Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Jg. 66, 1907, Zweites Vierteljahr.

Bild:
<< vorherige Seite
Die Rüstungen in Italien

auf das Pustertal oder auf einen befestigten Zentralpunkt für die Verteidigung
des ganzen Cadoregebietes. Die Befestigungen bei Vigo-Lorenzago bestehen
aus mehreren feldmäßigen und vorbereiteten Batterien sowie aus mehreren
verteidigungsfähigen Unterkünften; die im Ansieitale nach Pieve ti Cadore
führende Straße soll durch ein auf dem Col Piccolo, nahe bei Vigo, sich zurzeit
noch im Bau befindendes Fort gesperrt werden. Die Befestigungen bei Pieve
ti Cadore bestehen aus mehrere" geschlossenen Fcrnkampfwerken, nahe bei Pieve
und Perarolo aus zahlreichen, auf einem halbkreisförmig von der Piave zum
Boitetal sich hinziehenden Rücken liegenden Geschützemplacemeuts und einer
Batteriestellung bei Perarolo.

Tagliamentotal. Die wichtige Kommunikation im Tagliamcntotale
(Eisenbahn und Straße) wird durch das Fort Osoppo gesperrt, besteht aus
mehreren ans einem 100 Meter hohen Felsblock liegenden umgebauten und
neuen Batterien und aus einer Schanze. Östlich vom Tagliamento gab es
bis jetzt keine Befestigungen. Die im Jahre 1905 unter der Annahme einer
feindlichen Invasion über den Plöcken- und Kreuzbergpaß durchgeführten
Alpinitrnppenmcmöver sollten die Verteidigungsbedingungen des in Frage
kommenden Raumes feststellen und Anhaltpunkte für dessen fortifikatorische Ver¬
stärkung bieten.

Diese Manöver und die vom Chef des Generalstabcs geleiteten Re¬
kognoszierungen haben zur Verwirklichung des seinerzeit aufgestellten Reichs¬
befestigungsprojekts geführt; und zwar umfaßt es die Anlage eines permanenten
Forts nahe bei Ospedoletto zur Sperrung des Tagliamentotales, den Bau von
Befestigungen bei Forni-Avoltri zur Sperrung der aus dem Gailtale über das
Tilliacher Joch und den Plöckenpaß in das obere Piave- und Tagliamentotal
mündenden Wege, die Herrichtung von Geschützemplacements bei Pontebba
sowie eines permanenten Forts bei Chiusafortc zur Sperrung des Fella- und
Raccolanatales. Die aus dem Jsonzotal über die Grenze führenden fahrbaren
Verbindungen sollen durch je eine Sperrbefestigung bei Stupizza, Cividale
Manzano gesperrt werden, und endlich ist noch die Errichtung eines Brücken¬
kopfes bei Latisana geplant. Palmanova, seit 1883 ausgelassen, aber noch
verteidigungsfähig, dient als Depotfestung und besteht aus mehreren bastivniertcn
Fronten mit Hindernisgraben und ungedeckten Mauerwerk.

Resume. Die italienischen Befestigungen sind teils reine Sperrbefestigungen
mit defensivem Charakter, wie Rocca d'Arso, Val Leogra, Agordo, teils stellen
sie fortisizierte Sammelräume für Offensivoperationen (Arsiero-Asiago, Primo-
lano, Fastro-Lamon), teils Manövrierräume für die Grenzverteidigung dar
(Vigo-Lorenzago-Forni, Avoltri-Pieve ti Cadore). Die Sperrung der
Wegeverbindung erfolgt direkt bei Talengen mit ausgesprochnen Defilccharakter,
indirekt durch Bestreichung aus Enfilierbatterien (bei Arsiero und Agordo). Die
Befestigungen bestehen gewöhnlich aus einem sich im Tale befindenden Sperr¬
werk und einem Kampfwerk, das, dominierend liegend, die gegnerische Artillerie


Die Rüstungen in Italien

auf das Pustertal oder auf einen befestigten Zentralpunkt für die Verteidigung
des ganzen Cadoregebietes. Die Befestigungen bei Vigo-Lorenzago bestehen
aus mehreren feldmäßigen und vorbereiteten Batterien sowie aus mehreren
verteidigungsfähigen Unterkünften; die im Ansieitale nach Pieve ti Cadore
führende Straße soll durch ein auf dem Col Piccolo, nahe bei Vigo, sich zurzeit
noch im Bau befindendes Fort gesperrt werden. Die Befestigungen bei Pieve
ti Cadore bestehen aus mehrere» geschlossenen Fcrnkampfwerken, nahe bei Pieve
und Perarolo aus zahlreichen, auf einem halbkreisförmig von der Piave zum
Boitetal sich hinziehenden Rücken liegenden Geschützemplacemeuts und einer
Batteriestellung bei Perarolo.

Tagliamentotal. Die wichtige Kommunikation im Tagliamcntotale
(Eisenbahn und Straße) wird durch das Fort Osoppo gesperrt, besteht aus
mehreren ans einem 100 Meter hohen Felsblock liegenden umgebauten und
neuen Batterien und aus einer Schanze. Östlich vom Tagliamento gab es
bis jetzt keine Befestigungen. Die im Jahre 1905 unter der Annahme einer
feindlichen Invasion über den Plöcken- und Kreuzbergpaß durchgeführten
Alpinitrnppenmcmöver sollten die Verteidigungsbedingungen des in Frage
kommenden Raumes feststellen und Anhaltpunkte für dessen fortifikatorische Ver¬
stärkung bieten.

Diese Manöver und die vom Chef des Generalstabcs geleiteten Re¬
kognoszierungen haben zur Verwirklichung des seinerzeit aufgestellten Reichs¬
befestigungsprojekts geführt; und zwar umfaßt es die Anlage eines permanenten
Forts nahe bei Ospedoletto zur Sperrung des Tagliamentotales, den Bau von
Befestigungen bei Forni-Avoltri zur Sperrung der aus dem Gailtale über das
Tilliacher Joch und den Plöckenpaß in das obere Piave- und Tagliamentotal
mündenden Wege, die Herrichtung von Geschützemplacements bei Pontebba
sowie eines permanenten Forts bei Chiusafortc zur Sperrung des Fella- und
Raccolanatales. Die aus dem Jsonzotal über die Grenze führenden fahrbaren
Verbindungen sollen durch je eine Sperrbefestigung bei Stupizza, Cividale
Manzano gesperrt werden, und endlich ist noch die Errichtung eines Brücken¬
kopfes bei Latisana geplant. Palmanova, seit 1883 ausgelassen, aber noch
verteidigungsfähig, dient als Depotfestung und besteht aus mehreren bastivniertcn
Fronten mit Hindernisgraben und ungedeckten Mauerwerk.

Resume. Die italienischen Befestigungen sind teils reine Sperrbefestigungen
mit defensivem Charakter, wie Rocca d'Arso, Val Leogra, Agordo, teils stellen
sie fortisizierte Sammelräume für Offensivoperationen (Arsiero-Asiago, Primo-
lano, Fastro-Lamon), teils Manövrierräume für die Grenzverteidigung dar
(Vigo-Lorenzago-Forni, Avoltri-Pieve ti Cadore). Die Sperrung der
Wegeverbindung erfolgt direkt bei Talengen mit ausgesprochnen Defilccharakter,
indirekt durch Bestreichung aus Enfilierbatterien (bei Arsiero und Agordo). Die
Befestigungen bestehen gewöhnlich aus einem sich im Tale befindenden Sperr¬
werk und einem Kampfwerk, das, dominierend liegend, die gegnerische Artillerie


<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <div n="2">
            <pb facs="#f0338" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/302326"/>
            <fw type="header" place="top"> Die Rüstungen in Italien</fw><lb/>
            <p xml:id="ID_1452" prev="#ID_1451"> auf das Pustertal oder auf einen befestigten Zentralpunkt für die Verteidigung<lb/>
des ganzen Cadoregebietes. Die Befestigungen bei Vigo-Lorenzago bestehen<lb/>
aus mehreren feldmäßigen und vorbereiteten Batterien sowie aus mehreren<lb/>
verteidigungsfähigen Unterkünften; die im Ansieitale nach Pieve ti Cadore<lb/>
führende Straße soll durch ein auf dem Col Piccolo, nahe bei Vigo, sich zurzeit<lb/>
noch im Bau befindendes Fort gesperrt werden. Die Befestigungen bei Pieve<lb/>
ti Cadore bestehen aus mehrere» geschlossenen Fcrnkampfwerken, nahe bei Pieve<lb/>
und Perarolo aus zahlreichen, auf einem halbkreisförmig von der Piave zum<lb/>
Boitetal sich hinziehenden Rücken liegenden Geschützemplacemeuts und einer<lb/>
Batteriestellung bei Perarolo.</p><lb/>
            <p xml:id="ID_1453"> Tagliamentotal. Die wichtige Kommunikation im Tagliamcntotale<lb/>
(Eisenbahn und Straße) wird durch das Fort Osoppo gesperrt, besteht aus<lb/>
mehreren ans einem 100 Meter hohen Felsblock liegenden umgebauten und<lb/>
neuen Batterien und aus einer Schanze. Östlich vom Tagliamento gab es<lb/>
bis jetzt keine Befestigungen. Die im Jahre 1905 unter der Annahme einer<lb/>
feindlichen Invasion über den Plöcken- und Kreuzbergpaß durchgeführten<lb/>
Alpinitrnppenmcmöver sollten die Verteidigungsbedingungen des in Frage<lb/>
kommenden Raumes feststellen und Anhaltpunkte für dessen fortifikatorische Ver¬<lb/>
stärkung bieten.</p><lb/>
            <p xml:id="ID_1454"> Diese Manöver und die vom Chef des Generalstabcs geleiteten Re¬<lb/>
kognoszierungen haben zur Verwirklichung des seinerzeit aufgestellten Reichs¬<lb/>
befestigungsprojekts geführt; und zwar umfaßt es die Anlage eines permanenten<lb/>
Forts nahe bei Ospedoletto zur Sperrung des Tagliamentotales, den Bau von<lb/>
Befestigungen bei Forni-Avoltri zur Sperrung der aus dem Gailtale über das<lb/>
Tilliacher Joch und den Plöckenpaß in das obere Piave- und Tagliamentotal<lb/>
mündenden Wege, die Herrichtung von Geschützemplacements bei Pontebba<lb/>
sowie eines permanenten Forts bei Chiusafortc zur Sperrung des Fella- und<lb/>
Raccolanatales. Die aus dem Jsonzotal über die Grenze führenden fahrbaren<lb/>
Verbindungen sollen durch je eine Sperrbefestigung bei Stupizza, Cividale<lb/>
Manzano gesperrt werden, und endlich ist noch die Errichtung eines Brücken¬<lb/>
kopfes bei Latisana geplant. Palmanova, seit 1883 ausgelassen, aber noch<lb/>
verteidigungsfähig, dient als Depotfestung und besteht aus mehreren bastivniertcn<lb/>
Fronten mit Hindernisgraben und ungedeckten Mauerwerk.</p><lb/>
            <p xml:id="ID_1455" next="#ID_1456"> Resume. Die italienischen Befestigungen sind teils reine Sperrbefestigungen<lb/>
mit defensivem Charakter, wie Rocca d'Arso, Val Leogra, Agordo, teils stellen<lb/>
sie fortisizierte Sammelräume für Offensivoperationen (Arsiero-Asiago, Primo-<lb/>
lano, Fastro-Lamon), teils Manövrierräume für die Grenzverteidigung dar<lb/>
(Vigo-Lorenzago-Forni, Avoltri-Pieve ti Cadore). Die Sperrung der<lb/>
Wegeverbindung erfolgt direkt bei Talengen mit ausgesprochnen Defilccharakter,<lb/>
indirekt durch Bestreichung aus Enfilierbatterien (bei Arsiero und Agordo). Die<lb/>
Befestigungen bestehen gewöhnlich aus einem sich im Tale befindenden Sperr¬<lb/>
werk und einem Kampfwerk, das, dominierend liegend, die gegnerische Artillerie</p><lb/>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0338] Die Rüstungen in Italien auf das Pustertal oder auf einen befestigten Zentralpunkt für die Verteidigung des ganzen Cadoregebietes. Die Befestigungen bei Vigo-Lorenzago bestehen aus mehreren feldmäßigen und vorbereiteten Batterien sowie aus mehreren verteidigungsfähigen Unterkünften; die im Ansieitale nach Pieve ti Cadore führende Straße soll durch ein auf dem Col Piccolo, nahe bei Vigo, sich zurzeit noch im Bau befindendes Fort gesperrt werden. Die Befestigungen bei Pieve ti Cadore bestehen aus mehrere» geschlossenen Fcrnkampfwerken, nahe bei Pieve und Perarolo aus zahlreichen, auf einem halbkreisförmig von der Piave zum Boitetal sich hinziehenden Rücken liegenden Geschützemplacemeuts und einer Batteriestellung bei Perarolo. Tagliamentotal. Die wichtige Kommunikation im Tagliamcntotale (Eisenbahn und Straße) wird durch das Fort Osoppo gesperrt, besteht aus mehreren ans einem 100 Meter hohen Felsblock liegenden umgebauten und neuen Batterien und aus einer Schanze. Östlich vom Tagliamento gab es bis jetzt keine Befestigungen. Die im Jahre 1905 unter der Annahme einer feindlichen Invasion über den Plöcken- und Kreuzbergpaß durchgeführten Alpinitrnppenmcmöver sollten die Verteidigungsbedingungen des in Frage kommenden Raumes feststellen und Anhaltpunkte für dessen fortifikatorische Ver¬ stärkung bieten. Diese Manöver und die vom Chef des Generalstabcs geleiteten Re¬ kognoszierungen haben zur Verwirklichung des seinerzeit aufgestellten Reichs¬ befestigungsprojekts geführt; und zwar umfaßt es die Anlage eines permanenten Forts nahe bei Ospedoletto zur Sperrung des Tagliamentotales, den Bau von Befestigungen bei Forni-Avoltri zur Sperrung der aus dem Gailtale über das Tilliacher Joch und den Plöckenpaß in das obere Piave- und Tagliamentotal mündenden Wege, die Herrichtung von Geschützemplacements bei Pontebba sowie eines permanenten Forts bei Chiusafortc zur Sperrung des Fella- und Raccolanatales. Die aus dem Jsonzotal über die Grenze führenden fahrbaren Verbindungen sollen durch je eine Sperrbefestigung bei Stupizza, Cividale Manzano gesperrt werden, und endlich ist noch die Errichtung eines Brücken¬ kopfes bei Latisana geplant. Palmanova, seit 1883 ausgelassen, aber noch verteidigungsfähig, dient als Depotfestung und besteht aus mehreren bastivniertcn Fronten mit Hindernisgraben und ungedeckten Mauerwerk. Resume. Die italienischen Befestigungen sind teils reine Sperrbefestigungen mit defensivem Charakter, wie Rocca d'Arso, Val Leogra, Agordo, teils stellen sie fortisizierte Sammelräume für Offensivoperationen (Arsiero-Asiago, Primo- lano, Fastro-Lamon), teils Manövrierräume für die Grenzverteidigung dar (Vigo-Lorenzago-Forni, Avoltri-Pieve ti Cadore). Die Sperrung der Wegeverbindung erfolgt direkt bei Talengen mit ausgesprochnen Defilccharakter, indirekt durch Bestreichung aus Enfilierbatterien (bei Arsiero und Agordo). Die Befestigungen bestehen gewöhnlich aus einem sich im Tale befindenden Sperr¬ werk und einem Kampfwerk, das, dominierend liegend, die gegnerische Artillerie

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

Nachkorrektur erfolgte automatisch.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341885_301987
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341885_301987/338
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 66, 1907, Zweites Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341885_301987/338>, abgerufen am 05.02.2025.