Die Grenzboten. Jg. 66, 1907, Zweites Vierteljahr.Deutschland in französischer Beleuchtung gelagert ist, leichter zu gewinnen ist, sich auf weniger als die Hälfte des Hochbedeutsam sind die Mitteilungen des Herrn Thyssen senior, von Über den Stahlwerksverband hat Herr Thyssen ebenfalls die genauesten Deutschland in französischer Beleuchtung gelagert ist, leichter zu gewinnen ist, sich auf weniger als die Hälfte des Hochbedeutsam sind die Mitteilungen des Herrn Thyssen senior, von Über den Stahlwerksverband hat Herr Thyssen ebenfalls die genauesten <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0350" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/302338"/> <fw type="header" place="top"> Deutschland in französischer Beleuchtung</fw><lb/> <p xml:id="ID_1505" prev="#ID_1504"> gelagert ist, leichter zu gewinnen ist, sich auf weniger als die Hälfte des<lb/> Preises als bei uns stellt, und weil daher der Betrieb der Maschinen viel<lb/> billiger ist als in Deutschland.</p><lb/> <p xml:id="ID_1506"> Hochbedeutsam sind die Mitteilungen des Herrn Thyssen senior, von<lb/> denen Huret berichtet. Auf seine Frage, was er von der französischen<lb/> metallurgischen Industrie halte, habe ihm Herr Thyssen geantwortet, die all¬<lb/> gemeine Meinung in Deutschland sei, daß Frankreich früher allerdings gute<lb/> Chancen verschlafen habe und zurückgeblieben sei, aber neuerdings große Fort¬<lb/> schritte auf industriellem, kommerziellen und kolonialen Gebiete gemacht habe,<lb/> daß beispielweise die Werkstätten von Omecourt in Französisch-Lothringen,<lb/> von Chatillon und von Commentry ganz modern seien, und daß er kein Werk<lb/> in Deutschland kenne, das besser sei. Außerdem seien diese lothringischen<lb/> Werke ein vorzügliches Beispiel für den Wert guter Beziehungen zwischen<lb/> Frankreich und Deutschland. In Lothringen seien auf französischer Seite viele<lb/> Mineralien, aber keine Kohlen, dagegen auf deutscher Seite viele Kohlen, aber<lb/> keine Mineralien.</p><lb/> <p xml:id="ID_1507" next="#ID_1508"> Über den Stahlwerksverband hat Herr Thyssen ebenfalls die genauesten<lb/> Informationen gegeben. Es sei schwer gewesen, alle Produzenten zu einigen.<lb/> Zunächst habe es sich darum gehandelt, die Überproduktion einzuschränken, die<lb/> Produktion in ganz bestimmter Weise zu regeln und die Mitglieder zu ver¬<lb/> pflichten, eine vernünftige Produktion nicht zu überschreiten. Man habe fest¬<lb/> gestellt, welches in der Vergangenheit die günstigste Stahlproduktionsperiode<lb/> gewesen sei, und sich dahin geeinigt, hierfür die ersten sechs Monate des<lb/> Jahres 1903 zu wählen, wo die Auftrüge so reichlich gewesen wären, daß<lb/> die Werkstätten das Maximum ihrer bisherigen Produktion erreicht hätten.<lb/> Jedes Werk, das in den Verband eintreten wollte, habe nun nachweisen<lb/> müssen, wie hoch seine Produktion in dieser genannten Periode gewesen sei.<lb/> Habe zum Beispiel ein Werk in den ersten sechs Monaten des Jahres 1903<lb/> eine Produktion von 100000 Tonnen gehabt, so sei seine Maximalproduktion<lb/> auf 200000 Toynen fixiert worden, eine Grenze, die nicht zu überschreiten<lb/> sich jedes einzelne Werk bei hohen Konventionalstrafen verpflichten mußte.<lb/> Ferner sei der Verkauf der Produkte geregelt. Kein Verbandsmitglied dürfe<lb/> selbst verkaufen, sondern müsse alle eingehenden Orders an den Verbands¬<lb/> vorstand in Düsseldorf abliefern, und dieser verleite die Aufträge nach Ma߬<lb/> gabe der festgestellten Maximalproduktionen auf die einzelnen Werke. Dafür<lb/> verpflichte sich der Verband, seinen Mitgliedern alle Produkte bis zu einer<lb/> auf Grund der Zahlen von 1903 festgesetzten Höhe zu einem von allen ge¬<lb/> billigten Preise abzunehmen. Internationale Abmachungen seien gefolgt, und<lb/> heute bestünden schon Verträge mit den Stahlwerksverbänden der Vereinigten<lb/> Staaten, Großbritanniens, Frankreichs und Belgiens. Durch die Zentralisation<lb/> würden den Mitgliedern sehr viele Geschäftsunkosten erspart, dagegen sei ein<lb/> Nachteil für die Mitglieder nicht zu bezweifeln, und dieser liege darin, daß</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0350]
Deutschland in französischer Beleuchtung
gelagert ist, leichter zu gewinnen ist, sich auf weniger als die Hälfte des
Preises als bei uns stellt, und weil daher der Betrieb der Maschinen viel
billiger ist als in Deutschland.
Hochbedeutsam sind die Mitteilungen des Herrn Thyssen senior, von
denen Huret berichtet. Auf seine Frage, was er von der französischen
metallurgischen Industrie halte, habe ihm Herr Thyssen geantwortet, die all¬
gemeine Meinung in Deutschland sei, daß Frankreich früher allerdings gute
Chancen verschlafen habe und zurückgeblieben sei, aber neuerdings große Fort¬
schritte auf industriellem, kommerziellen und kolonialen Gebiete gemacht habe,
daß beispielweise die Werkstätten von Omecourt in Französisch-Lothringen,
von Chatillon und von Commentry ganz modern seien, und daß er kein Werk
in Deutschland kenne, das besser sei. Außerdem seien diese lothringischen
Werke ein vorzügliches Beispiel für den Wert guter Beziehungen zwischen
Frankreich und Deutschland. In Lothringen seien auf französischer Seite viele
Mineralien, aber keine Kohlen, dagegen auf deutscher Seite viele Kohlen, aber
keine Mineralien.
Über den Stahlwerksverband hat Herr Thyssen ebenfalls die genauesten
Informationen gegeben. Es sei schwer gewesen, alle Produzenten zu einigen.
Zunächst habe es sich darum gehandelt, die Überproduktion einzuschränken, die
Produktion in ganz bestimmter Weise zu regeln und die Mitglieder zu ver¬
pflichten, eine vernünftige Produktion nicht zu überschreiten. Man habe fest¬
gestellt, welches in der Vergangenheit die günstigste Stahlproduktionsperiode
gewesen sei, und sich dahin geeinigt, hierfür die ersten sechs Monate des
Jahres 1903 zu wählen, wo die Auftrüge so reichlich gewesen wären, daß
die Werkstätten das Maximum ihrer bisherigen Produktion erreicht hätten.
Jedes Werk, das in den Verband eintreten wollte, habe nun nachweisen
müssen, wie hoch seine Produktion in dieser genannten Periode gewesen sei.
Habe zum Beispiel ein Werk in den ersten sechs Monaten des Jahres 1903
eine Produktion von 100000 Tonnen gehabt, so sei seine Maximalproduktion
auf 200000 Toynen fixiert worden, eine Grenze, die nicht zu überschreiten
sich jedes einzelne Werk bei hohen Konventionalstrafen verpflichten mußte.
Ferner sei der Verkauf der Produkte geregelt. Kein Verbandsmitglied dürfe
selbst verkaufen, sondern müsse alle eingehenden Orders an den Verbands¬
vorstand in Düsseldorf abliefern, und dieser verleite die Aufträge nach Ma߬
gabe der festgestellten Maximalproduktionen auf die einzelnen Werke. Dafür
verpflichte sich der Verband, seinen Mitgliedern alle Produkte bis zu einer
auf Grund der Zahlen von 1903 festgesetzten Höhe zu einem von allen ge¬
billigten Preise abzunehmen. Internationale Abmachungen seien gefolgt, und
heute bestünden schon Verträge mit den Stahlwerksverbänden der Vereinigten
Staaten, Großbritanniens, Frankreichs und Belgiens. Durch die Zentralisation
würden den Mitgliedern sehr viele Geschäftsunkosten erspart, dagegen sei ein
Nachteil für die Mitglieder nicht zu bezweifeln, und dieser liege darin, daß
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