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Die Grenzboten. Jg. 66, 1907, Erstes Vierteljahr.

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weichen. Er soll in der Nähe von Pest, einer andern Nachricht zufolge in
Naal> gestorben sein.

Sein Mitschuldiger, der Knrat Schmidt, hatte das Bestreben, in Öster-
reichisch-Schlesien eine Pfarrerstelle zu erhalten; seine Anstellung wurde jedoch
durch den Fürstbischof Schaffgotsch abgelehnt. Im Wiener Staatsarchiv ist
eine Eingabe des Staatskanzlers vom 21. März 1763, die die Randbemerkung
von Maria Theresias eigner Hand trägt: "Meyer wird vor das Weib (ge¬
meint ist die Überbringerin des Briefes an Dreskowich, Katharina Schusser
oder Schuster. Vgl. Jcmko, Laudous Leben S. 314) und den Pfarrer sorgen."

Wallis, dessen Person nie aufgeklärt worden ist, wurde trotz dem mi߬
lungnen Anschlag als ein tüchtiger Parteigänger von Laudvn dem Wohlwollen
der Kaiserin empfohlen.

Die Baronin Wartvtsch, die schon nach dem ersten Verhör in Freiheit
gesetzt worden war, gab sich während des Prozesses in Breslau vergebliche
Mühe, für ihren Gatten ans alle Weise zu wirken, obwohl er es nicht um
sie verdient hatte. Auch ließ sie später für ihn dreißig Seelenmessen lesen.
Sie soll sich frommen Bußübungen hingegeben haben, und nachdem sie ihr
Vermögen deu Familienangehörigen und ihren Dienstboten vermacht hatte, im
Jahre 1739 in Raab gestorben sein.

Knippel erhielt später als königlichen Gnadenbewcis eine Hegemeisterstellc
bei Germendorf in der Nähe von Oranienburg, wo er noch länger als dreißig
Jahre gelebt haben soll. Der König soll kurz nach dem Schlüsse der Ver¬
handlungen zu ihm gesagt haben: Lasse Er sich nicht von den Österreichern
fassen, sonst wird Er in Öl gesotten. Übrigens sah der König ihn selten.
Doch als seine Amtswohnung im Jahre 1779 oder 1781 abbrannte, bekam
Kappel zum Wiederaufbau und als Entschädigung vom König 3900 Taler.
Auch der Jägerbursche Johann Bvhmelt erfuhr die Gnade des Königs; er
erhielt eine Anstellung im Forstwesen bei Bromberg.

Der protestantische Pfarrer Benjamin Gerlach bekam eine einträgliche
Pfarre zu Tschepplowitz und Großneudorf bei Vrieg.

Über den Rittmeister von Rabenau wird berichtet, er habe sich nach der
Entdeckung der Flucht des Warkotsch in Verzweiflung den Degen in den Leib
rennen wollen, sei aber daran durch die Baronin gehindert worden. Er wurde
vor ein Kriegsgericht gestellt, aber da er sonst ein tüchtiger Offizier war, nur
mit Arrest und Verweis bestraft. Der König soll zu ihm gesagt haben: Er
ist ein dummer Teufel! Mit dem Majorscharakter und einer Pension von
dreihundert Talern nahm Rabenau seinen Abschied und starb 1784 auf seinem
Gute Tschertschendorf (Schenkendorf?) bei Grünberg.




Aömg Friedrich der Große und der ZZaron U)ar?otsch

weichen. Er soll in der Nähe von Pest, einer andern Nachricht zufolge in
Naal> gestorben sein.

Sein Mitschuldiger, der Knrat Schmidt, hatte das Bestreben, in Öster-
reichisch-Schlesien eine Pfarrerstelle zu erhalten; seine Anstellung wurde jedoch
durch den Fürstbischof Schaffgotsch abgelehnt. Im Wiener Staatsarchiv ist
eine Eingabe des Staatskanzlers vom 21. März 1763, die die Randbemerkung
von Maria Theresias eigner Hand trägt: „Meyer wird vor das Weib (ge¬
meint ist die Überbringerin des Briefes an Dreskowich, Katharina Schusser
oder Schuster. Vgl. Jcmko, Laudous Leben S. 314) und den Pfarrer sorgen."

Wallis, dessen Person nie aufgeklärt worden ist, wurde trotz dem mi߬
lungnen Anschlag als ein tüchtiger Parteigänger von Laudvn dem Wohlwollen
der Kaiserin empfohlen.

Die Baronin Wartvtsch, die schon nach dem ersten Verhör in Freiheit
gesetzt worden war, gab sich während des Prozesses in Breslau vergebliche
Mühe, für ihren Gatten ans alle Weise zu wirken, obwohl er es nicht um
sie verdient hatte. Auch ließ sie später für ihn dreißig Seelenmessen lesen.
Sie soll sich frommen Bußübungen hingegeben haben, und nachdem sie ihr
Vermögen deu Familienangehörigen und ihren Dienstboten vermacht hatte, im
Jahre 1739 in Raab gestorben sein.

Knippel erhielt später als königlichen Gnadenbewcis eine Hegemeisterstellc
bei Germendorf in der Nähe von Oranienburg, wo er noch länger als dreißig
Jahre gelebt haben soll. Der König soll kurz nach dem Schlüsse der Ver¬
handlungen zu ihm gesagt haben: Lasse Er sich nicht von den Österreichern
fassen, sonst wird Er in Öl gesotten. Übrigens sah der König ihn selten.
Doch als seine Amtswohnung im Jahre 1779 oder 1781 abbrannte, bekam
Kappel zum Wiederaufbau und als Entschädigung vom König 3900 Taler.
Auch der Jägerbursche Johann Bvhmelt erfuhr die Gnade des Königs; er
erhielt eine Anstellung im Forstwesen bei Bromberg.

Der protestantische Pfarrer Benjamin Gerlach bekam eine einträgliche
Pfarre zu Tschepplowitz und Großneudorf bei Vrieg.

Über den Rittmeister von Rabenau wird berichtet, er habe sich nach der
Entdeckung der Flucht des Warkotsch in Verzweiflung den Degen in den Leib
rennen wollen, sei aber daran durch die Baronin gehindert worden. Er wurde
vor ein Kriegsgericht gestellt, aber da er sonst ein tüchtiger Offizier war, nur
mit Arrest und Verweis bestraft. Der König soll zu ihm gesagt haben: Er
ist ein dummer Teufel! Mit dem Majorscharakter und einer Pension von
dreihundert Talern nahm Rabenau seinen Abschied und starb 1784 auf seinem
Gute Tschertschendorf (Schenkendorf?) bei Grünberg.




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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 66, 1907, Erstes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341885_301253/201>, abgerufen am 26.07.2024.