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Die Grenzboten. Jg. 65, 1906, Drittes Vierteljahr.

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Allerlei aus einem Strafrechtskommentar der guten alten Zeit

Neuem zu exairüllirsu, und außzufragen .. . seine etwa begangene Richterliche
Fehler ehender zu bekennen, als ein unschuldiges Blut vergissen zu lassen und
dem Delinquenten Gelegenheit zu machen, daß er seine Sach Supplications-
oder Beschwörs-Weiß nacher Hoff vorführen möge, welche, weilen es eine
unwiederbringliche Sach betrifft, den ektövtuln äsvolutivuin und 8U8vönsivuirl,
gleichwie ein ^.xMla-ton nach sich ziehet." Übrigens werde kein Richter
wünschen, aus "allzu füreilender Lxöoution den Nachklang eines xsssionirtsn
oder blutbegirigen Gemüths zu erwerben, geschweigens denn der kläglichen
Historien, da wegen nicht erhörter beschwärde die Obrigkeiten vor das Gericht
des strengen und Allmächtigen Richters unterschiedlich von dem Hingerichten
Delinquenten seynd berüffen worden".

Wir kommen nun zu dem "Anderem Tractat von denen Ublthaten ins
Gemain und wie dieselben von Rechtswegen unterschyden werden".

"Die vsliotg, bestehen nit allein in verbottenen wirklichen Nealthatcn,
sondern auch in unzuelässigen und straffbaren Worten, ja Gebannten selbsten."

Unter diesen "ist die schwerste Übelthat die Gotteslästerung, wodurch Krieg,
Hunger, Pest und Erdbiden, zum Untergang und Verderben gantzer Länder
verursacht werden. Die Criminalisten tractieren dieses Laster vor den andern,
weil der Allmächtige Gott dadurch am höchsten verletzt wird." Die Verletzung
der Göttlichen Majestät kann durch Worte oder durch Werke geschehen, diese
können unmittelbar oder mittelbar gegen Gott gerichtet sein. Als Beispiele der
ersten werden unter andern aufgeführt: Äußerungen, wodurch die Existenz
Gottes oder göttliche Eigenschaften (Allmacht, Allgegenwart, Gerechtigkeit usw.)
verneint werden, oder wodurch erklärt wird, daß man nicht an Gott glaubt.
Ferner solche Reden, die eine Schmähung des christlichen Glaubens enthalten,
wie zum Beispiel die eines Juden, er wünsche "daß er Gott und den Bapsten
in Händen hätte, er wollte ihnen die Augen ausstechen, item, da die Juden
gesagt: ig. vostrs, tsäö 6 tkäs al dö,Wi." Eine unmittelbare Gotteslästerung
kann auch durch Vermehrung der Bilder des Gedächtnisses, des Lebens der
Jungfrau Maria oder eines Heiligen begangen werden, wenn auch die Evan¬
gelischen und Akatholiken dies verneinen. Da aber die heilige Jungfrau und
die Heiligen täglich "durch so viele Mirakel geziert werden", ist der Vorwurf
des Irrtums gegen Gott darin zu finden, daß man die Heiligen verunehrt, die
von Gott so ausgezeichnet werden. Die mittelbare Gotteslästerung liegt vor,
wenn jemand "durch den Tod Leyden, Passion, Blut, Wunden Christi und
H. LaorÄUiMtÄ fluchet und schwöret".

Man unterscheidet auch zwischen ketzerischer und nichtketzerischer Gottes¬
lästerung, "je nachdem von Gott etwas ausgesagt wird, das wider den Glauben
und gleichsam ein Anzeigung neuer Ketzerischer 8sol" wäre oder das Gesagte dem
Glauben "toillia,I1tkr und schnurgerad nit zuwider läufst", aber unehrerbietig ist.
Wenn der Beschuldigte ein Jude ist, so darf hierin ein belastendes inäiomra
gefunden werden, weil "gleichwie ein Spinn nit ohne Gift, also kan ein Jud


Allerlei aus einem Strafrechtskommentar der guten alten Zeit

Neuem zu exairüllirsu, und außzufragen .. . seine etwa begangene Richterliche
Fehler ehender zu bekennen, als ein unschuldiges Blut vergissen zu lassen und
dem Delinquenten Gelegenheit zu machen, daß er seine Sach Supplications-
oder Beschwörs-Weiß nacher Hoff vorführen möge, welche, weilen es eine
unwiederbringliche Sach betrifft, den ektövtuln äsvolutivuin und 8U8vönsivuirl,
gleichwie ein ^.xMla-ton nach sich ziehet." Übrigens werde kein Richter
wünschen, aus „allzu füreilender Lxöoution den Nachklang eines xsssionirtsn
oder blutbegirigen Gemüths zu erwerben, geschweigens denn der kläglichen
Historien, da wegen nicht erhörter beschwärde die Obrigkeiten vor das Gericht
des strengen und Allmächtigen Richters unterschiedlich von dem Hingerichten
Delinquenten seynd berüffen worden".

Wir kommen nun zu dem „Anderem Tractat von denen Ublthaten ins
Gemain und wie dieselben von Rechtswegen unterschyden werden".

„Die vsliotg, bestehen nit allein in verbottenen wirklichen Nealthatcn,
sondern auch in unzuelässigen und straffbaren Worten, ja Gebannten selbsten."

Unter diesen „ist die schwerste Übelthat die Gotteslästerung, wodurch Krieg,
Hunger, Pest und Erdbiden, zum Untergang und Verderben gantzer Länder
verursacht werden. Die Criminalisten tractieren dieses Laster vor den andern,
weil der Allmächtige Gott dadurch am höchsten verletzt wird." Die Verletzung
der Göttlichen Majestät kann durch Worte oder durch Werke geschehen, diese
können unmittelbar oder mittelbar gegen Gott gerichtet sein. Als Beispiele der
ersten werden unter andern aufgeführt: Äußerungen, wodurch die Existenz
Gottes oder göttliche Eigenschaften (Allmacht, Allgegenwart, Gerechtigkeit usw.)
verneint werden, oder wodurch erklärt wird, daß man nicht an Gott glaubt.
Ferner solche Reden, die eine Schmähung des christlichen Glaubens enthalten,
wie zum Beispiel die eines Juden, er wünsche „daß er Gott und den Bapsten
in Händen hätte, er wollte ihnen die Augen ausstechen, item, da die Juden
gesagt: ig. vostrs, tsäö 6 tkäs al dö,Wi." Eine unmittelbare Gotteslästerung
kann auch durch Vermehrung der Bilder des Gedächtnisses, des Lebens der
Jungfrau Maria oder eines Heiligen begangen werden, wenn auch die Evan¬
gelischen und Akatholiken dies verneinen. Da aber die heilige Jungfrau und
die Heiligen täglich „durch so viele Mirakel geziert werden", ist der Vorwurf
des Irrtums gegen Gott darin zu finden, daß man die Heiligen verunehrt, die
von Gott so ausgezeichnet werden. Die mittelbare Gotteslästerung liegt vor,
wenn jemand „durch den Tod Leyden, Passion, Blut, Wunden Christi und
H. LaorÄUiMtÄ fluchet und schwöret".

Man unterscheidet auch zwischen ketzerischer und nichtketzerischer Gottes¬
lästerung, „je nachdem von Gott etwas ausgesagt wird, das wider den Glauben
und gleichsam ein Anzeigung neuer Ketzerischer 8sol" wäre oder das Gesagte dem
Glauben „toillia,I1tkr und schnurgerad nit zuwider läufst", aber unehrerbietig ist.
Wenn der Beschuldigte ein Jude ist, so darf hierin ein belastendes inäiomra
gefunden werden, weil „gleichwie ein Spinn nit ohne Gift, also kan ein Jud


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 65, 1906, Drittes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341883_299786/406>, abgerufen am 23.07.2024.