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Die Grenzboten. Jg. 66, 1907, Zweites Vierteljahr.

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Die tvedell-Uscdomsche Beschwerde über den Minister Manteuffel

politischen Klatsches augenblicklich mit dem General von Wedell in Ver¬
bindung und teilte ihm am 18. Juni 1855 aus London mit, auch er sei der festen
Überzeugung, daß eine geheime Gegenwirkung gegen ihre beiderseitige Mission
von Berlin aus stattgefunden habe. "Ich schreibe Ihnen dies Alles, meine
beste Excellenz, weil ich wünsche, daß Sie über die Lage der Dinge völlig
aufgeklärt seyn möchten. Ist dem König noch irgend etwas an der Meinung
der westlichen Höfe gelegen, so wäre es wohl das Erste, daß Er Sich von
der geheimen Gegenwirkung und der betreffenden confidentiellen und privaten
Korrespondenz authentische Kenntniß verschaffte und Alles dahin Bezügliche
Sich vorlegen ließe. Mich düucht, Seine Majestät möchten hiebei auch auf
uns einige Rücksicht nehmen dürfen, die wir, unter der Herrschaft jener
Meinung, als mystifizirende oder mystifizirte Düpen dastehen, ein Charakter,
den wir wohl Beide gleicherweise zurückzuweisen entschlossen sind."

Schon zwei Tage später (20. Juni 1855) reichte der General von Wedell
dem Könige aus Luxemburg einen ausführlichen Bericht über die ihm anver¬
traute Mission nach Paris mit dem Bemerken ein, daß er es der Sache und
seiner Ehre schuldig zu sein glaube, "ohne allen Rückhalt und offen, alles
das zur Alters. Kenntniß zu bringen, was dieser Mission entgegengetreten
und dieselbe, wenn auch nicht zum scheitern gebracht, doch so entgegengewirkt,
daß sie nicht wesentliche Resultate geliefert hat. Dem Bericht unterstehe ich
mich ein Schreiben des Wirkt. Geh. Raths von Usedom beizufügen, worin
derselbe die Bestrebungen, diese Missionen scheitern zu machen, ebenfalls durch¬
schaut. Wenn Eure K. Majestät die Gnade haben wollen, diesen Bericht genau
prüfen zu lassen, so werden Allerhöchstdieselben daraus entnehmen, mit welchen
Schwierigkeiten diese Mission zu kämpfen hatte."

Friedrich Wilhelm der Vierte überwies das Schriftstück, das sich nach Form
und Inhalt als eine förmliche Beschwerde gegen den Minister Manteuffel charak¬
terisierte, diesem zum Bericht. In einer am 3. August dem König überreichten,
26 Seiten langen Rechtfertigungsschrift widerlegte der leitende Minister die
erhobnen Anschuldigungen und schloß sodann: "Eurer Kgl. Majestät Aller¬
höchster Entscheidung unterwerfe ich ehrfurchtsvoll meine vorstehenden aller-
unterthänigster Gegenbemerkungen auf die wider mich erhobenen Anschul¬
digungen. Vielleicht habe ich in der hinter uns liegenden verhängnißvollen
P)ase der orientalischen Verwickelungen nicht immer das Rechte getroffen,
ernst h^M ein Anderer an meiner Stelle andere Resultate erreicht, als
M,gen, ^ denen ich mitzuwirken berufen war. Aber Niemand würde
eynger sich ^strebt haben, den Allerhöchsten Befehlen nachzukommen und
^ Kgl. Majestät werden -- das hoffe ich freudig und zuversichtlich --
MM) gegen Beschuldigungen in Schutz nehmen, welche dieses Bestreben in Frage
zu stellen bestimmt sind."

Ohne Zweifel war schon jetzt der Moment, wo es sich empfohlen hätte,
le Streitsache nicht weiter zu verfolgen und in irgendeiner Form aus der


Die tvedell-Uscdomsche Beschwerde über den Minister Manteuffel

politischen Klatsches augenblicklich mit dem General von Wedell in Ver¬
bindung und teilte ihm am 18. Juni 1855 aus London mit, auch er sei der festen
Überzeugung, daß eine geheime Gegenwirkung gegen ihre beiderseitige Mission
von Berlin aus stattgefunden habe. „Ich schreibe Ihnen dies Alles, meine
beste Excellenz, weil ich wünsche, daß Sie über die Lage der Dinge völlig
aufgeklärt seyn möchten. Ist dem König noch irgend etwas an der Meinung
der westlichen Höfe gelegen, so wäre es wohl das Erste, daß Er Sich von
der geheimen Gegenwirkung und der betreffenden confidentiellen und privaten
Korrespondenz authentische Kenntniß verschaffte und Alles dahin Bezügliche
Sich vorlegen ließe. Mich düucht, Seine Majestät möchten hiebei auch auf
uns einige Rücksicht nehmen dürfen, die wir, unter der Herrschaft jener
Meinung, als mystifizirende oder mystifizirte Düpen dastehen, ein Charakter,
den wir wohl Beide gleicherweise zurückzuweisen entschlossen sind."

Schon zwei Tage später (20. Juni 1855) reichte der General von Wedell
dem Könige aus Luxemburg einen ausführlichen Bericht über die ihm anver¬
traute Mission nach Paris mit dem Bemerken ein, daß er es der Sache und
seiner Ehre schuldig zu sein glaube, „ohne allen Rückhalt und offen, alles
das zur Alters. Kenntniß zu bringen, was dieser Mission entgegengetreten
und dieselbe, wenn auch nicht zum scheitern gebracht, doch so entgegengewirkt,
daß sie nicht wesentliche Resultate geliefert hat. Dem Bericht unterstehe ich
mich ein Schreiben des Wirkt. Geh. Raths von Usedom beizufügen, worin
derselbe die Bestrebungen, diese Missionen scheitern zu machen, ebenfalls durch¬
schaut. Wenn Eure K. Majestät die Gnade haben wollen, diesen Bericht genau
prüfen zu lassen, so werden Allerhöchstdieselben daraus entnehmen, mit welchen
Schwierigkeiten diese Mission zu kämpfen hatte."

Friedrich Wilhelm der Vierte überwies das Schriftstück, das sich nach Form
und Inhalt als eine förmliche Beschwerde gegen den Minister Manteuffel charak¬
terisierte, diesem zum Bericht. In einer am 3. August dem König überreichten,
26 Seiten langen Rechtfertigungsschrift widerlegte der leitende Minister die
erhobnen Anschuldigungen und schloß sodann: „Eurer Kgl. Majestät Aller¬
höchster Entscheidung unterwerfe ich ehrfurchtsvoll meine vorstehenden aller-
unterthänigster Gegenbemerkungen auf die wider mich erhobenen Anschul¬
digungen. Vielleicht habe ich in der hinter uns liegenden verhängnißvollen
P)ase der orientalischen Verwickelungen nicht immer das Rechte getroffen,
ernst h^M ein Anderer an meiner Stelle andere Resultate erreicht, als
M,gen, ^ denen ich mitzuwirken berufen war. Aber Niemand würde
eynger sich ^strebt haben, den Allerhöchsten Befehlen nachzukommen und
^ Kgl. Majestät werden — das hoffe ich freudig und zuversichtlich —
MM) gegen Beschuldigungen in Schutz nehmen, welche dieses Bestreben in Frage
zu stellen bestimmt sind."

Ohne Zweifel war schon jetzt der Moment, wo es sich empfohlen hätte,
le Streitsache nicht weiter zu verfolgen und in irgendeiner Form aus der


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[0127] Die tvedell-Uscdomsche Beschwerde über den Minister Manteuffel politischen Klatsches augenblicklich mit dem General von Wedell in Ver¬ bindung und teilte ihm am 18. Juni 1855 aus London mit, auch er sei der festen Überzeugung, daß eine geheime Gegenwirkung gegen ihre beiderseitige Mission von Berlin aus stattgefunden habe. „Ich schreibe Ihnen dies Alles, meine beste Excellenz, weil ich wünsche, daß Sie über die Lage der Dinge völlig aufgeklärt seyn möchten. Ist dem König noch irgend etwas an der Meinung der westlichen Höfe gelegen, so wäre es wohl das Erste, daß Er Sich von der geheimen Gegenwirkung und der betreffenden confidentiellen und privaten Korrespondenz authentische Kenntniß verschaffte und Alles dahin Bezügliche Sich vorlegen ließe. Mich düucht, Seine Majestät möchten hiebei auch auf uns einige Rücksicht nehmen dürfen, die wir, unter der Herrschaft jener Meinung, als mystifizirende oder mystifizirte Düpen dastehen, ein Charakter, den wir wohl Beide gleicherweise zurückzuweisen entschlossen sind." Schon zwei Tage später (20. Juni 1855) reichte der General von Wedell dem Könige aus Luxemburg einen ausführlichen Bericht über die ihm anver¬ traute Mission nach Paris mit dem Bemerken ein, daß er es der Sache und seiner Ehre schuldig zu sein glaube, „ohne allen Rückhalt und offen, alles das zur Alters. Kenntniß zu bringen, was dieser Mission entgegengetreten und dieselbe, wenn auch nicht zum scheitern gebracht, doch so entgegengewirkt, daß sie nicht wesentliche Resultate geliefert hat. Dem Bericht unterstehe ich mich ein Schreiben des Wirkt. Geh. Raths von Usedom beizufügen, worin derselbe die Bestrebungen, diese Missionen scheitern zu machen, ebenfalls durch¬ schaut. Wenn Eure K. Majestät die Gnade haben wollen, diesen Bericht genau prüfen zu lassen, so werden Allerhöchstdieselben daraus entnehmen, mit welchen Schwierigkeiten diese Mission zu kämpfen hatte." Friedrich Wilhelm der Vierte überwies das Schriftstück, das sich nach Form und Inhalt als eine förmliche Beschwerde gegen den Minister Manteuffel charak¬ terisierte, diesem zum Bericht. In einer am 3. August dem König überreichten, 26 Seiten langen Rechtfertigungsschrift widerlegte der leitende Minister die erhobnen Anschuldigungen und schloß sodann: „Eurer Kgl. Majestät Aller¬ höchster Entscheidung unterwerfe ich ehrfurchtsvoll meine vorstehenden aller- unterthänigster Gegenbemerkungen auf die wider mich erhobenen Anschul¬ digungen. Vielleicht habe ich in der hinter uns liegenden verhängnißvollen P)ase der orientalischen Verwickelungen nicht immer das Rechte getroffen, ernst h^M ein Anderer an meiner Stelle andere Resultate erreicht, als M,gen, ^ denen ich mitzuwirken berufen war. Aber Niemand würde eynger sich ^strebt haben, den Allerhöchsten Befehlen nachzukommen und ^ Kgl. Majestät werden — das hoffe ich freudig und zuversichtlich — MM) gegen Beschuldigungen in Schutz nehmen, welche dieses Bestreben in Frage zu stellen bestimmt sind." Ohne Zweifel war schon jetzt der Moment, wo es sich empfohlen hätte, le Streitsache nicht weiter zu verfolgen und in irgendeiner Form aus der

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 66, 1907, Zweites Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341885_301987/127>, abgerufen am 06.02.2025.