gebildet haben. In der kurz vorangehenden
Zeit der Kreideperiode scheinen die Länder noch von der salzigen Meeresflut
bedeckt gewesen zu sein. Die östlichen Gebirgszüge, die Appalachen in Nord¬
amerika, das brasilianische Bergland in Südamerika aber sind sicher schon
teilweise bis ans ihren ältesten Urgesteinskern abgetragen, während für den
Westen die Vermutung ausgesprochen ist, daß hier noch hente das Abbrechen
und das Absinken einzelner Schollen, große tektonische Veränderungen und wohl
auch vulkanische Aufwölbnngen andauern.
Doch während über die tatsächlichen Neränderuugen und Umwälzungen
in der Erdoberfläche unter den Gelehrten noch zahlreiche Meinungsverschieden¬
heiten bestehen, und vieles sehr zweifelhaft ist, belehrt uns der Augenschein
in andrer Weise über das Wesen der Verschiedenartigkeit beider Seiten der
Kontinente. Mit gewaltigen Mühen und der genialsten Verwendung aller
Hilfsmittel der Technik hat man versucht, die Anden Südamerikas zu über¬
schreiten. Nur im Süden über den Cumbrepaß in einer Höhe von 3900 Metern
über dem Meere östlich von Santiago ist man bis auf eine kurze Strecke
so weit gekommen, daß die Transtontinentalbahn von Valparaiso-Santiago nach
Buenos Aires fertiggestellt werden konnte. Die wirtschaftliche Verrottung
der südamerikanischen Verwaltung, vielleicht auch die Grenzzwistigkeiten haben
die letzte Vollendung des kühnen Werkes verhindert. Von Antofagasw aber
führt ein Schienenstrang hinauf in das innere Bolivia nach dem 3764 Meter
hoch liegenden Oruro, und Peru besitzt eine Südbahn von Mollendo nach dem
Titicnmsee, deren höchster Punkt bei 4470 Metern liegt, und eine Zentralbahn
von Cnllao nach Cerro de Pasco mit 4774 Metern höchster Erhebung. Solche
Höhen finden wir aber nirgends im Osten. Die Wasseradern des Parana und
des San Francisco führen von Südwest und von Nord bis in die höchsten
Täter des brasilianischen Berglandes, und die Sierra Mantiqueira, die allein
in ihrem höchsten Berge zu 2990 Metern ansteigt, hat dem geringen Eifer für
Eisenbahnbau kein wesentliches Hindernis bieten können. Von Rio de Janeiro
führt die Linie über die Berge nach Ouro Preto. Im Norden aber liegen die
Appalachen inmitten des dichtest bevölkerten Gebietes, das sich von der Küste
bis zum Mississippital erstreckt, und bald in Längstülern, bald sie quer über-,
schreitend, bald sie beiderseits einschließend führt der Verkehr in den innersten
Winkel des Berglandes. Der schmale, etwas lebhafter besiedelte Küstensaum
des Westens dagegen ist dnrch die ungeheure Bergeinöde von der Kulturwelt
der Mitte und des Ostens getrennt, die nur durch die großen Bauten der
Transkontinentalbahnen überwunden wird. Der Wetteifer der energischen und
unerschrocknen Amerikaner und Engländer hat ihre Zahl jetzt bis zu fünf an¬
wachsen lassen. Weite Strecken zwischen diesen Hauptlinien aber sind fast
menschenleer und im höchsten Grade knlturcirm.
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