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Die Grenzboten. Jg. 65, 1906, Drittes Vierteljahr.

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Maßgebliches und Unmaßgebliches

Zusammenhang zu bringen wären und den jungen Leuten gesundheitlich sehr gut zu-
statten kommen würden. Die hierfür nötigen Maßnahmen können, schon wegen ihres
engen Zusammenhangs mit dem Fortbildungsschulwesen, nur auf dem Gebiete der
Landesgesetzgebung und der Landesverwaltung, nicht der des Reiches liegen. Die
gemeinsame Durchführung in ganz Deutschland innerhalb einer bestimmten Frist
würde dennoch gesichert werden. Sodann müßte, da ja das Vereins- und Ver-
sammluugsrecht nur für majorenne Personen gilt, den jungen Leuten der Beitritt
zu irgendwelchen Organisationen, die nicht vom Staate als zulässig anerkannt
sind, bei Strafe verboten werden, einer Strafe, die zugleich auch Eltern, Pfleger,
Lehrherren und Vormünder treffen könnte. Außerdem sollte aber die Verbreitung
solcher Gesinnungen unter minorennen jungen Leuten als Vorbereitung zum
Hoch- und Landesverrat unter harte Strafe gestellt werden. Machen wir
endlich einen Anfang damit, die ganze Nation wartet mit Sehnsucht darauf. Hier
liegt noch ein weites und segensreiches Arbeitsfeld brach. Hüten wir uns, daß nicht
Unsegen darauf entsprieße. Es harrt der starken und werktätigen Hand!

Zwei Publikationen aus der Bismarckischen Zeit haben in diesen Tagen einiges
Aufsehen erregt und allerlei Erinnerungen wachgerufen. Die eine -- Briefe des
verstorbnen Fürsten Hohenlohe aus dem Jahre 1874 -- wies auf ein politisch
sehr bewegtes Jahr, das reich an Friktionen aller Art war. Aus auswärtigem
Gebiete: die ultrcunoutane Haltung der damaligen französischen Regierung, die dem
Karlistenanfstande in Spanien direkt Unterstützung gewährte und dafür wiederholt
ernste Drohungen von Berlin hatte hinnehmen müssen, im Zusammenhange damit die
Anerkennung des Marschalls Serrano als Präsident der spanischen Republik, die Ent¬
sendung deutscher Kriegsschiffe an die spanische Küste, sodann auf dem Gebiete der
innern Politik: die Arnimaffäre, die kirchenpolitische Gesetzgebung, das Militärseptennat
an Stelle des von der Regierung verlangten Äternats. Aus deu Briefen Hohenlohes,
der im Mai der Nachfolger des Grafen Arnim in Paris geworden war, geht hervor,
daß sich der Kaiser Hauptsächlich wegen der Anerkennung Serranos gegen Bismarck
verstimmt zeigte, daneben aber auch von der Besorgnis beherrscht war, daß Bismarck
ihn in einen neuen Krieg hineinführen könne. Man erkennt leicht, daß aus diesen
Verstimmungsgründen des Kaisers andre Einflüsse sprachen, was z. B. aus seiner
Bemerkung zum Fürsten Hohenlohe, man müsse jetzt konservativ werden, deutlich genug
hervorgeht. Es ist bekannt, daß die Arnimaffäre vielfach gegen Bismarck ausgenutzt
worden ist. Graf Arnim hatte in Paris die legitimistische Strömung gegen Thiers
begünstigt, und da diese mit der ultramontanen identisch war, war der Bot¬
schafter dadurch in einen Gegensatz zu der amtlichen deutschen Politik geraten. Sein
späterer Prozeß hat hinlänglich enthüllt, in welchem Umfange er seine Berliner
Hofbeziehungen gegen Bismarck ausgenutzt hatte. In innern Fragen war es das
Militärgesetz gewesen, das Reibungen hervorgerufen hatte. Die Regierung hatte
das Äternat für 401659 Mann gefordert, die bis dahin seit 1871 innegehaltne
Heeresstärke. Der Reichstag wollte auf die dauernde Bindung nicht eingehn, Bismarck
lag krank und konnte nur vom Krankenbett aus die Verhandlungen beeinflussen.
Die nationalliberale Partei machte den Kompromißvorschlag des Septennats, den
Miquel an Bismarcks Krankenlager befürwortete. Bismarck stellte dem Kaiser die
Entscheidung anheim mit der Erklärung, daß, wie diese auch ausfallen möge, er
mit seiner vollen Verantwortlichkeit für sie eintreten werde. Der Kaiser, der sich
immer mit dem Gedanken trug, die Militärfrage dem Streite mit der Volksvertretung
zu entrücken und sie seinem Sohne geordnet zu hinterlassen, ging schweren Herzens
auf das Septemmt ein, wohl in der Zuversicht, daß nach siebenjähriger Dauer das
Aternat um so eher zu erreichen sein werde. Dann kam im Juli das Kissinger
Attentat auf Bismarck, das beim Kaiser die höchste Teilnahme hervorrief. Die
von ihm selbst erwähnten neuen Verstimmungen fallen dann in den Monat August:


Maßgebliches und Unmaßgebliches

Zusammenhang zu bringen wären und den jungen Leuten gesundheitlich sehr gut zu-
statten kommen würden. Die hierfür nötigen Maßnahmen können, schon wegen ihres
engen Zusammenhangs mit dem Fortbildungsschulwesen, nur auf dem Gebiete der
Landesgesetzgebung und der Landesverwaltung, nicht der des Reiches liegen. Die
gemeinsame Durchführung in ganz Deutschland innerhalb einer bestimmten Frist
würde dennoch gesichert werden. Sodann müßte, da ja das Vereins- und Ver-
sammluugsrecht nur für majorenne Personen gilt, den jungen Leuten der Beitritt
zu irgendwelchen Organisationen, die nicht vom Staate als zulässig anerkannt
sind, bei Strafe verboten werden, einer Strafe, die zugleich auch Eltern, Pfleger,
Lehrherren und Vormünder treffen könnte. Außerdem sollte aber die Verbreitung
solcher Gesinnungen unter minorennen jungen Leuten als Vorbereitung zum
Hoch- und Landesverrat unter harte Strafe gestellt werden. Machen wir
endlich einen Anfang damit, die ganze Nation wartet mit Sehnsucht darauf. Hier
liegt noch ein weites und segensreiches Arbeitsfeld brach. Hüten wir uns, daß nicht
Unsegen darauf entsprieße. Es harrt der starken und werktätigen Hand!

Zwei Publikationen aus der Bismarckischen Zeit haben in diesen Tagen einiges
Aufsehen erregt und allerlei Erinnerungen wachgerufen. Die eine — Briefe des
verstorbnen Fürsten Hohenlohe aus dem Jahre 1874 — wies auf ein politisch
sehr bewegtes Jahr, das reich an Friktionen aller Art war. Aus auswärtigem
Gebiete: die ultrcunoutane Haltung der damaligen französischen Regierung, die dem
Karlistenanfstande in Spanien direkt Unterstützung gewährte und dafür wiederholt
ernste Drohungen von Berlin hatte hinnehmen müssen, im Zusammenhange damit die
Anerkennung des Marschalls Serrano als Präsident der spanischen Republik, die Ent¬
sendung deutscher Kriegsschiffe an die spanische Küste, sodann auf dem Gebiete der
innern Politik: die Arnimaffäre, die kirchenpolitische Gesetzgebung, das Militärseptennat
an Stelle des von der Regierung verlangten Äternats. Aus deu Briefen Hohenlohes,
der im Mai der Nachfolger des Grafen Arnim in Paris geworden war, geht hervor,
daß sich der Kaiser Hauptsächlich wegen der Anerkennung Serranos gegen Bismarck
verstimmt zeigte, daneben aber auch von der Besorgnis beherrscht war, daß Bismarck
ihn in einen neuen Krieg hineinführen könne. Man erkennt leicht, daß aus diesen
Verstimmungsgründen des Kaisers andre Einflüsse sprachen, was z. B. aus seiner
Bemerkung zum Fürsten Hohenlohe, man müsse jetzt konservativ werden, deutlich genug
hervorgeht. Es ist bekannt, daß die Arnimaffäre vielfach gegen Bismarck ausgenutzt
worden ist. Graf Arnim hatte in Paris die legitimistische Strömung gegen Thiers
begünstigt, und da diese mit der ultramontanen identisch war, war der Bot¬
schafter dadurch in einen Gegensatz zu der amtlichen deutschen Politik geraten. Sein
späterer Prozeß hat hinlänglich enthüllt, in welchem Umfange er seine Berliner
Hofbeziehungen gegen Bismarck ausgenutzt hatte. In innern Fragen war es das
Militärgesetz gewesen, das Reibungen hervorgerufen hatte. Die Regierung hatte
das Äternat für 401659 Mann gefordert, die bis dahin seit 1871 innegehaltne
Heeresstärke. Der Reichstag wollte auf die dauernde Bindung nicht eingehn, Bismarck
lag krank und konnte nur vom Krankenbett aus die Verhandlungen beeinflussen.
Die nationalliberale Partei machte den Kompromißvorschlag des Septennats, den
Miquel an Bismarcks Krankenlager befürwortete. Bismarck stellte dem Kaiser die
Entscheidung anheim mit der Erklärung, daß, wie diese auch ausfallen möge, er
mit seiner vollen Verantwortlichkeit für sie eintreten werde. Der Kaiser, der sich
immer mit dem Gedanken trug, die Militärfrage dem Streite mit der Volksvertretung
zu entrücken und sie seinem Sohne geordnet zu hinterlassen, ging schweren Herzens
auf das Septemmt ein, wohl in der Zuversicht, daß nach siebenjähriger Dauer das
Aternat um so eher zu erreichen sein werde. Dann kam im Juli das Kissinger
Attentat auf Bismarck, das beim Kaiser die höchste Teilnahme hervorrief. Die
von ihm selbst erwähnten neuen Verstimmungen fallen dann in den Monat August:


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[0062] Maßgebliches und Unmaßgebliches Zusammenhang zu bringen wären und den jungen Leuten gesundheitlich sehr gut zu- statten kommen würden. Die hierfür nötigen Maßnahmen können, schon wegen ihres engen Zusammenhangs mit dem Fortbildungsschulwesen, nur auf dem Gebiete der Landesgesetzgebung und der Landesverwaltung, nicht der des Reiches liegen. Die gemeinsame Durchführung in ganz Deutschland innerhalb einer bestimmten Frist würde dennoch gesichert werden. Sodann müßte, da ja das Vereins- und Ver- sammluugsrecht nur für majorenne Personen gilt, den jungen Leuten der Beitritt zu irgendwelchen Organisationen, die nicht vom Staate als zulässig anerkannt sind, bei Strafe verboten werden, einer Strafe, die zugleich auch Eltern, Pfleger, Lehrherren und Vormünder treffen könnte. Außerdem sollte aber die Verbreitung solcher Gesinnungen unter minorennen jungen Leuten als Vorbereitung zum Hoch- und Landesverrat unter harte Strafe gestellt werden. Machen wir endlich einen Anfang damit, die ganze Nation wartet mit Sehnsucht darauf. Hier liegt noch ein weites und segensreiches Arbeitsfeld brach. Hüten wir uns, daß nicht Unsegen darauf entsprieße. Es harrt der starken und werktätigen Hand! Zwei Publikationen aus der Bismarckischen Zeit haben in diesen Tagen einiges Aufsehen erregt und allerlei Erinnerungen wachgerufen. Die eine — Briefe des verstorbnen Fürsten Hohenlohe aus dem Jahre 1874 — wies auf ein politisch sehr bewegtes Jahr, das reich an Friktionen aller Art war. Aus auswärtigem Gebiete: die ultrcunoutane Haltung der damaligen französischen Regierung, die dem Karlistenanfstande in Spanien direkt Unterstützung gewährte und dafür wiederholt ernste Drohungen von Berlin hatte hinnehmen müssen, im Zusammenhange damit die Anerkennung des Marschalls Serrano als Präsident der spanischen Republik, die Ent¬ sendung deutscher Kriegsschiffe an die spanische Küste, sodann auf dem Gebiete der innern Politik: die Arnimaffäre, die kirchenpolitische Gesetzgebung, das Militärseptennat an Stelle des von der Regierung verlangten Äternats. Aus deu Briefen Hohenlohes, der im Mai der Nachfolger des Grafen Arnim in Paris geworden war, geht hervor, daß sich der Kaiser Hauptsächlich wegen der Anerkennung Serranos gegen Bismarck verstimmt zeigte, daneben aber auch von der Besorgnis beherrscht war, daß Bismarck ihn in einen neuen Krieg hineinführen könne. Man erkennt leicht, daß aus diesen Verstimmungsgründen des Kaisers andre Einflüsse sprachen, was z. B. aus seiner Bemerkung zum Fürsten Hohenlohe, man müsse jetzt konservativ werden, deutlich genug hervorgeht. Es ist bekannt, daß die Arnimaffäre vielfach gegen Bismarck ausgenutzt worden ist. Graf Arnim hatte in Paris die legitimistische Strömung gegen Thiers begünstigt, und da diese mit der ultramontanen identisch war, war der Bot¬ schafter dadurch in einen Gegensatz zu der amtlichen deutschen Politik geraten. Sein späterer Prozeß hat hinlänglich enthüllt, in welchem Umfange er seine Berliner Hofbeziehungen gegen Bismarck ausgenutzt hatte. In innern Fragen war es das Militärgesetz gewesen, das Reibungen hervorgerufen hatte. Die Regierung hatte das Äternat für 401659 Mann gefordert, die bis dahin seit 1871 innegehaltne Heeresstärke. Der Reichstag wollte auf die dauernde Bindung nicht eingehn, Bismarck lag krank und konnte nur vom Krankenbett aus die Verhandlungen beeinflussen. Die nationalliberale Partei machte den Kompromißvorschlag des Septennats, den Miquel an Bismarcks Krankenlager befürwortete. Bismarck stellte dem Kaiser die Entscheidung anheim mit der Erklärung, daß, wie diese auch ausfallen möge, er mit seiner vollen Verantwortlichkeit für sie eintreten werde. Der Kaiser, der sich immer mit dem Gedanken trug, die Militärfrage dem Streite mit der Volksvertretung zu entrücken und sie seinem Sohne geordnet zu hinterlassen, ging schweren Herzens auf das Septemmt ein, wohl in der Zuversicht, daß nach siebenjähriger Dauer das Aternat um so eher zu erreichen sein werde. Dann kam im Juli das Kissinger Attentat auf Bismarck, das beim Kaiser die höchste Teilnahme hervorrief. Die von ihm selbst erwähnten neuen Verstimmungen fallen dann in den Monat August:

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 65, 1906, Drittes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341883_299786/62>, abgerufen am 23.07.2024.