Die Grenzboten. Jg. 66, 1907, Zweites Vierteljahr.et)as das fahrende Volk erzählte Scharen von zerstörten bürgerlichen Existenzen und verarmten Familien. Noch Auf kurze ^eit nahm jetzt die Zahl der Bettelnden ab. eme gewisse ^Grenzboten II 1907
et)as das fahrende Volk erzählte Scharen von zerstörten bürgerlichen Existenzen und verarmten Familien. Noch Auf kurze ^eit nahm jetzt die Zahl der Bettelnden ab. eme gewisse ^Grenzboten II 1907
<TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0533" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/302521"/> <fw type="header" place="top"> et)as das fahrende Volk erzählte</fw><lb/> <p xml:id="ID_2288" prev="#ID_2287"> Scharen von zerstörten bürgerlichen Existenzen und verarmten Familien. Noch<lb/> immer kamen sie vorzugsweise aus Pommern, so ein armer Küster aus Demmin.<lb/> arme Leute aus Stettin, Abgebrannte von hier und aus Stralsund, Wolgast.<lb/> Neukirchen und andern Orten. Daneben waren Mecklenburg und d.e nördliche<lb/> Mark schwer vom Kriege heimgesucht. ..Einem Nobili aus Prenzlau^ Ab¬<lb/> gebrannten ans Rostock, einer armen Frau von Gadebusch aus dem Meckel-<lb/> burgischen sind kleine Beiträge verzeichnet. Inzwischen warf der beendete Krieg<lb/> jetzt massenhaft abgedankte und verwundete Söldner aus dem Geleise, und der<lb/> lahme Soldat „mit bei sich habenden Weib und Kindern" bevölkerte wieder,<lb/> wie nach dem Westfälischen Frieden, die Landstraßen. Schwedische, sächsische<lb/> und kurfürstlich brandenburgische Soldaten, Fähndriche. Leutnants und Kor¬<lb/> porale gingen den Stadtschreiber in bunter Reihe um ein Almosen an, nicht<lb/> ZU gedenken der vielen Frauen, deren Männer im Kriege gefallen waren. So<lb/> kam zu mehreren malen eine Frau von Brandenstein, deren Mann als Quartier¬<lb/> meister bei Stettin gefallen war. Daneben ist zu ersehe»,, daß 1681 an vielen<lb/> Orten Mitteldeutschlands die Pestilenz wütete, und daß unter andern Orten<lb/> am 19. April desselben Jahres Reichenbach mit 139 Häusern abbrannte.</p><lb/> <p xml:id="ID_2289" next="#ID_2290"> Auf kurze ^eit nahm jetzt die Zahl der Bettelnden ab. eme gewisse<lb/> Nuhcpai.se in den Ursachen des Elends und der Verarmung scheint eingetreten<lb/> Z" sein. Aber schon das Almosenregister von 1683 bis 1684 schnellte mit<lb/> mehr als zweihundert Posten wieder zur Höhe der frühern schlimmen ^ahre<lb/> empor. Meist beziehen sich die Posten auf Brände, die in diesem Jahre un¬<lb/> gewöhnlich häufig waren. Mit einem abgebrannten Schuster von Aschersleben<lb/> sing es an; den Abgebrannten von Niemegk. wo am Himmelfahrtstage 1684<lb/> über achtzig der besten Wohnhäuser abgebrannt waren, gab man zwei Groschen,<lb/> drei Groschen dagegen „einem alten Musikanten von Soro so in dein neu¬<lb/> lichen Brande sonsten nichts als sein Leben retten können". Abgebrannte von<lb/> Niemegk und Jüterbogk sprachen fortgesetzt bis ins nächste Jahr in großer<lb/> Zahl vor. Weitere Brände werden gemeldet aus Waldheim. W-Landsberg<lb/> Wanzleben und Putlitz in der Mark, auch die Vorstadt zu Wittenberg ist<lb/> '"edergebrcmnt. Es waren wohl mehr als die HMe aller Bettelnden in<lb/> Jahre Abgebrannte. Neben ihnen erschienen in wachsender Z°si K°"vert in<lb/> die von dem evangelischen Rat zu Coswig durch die Versicherung d:e athol^che<lb/> Konfession abgeschw r n zu haben oder in Wittenberg übertreten zu wollen<lb/> ewe desto größere Spende zu erlangen suchten. sogenanntesv°n Adel, der zu Wittenberg die Lutherische Religion angenommen, drin G °^S°b man einem andern NMU. Matthias Trost v n Baden an<lb/> vorgewiesene gute Attestate"; auch ein Bekehrter "it Namen ^<lb/> ^e. „so vor diesem ein Franziskaner Münch gewesen und die EvangeM<lb/> Religion zu Neuen Salza angenommen", findet steh^ermer t Rech n g<lb/> von 1685 verzeichnet noch einen Groschen für einen Juden, der sich zu Roten-<lb/> burg an der Tauber hat taufen lassen, und ebensoviel „für eme Indische</p><lb/> <fw type="sig" place="bottom"> ^Grenzboten II 1907</fw><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0533]
et)as das fahrende Volk erzählte
Scharen von zerstörten bürgerlichen Existenzen und verarmten Familien. Noch
immer kamen sie vorzugsweise aus Pommern, so ein armer Küster aus Demmin.
arme Leute aus Stettin, Abgebrannte von hier und aus Stralsund, Wolgast.
Neukirchen und andern Orten. Daneben waren Mecklenburg und d.e nördliche
Mark schwer vom Kriege heimgesucht. ..Einem Nobili aus Prenzlau^ Ab¬
gebrannten ans Rostock, einer armen Frau von Gadebusch aus dem Meckel-
burgischen sind kleine Beiträge verzeichnet. Inzwischen warf der beendete Krieg
jetzt massenhaft abgedankte und verwundete Söldner aus dem Geleise, und der
lahme Soldat „mit bei sich habenden Weib und Kindern" bevölkerte wieder,
wie nach dem Westfälischen Frieden, die Landstraßen. Schwedische, sächsische
und kurfürstlich brandenburgische Soldaten, Fähndriche. Leutnants und Kor¬
porale gingen den Stadtschreiber in bunter Reihe um ein Almosen an, nicht
ZU gedenken der vielen Frauen, deren Männer im Kriege gefallen waren. So
kam zu mehreren malen eine Frau von Brandenstein, deren Mann als Quartier¬
meister bei Stettin gefallen war. Daneben ist zu ersehe»,, daß 1681 an vielen
Orten Mitteldeutschlands die Pestilenz wütete, und daß unter andern Orten
am 19. April desselben Jahres Reichenbach mit 139 Häusern abbrannte.
Auf kurze ^eit nahm jetzt die Zahl der Bettelnden ab. eme gewisse
Nuhcpai.se in den Ursachen des Elends und der Verarmung scheint eingetreten
Z" sein. Aber schon das Almosenregister von 1683 bis 1684 schnellte mit
mehr als zweihundert Posten wieder zur Höhe der frühern schlimmen ^ahre
empor. Meist beziehen sich die Posten auf Brände, die in diesem Jahre un¬
gewöhnlich häufig waren. Mit einem abgebrannten Schuster von Aschersleben
sing es an; den Abgebrannten von Niemegk. wo am Himmelfahrtstage 1684
über achtzig der besten Wohnhäuser abgebrannt waren, gab man zwei Groschen,
drei Groschen dagegen „einem alten Musikanten von Soro so in dein neu¬
lichen Brande sonsten nichts als sein Leben retten können". Abgebrannte von
Niemegk und Jüterbogk sprachen fortgesetzt bis ins nächste Jahr in großer
Zahl vor. Weitere Brände werden gemeldet aus Waldheim. W-Landsberg
Wanzleben und Putlitz in der Mark, auch die Vorstadt zu Wittenberg ist
'"edergebrcmnt. Es waren wohl mehr als die HMe aller Bettelnden in
Jahre Abgebrannte. Neben ihnen erschienen in wachsender Z°si K°"vert in
die von dem evangelischen Rat zu Coswig durch die Versicherung d:e athol^che
Konfession abgeschw r n zu haben oder in Wittenberg übertreten zu wollen
ewe desto größere Spende zu erlangen suchten. sogenanntesv°n Adel, der zu Wittenberg die Lutherische Religion angenommen, drin G °^S°b man einem andern NMU. Matthias Trost v n Baden an
vorgewiesene gute Attestate"; auch ein Bekehrter "it Namen ^
^e. „so vor diesem ein Franziskaner Münch gewesen und die EvangeM
Religion zu Neuen Salza angenommen", findet steh^ermer t Rech n g
von 1685 verzeichnet noch einen Groschen für einen Juden, der sich zu Roten-
burg an der Tauber hat taufen lassen, und ebensoviel „für eme Indische
^Grenzboten II 1907
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