Die Grenzboten. Jg. 66, 1907, Erstes Vierteljahr.Luftreisen (420 Kilometer), den eine rein westliche Strömung nach Kutno in Polen ge¬ So waren die Ergebnisse der Wettfahrt im Grunde recht gering, doch trug Die Internationale Wettfahrt hat wieder gelehrt, daß die Wetterlage Luftreisen (420 Kilometer), den eine rein westliche Strömung nach Kutno in Polen ge¬ So waren die Ergebnisse der Wettfahrt im Grunde recht gering, doch trug Die Internationale Wettfahrt hat wieder gelehrt, daß die Wetterlage <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0050" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/301304"/> <fw type="header" place="top"> Luftreisen</fw><lb/> <p xml:id="ID_132" prev="#ID_131"> (420 Kilometer), den eine rein westliche Strömung nach Kutno in Polen ge¬<lb/> trieben hatte; er wurde der zweite Sieger, der dritte unser Freund und<lb/> Schicksalsgefährte „Helios", ein neuer, von Lachambre in Paris gearbeiteter<lb/> Ballon, der erst drei Fahrten gemacht hatte : sein beinahe sechsundzwanzigstündiger<lb/> Flug endete nach seinem Abstecher ins Böhmische bei Ohlau an der Oder.</p><lb/> <p xml:id="ID_133"> So waren die Ergebnisse der Wettfahrt im Grunde recht gering, doch trug<lb/> die Schuld hieran nicht die Ballonführung, sondern die Ungunst der Wetterlage.<lb/> Vom Atlantischen Ozean her erstreckte sich über Frankreich, Süddeutschland und<lb/> Österreich bis weit nach Rußland hinein ein Hochdruckgebiet, das den am<lb/> 14. und 15. Oktober in Mitteldeutschland in den meisten Luftschichten herrschenden<lb/> Nordwest- und Nordwinden und so auch den von ihnen getragnen Ballons ein<lb/> unüberwindliches Hindernis entgegensetzte, wie es ja der „Helmholtz" bei Horitz<lb/> erfahren hatte. Daher wurden sie, von dieser Luftmauer abprallend, teils durch<lb/> wechselnde Winde im Kreise herumgeführt, teils durch Gegenwinde wieder<lb/> mehr nordwärts getrieben. Die voneinander am weitesten entfernten Landungs¬<lb/> orte, Kutno im Nordosten und Planen i. V. im Südwesten, lagen nicht<lb/> weniger als 550 Kilometer auseinander, ein Beweis für die Ungleichheit der<lb/> Luftströmungen zur Zeit der Wettfahrt. Von den siebzehn an der Wettfahrt be¬<lb/> teiligten Ballons waren einer in Rußland, zwei in Brandenburg, drei im<lb/> Königreich Sachsen, fünf in Böhmen und sechs in Schlesien niedergegangen.<lb/> Den südlichsten Punkt, Budweis in Böhmen, erreichte der zweitgrößte Ballon<lb/> „Pommern", doch wurde auch er von einem Gegenwinde wieder nordwärts<lb/> geführt und landete bei Klattau.</p><lb/> <p xml:id="ID_134"> Die Internationale Wettfahrt hat wieder gelehrt, daß die Wetterlage<lb/> der Ballonfahrt Schwierigkeiten in den Weg legen kann, denen auch der er¬<lb/> fahrenste Luftschiffer und Meteorolog noch ratlos gegenüber steht. Erst bei<lb/> fortschreitender Erkenntnis der Gesetzmäßigkeit, die auch in der Verteilung des<lb/> Luftdrucks und der aus ihr abzuleitenden Erscheinungen besteht, wird es möglich<lb/> sein, mit größerer Sicherheit auf eine bestimmte Fahrtrichtung zu rechnen. Aber<lb/> noch ein zweites, eine erfreuliche, längst festgestellte und doch immer wieder<lb/> bestrittene Tatsache, haben die Berliner Ballonfahrten im Verein mit der Gordon-<lb/> Bennet-Wettfcchrt aufs neue bewiesen, die verhältnismäßig geringe Gefahr, die<lb/> bei der heutigen vervollkommneten und dabei so einfachen Technik mit der Luft¬<lb/> schiffahrt verbunden ist. Bei den im ganzen siebenunddreißig Ballonfahrten ist<lb/> auch nicht ein Teilnehmer zu Schaden gekommen. Die zwei Unfälle, ein tödlicher<lb/> und ein glücklicherweise gut verlaufner, die sich am 10. Oktober, dein Tage der<lb/> Ballonverfolgung ereigneten, wurden nicht durch Luftballons, sondern durch<lb/> Automobile veranlaßt.</p><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0050]
Luftreisen
(420 Kilometer), den eine rein westliche Strömung nach Kutno in Polen ge¬
trieben hatte; er wurde der zweite Sieger, der dritte unser Freund und
Schicksalsgefährte „Helios", ein neuer, von Lachambre in Paris gearbeiteter
Ballon, der erst drei Fahrten gemacht hatte : sein beinahe sechsundzwanzigstündiger
Flug endete nach seinem Abstecher ins Böhmische bei Ohlau an der Oder.
So waren die Ergebnisse der Wettfahrt im Grunde recht gering, doch trug
die Schuld hieran nicht die Ballonführung, sondern die Ungunst der Wetterlage.
Vom Atlantischen Ozean her erstreckte sich über Frankreich, Süddeutschland und
Österreich bis weit nach Rußland hinein ein Hochdruckgebiet, das den am
14. und 15. Oktober in Mitteldeutschland in den meisten Luftschichten herrschenden
Nordwest- und Nordwinden und so auch den von ihnen getragnen Ballons ein
unüberwindliches Hindernis entgegensetzte, wie es ja der „Helmholtz" bei Horitz
erfahren hatte. Daher wurden sie, von dieser Luftmauer abprallend, teils durch
wechselnde Winde im Kreise herumgeführt, teils durch Gegenwinde wieder
mehr nordwärts getrieben. Die voneinander am weitesten entfernten Landungs¬
orte, Kutno im Nordosten und Planen i. V. im Südwesten, lagen nicht
weniger als 550 Kilometer auseinander, ein Beweis für die Ungleichheit der
Luftströmungen zur Zeit der Wettfahrt. Von den siebzehn an der Wettfahrt be¬
teiligten Ballons waren einer in Rußland, zwei in Brandenburg, drei im
Königreich Sachsen, fünf in Böhmen und sechs in Schlesien niedergegangen.
Den südlichsten Punkt, Budweis in Böhmen, erreichte der zweitgrößte Ballon
„Pommern", doch wurde auch er von einem Gegenwinde wieder nordwärts
geführt und landete bei Klattau.
Die Internationale Wettfahrt hat wieder gelehrt, daß die Wetterlage
der Ballonfahrt Schwierigkeiten in den Weg legen kann, denen auch der er¬
fahrenste Luftschiffer und Meteorolog noch ratlos gegenüber steht. Erst bei
fortschreitender Erkenntnis der Gesetzmäßigkeit, die auch in der Verteilung des
Luftdrucks und der aus ihr abzuleitenden Erscheinungen besteht, wird es möglich
sein, mit größerer Sicherheit auf eine bestimmte Fahrtrichtung zu rechnen. Aber
noch ein zweites, eine erfreuliche, längst festgestellte und doch immer wieder
bestrittene Tatsache, haben die Berliner Ballonfahrten im Verein mit der Gordon-
Bennet-Wettfcchrt aufs neue bewiesen, die verhältnismäßig geringe Gefahr, die
bei der heutigen vervollkommneten und dabei so einfachen Technik mit der Luft¬
schiffahrt verbunden ist. Bei den im ganzen siebenunddreißig Ballonfahrten ist
auch nicht ein Teilnehmer zu Schaden gekommen. Die zwei Unfälle, ein tödlicher
und ein glücklicherweise gut verlaufner, die sich am 10. Oktober, dein Tage der
Ballonverfolgung ereigneten, wurden nicht durch Luftballons, sondern durch
Automobile veranlaßt.
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