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Die Grenzboten. Jg. 66, 1907, Zweites Vierteljahr.

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Die Haselnuß

machte kein Hehl daraus, daß er seine einträgliche Praxis nur ungern mit dein
Staatsdienste vertausche, aber man gab ihm zu versteh". das; er allem Anscheine
nach berufen sei, eine glänzende Karriere zu machen, und daß, wenn natürlich auch
zunächst sein Einkommen hinter dem eines vielbeschäftigten Urwalds zurückbleibe,
doch gerade ihm auch der Staatsdienst in finanzieller Hinsicht die besten Aussichten
biete, daß er ferner als Mitglied eines Kollegiums vor Überarbeitung sicher sei,
und daß er endlich doch auch die Ehre und das Bewußtsein, dem Vaterlande zu
dienen, in Anschlag bringen müsse.

Schrödter ließ sich bekehren und erhielt seine Ernennung. Die Stadt hielt
es für ihre Pflicht, den Mann, der in so jungen Jahren die Aufmerksamkeit der
Regierung erregt hatte, auch ihrerseits auszuzeichnen und seine Talente dem Ge¬
meinwohl" nutzbar zu machen, und die Bürgerschaft wählte ihn in das Stadtver¬
ordnetenkollegium, wo er für seine Rednergabe und Geistesüberlegenheit ein weites
Feld der Betätigung fand. Er hatte schon eine Anzahl Jahre zum Wohle der
Stadt gewirkt und so ziemlich auf alle kommunalen Angelegenheiten den weitesten
Einfluß gewonnen, und man munkelte davon, daß die Regierung beabsichtige, ihn
zu befördern und nach Dresden zu versetzen, als auch die gelehrte Welt, die sich
bekanntlich doch sonst in der Anerkennung außergewöhnlicher Talente weiser Vorsicht
befleißigt, wenn sie nicht aus dem Schoße der ^Irag, raatsr hervorgegangen oder
mit akademischen Würdenträgern dnrch verwandtschaftliche Beziehungen verbunden
sind, auf den begabten Juristen aufmerksam wurde. Da geschah denn, was man
sogar in Universitätskreisen bis dahin kaum noch für denkbar gehalten hatte, und
wofür es in der Geschichte der ^Jena matsr I.ixsi6nÄ8 nur einen einzigen Präze-
denzfall gab: die Juristenfakultät wählte Schrödter zu ihrem Ordinarius und zum
ersten ordentlichen Professor der Rechtswissenschaft. Als gewiegter Geschäftsmann
stellte er zunächst Berechnungen über die mutmaßliche Höhe der mit der ihm an¬
getragnen Würde verbundnen Einnahmen an und kam dabei zu einem höchst be¬
friedigenden Ergebnis, um so mehr, als man ihm angedeutet hatte, daß der Landes¬
herr nicht verfehlen werde, ihn bei der nächsten Gelegenheit durch Verleihung der
mit einer ansehnlichen Präbende verknüpften Sinekure eines Domherrn von Meißen
auszuzeichnen.

Er folgte also dem ehrenvollen Rufe und hatte die Genugtuung, daß sich die
rechtsbeflissene Jugend aus ganz Deutschland zu seinem Katheder drängte, und daß
seine Lehrmeinungen in der ganzen juristischen Welt als Evangelium galten.

Er hätte also, zumal da er sich auch der angenehmsten häuslichen Verhält¬
nisse erfreute und blühende Kinder heranwachsen sah, der glücklichste Mensch sein
können, wenn ihn nicht in den stillen Stunden, wo er über seine Laufbahn nach¬
dachte, das törichte Bewußtsein gequält hätte, daß er seine glänzenden Erfolge
vielleicht doch nur der kleinen dummen Haselnuß verdanke. Ja, er verhehlte es
sich nicht: er, der aufgeklärteste und vorurteilsloseste aller Sterblichen, war in diesem
Punkte ein Sklave des jämmerlichsten Aberglaubens. Niemals hatte er es über sich
gebracht, gegen irgend jemand seines Talismans Erwähnung zu tun; nicht einmal
seine nächsten Angehörigen hatten eine Ahnung davon, daß nach der geheimen Über¬
zeugung ihres Gatten und Vaters all sein Glück auf einer unscheinbaren Nich be¬
ruhte, die er in der rechten obern Westentasche trug. Wenn ihm etwas zum Troste
gereichte, so war es die Erwägung, daß er mit seiner kleinen Schwäche nicht allem
dastehe, und daß auch die größten Männer der Weltgeschichte, ein Julins Cäsar,
ein Wallenstein, ein Napoleon in ähnlichen abergläubischen Vorstellungen befangen
gewesen waren. Er lächelte über sich selbst, aber er war nicht stark genug, sich
""s dem Zauberbnnne des kleinen Amuletes freizumachen.


Grenzboten II 1907
Die Haselnuß

machte kein Hehl daraus, daß er seine einträgliche Praxis nur ungern mit dein
Staatsdienste vertausche, aber man gab ihm zu versteh». das; er allem Anscheine
nach berufen sei, eine glänzende Karriere zu machen, und daß, wenn natürlich auch
zunächst sein Einkommen hinter dem eines vielbeschäftigten Urwalds zurückbleibe,
doch gerade ihm auch der Staatsdienst in finanzieller Hinsicht die besten Aussichten
biete, daß er ferner als Mitglied eines Kollegiums vor Überarbeitung sicher sei,
und daß er endlich doch auch die Ehre und das Bewußtsein, dem Vaterlande zu
dienen, in Anschlag bringen müsse.

Schrödter ließ sich bekehren und erhielt seine Ernennung. Die Stadt hielt
es für ihre Pflicht, den Mann, der in so jungen Jahren die Aufmerksamkeit der
Regierung erregt hatte, auch ihrerseits auszuzeichnen und seine Talente dem Ge¬
meinwohl« nutzbar zu machen, und die Bürgerschaft wählte ihn in das Stadtver¬
ordnetenkollegium, wo er für seine Rednergabe und Geistesüberlegenheit ein weites
Feld der Betätigung fand. Er hatte schon eine Anzahl Jahre zum Wohle der
Stadt gewirkt und so ziemlich auf alle kommunalen Angelegenheiten den weitesten
Einfluß gewonnen, und man munkelte davon, daß die Regierung beabsichtige, ihn
zu befördern und nach Dresden zu versetzen, als auch die gelehrte Welt, die sich
bekanntlich doch sonst in der Anerkennung außergewöhnlicher Talente weiser Vorsicht
befleißigt, wenn sie nicht aus dem Schoße der ^Irag, raatsr hervorgegangen oder
mit akademischen Würdenträgern dnrch verwandtschaftliche Beziehungen verbunden
sind, auf den begabten Juristen aufmerksam wurde. Da geschah denn, was man
sogar in Universitätskreisen bis dahin kaum noch für denkbar gehalten hatte, und
wofür es in der Geschichte der ^Jena matsr I.ixsi6nÄ8 nur einen einzigen Präze-
denzfall gab: die Juristenfakultät wählte Schrödter zu ihrem Ordinarius und zum
ersten ordentlichen Professor der Rechtswissenschaft. Als gewiegter Geschäftsmann
stellte er zunächst Berechnungen über die mutmaßliche Höhe der mit der ihm an¬
getragnen Würde verbundnen Einnahmen an und kam dabei zu einem höchst be¬
friedigenden Ergebnis, um so mehr, als man ihm angedeutet hatte, daß der Landes¬
herr nicht verfehlen werde, ihn bei der nächsten Gelegenheit durch Verleihung der
mit einer ansehnlichen Präbende verknüpften Sinekure eines Domherrn von Meißen
auszuzeichnen.

Er folgte also dem ehrenvollen Rufe und hatte die Genugtuung, daß sich die
rechtsbeflissene Jugend aus ganz Deutschland zu seinem Katheder drängte, und daß
seine Lehrmeinungen in der ganzen juristischen Welt als Evangelium galten.

Er hätte also, zumal da er sich auch der angenehmsten häuslichen Verhält¬
nisse erfreute und blühende Kinder heranwachsen sah, der glücklichste Mensch sein
können, wenn ihn nicht in den stillen Stunden, wo er über seine Laufbahn nach¬
dachte, das törichte Bewußtsein gequält hätte, daß er seine glänzenden Erfolge
vielleicht doch nur der kleinen dummen Haselnuß verdanke. Ja, er verhehlte es
sich nicht: er, der aufgeklärteste und vorurteilsloseste aller Sterblichen, war in diesem
Punkte ein Sklave des jämmerlichsten Aberglaubens. Niemals hatte er es über sich
gebracht, gegen irgend jemand seines Talismans Erwähnung zu tun; nicht einmal
seine nächsten Angehörigen hatten eine Ahnung davon, daß nach der geheimen Über¬
zeugung ihres Gatten und Vaters all sein Glück auf einer unscheinbaren Nich be¬
ruhte, die er in der rechten obern Westentasche trug. Wenn ihm etwas zum Troste
gereichte, so war es die Erwägung, daß er mit seiner kleinen Schwäche nicht allem
dastehe, und daß auch die größten Männer der Weltgeschichte, ein Julins Cäsar,
ein Wallenstein, ein Napoleon in ähnlichen abergläubischen Vorstellungen befangen
gewesen waren. Er lächelte über sich selbst, aber er war nicht stark genug, sich
"»s dem Zauberbnnne des kleinen Amuletes freizumachen.


Grenzboten II 1907
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[0317] Die Haselnuß machte kein Hehl daraus, daß er seine einträgliche Praxis nur ungern mit dein Staatsdienste vertausche, aber man gab ihm zu versteh». das; er allem Anscheine nach berufen sei, eine glänzende Karriere zu machen, und daß, wenn natürlich auch zunächst sein Einkommen hinter dem eines vielbeschäftigten Urwalds zurückbleibe, doch gerade ihm auch der Staatsdienst in finanzieller Hinsicht die besten Aussichten biete, daß er ferner als Mitglied eines Kollegiums vor Überarbeitung sicher sei, und daß er endlich doch auch die Ehre und das Bewußtsein, dem Vaterlande zu dienen, in Anschlag bringen müsse. Schrödter ließ sich bekehren und erhielt seine Ernennung. Die Stadt hielt es für ihre Pflicht, den Mann, der in so jungen Jahren die Aufmerksamkeit der Regierung erregt hatte, auch ihrerseits auszuzeichnen und seine Talente dem Ge¬ meinwohl« nutzbar zu machen, und die Bürgerschaft wählte ihn in das Stadtver¬ ordnetenkollegium, wo er für seine Rednergabe und Geistesüberlegenheit ein weites Feld der Betätigung fand. Er hatte schon eine Anzahl Jahre zum Wohle der Stadt gewirkt und so ziemlich auf alle kommunalen Angelegenheiten den weitesten Einfluß gewonnen, und man munkelte davon, daß die Regierung beabsichtige, ihn zu befördern und nach Dresden zu versetzen, als auch die gelehrte Welt, die sich bekanntlich doch sonst in der Anerkennung außergewöhnlicher Talente weiser Vorsicht befleißigt, wenn sie nicht aus dem Schoße der ^Irag, raatsr hervorgegangen oder mit akademischen Würdenträgern dnrch verwandtschaftliche Beziehungen verbunden sind, auf den begabten Juristen aufmerksam wurde. Da geschah denn, was man sogar in Universitätskreisen bis dahin kaum noch für denkbar gehalten hatte, und wofür es in der Geschichte der ^Jena matsr I.ixsi6nÄ8 nur einen einzigen Präze- denzfall gab: die Juristenfakultät wählte Schrödter zu ihrem Ordinarius und zum ersten ordentlichen Professor der Rechtswissenschaft. Als gewiegter Geschäftsmann stellte er zunächst Berechnungen über die mutmaßliche Höhe der mit der ihm an¬ getragnen Würde verbundnen Einnahmen an und kam dabei zu einem höchst be¬ friedigenden Ergebnis, um so mehr, als man ihm angedeutet hatte, daß der Landes¬ herr nicht verfehlen werde, ihn bei der nächsten Gelegenheit durch Verleihung der mit einer ansehnlichen Präbende verknüpften Sinekure eines Domherrn von Meißen auszuzeichnen. Er folgte also dem ehrenvollen Rufe und hatte die Genugtuung, daß sich die rechtsbeflissene Jugend aus ganz Deutschland zu seinem Katheder drängte, und daß seine Lehrmeinungen in der ganzen juristischen Welt als Evangelium galten. Er hätte also, zumal da er sich auch der angenehmsten häuslichen Verhält¬ nisse erfreute und blühende Kinder heranwachsen sah, der glücklichste Mensch sein können, wenn ihn nicht in den stillen Stunden, wo er über seine Laufbahn nach¬ dachte, das törichte Bewußtsein gequält hätte, daß er seine glänzenden Erfolge vielleicht doch nur der kleinen dummen Haselnuß verdanke. Ja, er verhehlte es sich nicht: er, der aufgeklärteste und vorurteilsloseste aller Sterblichen, war in diesem Punkte ein Sklave des jämmerlichsten Aberglaubens. Niemals hatte er es über sich gebracht, gegen irgend jemand seines Talismans Erwähnung zu tun; nicht einmal seine nächsten Angehörigen hatten eine Ahnung davon, daß nach der geheimen Über¬ zeugung ihres Gatten und Vaters all sein Glück auf einer unscheinbaren Nich be¬ ruhte, die er in der rechten obern Westentasche trug. Wenn ihm etwas zum Troste gereichte, so war es die Erwägung, daß er mit seiner kleinen Schwäche nicht allem dastehe, und daß auch die größten Männer der Weltgeschichte, ein Julins Cäsar, ein Wallenstein, ein Napoleon in ähnlichen abergläubischen Vorstellungen befangen gewesen waren. Er lächelte über sich selbst, aber er war nicht stark genug, sich "»s dem Zauberbnnne des kleinen Amuletes freizumachen. Grenzboten II 1907

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 66, 1907, Zweites Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341885_301987/317>, abgerufen am 06.02.2025.