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Die Grenzboten. Jg. 65, 1906, Viertes Vierteljahr.

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Russische Gastfreundschaft i" Transkaspien

bahnbataillons, die Depots und Reparaturwerkstätten, die Eisenlmhnschnle und
die Auswandererbaracken. Der Güterverkehr belief sich schon im Jahre 1900
auf 2 Millionen Zentner Ausfuhr und 2,15 Millionen Zentner Einfuhr.
Dem entsprechend haben sich die Hafenanlagen entwickelt, unter denen der
Stnatspier mit 320 Meter Länge senkrecht zum Ufer und ein Kran mit
200 Zentner Hnbkraft zu nennen sind.

Störend für die Entwicklung der Stadt ist die Armut der felsigen und
sandigen Gegend um trinkbarem Quellwasser. Eine Kerisleitung") liefert mir
als Tränkwasser für Vieh geeignetes, salzig schmeckendes Wasser, und das ist
einer der Gründe, die gegen den Ausbau von Krasnowodsk als Umladehafcn
geltend gemacht wurden. Das Süßwasser mußte aus Kasaudshik und andern
Orten und durch deu Kondensator der Eisenbahnstation beschafft werden.
Neuerdings ist nun eine städtische Kondensationsanstalt in Betrieb genommen
worden, die mit der halben Zahl ihrer Kessel den gesamten Bedarf der Stadt
(täglich 7500 Wedro 92250 Liter) aus Meerwasser zu kondensieren ver¬
mag. Das gewonnene Süszwasser wird in ein Reservoir ans der nächsten
Höhe gepumpt und von hier mit dem nötigen Druck in die Häuser und
öffentlichen mit Regulier- und Koutrollapparateu versehenen Entnahmcstellen
geleitet.

Wir hatten kaum den Boden des transkaspischen Gebiets betreten, als
sich meine Bekanntschaft mit dem Generalleutnant U., dem Gebietschcf und
Kommandeur des zweiten tnrkestauischeu Armeekorps, als eine große Annehm¬
lichkeit zu erweisen begann. Ein Gendarm hatte nichts eiligeres zu tu", als
unsre Ankunft dem Kreischcf und Kommandanten zu melden, worauf dieser
Uns einen Polizeioffizier cntgegensandtc und nus zu sich bitten ließ. Wir
argwöhnten eine Polizeischikane und waren höchst angenehm enttäuscht, als
der Ortsgcwaltigc, Oberst W., uns als Gäste willkommen hieß und uns bat,
sein Huus als das unsrige zu betrachten. Eben war nämlich von Exzellenz U.
aus Aschabad unsre dorthin gerichtete Anmeldung telegraphisch zurückgegeben
worden. Dazu vorher angewiesen, führte uns Oberst W. nach einem Früh¬
stück in seinem Hanse in seiner Residenz umher: zunächst am Hafen entlang
Zur Kondensationsanstalt und zur Rescrvoirhöhc, von der wir einen Überblick
über die gesamten Stadt- und Hafenanlagen und die vegetationslosen rotgelben
Felsklippen gewinnen konnten. Dann kletterten wir, von unserm Gastfreund
über Stadt und Land, seine Dienstreisen und Jagdabenteuer, über seine dienst¬
lichen Berührungen mit der Bevölkerung angenehm unterhalten, einen Zickzack-
weg zur Stadt 'herunter, machten hier die Bekanntschaft einiger Tekinzcu und
Kirgisen und brachten diese mit ihrer Kamelherde vor unsern Kodak. Schlie߬
lich statteten wir der Kaserne der vierten Kompagnie des achten Turkestcm-
Neservebataillons und dem gemeinsamen Militär- und Zivilkasino einen flüchtigen



*) Unterirdische KonKlc ortsüblicher Herstellung in Lehmschlag,
^ren-.bnteii IV U'W5.4
Russische Gastfreundschaft i» Transkaspien

bahnbataillons, die Depots und Reparaturwerkstätten, die Eisenlmhnschnle und
die Auswandererbaracken. Der Güterverkehr belief sich schon im Jahre 1900
auf 2 Millionen Zentner Ausfuhr und 2,15 Millionen Zentner Einfuhr.
Dem entsprechend haben sich die Hafenanlagen entwickelt, unter denen der
Stnatspier mit 320 Meter Länge senkrecht zum Ufer und ein Kran mit
200 Zentner Hnbkraft zu nennen sind.

Störend für die Entwicklung der Stadt ist die Armut der felsigen und
sandigen Gegend um trinkbarem Quellwasser. Eine Kerisleitung") liefert mir
als Tränkwasser für Vieh geeignetes, salzig schmeckendes Wasser, und das ist
einer der Gründe, die gegen den Ausbau von Krasnowodsk als Umladehafcn
geltend gemacht wurden. Das Süßwasser mußte aus Kasaudshik und andern
Orten und durch deu Kondensator der Eisenbahnstation beschafft werden.
Neuerdings ist nun eine städtische Kondensationsanstalt in Betrieb genommen
worden, die mit der halben Zahl ihrer Kessel den gesamten Bedarf der Stadt
(täglich 7500 Wedro 92250 Liter) aus Meerwasser zu kondensieren ver¬
mag. Das gewonnene Süszwasser wird in ein Reservoir ans der nächsten
Höhe gepumpt und von hier mit dem nötigen Druck in die Häuser und
öffentlichen mit Regulier- und Koutrollapparateu versehenen Entnahmcstellen
geleitet.

Wir hatten kaum den Boden des transkaspischen Gebiets betreten, als
sich meine Bekanntschaft mit dem Generalleutnant U., dem Gebietschcf und
Kommandeur des zweiten tnrkestauischeu Armeekorps, als eine große Annehm¬
lichkeit zu erweisen begann. Ein Gendarm hatte nichts eiligeres zu tu», als
unsre Ankunft dem Kreischcf und Kommandanten zu melden, worauf dieser
Uns einen Polizeioffizier cntgegensandtc und nus zu sich bitten ließ. Wir
argwöhnten eine Polizeischikane und waren höchst angenehm enttäuscht, als
der Ortsgcwaltigc, Oberst W., uns als Gäste willkommen hieß und uns bat,
sein Huus als das unsrige zu betrachten. Eben war nämlich von Exzellenz U.
aus Aschabad unsre dorthin gerichtete Anmeldung telegraphisch zurückgegeben
worden. Dazu vorher angewiesen, führte uns Oberst W. nach einem Früh¬
stück in seinem Hanse in seiner Residenz umher: zunächst am Hafen entlang
Zur Kondensationsanstalt und zur Rescrvoirhöhc, von der wir einen Überblick
über die gesamten Stadt- und Hafenanlagen und die vegetationslosen rotgelben
Felsklippen gewinnen konnten. Dann kletterten wir, von unserm Gastfreund
über Stadt und Land, seine Dienstreisen und Jagdabenteuer, über seine dienst¬
lichen Berührungen mit der Bevölkerung angenehm unterhalten, einen Zickzack-
weg zur Stadt 'herunter, machten hier die Bekanntschaft einiger Tekinzcu und
Kirgisen und brachten diese mit ihrer Kamelherde vor unsern Kodak. Schlie߬
lich statteten wir der Kaserne der vierten Kompagnie des achten Turkestcm-
Neservebataillons und dem gemeinsamen Militär- und Zivilkasino einen flüchtigen



*) Unterirdische KonKlc ortsüblicher Herstellung in Lehmschlag,
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[0425] Russische Gastfreundschaft i» Transkaspien bahnbataillons, die Depots und Reparaturwerkstätten, die Eisenlmhnschnle und die Auswandererbaracken. Der Güterverkehr belief sich schon im Jahre 1900 auf 2 Millionen Zentner Ausfuhr und 2,15 Millionen Zentner Einfuhr. Dem entsprechend haben sich die Hafenanlagen entwickelt, unter denen der Stnatspier mit 320 Meter Länge senkrecht zum Ufer und ein Kran mit 200 Zentner Hnbkraft zu nennen sind. Störend für die Entwicklung der Stadt ist die Armut der felsigen und sandigen Gegend um trinkbarem Quellwasser. Eine Kerisleitung") liefert mir als Tränkwasser für Vieh geeignetes, salzig schmeckendes Wasser, und das ist einer der Gründe, die gegen den Ausbau von Krasnowodsk als Umladehafcn geltend gemacht wurden. Das Süßwasser mußte aus Kasaudshik und andern Orten und durch deu Kondensator der Eisenbahnstation beschafft werden. Neuerdings ist nun eine städtische Kondensationsanstalt in Betrieb genommen worden, die mit der halben Zahl ihrer Kessel den gesamten Bedarf der Stadt (täglich 7500 Wedro 92250 Liter) aus Meerwasser zu kondensieren ver¬ mag. Das gewonnene Süszwasser wird in ein Reservoir ans der nächsten Höhe gepumpt und von hier mit dem nötigen Druck in die Häuser und öffentlichen mit Regulier- und Koutrollapparateu versehenen Entnahmcstellen geleitet. Wir hatten kaum den Boden des transkaspischen Gebiets betreten, als sich meine Bekanntschaft mit dem Generalleutnant U., dem Gebietschcf und Kommandeur des zweiten tnrkestauischeu Armeekorps, als eine große Annehm¬ lichkeit zu erweisen begann. Ein Gendarm hatte nichts eiligeres zu tu», als unsre Ankunft dem Kreischcf und Kommandanten zu melden, worauf dieser Uns einen Polizeioffizier cntgegensandtc und nus zu sich bitten ließ. Wir argwöhnten eine Polizeischikane und waren höchst angenehm enttäuscht, als der Ortsgcwaltigc, Oberst W., uns als Gäste willkommen hieß und uns bat, sein Huus als das unsrige zu betrachten. Eben war nämlich von Exzellenz U. aus Aschabad unsre dorthin gerichtete Anmeldung telegraphisch zurückgegeben worden. Dazu vorher angewiesen, führte uns Oberst W. nach einem Früh¬ stück in seinem Hanse in seiner Residenz umher: zunächst am Hafen entlang Zur Kondensationsanstalt und zur Rescrvoirhöhc, von der wir einen Überblick über die gesamten Stadt- und Hafenanlagen und die vegetationslosen rotgelben Felsklippen gewinnen konnten. Dann kletterten wir, von unserm Gastfreund über Stadt und Land, seine Dienstreisen und Jagdabenteuer, über seine dienst¬ lichen Berührungen mit der Bevölkerung angenehm unterhalten, einen Zickzack- weg zur Stadt 'herunter, machten hier die Bekanntschaft einiger Tekinzcu und Kirgisen und brachten diese mit ihrer Kamelherde vor unsern Kodak. Schlie߬ lich statteten wir der Kaserne der vierten Kompagnie des achten Turkestcm- Neservebataillons und dem gemeinsamen Militär- und Zivilkasino einen flüchtigen *) Unterirdische KonKlc ortsüblicher Herstellung in Lehmschlag, ^ren-.bnteii IV U'W5.4

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 65, 1906, Viertes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341883_300500/425>, abgerufen am 23.07.2024.