Die Grenzboten. Jg. 65, 1906, Viertes Vierteljahr.R"ssisch>: Gastfreundschaft in Transkaspien der Einzelausbildung, eine zusammengestellte Kompagnie alter Mannschaften Die persönlich vorzügliche Haltung des Brigadekommaudeurs hatte auch R»ssisch>: Gastfreundschaft in Transkaspien der Einzelausbildung, eine zusammengestellte Kompagnie alter Mannschaften Die persönlich vorzügliche Haltung des Brigadekommaudeurs hatte auch <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0429" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/300928"/> <fw type="header" place="top"> R»ssisch>: Gastfreundschaft in Transkaspien</fw><lb/> <p xml:id="ID_1739" prev="#ID_1738"> der Einzelausbildung, eine zusammengestellte Kompagnie alter Mannschaften<lb/> . in Griffen und Bewegungen vorgestellt. Natürlich regte das Gesehene zu<lb/> Vergleichen an, die nicht immer günstig ausfallen konnten, weil unser Ange<lb/> an mehr Straffheit gewöhnt ist. Die gute Geschlossenheit und lautlose Ruhe<lb/> in deu Bewegungen verdiente jedoch unbedingte Anerkennung. Diese Kom¬<lb/> pagnie war, wenn ich mich des üblichen Besichtigungsausdrucks bedienen darf,<lb/> zweifellos in der Hand ihres Führers und bemühte sich, durch gute Rich¬<lb/> tung, Haltung und strammen Tritt den hergebrachten reglementarischen Dank<lb/> ihres Brigadekommandeurs wirklich zu verdienen. Man sah, daß die durch<lb/> Preußische Schulung beeinflußten militärischen Ansichten dieses Vorgesetzten<lb/> auszugweise sehr wohl auf russische Verhültuisse übertragbar gewesen sind<lb/> und Nutzen stiften können. Der inzwischen zum General beförderte Herr<lb/> von H. genießt denn auch ein berechtigtes Ansehen, obgleich er immer in der<lb/> Front, nie im Generalstab oder in der Garde gestanden hat, was sonst zum<lb/> Fortkommen unentbehrlich ist. Was als weniger gut auffiel, erklärt die<lb/> Schwierigkeit der Ausbildung eines vielsprachigen Ersatzes ans allen Teilen<lb/> des Reichs durch Unteroffiziere, die während ihrer gesetzlichen Dienstzeit nur<lb/> anderthalb bis zwei Jahre in ihrer Stellung verbringen und ohne weiter zu<lb/> kapitulieren, ausscheiden, erklärt ferner die Unmöglichkeit, die Offiziere an die<lb/> gründlichere, deutsche Art der Ausbildung zu gewöhnen. Einzelheiten in der<lb/> Ausbildung, wie das schnelle Absetzen des abgeschossenen Gewehrs, machen im<lb/> Verein mit der ungebührlichen Bevorzugung des Salvenfeucrs die Mißerfolge<lb/> der gute» russischen Handfeuerwaffe gegenüber dem geschickten Vorgehn der<lb/> japanischen Infanterie begreiflich. Wenn aber von russischer Seite über unsern<lb/> Paradedrill gespottet wird, so sind wir vollberechtigt, ihnen die taktmäßig<lb/> eingeübte Maulsalve der Antwort auf den Dank des Vorgesetzten entgegen¬<lb/> zuhalten.</p><lb/> <p xml:id="ID_1740" next="#ID_1741"> Die persönlich vorzügliche Haltung des Brigadekommaudeurs hatte auch<lb/> "uf die unter ihm stehenden Offiziere einen gewissen Einfluß ausgeübt.<lb/> Freilich, als die Wogen der Begeisterung später im Kasino etwas höher<lb/> schlugen, wurde der Ton schnell freier, aber dafür um so herzlicher. Nachdem<lb/> ^ir nämlich den im Freien stehenden Pferden der Meldereiter des Bataillons<lb/> ^ eine Spezialität der russischen Infanterie — noch einen Besuch abgestattet<lb/> hatte», konnten wir uns einer Einladung des Bataillons in die Wajennoje<lb/> Ssabrcunje, das gemeinsame Garnisonkasino, nicht mehr entziehn. Während<lb/> sonst die Offiziere aller Truppenteile in beliebigen Gruppen innerhalb einiger<lb/> Nachmittagstunden ihr einfaches Mahl einnehmen, hatte das Offizierkorps des<lb/> Bataillons in einem der einfach möblierten, aber spiegelglatt parkettierten,<lb/> freundlichen Säle des ausgedehnten, inmitten eines Parks liegenden Gebäudes<lb/> eine festliche Tafel Herrichten und mit verschiednen Wodka, kaukasischen Wein<lb/> und den üblichen appetitreizender Sachen besetzen lassen. Wer slawische Gast¬<lb/> freundschaft kennt, wird dennoch kaum ermessen können, welches Attentat schon</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0429]
R»ssisch>: Gastfreundschaft in Transkaspien
der Einzelausbildung, eine zusammengestellte Kompagnie alter Mannschaften
. in Griffen und Bewegungen vorgestellt. Natürlich regte das Gesehene zu
Vergleichen an, die nicht immer günstig ausfallen konnten, weil unser Ange
an mehr Straffheit gewöhnt ist. Die gute Geschlossenheit und lautlose Ruhe
in deu Bewegungen verdiente jedoch unbedingte Anerkennung. Diese Kom¬
pagnie war, wenn ich mich des üblichen Besichtigungsausdrucks bedienen darf,
zweifellos in der Hand ihres Führers und bemühte sich, durch gute Rich¬
tung, Haltung und strammen Tritt den hergebrachten reglementarischen Dank
ihres Brigadekommandeurs wirklich zu verdienen. Man sah, daß die durch
Preußische Schulung beeinflußten militärischen Ansichten dieses Vorgesetzten
auszugweise sehr wohl auf russische Verhültuisse übertragbar gewesen sind
und Nutzen stiften können. Der inzwischen zum General beförderte Herr
von H. genießt denn auch ein berechtigtes Ansehen, obgleich er immer in der
Front, nie im Generalstab oder in der Garde gestanden hat, was sonst zum
Fortkommen unentbehrlich ist. Was als weniger gut auffiel, erklärt die
Schwierigkeit der Ausbildung eines vielsprachigen Ersatzes ans allen Teilen
des Reichs durch Unteroffiziere, die während ihrer gesetzlichen Dienstzeit nur
anderthalb bis zwei Jahre in ihrer Stellung verbringen und ohne weiter zu
kapitulieren, ausscheiden, erklärt ferner die Unmöglichkeit, die Offiziere an die
gründlichere, deutsche Art der Ausbildung zu gewöhnen. Einzelheiten in der
Ausbildung, wie das schnelle Absetzen des abgeschossenen Gewehrs, machen im
Verein mit der ungebührlichen Bevorzugung des Salvenfeucrs die Mißerfolge
der gute» russischen Handfeuerwaffe gegenüber dem geschickten Vorgehn der
japanischen Infanterie begreiflich. Wenn aber von russischer Seite über unsern
Paradedrill gespottet wird, so sind wir vollberechtigt, ihnen die taktmäßig
eingeübte Maulsalve der Antwort auf den Dank des Vorgesetzten entgegen¬
zuhalten.
Die persönlich vorzügliche Haltung des Brigadekommaudeurs hatte auch
"uf die unter ihm stehenden Offiziere einen gewissen Einfluß ausgeübt.
Freilich, als die Wogen der Begeisterung später im Kasino etwas höher
schlugen, wurde der Ton schnell freier, aber dafür um so herzlicher. Nachdem
^ir nämlich den im Freien stehenden Pferden der Meldereiter des Bataillons
^ eine Spezialität der russischen Infanterie — noch einen Besuch abgestattet
hatte», konnten wir uns einer Einladung des Bataillons in die Wajennoje
Ssabrcunje, das gemeinsame Garnisonkasino, nicht mehr entziehn. Während
sonst die Offiziere aller Truppenteile in beliebigen Gruppen innerhalb einiger
Nachmittagstunden ihr einfaches Mahl einnehmen, hatte das Offizierkorps des
Bataillons in einem der einfach möblierten, aber spiegelglatt parkettierten,
freundlichen Säle des ausgedehnten, inmitten eines Parks liegenden Gebäudes
eine festliche Tafel Herrichten und mit verschiednen Wodka, kaukasischen Wein
und den üblichen appetitreizender Sachen besetzen lassen. Wer slawische Gast¬
freundschaft kennt, wird dennoch kaum ermessen können, welches Attentat schon
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