Die Grenzboten. Jg. 66, 1907, Erstes Vierteljahr.Kapitän Storm Ich hab mal dem Herrn Bauinspektor seinen alten Köter ersäuft, da hinten Das vergißt man nicht -- das kriegt man nicht mehr aus dem Kopf, murmelte Sie schwiegen beide eine Weile. Ludwig, rief Brand und schwenkte den Arm in der Luft, Junge, nu aber was Ein lauter, greller Pfiff wie von einer Bootsmannspfeife drang in das Zimmer. Das ist Johann Rufes, sagte Brand erfreut. Den Jungen können wir hier Storm sprang auf und rief: Nicht über die Schwelle kommt mir der Lump! Aber noch ehe er den Satz ausgesprochen hatte, stand Rufes in der Tür des Guten Abend auch, Kaptein Storm von der Angelika. Lange nicht gesehen. Storm schwieg und sah den Gast zornig an. Dem Storm scheints gegen den Kurs zu gehn, sagte Rufes zu Brand, daß Storm ballte die Faust, warf ihm einen finstern Blick zu und sagte drohend: Hast du nicht. So? Nun, wir können auch aus einer andern Tonart mit¬ Rufes ergriff ein Glas und trank es aus. Dann setzte er sich hin, schlug mit Kinder! rief Brand lallend und schwankend, laßt doch eure Zänkereien! Seid Kapitän Storm Ich hab mal dem Herrn Bauinspektor seinen alten Köter ersäuft, da hinten Das vergißt man nicht — das kriegt man nicht mehr aus dem Kopf, murmelte Sie schwiegen beide eine Weile. Ludwig, rief Brand und schwenkte den Arm in der Luft, Junge, nu aber was Ein lauter, greller Pfiff wie von einer Bootsmannspfeife drang in das Zimmer. Das ist Johann Rufes, sagte Brand erfreut. Den Jungen können wir hier Storm sprang auf und rief: Nicht über die Schwelle kommt mir der Lump! Aber noch ehe er den Satz ausgesprochen hatte, stand Rufes in der Tür des Guten Abend auch, Kaptein Storm von der Angelika. Lange nicht gesehen. Storm schwieg und sah den Gast zornig an. Dem Storm scheints gegen den Kurs zu gehn, sagte Rufes zu Brand, daß Storm ballte die Faust, warf ihm einen finstern Blick zu und sagte drohend: Hast du nicht. So? Nun, wir können auch aus einer andern Tonart mit¬ Rufes ergriff ein Glas und trank es aus. Dann setzte er sich hin, schlug mit Kinder! rief Brand lallend und schwankend, laßt doch eure Zänkereien! Seid <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0064" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/301318"/> <fw type="header" place="top"> Kapitän Storm</fw><lb/> <p xml:id="ID_217"> Ich hab mal dem Herrn Bauinspektor seinen alten Köter ersäuft, da hinten<lb/> an der Möwenschanze, aber ich tu so was nicht wieder in meinem Leben. Der<lb/> hat mich mit Augen angesehen, Ludwig, mit Augen, Ludwig, daß ich mir wie ein<lb/> ganz gemeiner Kerl vorkam, wahrhaftigen Gott! Das vergißt man nicht, das kriegt<lb/> man nicht wieder aus dem Kopf, auch wenn es nur eine alte Tete war.</p><lb/> <p xml:id="ID_218"> Das vergißt man nicht — das kriegt man nicht mehr aus dem Kopf, murmelte<lb/> Storm und strich sich mit der Faust über die Stirn.</p><lb/> <p xml:id="ID_219"> Sie schwiegen beide eine Weile.</p><lb/> <p xml:id="ID_220"> Ludwig, rief Brand und schwenkte den Arm in der Luft, Junge, nu aber was<lb/> Lustiges! Laß die schwarzen Gedanken! ein Hansnarr, der aus seinem Kopfe einen<lb/> Kohlenbunker macht. Laß die toten Hunde schwimmen, bis sie wieder lebendig<lb/> werden am jüngsten Tage. Man ist nur einmal jung, oder sind wir schon alt,<lb/> was? Von der Wiege bis zur Bahre sind die schönsten Lebensjahre. Wollen mal<lb/> ein Lied singen, Ludwig, ein feines Lied:</p><lb/> <lg xml:id="POEMID_10" type="poem"> <l/> </lg><lb/> <p xml:id="ID_221"> Ein lauter, greller Pfiff wie von einer Bootsmannspfeife drang in das Zimmer.<lb/> Brand hörte auf zu singen und starrte Storm horchend an. Derselbe scharfe Pfiff<lb/> ertönte noch einmal ganz nahe.</p><lb/> <p xml:id="ID_222"> Das ist Johann Rufes, sagte Brand erfreut. Den Jungen können wir hier<lb/> brauchen, Ludwig, den lassen wir eins mittrinken, der wird uns auf andre Ge¬<lb/> danken bringen. 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Kapitän Storm
Ich hab mal dem Herrn Bauinspektor seinen alten Köter ersäuft, da hinten
an der Möwenschanze, aber ich tu so was nicht wieder in meinem Leben. Der
hat mich mit Augen angesehen, Ludwig, mit Augen, Ludwig, daß ich mir wie ein
ganz gemeiner Kerl vorkam, wahrhaftigen Gott! Das vergißt man nicht, das kriegt
man nicht wieder aus dem Kopf, auch wenn es nur eine alte Tete war.
Das vergißt man nicht — das kriegt man nicht mehr aus dem Kopf, murmelte
Storm und strich sich mit der Faust über die Stirn.
Sie schwiegen beide eine Weile.
Ludwig, rief Brand und schwenkte den Arm in der Luft, Junge, nu aber was
Lustiges! Laß die schwarzen Gedanken! ein Hansnarr, der aus seinem Kopfe einen
Kohlenbunker macht. Laß die toten Hunde schwimmen, bis sie wieder lebendig
werden am jüngsten Tage. Man ist nur einmal jung, oder sind wir schon alt,
was? Von der Wiege bis zur Bahre sind die schönsten Lebensjahre. Wollen mal
ein Lied singen, Ludwig, ein feines Lied:
Ein lauter, greller Pfiff wie von einer Bootsmannspfeife drang in das Zimmer.
Brand hörte auf zu singen und starrte Storm horchend an. Derselbe scharfe Pfiff
ertönte noch einmal ganz nahe.
Das ist Johann Rufes, sagte Brand erfreut. Den Jungen können wir hier
brauchen, Ludwig, den lassen wir eins mittrinken, der wird uns auf andre Ge¬
danken bringen. Ich hol ihn herein.
Storm sprang auf und rief: Nicht über die Schwelle kommt mir der Lump!
Aber noch ehe er den Satz ausgesprochen hatte, stand Rufes in der Tür des
Leuchtturms, ein großer, breitschultriger Mensch mit wüstem, stoppelbärtigem Gesicht.
Er steckte die Hände in die Hosentaschen, warf mit dem Fuß die Tür wieder zu
und sagte lachend:
Guten Abend auch, Kaptein Storm von der Angelika. Lange nicht gesehen.
Warm habt ihrs hier und höllisch gemütlich. Für einen alten Bootsmann ist immer
noch ein Platz und ein Glas übrig. Was, August?
Storm schwieg und sah den Gast zornig an.
Dem Storm scheints gegen den Kurs zu gehn, sagte Rufes zu Brand, daß
ich hierher gerudert bin,- na, der wird schon mit sich reden lassen, ja wohl, das
wird er, paß mal auf — was, Kaptein Storm von der Angelika?
Storm ballte die Faust, warf ihm einen finstern Blick zu und sagte drohend:
Für solche Menschen hab ich keinen Platz und kein Glas!
Hast du nicht. So? Nun, wir können auch aus einer andern Tonart mit¬
einander reden.
Rufes ergriff ein Glas und trank es aus. Dann setzte er sich hin, schlug mit
der flachen Hand auf sein Knie, daß es laut klatschte, und sagte lachend: Ja, wir
können auch anders miteinander reden.
Kinder! rief Brand lallend und schwankend, laßt doch eure Zänkereien! Seid
doch keine Spielverderber! Heut ersäufen wir das alte Jahr, die alte schwarze
Seekuh mit den roten Glotzaugen, und heute fischen wir das neue Jahr heraus,
wißt ihr, die kleine allerliebste Nixe mit dem langen blonden Haar und den blauen
Äuglein und den rosigen Lippen. Da wollen wir doch vergnügt sein, Jungens!
Hier ist noch eine ganze Flasche Rum, das gibt sechs Gläser — da ist für Johann
Rufes noch ein drittes Glas, was wollen wir mehr? Nun lustig, Jungens, lustig!
Heute ist Silvester.
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