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Die Grenzboten. Jg. 66, 1907, Zweites Vierteljahr.

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^Beziehungen des Deutschen Reiches zu den vereinigten Staaten von Amerika

Die Produzenten werden aller Voraussicht nach einmal die Majorität im Senat
über die Trustmagnaten erhalten, und dann ist das Feld frei für einen deutsch¬
amerikanischen Tarifvertrag. Die amerikanische Gefahr, von der fast jeder von
einer kleinen Studienreise durch die Union zurückgekehrte Europäer in dem un¬
vermeidlichen Buche zu berichten weiß. ist. wie sich immer mehr herausstellt, stark
übertrieben, da die Gegensätze innerhalb der Vereinigten Staaten viel großer Stro
als die Unterschiede zwischen der Union und den enropüischen Staaten. Der
Gegensatz des produzierenden Westens der Vereinigten Staaten und des haupt¬
sächlich von der Spekulation und vom Handel lebenden Ostens ist heute viel
stärker geworden als der frühere Gegensatz zwischen den Nordstaaten und den
Südstaaten. Außerdem ist durch die ungeheure Zunahme der jetzt über achtzig
Millionen betragende" Gesamtbevölkerung und durch den sich infolgedessen stetig
steigernden innern Konsum dafür gesorgt, daß die amerikanischen Bäume nicht in
deu Himmel wachsen und uns nicht überschatten werden. Die Ausdehnung jung¬
fräulichen Bodens in der Union ist sehr zusammengeschrumpft. Infolge des ^anv-
systems ist an vielen Stellen die Verwendung künstlicher Düngemittel, insbesondre
des deutschen Kalis nötig geworden und darum eine Verteuerung der Prodnktton
eingetreten. Tausende von Kolonisten wandern jährlich nach Kanada aus. um
besseres Ackerland aufzusuchen. Ferner beginnt die Emanzipation der Arbeiter.
f"r die ja in den Vereinigten Staaten in bezug auf Versicherung und andre
soziale Fürsorge noch gar nichts geschehen ist. eine immer bedrohlicher erscheinende
Form anzunehmen, während der in jedem Jahre Hunderte von Millionen Dollars
verschlingende Kolonialbesitz der Philippinen und die unerwünscht kräftige Ver¬
mehrung der einheimischen Neger und Mulatten ebenfalls zu schwerer Sorge
-lnlaß geben.

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Die Amerikaner sind keineswegs blind gegenüber diesen für ihre künftige
Entwicklung so ungünstigen Tatsachen, wie die zahlreichen diese Fragen be¬
handelnden Artikel in ihren leitenden Preßorganen beweisen. Die Mre .4um-.o-in
die drüben ungefähr die Stellung und Bedeutung u..,r-er GrenMen
"nument, bringt in ihrem Märzheft ans der Feder des Professors Gold
Smith von der Cornell Nniversity einen ?or.1- o. ^Ava.ddowite^Artikel, der mit großem Freimut die Schäden der Un.on ansteck und fu uns
'in weit höheres Interesse hat als die gelegentlichen oberflächlichen und leicht¬
fertigen Reiseberichte deutscher Globetrotter. . .

Nach Mr. Smiths Ansicht ist die größte Gefahr für die Verewig .. Se
der Überschwemmung durck, die fremde Einwanderung zu s/h-''- d ^ ^"
eindämmen und regulieren lasse. Es sei sehr schwer, das gastlich To n
schließen, das solange den Unglücklichen oder Abenteurern aller L ^r
^standen habe. So habe die jetzt eingeführte Prüfung der Emwcmdrer
bezug ans ihre Schulbild.eng nur geringe Bete..tu"g. da se- ' e "
Fällen versagen könne, wo es sich um die AusMeßnng der ge abri.chskn und
""erwünschtesten E . ndruug handle. Die Bevölkerung der Vereinigten Staaten


^Beziehungen des Deutschen Reiches zu den vereinigten Staaten von Amerika

Die Produzenten werden aller Voraussicht nach einmal die Majorität im Senat
über die Trustmagnaten erhalten, und dann ist das Feld frei für einen deutsch¬
amerikanischen Tarifvertrag. Die amerikanische Gefahr, von der fast jeder von
einer kleinen Studienreise durch die Union zurückgekehrte Europäer in dem un¬
vermeidlichen Buche zu berichten weiß. ist. wie sich immer mehr herausstellt, stark
übertrieben, da die Gegensätze innerhalb der Vereinigten Staaten viel großer Stro
als die Unterschiede zwischen der Union und den enropüischen Staaten. Der
Gegensatz des produzierenden Westens der Vereinigten Staaten und des haupt¬
sächlich von der Spekulation und vom Handel lebenden Ostens ist heute viel
stärker geworden als der frühere Gegensatz zwischen den Nordstaaten und den
Südstaaten. Außerdem ist durch die ungeheure Zunahme der jetzt über achtzig
Millionen betragende« Gesamtbevölkerung und durch den sich infolgedessen stetig
steigernden innern Konsum dafür gesorgt, daß die amerikanischen Bäume nicht in
deu Himmel wachsen und uns nicht überschatten werden. Die Ausdehnung jung¬
fräulichen Bodens in der Union ist sehr zusammengeschrumpft. Infolge des ^anv-
systems ist an vielen Stellen die Verwendung künstlicher Düngemittel, insbesondre
des deutschen Kalis nötig geworden und darum eine Verteuerung der Prodnktton
eingetreten. Tausende von Kolonisten wandern jährlich nach Kanada aus. um
besseres Ackerland aufzusuchen. Ferner beginnt die Emanzipation der Arbeiter.
f»r die ja in den Vereinigten Staaten in bezug auf Versicherung und andre
soziale Fürsorge noch gar nichts geschehen ist. eine immer bedrohlicher erscheinende
Form anzunehmen, während der in jedem Jahre Hunderte von Millionen Dollars
verschlingende Kolonialbesitz der Philippinen und die unerwünscht kräftige Ver¬
mehrung der einheimischen Neger und Mulatten ebenfalls zu schwerer Sorge
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Die Amerikaner sind keineswegs blind gegenüber diesen für ihre künftige
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die drüben ungefähr die Stellung und Bedeutung u..,r-er GrenMen
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fertigen Reiseberichte deutscher Globetrotter. . .

Nach Mr. Smiths Ansicht ist die größte Gefahr für die Verewig .. Se
der Überschwemmung durck, die fremde Einwanderung zu s/h-''- d ^ ^"
eindämmen und regulieren lasse. Es sei sehr schwer, das gastlich To n
schließen, das solange den Unglücklichen oder Abenteurern aller L ^r
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[0551] ^Beziehungen des Deutschen Reiches zu den vereinigten Staaten von Amerika Die Produzenten werden aller Voraussicht nach einmal die Majorität im Senat über die Trustmagnaten erhalten, und dann ist das Feld frei für einen deutsch¬ amerikanischen Tarifvertrag. Die amerikanische Gefahr, von der fast jeder von einer kleinen Studienreise durch die Union zurückgekehrte Europäer in dem un¬ vermeidlichen Buche zu berichten weiß. ist. wie sich immer mehr herausstellt, stark übertrieben, da die Gegensätze innerhalb der Vereinigten Staaten viel großer Stro als die Unterschiede zwischen der Union und den enropüischen Staaten. Der Gegensatz des produzierenden Westens der Vereinigten Staaten und des haupt¬ sächlich von der Spekulation und vom Handel lebenden Ostens ist heute viel stärker geworden als der frühere Gegensatz zwischen den Nordstaaten und den Südstaaten. Außerdem ist durch die ungeheure Zunahme der jetzt über achtzig Millionen betragende« Gesamtbevölkerung und durch den sich infolgedessen stetig steigernden innern Konsum dafür gesorgt, daß die amerikanischen Bäume nicht in deu Himmel wachsen und uns nicht überschatten werden. Die Ausdehnung jung¬ fräulichen Bodens in der Union ist sehr zusammengeschrumpft. Infolge des ^anv- systems ist an vielen Stellen die Verwendung künstlicher Düngemittel, insbesondre des deutschen Kalis nötig geworden und darum eine Verteuerung der Prodnktton eingetreten. Tausende von Kolonisten wandern jährlich nach Kanada aus. um besseres Ackerland aufzusuchen. Ferner beginnt die Emanzipation der Arbeiter. f»r die ja in den Vereinigten Staaten in bezug auf Versicherung und andre soziale Fürsorge noch gar nichts geschehen ist. eine immer bedrohlicher erscheinende Form anzunehmen, während der in jedem Jahre Hunderte von Millionen Dollars verschlingende Kolonialbesitz der Philippinen und die unerwünscht kräftige Ver¬ mehrung der einheimischen Neger und Mulatten ebenfalls zu schwerer Sorge -lnlaß geben. ...... Die Amerikaner sind keineswegs blind gegenüber diesen für ihre künftige Entwicklung so ungünstigen Tatsachen, wie die zahlreichen diese Fragen be¬ handelnden Artikel in ihren leitenden Preßorganen beweisen. Die Mre .4um-.o-in die drüben ungefähr die Stellung und Bedeutung u..,r-er GrenMen «nument, bringt in ihrem Märzheft ans der Feder des Professors Gold Smith von der Cornell Nniversity einen ?or.1- o. ^Ava.ddowite^Artikel, der mit großem Freimut die Schäden der Un.on ansteck und fu uns 'in weit höheres Interesse hat als die gelegentlichen oberflächlichen und leicht¬ fertigen Reiseberichte deutscher Globetrotter. . . Nach Mr. Smiths Ansicht ist die größte Gefahr für die Verewig .. Se der Überschwemmung durck, die fremde Einwanderung zu s/h-''- d ^ ^" eindämmen und regulieren lasse. Es sei sehr schwer, das gastlich To n schließen, das solange den Unglücklichen oder Abenteurern aller L ^r ^standen habe. So habe die jetzt eingeführte Prüfung der Emwcmdrer bezug ans ihre Schulbild.eng nur geringe Bete..tu«g. da se- ' e " Fällen versagen könne, wo es sich um die AusMeßnng der ge abri.chskn und ""erwünschtesten E . ndruug handle. Die Bevölkerung der Vereinigten Staaten

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 66, 1907, Zweites Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341885_301987/551>, abgerufen am 06.02.2025.