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Die Grenzboten. Jg. 66, 1907, Erstes Vierteljahr.

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Fünfzig Jahre deutscher Schiffahrt

auf dein Jaugtse dehnte diesen Einfluß noch weiter bis in das Herz von
China aus. Als Beispiele für die weitgehende Wirkung der Gründung der
Neichspostdampferlinien seien die Tatsachen erwähnt, daß der deutsche Dampfer¬
verkehr in den asiatischen und den australischen Hafen, der vor dem Jahre 1885
ganz unbedeutend war, heute an der zweiten Stelle, unmittelbar hinter dem
englischen steht, und daß die Zahl der in China ansässigen deutschen Firmen
von 57 im Jahre 1885 auf 145 im Jahre 1902 angewachsen ist. Sogar der
Umstand, daß die Neichspostdampfer auch eine bedeutende Menge außerdeutscher
Güter befördern, ist dem deutschen Interesse nnr förderlich, "denn damit werden
internationale Anknüpfungspunkte geschaffen, die nicht nur handelspolitisch für
die Entwicklung des deutschen Überseehandels von hohem Werte sich erwiesen,
sondern die auch allgemeinpolitisch durch die Verknüpfung der Interessen der
Nationen untereinander für den Weltfrieden sich unzweifelhaft nützlich erweisen
mußten". Dieselbe Wirkung muß natürlich auch dem Umstände zugeschrieben
werden, daß die deutschen Reichspostdampfer, auch was den Personenverkehr
betrifft, von einem bedeutenden Prozentsatz von nichtdeutschen, vor allem von
Engländern, benützt werden.

Bei der Wirkung der Neichspostdampferlinien auf den deutschen Handel
und die deutsche Industrie muß besonders auch uoch die gewaltige Förderung
der deutschen Schiffsbauindustrie genannt werden. Daß die Leistungen der
deutschen Werften heutzutage auf solcher Höhe stehn, daß sie von keiner fremden
übertroffen, von den meisten aber überhaupt nicht erreicht werden, muß, außer
unsrer Kriegsmarine, vor allem dem Norddeutschen Lloyd zugeschrieben werden,
der ihnen seit 1885 immer größere und wichtigere Aufträge zugewiesen hat.
Den Anstoß dazu gab allerdings die Bestimmung des Neichspostdamvferver-
tmgs, daß die Neichspostdampfer nur auf deutschen Werften und mit deutschem
Material gebaut werden dürften. Aber die Art und Weise der Anwendung
sowie die Ausdehnung dieses Grundsatzes auch für den Bau der übrigen
Dampferflotte ist ein nicht hoch genug zu schätzendes patriotisches Verdienst
des Lloyd, speziell von dessen jetziger Leitung. In den letzten acht Jahren hat
der Lloyd kein einziges seiner zahlreichen neuen Schiffe auf ausländischen
Werften erbauen lassen, sodaß gegenwärtig weit über 80 Prozent seiner Gesamt¬
flotte, darunter vor allem die Niesenschnelldampfer deutschen Ursprungs sind.
Seit 1892 haben die deutscheu Werften vom Lloyd über 260 Millionen Mark
Bauauftrüge erhalten. Der Stettiner Vulkan allein bekam in den einund¬
zwanzig Jahren, seitdem er den ersten Neichspostdampfer zu bauen hatte,
125700000 Mark vom Lloyd überwiesen.

Auch die Absicht der Regierung, durch Schaffung von Reichspostdampftr-
linien die militärischen Interessen des Reiches zu fördern, ist aufs beste in Er¬
füllung gegangen, wie es sich in besonders glänzender Weise bei den Truppen-
bcfördernngen'anläßlich des Chinafeldzngs gezeigt hat. Für speMe Knegs-
zwecke stehn zurzeit etwa 23 Lloyddampfer, von denen 13 als Hilfskreuzer,


Fünfzig Jahre deutscher Schiffahrt

auf dein Jaugtse dehnte diesen Einfluß noch weiter bis in das Herz von
China aus. Als Beispiele für die weitgehende Wirkung der Gründung der
Neichspostdampferlinien seien die Tatsachen erwähnt, daß der deutsche Dampfer¬
verkehr in den asiatischen und den australischen Hafen, der vor dem Jahre 1885
ganz unbedeutend war, heute an der zweiten Stelle, unmittelbar hinter dem
englischen steht, und daß die Zahl der in China ansässigen deutschen Firmen
von 57 im Jahre 1885 auf 145 im Jahre 1902 angewachsen ist. Sogar der
Umstand, daß die Neichspostdampfer auch eine bedeutende Menge außerdeutscher
Güter befördern, ist dem deutschen Interesse nnr förderlich, „denn damit werden
internationale Anknüpfungspunkte geschaffen, die nicht nur handelspolitisch für
die Entwicklung des deutschen Überseehandels von hohem Werte sich erwiesen,
sondern die auch allgemeinpolitisch durch die Verknüpfung der Interessen der
Nationen untereinander für den Weltfrieden sich unzweifelhaft nützlich erweisen
mußten". Dieselbe Wirkung muß natürlich auch dem Umstände zugeschrieben
werden, daß die deutschen Reichspostdampfer, auch was den Personenverkehr
betrifft, von einem bedeutenden Prozentsatz von nichtdeutschen, vor allem von
Engländern, benützt werden.

Bei der Wirkung der Neichspostdampferlinien auf den deutschen Handel
und die deutsche Industrie muß besonders auch uoch die gewaltige Förderung
der deutschen Schiffsbauindustrie genannt werden. Daß die Leistungen der
deutschen Werften heutzutage auf solcher Höhe stehn, daß sie von keiner fremden
übertroffen, von den meisten aber überhaupt nicht erreicht werden, muß, außer
unsrer Kriegsmarine, vor allem dem Norddeutschen Lloyd zugeschrieben werden,
der ihnen seit 1885 immer größere und wichtigere Aufträge zugewiesen hat.
Den Anstoß dazu gab allerdings die Bestimmung des Neichspostdamvferver-
tmgs, daß die Neichspostdampfer nur auf deutschen Werften und mit deutschem
Material gebaut werden dürften. Aber die Art und Weise der Anwendung
sowie die Ausdehnung dieses Grundsatzes auch für den Bau der übrigen
Dampferflotte ist ein nicht hoch genug zu schätzendes patriotisches Verdienst
des Lloyd, speziell von dessen jetziger Leitung. In den letzten acht Jahren hat
der Lloyd kein einziges seiner zahlreichen neuen Schiffe auf ausländischen
Werften erbauen lassen, sodaß gegenwärtig weit über 80 Prozent seiner Gesamt¬
flotte, darunter vor allem die Niesenschnelldampfer deutschen Ursprungs sind.
Seit 1892 haben die deutscheu Werften vom Lloyd über 260 Millionen Mark
Bauauftrüge erhalten. Der Stettiner Vulkan allein bekam in den einund¬
zwanzig Jahren, seitdem er den ersten Neichspostdampfer zu bauen hatte,
125700000 Mark vom Lloyd überwiesen.

Auch die Absicht der Regierung, durch Schaffung von Reichspostdampftr-
linien die militärischen Interessen des Reiches zu fördern, ist aufs beste in Er¬
füllung gegangen, wie es sich in besonders glänzender Weise bei den Truppen-
bcfördernngen'anläßlich des Chinafeldzngs gezeigt hat. Für speMe Knegs-
zwecke stehn zurzeit etwa 23 Lloyddampfer, von denen 13 als Hilfskreuzer,


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[0407] Fünfzig Jahre deutscher Schiffahrt auf dein Jaugtse dehnte diesen Einfluß noch weiter bis in das Herz von China aus. Als Beispiele für die weitgehende Wirkung der Gründung der Neichspostdampferlinien seien die Tatsachen erwähnt, daß der deutsche Dampfer¬ verkehr in den asiatischen und den australischen Hafen, der vor dem Jahre 1885 ganz unbedeutend war, heute an der zweiten Stelle, unmittelbar hinter dem englischen steht, und daß die Zahl der in China ansässigen deutschen Firmen von 57 im Jahre 1885 auf 145 im Jahre 1902 angewachsen ist. Sogar der Umstand, daß die Neichspostdampfer auch eine bedeutende Menge außerdeutscher Güter befördern, ist dem deutschen Interesse nnr förderlich, „denn damit werden internationale Anknüpfungspunkte geschaffen, die nicht nur handelspolitisch für die Entwicklung des deutschen Überseehandels von hohem Werte sich erwiesen, sondern die auch allgemeinpolitisch durch die Verknüpfung der Interessen der Nationen untereinander für den Weltfrieden sich unzweifelhaft nützlich erweisen mußten". Dieselbe Wirkung muß natürlich auch dem Umstände zugeschrieben werden, daß die deutschen Reichspostdampfer, auch was den Personenverkehr betrifft, von einem bedeutenden Prozentsatz von nichtdeutschen, vor allem von Engländern, benützt werden. Bei der Wirkung der Neichspostdampferlinien auf den deutschen Handel und die deutsche Industrie muß besonders auch uoch die gewaltige Förderung der deutschen Schiffsbauindustrie genannt werden. Daß die Leistungen der deutschen Werften heutzutage auf solcher Höhe stehn, daß sie von keiner fremden übertroffen, von den meisten aber überhaupt nicht erreicht werden, muß, außer unsrer Kriegsmarine, vor allem dem Norddeutschen Lloyd zugeschrieben werden, der ihnen seit 1885 immer größere und wichtigere Aufträge zugewiesen hat. Den Anstoß dazu gab allerdings die Bestimmung des Neichspostdamvferver- tmgs, daß die Neichspostdampfer nur auf deutschen Werften und mit deutschem Material gebaut werden dürften. Aber die Art und Weise der Anwendung sowie die Ausdehnung dieses Grundsatzes auch für den Bau der übrigen Dampferflotte ist ein nicht hoch genug zu schätzendes patriotisches Verdienst des Lloyd, speziell von dessen jetziger Leitung. In den letzten acht Jahren hat der Lloyd kein einziges seiner zahlreichen neuen Schiffe auf ausländischen Werften erbauen lassen, sodaß gegenwärtig weit über 80 Prozent seiner Gesamt¬ flotte, darunter vor allem die Niesenschnelldampfer deutschen Ursprungs sind. Seit 1892 haben die deutscheu Werften vom Lloyd über 260 Millionen Mark Bauauftrüge erhalten. Der Stettiner Vulkan allein bekam in den einund¬ zwanzig Jahren, seitdem er den ersten Neichspostdampfer zu bauen hatte, 125700000 Mark vom Lloyd überwiesen. Auch die Absicht der Regierung, durch Schaffung von Reichspostdampftr- linien die militärischen Interessen des Reiches zu fördern, ist aufs beste in Er¬ füllung gegangen, wie es sich in besonders glänzender Weise bei den Truppen- bcfördernngen'anläßlich des Chinafeldzngs gezeigt hat. Für speMe Knegs- zwecke stehn zurzeit etwa 23 Lloyddampfer, von denen 13 als Hilfskreuzer,

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 66, 1907, Erstes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341885_301253/407>, abgerufen am 04.07.2024.