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Die Grenzboten. Jg. 65, 1906, Viertes Vierteljahr.

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Maßgebliches und Unmaßgebliches

wie er will. Unverständlich wäre auch sonst die im Grunde ganz unkatholische
Forderung, daß ein Erzbischof, der zwei Diözesen mit national gemischter Be¬
völkerung zu verwalten hat, gerade einer bestimmten Nation angehören solle. Eine
solche Forderung würde unter normalen Verhältnissen höchstens der Staat zu stellen
haben, nicht die Kirche. Aber der Bischofssitz von Posen und Gnesen ist eben
nach polnischen Begriffen eine politische Einrichtung; von der Kirche wird verlangt,
daß sie das anerkennt, weil es der Staat höchstens in einem den polnischen Wünschen
entgegengesetzten Sinne tun kann. Ein Pole, der einmal dieses erzbischöfliche Amt
erhalten hat, braucht keine besondern Anstrengungen zu machen, um die Hoffnungen
seines Volkes zu nähren. Er braucht sich nur überhaupt zu den Seinen zu bekennen, so
nehmen diese ohne weiteres an, daß sie in ihm persönlich ein Unterpfand für die kirch¬
liche Billigung ihrer politischen Bestrebungen besitzen. Wo wird man heute noch einen
Polen finden, der sich diesem mächtigen Bann entziehen kann? Nur ein Mann von
ungewöhnlicher Energie würde imstande sein, einen solchen Bruch mit allen Über¬
lieferungen, mit allem, was ihm teuer sein muß, zu vollziehen. Man muß deshalb
wünschen, daß der Nachfolger Stablewskis ein Deutscher sei, ein Deutscher, der
die Energie hat, seine kirchliche Autorität in vollem Umfange zu gebrauchen, und
der frei ist von allen Rücksichten, die ihn in eine staatsfeindliche Stellung drängen
müssen.

Der nationale Fanatismus des polnischen Klerus hatte den verstorbnen Erz¬
bischof noch in den letzten Wochen seines Lebens zu einem Schritt getrieben, den
er vielleicht so ansah, als ob er Schlimmeres verhüten sollte, der aber in Wahrheit
eine Kriegserklärung gegen die preußische Staatsregierung wurde. Es war der
bekannte Erlaß wegen des Schulstreiks in der Provinz Posen, eines der lehrreichsten
Beispiele, wie eine von dieser Stelle ausgehende Kundgebung, die ihrem Wortlaute
nach ganz loyal verstanden werden könnte und jedenfalls der Staatsgewalt keine
Handhabe zum Einschreiten bietet, ans die nationale Leidenschaft der Polen, die
zwischen den Zeilen ihr eignes Empfinden wiederfanden, wie ein Alarmsignal wirkte.

Der Tod hat es dem Erzbischof erspart, die bittern Folgen dieses Schritts
"veiter und bis in die letzten Nachwirkungen hinein auszukosten. Wir stehn vor
einer harten Probe auf die Leistungsfähigkeit unsrer nationalen Politik. Mehr und
mehr lenken sich die Blicke der Welt auf diesen nationalen Kampf. Für uns liegt
die Gefahr nicht in der Heftigkeit des Kampfes, sondern in dem Mißverständnis,
das uns aus den eignen Reihen droht. Wir Deutschen sehen uns, einem ehrenwerten
Grundzuge unsers Wesens gemäß, zuerst die Prinzipienfrage an. Man will Kindern
verwehren, den Religionsunterricht in der Muttersprache zu empfangen; ist das nicht
grausam? ist es nicht des großen deutscheu Volkes unwürdig? So legen sich viele
die Frage zurecht, und bei allem Patriotismus will ihnen die Sache nicht in den
Sinn. Sie lassen, um zu prüfen, ob die Polen nicht ein Recht haben, sich zu be¬
klagen, das Schicksal nationaler Minderheiten in andern Ländern an ihrem geistigen
Auge vorüberziehn. Urteilen wir da nicht sehr scharf über jede Vergewaltigung
durch die Mehrheit? Und sind nun selbst der Sünde bloß! Sind wir nicht in den
Reichslanden mit mildern Mitteln weiter gekommen?

So tönen warnende Stimmen aus allen Teilen des Reichs, darunter Stimmen
von Männern, deren nationale Gesinnung unanfechtbar ist, denen aber auch freilich
die rechte Kenntnis der Lage fehlt, und die sich -- so müssen wir weiter hinzu¬
fügen -- in ihren Gedankengängen davon entwöhnt haben, einer harten geschicht¬
lichen Notwendigkeit ius Auge zu sehen.

Die Polen in den östlichen Provinzen Preußens sind keine nationale Minderheit
in dem gewöhnlichen Sinne, daß sie gegen Erhaltung ihrer Sprache und Sitte
bereit sein könnten, die staatlichen Zustände anzuerkennen, in die sie hineingestellt
sind. Wie man auch die Eigenschaften und Fähigkeiten dieser Polen ans Grund


Maßgebliches und Unmaßgebliches

wie er will. Unverständlich wäre auch sonst die im Grunde ganz unkatholische
Forderung, daß ein Erzbischof, der zwei Diözesen mit national gemischter Be¬
völkerung zu verwalten hat, gerade einer bestimmten Nation angehören solle. Eine
solche Forderung würde unter normalen Verhältnissen höchstens der Staat zu stellen
haben, nicht die Kirche. Aber der Bischofssitz von Posen und Gnesen ist eben
nach polnischen Begriffen eine politische Einrichtung; von der Kirche wird verlangt,
daß sie das anerkennt, weil es der Staat höchstens in einem den polnischen Wünschen
entgegengesetzten Sinne tun kann. Ein Pole, der einmal dieses erzbischöfliche Amt
erhalten hat, braucht keine besondern Anstrengungen zu machen, um die Hoffnungen
seines Volkes zu nähren. Er braucht sich nur überhaupt zu den Seinen zu bekennen, so
nehmen diese ohne weiteres an, daß sie in ihm persönlich ein Unterpfand für die kirch¬
liche Billigung ihrer politischen Bestrebungen besitzen. Wo wird man heute noch einen
Polen finden, der sich diesem mächtigen Bann entziehen kann? Nur ein Mann von
ungewöhnlicher Energie würde imstande sein, einen solchen Bruch mit allen Über¬
lieferungen, mit allem, was ihm teuer sein muß, zu vollziehen. Man muß deshalb
wünschen, daß der Nachfolger Stablewskis ein Deutscher sei, ein Deutscher, der
die Energie hat, seine kirchliche Autorität in vollem Umfange zu gebrauchen, und
der frei ist von allen Rücksichten, die ihn in eine staatsfeindliche Stellung drängen
müssen.

Der nationale Fanatismus des polnischen Klerus hatte den verstorbnen Erz¬
bischof noch in den letzten Wochen seines Lebens zu einem Schritt getrieben, den
er vielleicht so ansah, als ob er Schlimmeres verhüten sollte, der aber in Wahrheit
eine Kriegserklärung gegen die preußische Staatsregierung wurde. Es war der
bekannte Erlaß wegen des Schulstreiks in der Provinz Posen, eines der lehrreichsten
Beispiele, wie eine von dieser Stelle ausgehende Kundgebung, die ihrem Wortlaute
nach ganz loyal verstanden werden könnte und jedenfalls der Staatsgewalt keine
Handhabe zum Einschreiten bietet, ans die nationale Leidenschaft der Polen, die
zwischen den Zeilen ihr eignes Empfinden wiederfanden, wie ein Alarmsignal wirkte.

Der Tod hat es dem Erzbischof erspart, die bittern Folgen dieses Schritts
»veiter und bis in die letzten Nachwirkungen hinein auszukosten. Wir stehn vor
einer harten Probe auf die Leistungsfähigkeit unsrer nationalen Politik. Mehr und
mehr lenken sich die Blicke der Welt auf diesen nationalen Kampf. Für uns liegt
die Gefahr nicht in der Heftigkeit des Kampfes, sondern in dem Mißverständnis,
das uns aus den eignen Reihen droht. Wir Deutschen sehen uns, einem ehrenwerten
Grundzuge unsers Wesens gemäß, zuerst die Prinzipienfrage an. Man will Kindern
verwehren, den Religionsunterricht in der Muttersprache zu empfangen; ist das nicht
grausam? ist es nicht des großen deutscheu Volkes unwürdig? So legen sich viele
die Frage zurecht, und bei allem Patriotismus will ihnen die Sache nicht in den
Sinn. Sie lassen, um zu prüfen, ob die Polen nicht ein Recht haben, sich zu be¬
klagen, das Schicksal nationaler Minderheiten in andern Ländern an ihrem geistigen
Auge vorüberziehn. Urteilen wir da nicht sehr scharf über jede Vergewaltigung
durch die Mehrheit? Und sind nun selbst der Sünde bloß! Sind wir nicht in den
Reichslanden mit mildern Mitteln weiter gekommen?

So tönen warnende Stimmen aus allen Teilen des Reichs, darunter Stimmen
von Männern, deren nationale Gesinnung unanfechtbar ist, denen aber auch freilich
die rechte Kenntnis der Lage fehlt, und die sich — so müssen wir weiter hinzu¬
fügen — in ihren Gedankengängen davon entwöhnt haben, einer harten geschicht¬
lichen Notwendigkeit ius Auge zu sehen.

Die Polen in den östlichen Provinzen Preußens sind keine nationale Minderheit
in dem gewöhnlichen Sinne, daß sie gegen Erhaltung ihrer Sprache und Sitte
bereit sein könnten, die staatlichen Zustände anzuerkennen, in die sie hineingestellt
sind. Wie man auch die Eigenschaften und Fähigkeiten dieser Polen ans Grund


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[0566] Maßgebliches und Unmaßgebliches wie er will. Unverständlich wäre auch sonst die im Grunde ganz unkatholische Forderung, daß ein Erzbischof, der zwei Diözesen mit national gemischter Be¬ völkerung zu verwalten hat, gerade einer bestimmten Nation angehören solle. Eine solche Forderung würde unter normalen Verhältnissen höchstens der Staat zu stellen haben, nicht die Kirche. Aber der Bischofssitz von Posen und Gnesen ist eben nach polnischen Begriffen eine politische Einrichtung; von der Kirche wird verlangt, daß sie das anerkennt, weil es der Staat höchstens in einem den polnischen Wünschen entgegengesetzten Sinne tun kann. Ein Pole, der einmal dieses erzbischöfliche Amt erhalten hat, braucht keine besondern Anstrengungen zu machen, um die Hoffnungen seines Volkes zu nähren. Er braucht sich nur überhaupt zu den Seinen zu bekennen, so nehmen diese ohne weiteres an, daß sie in ihm persönlich ein Unterpfand für die kirch¬ liche Billigung ihrer politischen Bestrebungen besitzen. Wo wird man heute noch einen Polen finden, der sich diesem mächtigen Bann entziehen kann? Nur ein Mann von ungewöhnlicher Energie würde imstande sein, einen solchen Bruch mit allen Über¬ lieferungen, mit allem, was ihm teuer sein muß, zu vollziehen. Man muß deshalb wünschen, daß der Nachfolger Stablewskis ein Deutscher sei, ein Deutscher, der die Energie hat, seine kirchliche Autorität in vollem Umfange zu gebrauchen, und der frei ist von allen Rücksichten, die ihn in eine staatsfeindliche Stellung drängen müssen. Der nationale Fanatismus des polnischen Klerus hatte den verstorbnen Erz¬ bischof noch in den letzten Wochen seines Lebens zu einem Schritt getrieben, den er vielleicht so ansah, als ob er Schlimmeres verhüten sollte, der aber in Wahrheit eine Kriegserklärung gegen die preußische Staatsregierung wurde. Es war der bekannte Erlaß wegen des Schulstreiks in der Provinz Posen, eines der lehrreichsten Beispiele, wie eine von dieser Stelle ausgehende Kundgebung, die ihrem Wortlaute nach ganz loyal verstanden werden könnte und jedenfalls der Staatsgewalt keine Handhabe zum Einschreiten bietet, ans die nationale Leidenschaft der Polen, die zwischen den Zeilen ihr eignes Empfinden wiederfanden, wie ein Alarmsignal wirkte. Der Tod hat es dem Erzbischof erspart, die bittern Folgen dieses Schritts »veiter und bis in die letzten Nachwirkungen hinein auszukosten. Wir stehn vor einer harten Probe auf die Leistungsfähigkeit unsrer nationalen Politik. Mehr und mehr lenken sich die Blicke der Welt auf diesen nationalen Kampf. Für uns liegt die Gefahr nicht in der Heftigkeit des Kampfes, sondern in dem Mißverständnis, das uns aus den eignen Reihen droht. Wir Deutschen sehen uns, einem ehrenwerten Grundzuge unsers Wesens gemäß, zuerst die Prinzipienfrage an. Man will Kindern verwehren, den Religionsunterricht in der Muttersprache zu empfangen; ist das nicht grausam? ist es nicht des großen deutscheu Volkes unwürdig? So legen sich viele die Frage zurecht, und bei allem Patriotismus will ihnen die Sache nicht in den Sinn. Sie lassen, um zu prüfen, ob die Polen nicht ein Recht haben, sich zu be¬ klagen, das Schicksal nationaler Minderheiten in andern Ländern an ihrem geistigen Auge vorüberziehn. Urteilen wir da nicht sehr scharf über jede Vergewaltigung durch die Mehrheit? Und sind nun selbst der Sünde bloß! Sind wir nicht in den Reichslanden mit mildern Mitteln weiter gekommen? So tönen warnende Stimmen aus allen Teilen des Reichs, darunter Stimmen von Männern, deren nationale Gesinnung unanfechtbar ist, denen aber auch freilich die rechte Kenntnis der Lage fehlt, und die sich — so müssen wir weiter hinzu¬ fügen — in ihren Gedankengängen davon entwöhnt haben, einer harten geschicht¬ lichen Notwendigkeit ius Auge zu sehen. Die Polen in den östlichen Provinzen Preußens sind keine nationale Minderheit in dem gewöhnlichen Sinne, daß sie gegen Erhaltung ihrer Sprache und Sitte bereit sein könnten, die staatlichen Zustände anzuerkennen, in die sie hineingestellt sind. Wie man auch die Eigenschaften und Fähigkeiten dieser Polen ans Grund

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 65, 1906, Viertes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341883_300500/566>, abgerufen am 25.08.2024.