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Die Grenzboten. Jg. 65, 1906, Zweites Vierteljahr.

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Maßgebliches und Unmaßgebliches

noch in andrer Hinsicht ist seine Wehrnotwendigkeit eine doppelte. Es genügen
nicht Geldopfer, wie sie der Engländer allein bringt, sondern ein großer Teil des
Volkes muß.auch persönlich für des Landes Wehrkraft eintretey, da nur auf dem
Boden der allgemeinen Wehrpflicht ein starkes Heer erwachsen kann. Um so be¬
drohlicher muß es da sein, wenn sich der Träger unsers kapitalistischen Fortschritts
mehr und mehr eine Wehrverdrossenheit bemächtigt. Man will keine Geldopfer
und erst recht keine persönlichen Opfer mehr bringen. Auch hiervon überzeugt uns
fast täglich der Geschäftsgang unsrer Parlamente, wo allem, was mit Wehrvor¬
lagen zusammenhängt, hartnäckiger Widerstand entgegengesetzt wird. ^

Aber auch diese Wehrverdrossenheit der Geldpartei wäre wiederum vielleicht
nicht so gefährlich, wenn nicht auch sie auf die untern Schichten übergriffe. Die
sozialen Verschiebungen, die wir schon berührt haben, haben an Stelle eines besitzenden
und darum staatserhaltenden Bauernstandes ein nur an geringem beweglichem Besitz
hängendes und darum staatsbedrohendes Proletariat der Städte geschaffen: die
Sozialdemokratie. Diese Sozialdemokratie ist im innersten Kern ihres Wesens
zugestandnermaßen international, sie hat an nationalen Fragen kein Interesse, sie
setzt allen nationalen Bedürfnissen hartnäckigen Widerstand entgegen. Darum ist
auch der Sozialismus ein Hauptfeind nationaler Wehrkraft. Mag der Soztalismus
heute auch seine Macht überschätzen, und mögen ängstliche Gemüter geneigt sein,
diese Überschätzung mitzumachen, so unterliegt es doch keinem Zweifel, daß in Zeiten
ernster kriegerischer Verwicklungen, wenn solche in späterer Zukunft wieder einmal
unser Land bedrohen sollten, dieser internationale Pfahl im nationalen Fleische
unsrer Wehrfähigkeit sehr gefährlich werden könnte. Die Sozialdemokratie ist also
die Hauptfeindin unsrer so notwendigen nationalen Wehrkraft. Die Sozialdemokratie
aber ist ihrem ganzen Wesen nach nur eine Frucht der anglisierenden Geldsucht
und der für uns daraus folgenden Genußsucht unsrer Zeit. > .

So ergeben sich aus undeutscher Nachahmung englischen Wesens schwere wirt¬
schaftliche, moralische, physische und, besonders was die Wehrkraft anlangt, überhaupt
allgemein nationale Gefahren, und wir sehen, daß der scheinbar so glänzende Fort¬
schritt von heute tatsächlich ein Rückschritt ist. Und es kann auch nicht verschwiegen
werden, daß unsre Parlamente gegen diesen undeutschen Geist der Zeit kein ge¬
nügendes Bollwerk bilden. Auch hier überwiegen kurzsichtige Parteiinteressen, und
die allgemein nationalen Interessen werden allemal in den Hintergrund geschoben.

Um so dringender muß da, wenn auch unsre Parlamente versagen, die Frage
lauten: Wie kann dem deutschen Volke aus diesen seine Zukunft schwer bedrohenden
Gefahren Rettung werden?

Das "Wie" an sich ist leicht beantwortet: dadurch, daß das deutsche Volk
von der an und für sich schon unwürdigen Nachahmung fremden Wesens wieder
abgewandt und zu Selbstbesinnung und dem daraus folgenden Selbstbewußt¬
sein und der sich daraus ergebenden Beharrung im eignen Wesen erzogen wird.
Durch Rückerziehung also zur Beendigung eigner Art. Fragen wir Fremde, die
Deutschland kennen gelernt haben, was sie am alten deutschen Wesen als eigne Art
so sehr schätzen lernten, so nennen sie die Arbeitsfreudigkeit des Deutschen, seinen
Trieb, die Arbeit zunächst um ihrer selbst willen und nicht nur im Hinblick auf
den Gewinn zu verrichten. Zu diesem innern Kern seines Wesens, zur schlichten
Kraftentfaltung ohne fortwährendes Hinschielen auf das Geld sollte der Deutsche
zurückerzogen werden.

Diese Rückerziehung würde von großer Folgewirkung für die gesamte Wirt¬
schaftspolitik Deutschlands sein. Erstens für die innere Politik: indem der gefähr¬
liche Prozeß der Landflucht zum Stillstand gebracht werden würde, wenn nämlich
auch der kleine Mann vom Lande zu dem Gedanken zurückerzogen würde, daß es
auch für ihn hauptsächlich auf Kraftentfaltung ankommt. Dann würde er sich mit
Recht sagen, daß er seine Kraft ebenso gut auf dem Lande wie in der Stadt be¬
tätigen kann, ja besser noch, da ihm auf dem Lande seine Gesundheit in ganz anderm


Maßgebliches und Unmaßgebliches

noch in andrer Hinsicht ist seine Wehrnotwendigkeit eine doppelte. Es genügen
nicht Geldopfer, wie sie der Engländer allein bringt, sondern ein großer Teil des
Volkes muß.auch persönlich für des Landes Wehrkraft eintretey, da nur auf dem
Boden der allgemeinen Wehrpflicht ein starkes Heer erwachsen kann. Um so be¬
drohlicher muß es da sein, wenn sich der Träger unsers kapitalistischen Fortschritts
mehr und mehr eine Wehrverdrossenheit bemächtigt. Man will keine Geldopfer
und erst recht keine persönlichen Opfer mehr bringen. Auch hiervon überzeugt uns
fast täglich der Geschäftsgang unsrer Parlamente, wo allem, was mit Wehrvor¬
lagen zusammenhängt, hartnäckiger Widerstand entgegengesetzt wird. ^

Aber auch diese Wehrverdrossenheit der Geldpartei wäre wiederum vielleicht
nicht so gefährlich, wenn nicht auch sie auf die untern Schichten übergriffe. Die
sozialen Verschiebungen, die wir schon berührt haben, haben an Stelle eines besitzenden
und darum staatserhaltenden Bauernstandes ein nur an geringem beweglichem Besitz
hängendes und darum staatsbedrohendes Proletariat der Städte geschaffen: die
Sozialdemokratie. Diese Sozialdemokratie ist im innersten Kern ihres Wesens
zugestandnermaßen international, sie hat an nationalen Fragen kein Interesse, sie
setzt allen nationalen Bedürfnissen hartnäckigen Widerstand entgegen. Darum ist
auch der Sozialismus ein Hauptfeind nationaler Wehrkraft. Mag der Soztalismus
heute auch seine Macht überschätzen, und mögen ängstliche Gemüter geneigt sein,
diese Überschätzung mitzumachen, so unterliegt es doch keinem Zweifel, daß in Zeiten
ernster kriegerischer Verwicklungen, wenn solche in späterer Zukunft wieder einmal
unser Land bedrohen sollten, dieser internationale Pfahl im nationalen Fleische
unsrer Wehrfähigkeit sehr gefährlich werden könnte. Die Sozialdemokratie ist also
die Hauptfeindin unsrer so notwendigen nationalen Wehrkraft. Die Sozialdemokratie
aber ist ihrem ganzen Wesen nach nur eine Frucht der anglisierenden Geldsucht
und der für uns daraus folgenden Genußsucht unsrer Zeit. > .

So ergeben sich aus undeutscher Nachahmung englischen Wesens schwere wirt¬
schaftliche, moralische, physische und, besonders was die Wehrkraft anlangt, überhaupt
allgemein nationale Gefahren, und wir sehen, daß der scheinbar so glänzende Fort¬
schritt von heute tatsächlich ein Rückschritt ist. Und es kann auch nicht verschwiegen
werden, daß unsre Parlamente gegen diesen undeutschen Geist der Zeit kein ge¬
nügendes Bollwerk bilden. Auch hier überwiegen kurzsichtige Parteiinteressen, und
die allgemein nationalen Interessen werden allemal in den Hintergrund geschoben.

Um so dringender muß da, wenn auch unsre Parlamente versagen, die Frage
lauten: Wie kann dem deutschen Volke aus diesen seine Zukunft schwer bedrohenden
Gefahren Rettung werden?

Das „Wie" an sich ist leicht beantwortet: dadurch, daß das deutsche Volk
von der an und für sich schon unwürdigen Nachahmung fremden Wesens wieder
abgewandt und zu Selbstbesinnung und dem daraus folgenden Selbstbewußt¬
sein und der sich daraus ergebenden Beharrung im eignen Wesen erzogen wird.
Durch Rückerziehung also zur Beendigung eigner Art. Fragen wir Fremde, die
Deutschland kennen gelernt haben, was sie am alten deutschen Wesen als eigne Art
so sehr schätzen lernten, so nennen sie die Arbeitsfreudigkeit des Deutschen, seinen
Trieb, die Arbeit zunächst um ihrer selbst willen und nicht nur im Hinblick auf
den Gewinn zu verrichten. Zu diesem innern Kern seines Wesens, zur schlichten
Kraftentfaltung ohne fortwährendes Hinschielen auf das Geld sollte der Deutsche
zurückerzogen werden.

Diese Rückerziehung würde von großer Folgewirkung für die gesamte Wirt¬
schaftspolitik Deutschlands sein. Erstens für die innere Politik: indem der gefähr¬
liche Prozeß der Landflucht zum Stillstand gebracht werden würde, wenn nämlich
auch der kleine Mann vom Lande zu dem Gedanken zurückerzogen würde, daß es
auch für ihn hauptsächlich auf Kraftentfaltung ankommt. Dann würde er sich mit
Recht sagen, daß er seine Kraft ebenso gut auf dem Lande wie in der Stadt be¬
tätigen kann, ja besser noch, da ihm auf dem Lande seine Gesundheit in ganz anderm


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[0622] Maßgebliches und Unmaßgebliches noch in andrer Hinsicht ist seine Wehrnotwendigkeit eine doppelte. Es genügen nicht Geldopfer, wie sie der Engländer allein bringt, sondern ein großer Teil des Volkes muß.auch persönlich für des Landes Wehrkraft eintretey, da nur auf dem Boden der allgemeinen Wehrpflicht ein starkes Heer erwachsen kann. Um so be¬ drohlicher muß es da sein, wenn sich der Träger unsers kapitalistischen Fortschritts mehr und mehr eine Wehrverdrossenheit bemächtigt. Man will keine Geldopfer und erst recht keine persönlichen Opfer mehr bringen. Auch hiervon überzeugt uns fast täglich der Geschäftsgang unsrer Parlamente, wo allem, was mit Wehrvor¬ lagen zusammenhängt, hartnäckiger Widerstand entgegengesetzt wird. ^ Aber auch diese Wehrverdrossenheit der Geldpartei wäre wiederum vielleicht nicht so gefährlich, wenn nicht auch sie auf die untern Schichten übergriffe. Die sozialen Verschiebungen, die wir schon berührt haben, haben an Stelle eines besitzenden und darum staatserhaltenden Bauernstandes ein nur an geringem beweglichem Besitz hängendes und darum staatsbedrohendes Proletariat der Städte geschaffen: die Sozialdemokratie. Diese Sozialdemokratie ist im innersten Kern ihres Wesens zugestandnermaßen international, sie hat an nationalen Fragen kein Interesse, sie setzt allen nationalen Bedürfnissen hartnäckigen Widerstand entgegen. Darum ist auch der Sozialismus ein Hauptfeind nationaler Wehrkraft. Mag der Soztalismus heute auch seine Macht überschätzen, und mögen ängstliche Gemüter geneigt sein, diese Überschätzung mitzumachen, so unterliegt es doch keinem Zweifel, daß in Zeiten ernster kriegerischer Verwicklungen, wenn solche in späterer Zukunft wieder einmal unser Land bedrohen sollten, dieser internationale Pfahl im nationalen Fleische unsrer Wehrfähigkeit sehr gefährlich werden könnte. Die Sozialdemokratie ist also die Hauptfeindin unsrer so notwendigen nationalen Wehrkraft. Die Sozialdemokratie aber ist ihrem ganzen Wesen nach nur eine Frucht der anglisierenden Geldsucht und der für uns daraus folgenden Genußsucht unsrer Zeit. > . So ergeben sich aus undeutscher Nachahmung englischen Wesens schwere wirt¬ schaftliche, moralische, physische und, besonders was die Wehrkraft anlangt, überhaupt allgemein nationale Gefahren, und wir sehen, daß der scheinbar so glänzende Fort¬ schritt von heute tatsächlich ein Rückschritt ist. Und es kann auch nicht verschwiegen werden, daß unsre Parlamente gegen diesen undeutschen Geist der Zeit kein ge¬ nügendes Bollwerk bilden. Auch hier überwiegen kurzsichtige Parteiinteressen, und die allgemein nationalen Interessen werden allemal in den Hintergrund geschoben. Um so dringender muß da, wenn auch unsre Parlamente versagen, die Frage lauten: Wie kann dem deutschen Volke aus diesen seine Zukunft schwer bedrohenden Gefahren Rettung werden? Das „Wie" an sich ist leicht beantwortet: dadurch, daß das deutsche Volk von der an und für sich schon unwürdigen Nachahmung fremden Wesens wieder abgewandt und zu Selbstbesinnung und dem daraus folgenden Selbstbewußt¬ sein und der sich daraus ergebenden Beharrung im eignen Wesen erzogen wird. Durch Rückerziehung also zur Beendigung eigner Art. Fragen wir Fremde, die Deutschland kennen gelernt haben, was sie am alten deutschen Wesen als eigne Art so sehr schätzen lernten, so nennen sie die Arbeitsfreudigkeit des Deutschen, seinen Trieb, die Arbeit zunächst um ihrer selbst willen und nicht nur im Hinblick auf den Gewinn zu verrichten. Zu diesem innern Kern seines Wesens, zur schlichten Kraftentfaltung ohne fortwährendes Hinschielen auf das Geld sollte der Deutsche zurückerzogen werden. Diese Rückerziehung würde von großer Folgewirkung für die gesamte Wirt¬ schaftspolitik Deutschlands sein. Erstens für die innere Politik: indem der gefähr¬ liche Prozeß der Landflucht zum Stillstand gebracht werden würde, wenn nämlich auch der kleine Mann vom Lande zu dem Gedanken zurückerzogen würde, daß es auch für ihn hauptsächlich auf Kraftentfaltung ankommt. Dann würde er sich mit Recht sagen, daß er seine Kraft ebenso gut auf dem Lande wie in der Stadt be¬ tätigen kann, ja besser noch, da ihm auf dem Lande seine Gesundheit in ganz anderm

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 65, 1906, Zweites Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341883_299040/622>, abgerufen am 24.07.2024.