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Die Grenzboten. Jg. 65, 1906, Viertes Vierteljahr.

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Die Sperlinge auf dem Naschmarkt

Ehe der Morgen anbricht, müssen wir die Stcidt verlassen. In einem fernen Lande,
wo uns niemand kennt, wollen wir uns eine neue Heimat suchen.

Da er wieder keine Antwort erhielt, trat er in die Bude und tastete umher, bis er
die Gesuchte fand. Er ergriff ihre Hand und zog sie hinaus in den Mondschein.

Was? schrie er, als er das alte Weiblein vor sich sah, das sich vor Schmerz
und Scham wand und krümmte. Wie kommt Sie hier in Mamsell Bunicks Bude,
Madame? Sie hat sich hier wohl eingeschlichen, um das Geld für ein Nachtquartier
zu sparen? Konnte Sie nicht eher den Mund auftun? Mußte Sie durchaus Reden
anhören, die gar nicht an Sie gerichtet waren?

Ach, Zinngräber, stammelte die Alte, ich bins ja, ich bin gewiß und wahrhaftig
Eure Christine, Sehe ich denn so schrecklich aus, daß Ihr mich nicht wieder erkennt?

Er faßte das wimmernde Geschöpf bei den Schultern und drehte es so, daß
ihm das volle Mondlicht in das welke Antlitz fiel.

Bei Gott! stieß er hervor, das sind Christiuens Augen! Aber nur ein matter
Abglanz von dem, was sie einst waren! Dann brach er in ein wildes Gelächter
aus und schob die gebrechliche Gestalt weit von sich.

So so! Also auf diese Manier hat man seine Übereilung wieder gut zu machen
versucht, nachdem mau dahinter gekommen war, daß der alte reiche Zinngräber, der
ja bald um die Ecke gehen muß, im Grunde keine so schlechte Partie sei. Man hat
also doch in dem bewußten Kasten herumgekramt und sich nicht gescheut, wie eine
Elster zu stehlen. Seine Stimme klang scharf und höhnisch.

Ach Zinngräber, liebster Zinngräber, verzeiht mir! Seht, ich kath ja nur, weil
ich mich so darüber ärgerte, daß wir so gar nicht zueinander paßten. Ihr liebtet
mich, und Ihr liebt mich ja auch noch --

Ganz recht, Mamsell Bunick, ganz recht. Ja ja, ich liebte dich -- mehr als
mein eignes Leben! --, und ich liebe dich auch noch, wenn ich die Augen schließe
und mir recht lebhaft vorstelle, wie du bisher auffasst. Aber daß ich dich nun
heiraten soll, das kannst du nicht von mir verlangen. Ich ein frischer junger Kerl,
und du ein Weibsbild wie eine verdorrte Zaunrübe -- was würden die Leute
sagen! Nein mein, wir passen jetzt ebenso wenig zu einander wie früher!

Quält mich nicht länger, Ztnngräber, stöhnte sie. Ich weiß, Ihr könnt mich
wieder jung machen, wenn Ihr nur wollt, Ihr habt ja das Elixier Ur. 36; es war
das Mschchen, das ich in Eurer Kammer auf dem Wandbrett gesehen habe. Tut
mir den einzigen Gefallen und macht mich wieder jung!

Das ist leichter gesagt als getan, meine Liebe, antwortete er kühl. Das Elixier, das
dir wieder zu deiner Jugend verhelfen könnte, habe ich vor einer halben Stunde bis
auf den letzten Tropfen verbraucht. Und daß ich das Mschchen wie meinen Augapfel
hütete, das hatte seinen Grund darin, daß ich die Wurzel, daraus mein Großvater die
Essenz bereitete, seit vielen Jahren nicht mehr gefunden habe. Das Kräutlein muß im
Erzgebirge ausgerottet worden sein. Ich habe jedoch von meinem Vater sagen hören,
daß es in einem einsamen Tal der Hohen Tatra häufiger vorkäme. Möglich, daß ich
dort noch ein paar Wurzeln auftreibe. Jedenfalls werde ich sehen, was sich tun läßt.

Und ich soll warten, bis Ihr wieder kommt? Soll wochenlang in diesem
entsetzlichen Zustande bleiben?

Es wird dir wohl nichts andres übrig bleiben, mein Herzchen. Du wirst dich
gedulden müssen -- nicht nur wochenlang, sondern ein paar Monate oder Jahre,
vielleicht sogar ein paar Jahrzehnte. Und damit du mich nicht vergißt, will ich dir
meinen ganzen Olitätenkram dalassen samt dem Kasten, in den, du ja schon Bescheid
weißt. Du magst das Geschäft auf deine eigne Rechnung weiterführen. Hier hast
du die Schlüssel, lebe wohl, und laß dir die Zeit nicht lang werden!


Grenzboten IV 1906 94
Die Sperlinge auf dem Naschmarkt

Ehe der Morgen anbricht, müssen wir die Stcidt verlassen. In einem fernen Lande,
wo uns niemand kennt, wollen wir uns eine neue Heimat suchen.

Da er wieder keine Antwort erhielt, trat er in die Bude und tastete umher, bis er
die Gesuchte fand. Er ergriff ihre Hand und zog sie hinaus in den Mondschein.

Was? schrie er, als er das alte Weiblein vor sich sah, das sich vor Schmerz
und Scham wand und krümmte. Wie kommt Sie hier in Mamsell Bunicks Bude,
Madame? Sie hat sich hier wohl eingeschlichen, um das Geld für ein Nachtquartier
zu sparen? Konnte Sie nicht eher den Mund auftun? Mußte Sie durchaus Reden
anhören, die gar nicht an Sie gerichtet waren?

Ach, Zinngräber, stammelte die Alte, ich bins ja, ich bin gewiß und wahrhaftig
Eure Christine, Sehe ich denn so schrecklich aus, daß Ihr mich nicht wieder erkennt?

Er faßte das wimmernde Geschöpf bei den Schultern und drehte es so, daß
ihm das volle Mondlicht in das welke Antlitz fiel.

Bei Gott! stieß er hervor, das sind Christiuens Augen! Aber nur ein matter
Abglanz von dem, was sie einst waren! Dann brach er in ein wildes Gelächter
aus und schob die gebrechliche Gestalt weit von sich.

So so! Also auf diese Manier hat man seine Übereilung wieder gut zu machen
versucht, nachdem mau dahinter gekommen war, daß der alte reiche Zinngräber, der
ja bald um die Ecke gehen muß, im Grunde keine so schlechte Partie sei. Man hat
also doch in dem bewußten Kasten herumgekramt und sich nicht gescheut, wie eine
Elster zu stehlen. Seine Stimme klang scharf und höhnisch.

Ach Zinngräber, liebster Zinngräber, verzeiht mir! Seht, ich kath ja nur, weil
ich mich so darüber ärgerte, daß wir so gar nicht zueinander paßten. Ihr liebtet
mich, und Ihr liebt mich ja auch noch —

Ganz recht, Mamsell Bunick, ganz recht. Ja ja, ich liebte dich — mehr als
mein eignes Leben! —, und ich liebe dich auch noch, wenn ich die Augen schließe
und mir recht lebhaft vorstelle, wie du bisher auffasst. Aber daß ich dich nun
heiraten soll, das kannst du nicht von mir verlangen. Ich ein frischer junger Kerl,
und du ein Weibsbild wie eine verdorrte Zaunrübe — was würden die Leute
sagen! Nein mein, wir passen jetzt ebenso wenig zu einander wie früher!

Quält mich nicht länger, Ztnngräber, stöhnte sie. Ich weiß, Ihr könnt mich
wieder jung machen, wenn Ihr nur wollt, Ihr habt ja das Elixier Ur. 36; es war
das Mschchen, das ich in Eurer Kammer auf dem Wandbrett gesehen habe. Tut
mir den einzigen Gefallen und macht mich wieder jung!

Das ist leichter gesagt als getan, meine Liebe, antwortete er kühl. Das Elixier, das
dir wieder zu deiner Jugend verhelfen könnte, habe ich vor einer halben Stunde bis
auf den letzten Tropfen verbraucht. Und daß ich das Mschchen wie meinen Augapfel
hütete, das hatte seinen Grund darin, daß ich die Wurzel, daraus mein Großvater die
Essenz bereitete, seit vielen Jahren nicht mehr gefunden habe. Das Kräutlein muß im
Erzgebirge ausgerottet worden sein. Ich habe jedoch von meinem Vater sagen hören,
daß es in einem einsamen Tal der Hohen Tatra häufiger vorkäme. Möglich, daß ich
dort noch ein paar Wurzeln auftreibe. Jedenfalls werde ich sehen, was sich tun läßt.

Und ich soll warten, bis Ihr wieder kommt? Soll wochenlang in diesem
entsetzlichen Zustande bleiben?

Es wird dir wohl nichts andres übrig bleiben, mein Herzchen. Du wirst dich
gedulden müssen — nicht nur wochenlang, sondern ein paar Monate oder Jahre,
vielleicht sogar ein paar Jahrzehnte. Und damit du mich nicht vergißt, will ich dir
meinen ganzen Olitätenkram dalassen samt dem Kasten, in den, du ja schon Bescheid
weißt. Du magst das Geschäft auf deine eigne Rechnung weiterführen. Hier hast
du die Schlüssel, lebe wohl, und laß dir die Zeit nicht lang werden!


Grenzboten IV 1906 94
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[0737] Die Sperlinge auf dem Naschmarkt Ehe der Morgen anbricht, müssen wir die Stcidt verlassen. In einem fernen Lande, wo uns niemand kennt, wollen wir uns eine neue Heimat suchen. Da er wieder keine Antwort erhielt, trat er in die Bude und tastete umher, bis er die Gesuchte fand. Er ergriff ihre Hand und zog sie hinaus in den Mondschein. Was? schrie er, als er das alte Weiblein vor sich sah, das sich vor Schmerz und Scham wand und krümmte. Wie kommt Sie hier in Mamsell Bunicks Bude, Madame? Sie hat sich hier wohl eingeschlichen, um das Geld für ein Nachtquartier zu sparen? Konnte Sie nicht eher den Mund auftun? Mußte Sie durchaus Reden anhören, die gar nicht an Sie gerichtet waren? Ach, Zinngräber, stammelte die Alte, ich bins ja, ich bin gewiß und wahrhaftig Eure Christine, Sehe ich denn so schrecklich aus, daß Ihr mich nicht wieder erkennt? Er faßte das wimmernde Geschöpf bei den Schultern und drehte es so, daß ihm das volle Mondlicht in das welke Antlitz fiel. Bei Gott! stieß er hervor, das sind Christiuens Augen! Aber nur ein matter Abglanz von dem, was sie einst waren! Dann brach er in ein wildes Gelächter aus und schob die gebrechliche Gestalt weit von sich. So so! Also auf diese Manier hat man seine Übereilung wieder gut zu machen versucht, nachdem mau dahinter gekommen war, daß der alte reiche Zinngräber, der ja bald um die Ecke gehen muß, im Grunde keine so schlechte Partie sei. Man hat also doch in dem bewußten Kasten herumgekramt und sich nicht gescheut, wie eine Elster zu stehlen. Seine Stimme klang scharf und höhnisch. Ach Zinngräber, liebster Zinngräber, verzeiht mir! Seht, ich kath ja nur, weil ich mich so darüber ärgerte, daß wir so gar nicht zueinander paßten. Ihr liebtet mich, und Ihr liebt mich ja auch noch — Ganz recht, Mamsell Bunick, ganz recht. Ja ja, ich liebte dich — mehr als mein eignes Leben! —, und ich liebe dich auch noch, wenn ich die Augen schließe und mir recht lebhaft vorstelle, wie du bisher auffasst. Aber daß ich dich nun heiraten soll, das kannst du nicht von mir verlangen. Ich ein frischer junger Kerl, und du ein Weibsbild wie eine verdorrte Zaunrübe — was würden die Leute sagen! Nein mein, wir passen jetzt ebenso wenig zu einander wie früher! Quält mich nicht länger, Ztnngräber, stöhnte sie. Ich weiß, Ihr könnt mich wieder jung machen, wenn Ihr nur wollt, Ihr habt ja das Elixier Ur. 36; es war das Mschchen, das ich in Eurer Kammer auf dem Wandbrett gesehen habe. Tut mir den einzigen Gefallen und macht mich wieder jung! Das ist leichter gesagt als getan, meine Liebe, antwortete er kühl. Das Elixier, das dir wieder zu deiner Jugend verhelfen könnte, habe ich vor einer halben Stunde bis auf den letzten Tropfen verbraucht. Und daß ich das Mschchen wie meinen Augapfel hütete, das hatte seinen Grund darin, daß ich die Wurzel, daraus mein Großvater die Essenz bereitete, seit vielen Jahren nicht mehr gefunden habe. Das Kräutlein muß im Erzgebirge ausgerottet worden sein. Ich habe jedoch von meinem Vater sagen hören, daß es in einem einsamen Tal der Hohen Tatra häufiger vorkäme. Möglich, daß ich dort noch ein paar Wurzeln auftreibe. Jedenfalls werde ich sehen, was sich tun läßt. Und ich soll warten, bis Ihr wieder kommt? Soll wochenlang in diesem entsetzlichen Zustande bleiben? Es wird dir wohl nichts andres übrig bleiben, mein Herzchen. Du wirst dich gedulden müssen — nicht nur wochenlang, sondern ein paar Monate oder Jahre, vielleicht sogar ein paar Jahrzehnte. Und damit du mich nicht vergißt, will ich dir meinen ganzen Olitätenkram dalassen samt dem Kasten, in den, du ja schon Bescheid weißt. Du magst das Geschäft auf deine eigne Rechnung weiterführen. Hier hast du die Schlüssel, lebe wohl, und laß dir die Zeit nicht lang werden! Grenzboten IV 1906 94

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 65, 1906, Viertes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341883_300500/737>, abgerufen am 23.07.2024.