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Die Grenzboten. Jg. 65, 1906, Viertes Vierteljahr.

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Maßgebliches und Unmaßgebliches

Gottes zur Erklärung verwendet: die Strafe für Evas Apfelbiß und die Ver¬
herrlichung der Gerechtigkeit Gottes durch die ewigen Qualen der Verdammten, im
Vergleich mit denen dann die irdischen Leiden als eine harmlose Vorübung erscheinen.
Nur ein Nietzsche, der die Vielzuvielen als Dünger für die Züchtung der höhern
und der Übermenschen verwendet, vermag in diese ungeheure Tatsache Sinn zu
bringen, die Ellen Key mit einem alten Ketzer ausrufen läßt: Die einzige Ent¬
schuldigung für Gott ist, daß er nicht existiert. Und die einzige Möglichkeit, fügen
wir hinzu, an Gott dennoch festzuhalten, verdanken wir der Hoffnung, daß sich im
Jenseits diese Rätsel lösen werden. Ohne den Glaube" an die persönliche Fort¬
dauer des Menschen gibt es keine Theodicee, sondern nur Versuche, das wirkliche
Weltbild zu schminken. Darum ist jeder Versuch, das Christentum dem modernen
Menschen als reine Diesseitigkeitsreligion schmackhaft zu machen, verfehlt. Für
verfehlt halten wir auch die beiden, übrigens sehr schön geschriebnen, im einzelnen
viel Wahres enthaltenden und gewiß ehrlich gemeinten Beiträge: "Jesus, wie er
geschichtlich war" von Arno Naumann und "Jesus, was er uns heute ist" von
Alfred König. Mit dem liebenswürdigen, edeln, einzigartigen Menschen Jesus,
dem Idealmenschen, dem weisen Rabbi, konnte man allenfalls den Spöttern des
achtzehnten Jahrhunderts den Mund verschließen; bei den ernsten Zweiflern und
Leugnern von heute versagt dieses Mittel. Wenn einzelnen sinnigen Betrachtern
das Bild, das die Synoptiker von Jesus entwerfen, und sein Wort teuer und heilig
sind, so kommt das daher, daß sie mit der hohen Meinung, die ihnen ihr Kinder¬
glaube eingeflößt hatte, und die sie trotz allem bewahrt haben, an das Neue
Testament herangetreten sind. Der Sozialdemokrat schätzt Jesus, wenn er ihn nicht
mit Kalthoff für den mythischen Heros des römischen Proletariats hält, als einen
Sozialrevolutionär, dessen Gesinnung ja zu loben sei, der aber an die erleuchteten
und wissenden Köpfe der Neuzeit, an Lassalle und Marx, nicht heranreiche, und
wissenschaftlich gebildete Männer, die in einer religionslosen Atmosphäre heran¬
gewachsen sind, läßt das Neue Testament vollkommen kalt. Eduard von Hartmann
hat Jesus für einen ziemlich unbedeutenden Menschen, das Neue Testament für ein
Buch gehalten, das in ethischer Beziehung schädlich, in religiöser bis auf ein paar
paulinische und johanneische Theologumena wertlos sei; und was Ellen Key (Der
Lebensglaube, S. 34) von der "gereinigten" Lehre der liberalen Theologie sagt,
das -- mag ich an dieser Stelle nicht nachschreiben. Lebenskraft hat bis heute
nur der Glaube an den Christus des dogmatischen Christentums bewahrt. Nur
dieses ist Volksreligion, und nur dieses bringt die spezifischen Früchte der christlichen
Religion hervor: die Heidenbekehrer, die Krankenpfleger und -Pflegerinnen, ent¬
stammen teils der katholischen Kirche, teils dem gläubigen Luthertum. Temperament¬
voll, humoristisch und geistreich schreibt Carl Neumärker, der in seinem Beitrage:
"Der Mensch, wie er sich selber findet", mit dem Rätsel der Sphinx beginnt und
die mancherlei Antworten auf die Rätselfrage in einer amüsanten Zusammenstellung
aneinanderreiht. Auch feine und beachtenswerte biologische Bemerkungen enthält
die Schrift, z. B. die folgende: "Welche Unsumme sittlicher, im Familienleben wirk¬
samer Kräfte wird doch -- im Gegensatz zur kurzlebigen Kinderzeit der Tiere, selbst
der höchsten -- durch das Emporwachsen eines einzigen Menschenkindes verbraucht.
Man muß sich wundern, daß die von der Evolutionistik aufgestellten, aber bis jetzt
nie aufgefundnen affenartigen Vorfahren des Menschengeschlechts im Kampfe ums
Dasein nicht sollten erhalten geblieben sein, wenn sie mit den Fähigkeiten ausgerüstet
waren, auch nur annähernd und instinktiv dem nachzukommen, was die Abwartung
(nur allein die körperliche) eines Geschöpfes gefordert hätte, das sich zum ersten
Menschen entwickeln sollte. Ein mit solchen Gaben ausgerüstetes Wesen hätte sich


Maßgebliches und Unmaßgebliches

Gottes zur Erklärung verwendet: die Strafe für Evas Apfelbiß und die Ver¬
herrlichung der Gerechtigkeit Gottes durch die ewigen Qualen der Verdammten, im
Vergleich mit denen dann die irdischen Leiden als eine harmlose Vorübung erscheinen.
Nur ein Nietzsche, der die Vielzuvielen als Dünger für die Züchtung der höhern
und der Übermenschen verwendet, vermag in diese ungeheure Tatsache Sinn zu
bringen, die Ellen Key mit einem alten Ketzer ausrufen läßt: Die einzige Ent¬
schuldigung für Gott ist, daß er nicht existiert. Und die einzige Möglichkeit, fügen
wir hinzu, an Gott dennoch festzuhalten, verdanken wir der Hoffnung, daß sich im
Jenseits diese Rätsel lösen werden. Ohne den Glaube» an die persönliche Fort¬
dauer des Menschen gibt es keine Theodicee, sondern nur Versuche, das wirkliche
Weltbild zu schminken. Darum ist jeder Versuch, das Christentum dem modernen
Menschen als reine Diesseitigkeitsreligion schmackhaft zu machen, verfehlt. Für
verfehlt halten wir auch die beiden, übrigens sehr schön geschriebnen, im einzelnen
viel Wahres enthaltenden und gewiß ehrlich gemeinten Beiträge: „Jesus, wie er
geschichtlich war" von Arno Naumann und „Jesus, was er uns heute ist" von
Alfred König. Mit dem liebenswürdigen, edeln, einzigartigen Menschen Jesus,
dem Idealmenschen, dem weisen Rabbi, konnte man allenfalls den Spöttern des
achtzehnten Jahrhunderts den Mund verschließen; bei den ernsten Zweiflern und
Leugnern von heute versagt dieses Mittel. Wenn einzelnen sinnigen Betrachtern
das Bild, das die Synoptiker von Jesus entwerfen, und sein Wort teuer und heilig
sind, so kommt das daher, daß sie mit der hohen Meinung, die ihnen ihr Kinder¬
glaube eingeflößt hatte, und die sie trotz allem bewahrt haben, an das Neue
Testament herangetreten sind. Der Sozialdemokrat schätzt Jesus, wenn er ihn nicht
mit Kalthoff für den mythischen Heros des römischen Proletariats hält, als einen
Sozialrevolutionär, dessen Gesinnung ja zu loben sei, der aber an die erleuchteten
und wissenden Köpfe der Neuzeit, an Lassalle und Marx, nicht heranreiche, und
wissenschaftlich gebildete Männer, die in einer religionslosen Atmosphäre heran¬
gewachsen sind, läßt das Neue Testament vollkommen kalt. Eduard von Hartmann
hat Jesus für einen ziemlich unbedeutenden Menschen, das Neue Testament für ein
Buch gehalten, das in ethischer Beziehung schädlich, in religiöser bis auf ein paar
paulinische und johanneische Theologumena wertlos sei; und was Ellen Key (Der
Lebensglaube, S. 34) von der „gereinigten" Lehre der liberalen Theologie sagt,
das — mag ich an dieser Stelle nicht nachschreiben. Lebenskraft hat bis heute
nur der Glaube an den Christus des dogmatischen Christentums bewahrt. Nur
dieses ist Volksreligion, und nur dieses bringt die spezifischen Früchte der christlichen
Religion hervor: die Heidenbekehrer, die Krankenpfleger und -Pflegerinnen, ent¬
stammen teils der katholischen Kirche, teils dem gläubigen Luthertum. Temperament¬
voll, humoristisch und geistreich schreibt Carl Neumärker, der in seinem Beitrage:
„Der Mensch, wie er sich selber findet", mit dem Rätsel der Sphinx beginnt und
die mancherlei Antworten auf die Rätselfrage in einer amüsanten Zusammenstellung
aneinanderreiht. Auch feine und beachtenswerte biologische Bemerkungen enthält
die Schrift, z. B. die folgende: „Welche Unsumme sittlicher, im Familienleben wirk¬
samer Kräfte wird doch — im Gegensatz zur kurzlebigen Kinderzeit der Tiere, selbst
der höchsten — durch das Emporwachsen eines einzigen Menschenkindes verbraucht.
Man muß sich wundern, daß die von der Evolutionistik aufgestellten, aber bis jetzt
nie aufgefundnen affenartigen Vorfahren des Menschengeschlechts im Kampfe ums
Dasein nicht sollten erhalten geblieben sein, wenn sie mit den Fähigkeiten ausgerüstet
waren, auch nur annähernd und instinktiv dem nachzukommen, was die Abwartung
(nur allein die körperliche) eines Geschöpfes gefordert hätte, das sich zum ersten
Menschen entwickeln sollte. Ein mit solchen Gaben ausgerüstetes Wesen hätte sich


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[0287] Maßgebliches und Unmaßgebliches Gottes zur Erklärung verwendet: die Strafe für Evas Apfelbiß und die Ver¬ herrlichung der Gerechtigkeit Gottes durch die ewigen Qualen der Verdammten, im Vergleich mit denen dann die irdischen Leiden als eine harmlose Vorübung erscheinen. Nur ein Nietzsche, der die Vielzuvielen als Dünger für die Züchtung der höhern und der Übermenschen verwendet, vermag in diese ungeheure Tatsache Sinn zu bringen, die Ellen Key mit einem alten Ketzer ausrufen läßt: Die einzige Ent¬ schuldigung für Gott ist, daß er nicht existiert. Und die einzige Möglichkeit, fügen wir hinzu, an Gott dennoch festzuhalten, verdanken wir der Hoffnung, daß sich im Jenseits diese Rätsel lösen werden. Ohne den Glaube» an die persönliche Fort¬ dauer des Menschen gibt es keine Theodicee, sondern nur Versuche, das wirkliche Weltbild zu schminken. Darum ist jeder Versuch, das Christentum dem modernen Menschen als reine Diesseitigkeitsreligion schmackhaft zu machen, verfehlt. Für verfehlt halten wir auch die beiden, übrigens sehr schön geschriebnen, im einzelnen viel Wahres enthaltenden und gewiß ehrlich gemeinten Beiträge: „Jesus, wie er geschichtlich war" von Arno Naumann und „Jesus, was er uns heute ist" von Alfred König. Mit dem liebenswürdigen, edeln, einzigartigen Menschen Jesus, dem Idealmenschen, dem weisen Rabbi, konnte man allenfalls den Spöttern des achtzehnten Jahrhunderts den Mund verschließen; bei den ernsten Zweiflern und Leugnern von heute versagt dieses Mittel. Wenn einzelnen sinnigen Betrachtern das Bild, das die Synoptiker von Jesus entwerfen, und sein Wort teuer und heilig sind, so kommt das daher, daß sie mit der hohen Meinung, die ihnen ihr Kinder¬ glaube eingeflößt hatte, und die sie trotz allem bewahrt haben, an das Neue Testament herangetreten sind. Der Sozialdemokrat schätzt Jesus, wenn er ihn nicht mit Kalthoff für den mythischen Heros des römischen Proletariats hält, als einen Sozialrevolutionär, dessen Gesinnung ja zu loben sei, der aber an die erleuchteten und wissenden Köpfe der Neuzeit, an Lassalle und Marx, nicht heranreiche, und wissenschaftlich gebildete Männer, die in einer religionslosen Atmosphäre heran¬ gewachsen sind, läßt das Neue Testament vollkommen kalt. Eduard von Hartmann hat Jesus für einen ziemlich unbedeutenden Menschen, das Neue Testament für ein Buch gehalten, das in ethischer Beziehung schädlich, in religiöser bis auf ein paar paulinische und johanneische Theologumena wertlos sei; und was Ellen Key (Der Lebensglaube, S. 34) von der „gereinigten" Lehre der liberalen Theologie sagt, das — mag ich an dieser Stelle nicht nachschreiben. Lebenskraft hat bis heute nur der Glaube an den Christus des dogmatischen Christentums bewahrt. Nur dieses ist Volksreligion, und nur dieses bringt die spezifischen Früchte der christlichen Religion hervor: die Heidenbekehrer, die Krankenpfleger und -Pflegerinnen, ent¬ stammen teils der katholischen Kirche, teils dem gläubigen Luthertum. Temperament¬ voll, humoristisch und geistreich schreibt Carl Neumärker, der in seinem Beitrage: „Der Mensch, wie er sich selber findet", mit dem Rätsel der Sphinx beginnt und die mancherlei Antworten auf die Rätselfrage in einer amüsanten Zusammenstellung aneinanderreiht. Auch feine und beachtenswerte biologische Bemerkungen enthält die Schrift, z. B. die folgende: „Welche Unsumme sittlicher, im Familienleben wirk¬ samer Kräfte wird doch — im Gegensatz zur kurzlebigen Kinderzeit der Tiere, selbst der höchsten — durch das Emporwachsen eines einzigen Menschenkindes verbraucht. Man muß sich wundern, daß die von der Evolutionistik aufgestellten, aber bis jetzt nie aufgefundnen affenartigen Vorfahren des Menschengeschlechts im Kampfe ums Dasein nicht sollten erhalten geblieben sein, wenn sie mit den Fähigkeiten ausgerüstet waren, auch nur annähernd und instinktiv dem nachzukommen, was die Abwartung (nur allein die körperliche) eines Geschöpfes gefordert hätte, das sich zum ersten Menschen entwickeln sollte. Ein mit solchen Gaben ausgerüstetes Wesen hätte sich

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 65, 1906, Viertes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341883_300500/287>, abgerufen am 23.07.2024.