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Die Grenzboten. Jg. 65, 1906, Drittes Vierteljahr.

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Geheime Verhandlungen mit Rom unter dem Ministerium Manteuffel

Priester des Oratoriums August Theiuer, der mit Klindworth Hand in Hand
arbeitete, auf jenen Artikel der abgeschlossenen Punktation, der die Gründung
eines preußischen Nationalkollegiums für die Bildung junger preußischer Pricster-
zöglinge in Rom vorsah: "Preußen wird dnrch dieses Institut, so schrieb
August Theiuer am 28. April 1854 dem Minister Manteuffel, eine neue und
dauernde Stellung zum Heiligen Stuhl und zum ganzen katholischen Deutsch¬
land erhalten, da es nicht fehlen kann, daß auch die übrigen mittlern und
kleinern Staate" dasselbe alsbald beschicken werden, besonders wenn diese einen
vertraulichen Wink von Berlin her erhielten. Dieses Institut wird zudem eine
rein deutsche und rein katholische Gesinnung vertreten und fremdartige Ele¬
mente auf diesem heiligen Gebiete fernhalten zum Wohle der Kirche und des
Vaterlandes."

Ein andrer Gegenstand, für den sich der Staatsrat von Klindworth
während seines Aufenthalts in Rom interessierte, betraf die Erwerbung des
Palazzo Cassarelli*) für Preußen.

Diese Angelegenheit, so schrieb er um 23. April 1854 nus Rom an den
Minister Manteuffel, ist in hohem Grade verwickelt und Verfahren. Der Papst
und der Kardinal-Staatssekretär sprachen mir wiederholt und ausführlich über dieselbe.
Viel hat zu ihrer heutigen Physiognomie das ungeschickte uno unüberlegte Be¬
nehmen des (in Rom wenig beliebten und wenig geachteten) Königlichen Geschäfts¬
trägers**) beigetragen. Als eine kleine Probe dieses Benehmens mag das hier in?
Original angelegte Schreiben desselben an den geheimen Kämmerer Seiner Heilig¬
keit, den Fürsten von Hohenlohe dienen, der dasselbe ohne alle Erwiderung ließ.
Auch die Zuschrift des Königs an den Papst über diesen Gegenstand war, ich sage
es offen, ein Mißgriff! Doch es kann sich augenblicklich und auf diesem Blatte
nicht darum handeln, auf eine nähere Erörterung des Vorgefallenen sowie der
Angelegenheit überhaupt einzugehen. Wie die letztere heute vorliegt, so darf sich
die Negierung des Königs keine Hoffnung machen, in den Besitz des erwähnten
Palastes zu gelangen oder mich selbst darin zur Miethe zu verbleiben!

Es fragt sich, legt man dortiger Seits dieser Sache Wichtigkeit bei und wird
der Besitz des streitigen Objekts ganz besonders gewünscht?

In beiden Fällen bin ich sehr gern bereit, meinen unmaßgeblichen Rath zu
ertheile", wenn man mir denselben abfordert, sowie auch es mir angelegen sein zu
lassen, zu einem besseren Erfolge hinzuwirken, wenn man mir die Mittel und Wege
dazu zugestehen will, welche ich zu diesem Ende in Vorschlag zu bringen in dem
Falle sein würde. Nur mit Versöhnung und Entgegenkommen ist hierbei das Er¬
forderliche auszurichten, und erwarte ich eventuell Seiner Excellenz Befehle zur
vorläufigen Verständigung über deu Gegenstand und, wenn es beliebt wird, zu
meiner selbstthätigen Mitwirkung bei demselben!

Unstreitig das bedeutsamste ebenfalls an Manteuffel gerichtete Aktenstück
Klindworths datiert aus Aachen vom 14. Mai 1854, es ist in französischer
Sprache abgefaßt; denn Kliudwvrth liebte es, mit seiner vorzüglichen Beherrschung




*) Jetzt Sitz der deutschen Botschaft in Rom.
Graf Harm Armin.
Geheime Verhandlungen mit Rom unter dem Ministerium Manteuffel

Priester des Oratoriums August Theiuer, der mit Klindworth Hand in Hand
arbeitete, auf jenen Artikel der abgeschlossenen Punktation, der die Gründung
eines preußischen Nationalkollegiums für die Bildung junger preußischer Pricster-
zöglinge in Rom vorsah: „Preußen wird dnrch dieses Institut, so schrieb
August Theiuer am 28. April 1854 dem Minister Manteuffel, eine neue und
dauernde Stellung zum Heiligen Stuhl und zum ganzen katholischen Deutsch¬
land erhalten, da es nicht fehlen kann, daß auch die übrigen mittlern und
kleinern Staate» dasselbe alsbald beschicken werden, besonders wenn diese einen
vertraulichen Wink von Berlin her erhielten. Dieses Institut wird zudem eine
rein deutsche und rein katholische Gesinnung vertreten und fremdartige Ele¬
mente auf diesem heiligen Gebiete fernhalten zum Wohle der Kirche und des
Vaterlandes."

Ein andrer Gegenstand, für den sich der Staatsrat von Klindworth
während seines Aufenthalts in Rom interessierte, betraf die Erwerbung des
Palazzo Cassarelli*) für Preußen.

Diese Angelegenheit, so schrieb er um 23. April 1854 nus Rom an den
Minister Manteuffel, ist in hohem Grade verwickelt und Verfahren. Der Papst
und der Kardinal-Staatssekretär sprachen mir wiederholt und ausführlich über dieselbe.
Viel hat zu ihrer heutigen Physiognomie das ungeschickte uno unüberlegte Be¬
nehmen des (in Rom wenig beliebten und wenig geachteten) Königlichen Geschäfts¬
trägers**) beigetragen. Als eine kleine Probe dieses Benehmens mag das hier in?
Original angelegte Schreiben desselben an den geheimen Kämmerer Seiner Heilig¬
keit, den Fürsten von Hohenlohe dienen, der dasselbe ohne alle Erwiderung ließ.
Auch die Zuschrift des Königs an den Papst über diesen Gegenstand war, ich sage
es offen, ein Mißgriff! Doch es kann sich augenblicklich und auf diesem Blatte
nicht darum handeln, auf eine nähere Erörterung des Vorgefallenen sowie der
Angelegenheit überhaupt einzugehen. Wie die letztere heute vorliegt, so darf sich
die Negierung des Königs keine Hoffnung machen, in den Besitz des erwähnten
Palastes zu gelangen oder mich selbst darin zur Miethe zu verbleiben!

Es fragt sich, legt man dortiger Seits dieser Sache Wichtigkeit bei und wird
der Besitz des streitigen Objekts ganz besonders gewünscht?

In beiden Fällen bin ich sehr gern bereit, meinen unmaßgeblichen Rath zu
ertheile«, wenn man mir denselben abfordert, sowie auch es mir angelegen sein zu
lassen, zu einem besseren Erfolge hinzuwirken, wenn man mir die Mittel und Wege
dazu zugestehen will, welche ich zu diesem Ende in Vorschlag zu bringen in dem
Falle sein würde. Nur mit Versöhnung und Entgegenkommen ist hierbei das Er¬
forderliche auszurichten, und erwarte ich eventuell Seiner Excellenz Befehle zur
vorläufigen Verständigung über deu Gegenstand und, wenn es beliebt wird, zu
meiner selbstthätigen Mitwirkung bei demselben!

Unstreitig das bedeutsamste ebenfalls an Manteuffel gerichtete Aktenstück
Klindworths datiert aus Aachen vom 14. Mai 1854, es ist in französischer
Sprache abgefaßt; denn Kliudwvrth liebte es, mit seiner vorzüglichen Beherrschung




*) Jetzt Sitz der deutschen Botschaft in Rom.
Graf Harm Armin.
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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 65, 1906, Drittes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341883_299786/506>, abgerufen am 27.12.2024.