Die Grenzboten. Jg. 65, 1906, Drittes Vierteljahr.Die Physiognomie der russischen Sprache Ein paar beliebige Stellen aus Lermontoff, dem zweiten großen russischen [Beginn Spaltensatz] Endlich die wunderbaren Schlußzeilen des "Dämon" im Urtext und in [Beginn Spaltensatz] [Spaltenumbruch] Das Kirchlein nur, wo still im Grunde lin'lok rig. Ki-ntoi vör"okiniö So zeigt uns das Gesamtbild der russischen Sprache neben einzelnen selt¬ Die Physiognomie der russischen Sprache Ein paar beliebige Stellen aus Lermontoff, dem zweiten großen russischen [Beginn Spaltensatz] Endlich die wunderbaren Schlußzeilen des „Dämon" im Urtext und in [Beginn Spaltensatz] [Spaltenumbruch] Das Kirchlein nur, wo still im Grunde lin'lok rig. Ki-ntoi vör»okiniö So zeigt uns das Gesamtbild der russischen Sprache neben einzelnen selt¬ <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0214" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/300001"/> <fw type="header" place="top"> Die Physiognomie der russischen Sprache</fw><lb/> <p xml:id="ID_728"> Ein paar beliebige Stellen aus Lermontoff, dem zweiten großen russischen<lb/> Dichter, mögen den Eindruck vervollständige«. Der Anfang des „Wiegenliedes<lb/> einer Kosakenfrau" lautet folgendermaßen:</p><lb/> <cb type="start"/> <lg xml:id="POEMID_10" type="poem"> <l/> </lg> <cb/><lb/> <lg xml:id="POEMID_11" type="poem"> <l/> </lg> <cb type="end"/><lb/> <p xml:id="ID_729"> Endlich die wunderbaren Schlußzeilen des „Dämon" im Urtext und in<lb/> meiner Übersetzung des Gedichts:</p><lb/> <cb type="start"/> <cb/><lb/> <p xml:id="ID_730"> Das Kirchlein nur, wo still im Grunde<lb/> Der Felsen ihre Asche ruht,<lb/> Blickt, sicher in des Ew'gen Hut,<lb/> Herab aus Nebeln noch zur Stunde.<lb/> Und an der Pforte stehn die dunkeln<lb/> Granitnen Säulen noch als Wacht,<lb/> Vom Schnee des Berges überdacht,<lb/> Auf deren Brust wie Panzer funkeln<lb/> Eisplatten in urew'ger Pracht.<lb/> Lnwinentrümmer Hunger träumend<lb/> Ringsum, ein düstrer Katarakt,<lb/> Den von den Zacken niedcrschttumend<lb/> Des Frostes starre Hand gepackt.<lb/> Der Wirbel aber zieht im Kreise<lb/> Der First, der stäubenden, vorbei,<lb/> Bald traurig heulend seine Weise,<lb/> Bald mit dämonisch wildem Schrei.<lb/> Und rasche Wolken nur, die fern<lb/> Im Morgenland die Mär vernommen<lb/> Von jenem Wundertempel, kommen<lb/> Und stellen fromm sich vor den Herrn.<lb/> Doch bei der Gräber Kreuz und Stein<lb/> Kehrt längst kein Trauernder mehr ein.<lb/> Nie wird des Kasbek düstren Quadern<lb/> Der Staub entführt, der ihm gehört,<lb/> Und von der Menschheit co'gen Hadern<lb/> Sein co'ger Friede nie gestört.</p> <cb type="end"/><lb/> <p xml:id="ID_731"> lin'lok rig. Ki-ntoi vör»okiniö<lb/> (>(.Iio tusüti Insel jioli üsmlol,<lb/> (!ItiAniin!r vdlstisu «vM.ol<lb/> "^Viänä no/.Il tut8oil si»ol>t«plin plumis.<lb/> I n >var»t jvjä «WM<lb/> M stiAüUiö tsvküin^o Amoltzs<lb/> I'WMmi »niWdu^mi pg.Kr/t^,<lb/> I na M'ulll hivi» tmiv«de> tat<lb/> I^llx viokavissotmxs xaijät.<lb/> 7Vb^V!lIok »vno^jg. glÄwMzs<lb/> L ustüpok, ouato WÄÜa>M^<lb/> U^ro/.izm s-olivÄAvKsnQZw tckniK<lb/> Visjüt, vaolimm'iÄoKisj, vakrüx.<lb/> I lau» mjittölj Äiviörom oliüäit,<lb/> 86^>vÄsa pxlj sa 8lion siöä^oll,<lb/> lo pivizusu ckülgujn na^on<in,<lb/> 1'v sMIÄsst tsvlissc^v^ob.<lb/> >?»t^«ota ^viWti k atMIünsis<lb/> t»vMänom ÄuÄmiö t toi straniö,<lb/> 8 vvsstnka üdlÄca<lb/> LpiiKoliiit t.ilpoi na p^Iclanünsis;<lb/> I riÄÄ soinsö magilsv^c!^ put<lb/> Dttvnö niolitü n^I» ni grustit;<lb/> NcÄa, ngrumavv Xa/.iivIvÄ<lb/> Dat^tZvIiu /.düäno sein'^null,<lb/> I visLvKn^ ropot tkjvliuwv-iülcg.<lb/> ,?!<!>» viosolin^ mir ni v^antik.</p><lb/> <p xml:id="ID_732" next="#ID_733"> So zeigt uns das Gesamtbild der russischen Sprache neben einzelnen selt¬<lb/> samen oder befremdenden Zügen eine Schöpfung voll Reichtum, Kraft und<lb/> Wohllaut und hinter ihr als Schöpfer ein großes Volk von gemütvoller und<lb/> freundlicher Art, das überdies mit dem unsrigen von uralters her durch zahl¬<lb/> reiche innere und äußere Beziehungen verbunden ist. Und schon deshalb darf<lb/> unter den Mitteln, mit denen der Deutsche seine eigne Kultur bereichert und</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0214]
Die Physiognomie der russischen Sprache
Ein paar beliebige Stellen aus Lermontoff, dem zweiten großen russischen
Dichter, mögen den Eindruck vervollständige«. Der Anfang des „Wiegenliedes
einer Kosakenfrau" lautet folgendermaßen:
Endlich die wunderbaren Schlußzeilen des „Dämon" im Urtext und in
meiner Übersetzung des Gedichts:
Das Kirchlein nur, wo still im Grunde
Der Felsen ihre Asche ruht,
Blickt, sicher in des Ew'gen Hut,
Herab aus Nebeln noch zur Stunde.
Und an der Pforte stehn die dunkeln
Granitnen Säulen noch als Wacht,
Vom Schnee des Berges überdacht,
Auf deren Brust wie Panzer funkeln
Eisplatten in urew'ger Pracht.
Lnwinentrümmer Hunger träumend
Ringsum, ein düstrer Katarakt,
Den von den Zacken niedcrschttumend
Des Frostes starre Hand gepackt.
Der Wirbel aber zieht im Kreise
Der First, der stäubenden, vorbei,
Bald traurig heulend seine Weise,
Bald mit dämonisch wildem Schrei.
Und rasche Wolken nur, die fern
Im Morgenland die Mär vernommen
Von jenem Wundertempel, kommen
Und stellen fromm sich vor den Herrn.
Doch bei der Gräber Kreuz und Stein
Kehrt längst kein Trauernder mehr ein.
Nie wird des Kasbek düstren Quadern
Der Staub entführt, der ihm gehört,
Und von der Menschheit co'gen Hadern
Sein co'ger Friede nie gestört.
lin'lok rig. Ki-ntoi vör»okiniö
(>(.Iio tusüti Insel jioli üsmlol,
(!ItiAniin!r vdlstisu «vM.ol
"^Viänä no/.Il tut8oil si»ol>t«plin plumis.
I n >var»t jvjä «WM
M stiAüUiö tsvküin^o Amoltzs
I'WMmi »niWdu^mi pg.Kr/t^,
I na M'ulll hivi» tmiv«de> tat
I^llx viokavissotmxs xaijät.
7Vb^V!lIok »vno^jg. glÄwMzs
L ustüpok, ouato WÄÜa>M^
U^ro/.izm s-olivÄAvKsnQZw tckniK
Visjüt, vaolimm'iÄoKisj, vakrüx.
I lau» mjittölj Äiviörom oliüäit,
86^>vÄsa pxlj sa 8lion siöä^oll,
lo pivizusu ckülgujn na^on<in,
1'v sMIÄsst tsvlissc^v^ob.
>?»t^«ota ^viWti k atMIünsis
t»vMänom ÄuÄmiö t toi straniö,
8 vvsstnka üdlÄca
LpiiKoliiit t.ilpoi na p^Iclanünsis;
I riÄÄ soinsö magilsv^c!^ put
Dttvnö niolitü n^I» ni grustit;
NcÄa, ngrumavv Xa/.iivIvÄ
Dat^tZvIiu /.düäno sein'^null,
I visLvKn^ ropot tkjvliuwv-iülcg.
,?!<!>» viosolin^ mir ni v^antik.
So zeigt uns das Gesamtbild der russischen Sprache neben einzelnen selt¬
samen oder befremdenden Zügen eine Schöpfung voll Reichtum, Kraft und
Wohllaut und hinter ihr als Schöpfer ein großes Volk von gemütvoller und
freundlicher Art, das überdies mit dem unsrigen von uralters her durch zahl¬
reiche innere und äußere Beziehungen verbunden ist. Und schon deshalb darf
unter den Mitteln, mit denen der Deutsche seine eigne Kultur bereichert und
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