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Die Grenzboten. Jg. 65, 1906, Zweites Vierteljahr.

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Maßgebliches und Unmaßgebliches

gibt, die, wofern sie sonst mit ihrem musikalischen Part zufrieden sind, es inne
werden, daß sie im Text nichts als geschmacklosen Klingklang vorzutragen haben.
Und auch das kann gesagt werden, daß bei metrischen Übersetzungen gerade aus
dem Englischen eine erhöhte Nachsicht wohl am Platze scheinen könne, da unsre
Sprache nun einmal bei ihrer eignen Art schwer Platz findet für alles das, was
die an einsilbigen Worten so besonders reiche englische in eine Verszeile unterzu¬
bringen vermag, eine Schwierigkeit, die noch bedeutend anwächst, wenn, wie dies
gerade bei Robim Adair der Fall ist, die Verszeilen so kurz sind und nur je sechs
Silben zur Verfügung stellen, dabei aber noch drei aufeinanderfolgende Reime uns
zur Pflicht machen. Doch unter voller Würdigung des Angeführten wird man doch
wohl nicht umhin können, das von dem Übersetzer des Robim Adair gewählte Mittel,
über alle Schwierigkeiten einfach dadurch hinwegzukommen, daß man sich von dem
Original der Hauptsache nach emanzipiert und eigne Gedanken oder Betrachtungen
im Versmaß unterschiebt, als durchaus unzulässig zu verurteilen. Wir Deutschen,
die wir einen wohlbegründeten Ruf als verständnisvolle Übersetzer zu wahren haben,
dürfen es nicht mit gleichgiltigen Augen ansehen, wenn in unsern Liederbüchern ein
aus einer fremden Sprache herübergenommnes Volkslied in einer ganz und gar
entstellten, unwürdigen Form vertreten ist. Aber um mich nicht dem einem Kritiker
so gern entgegengehaltnen Einwände, daß Tadeln leichter sei als Bessermachen, aus¬
zusetzen, erkläre ich mich bereit, die eigne Haut zu Markte zu tragen und eine
neue Übersetzung unsers Volksliedes zu liefern, die sich dem englischen Original Zeile
für Zeile treu zu folgen redlich bemüht hat. Möchte sie auch dessen schlichten Ton
glücklich getroffen haben!

Robim Adair
[Beginn Spaltensatz] Willkommen hier am Strand, Robim Adair,
Wieder im Vaterland, Robim Adair!
Bebest beim Handdruck mir,
Tränen im Auge dir
Grüßen die Heimat hier, Robim Adair. [Spaltenumbruch] Seewärts oft spähte ich, Robim Adair,
Fichte zu Gott für dich, Robim Adair.
Möchtest du fern auch sein,
Wollt mich ein Andrer frein,
Dacht ich an dich allein, Robim Adair. [Ende Spaltensatz] Komm wieder an mein Herz, Robim Adair!
Nichts mehr von Trennungsschmerz, Robim Adair!
Löscht dein Wort du ein,
Werd ich in Treue dein,
D L<L. Grün ha gen ir nur zu eigen sein, Robim Adair.




Maßgebliches und Unmaßgebliches

gibt, die, wofern sie sonst mit ihrem musikalischen Part zufrieden sind, es inne
werden, daß sie im Text nichts als geschmacklosen Klingklang vorzutragen haben.
Und auch das kann gesagt werden, daß bei metrischen Übersetzungen gerade aus
dem Englischen eine erhöhte Nachsicht wohl am Platze scheinen könne, da unsre
Sprache nun einmal bei ihrer eignen Art schwer Platz findet für alles das, was
die an einsilbigen Worten so besonders reiche englische in eine Verszeile unterzu¬
bringen vermag, eine Schwierigkeit, die noch bedeutend anwächst, wenn, wie dies
gerade bei Robim Adair der Fall ist, die Verszeilen so kurz sind und nur je sechs
Silben zur Verfügung stellen, dabei aber noch drei aufeinanderfolgende Reime uns
zur Pflicht machen. Doch unter voller Würdigung des Angeführten wird man doch
wohl nicht umhin können, das von dem Übersetzer des Robim Adair gewählte Mittel,
über alle Schwierigkeiten einfach dadurch hinwegzukommen, daß man sich von dem
Original der Hauptsache nach emanzipiert und eigne Gedanken oder Betrachtungen
im Versmaß unterschiebt, als durchaus unzulässig zu verurteilen. Wir Deutschen,
die wir einen wohlbegründeten Ruf als verständnisvolle Übersetzer zu wahren haben,
dürfen es nicht mit gleichgiltigen Augen ansehen, wenn in unsern Liederbüchern ein
aus einer fremden Sprache herübergenommnes Volkslied in einer ganz und gar
entstellten, unwürdigen Form vertreten ist. Aber um mich nicht dem einem Kritiker
so gern entgegengehaltnen Einwände, daß Tadeln leichter sei als Bessermachen, aus¬
zusetzen, erkläre ich mich bereit, die eigne Haut zu Markte zu tragen und eine
neue Übersetzung unsers Volksliedes zu liefern, die sich dem englischen Original Zeile
für Zeile treu zu folgen redlich bemüht hat. Möchte sie auch dessen schlichten Ton
glücklich getroffen haben!

Robim Adair
[Beginn Spaltensatz] Willkommen hier am Strand, Robim Adair,
Wieder im Vaterland, Robim Adair!
Bebest beim Handdruck mir,
Tränen im Auge dir
Grüßen die Heimat hier, Robim Adair. [Spaltenumbruch] Seewärts oft spähte ich, Robim Adair,
Fichte zu Gott für dich, Robim Adair.
Möchtest du fern auch sein,
Wollt mich ein Andrer frein,
Dacht ich an dich allein, Robim Adair. [Ende Spaltensatz] Komm wieder an mein Herz, Robim Adair!
Nichts mehr von Trennungsschmerz, Robim Adair!
Löscht dein Wort du ein,
Werd ich in Treue dein,
D L<L. Grün ha gen ir nur zu eigen sein, Robim Adair.




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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 65, 1906, Zweites Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341883_299040/680>, abgerufen am 24.07.2024.