Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Jg. 64, 1905, Erstes Vierteljahr.

Bild:
<< vorherige Seite
Lrnst von Lasaulx

Trümmer seiner übermütigen Vaterstadt voraussah. . . . Wohlwollende Freunde
wollen mich bereden, längern Irrfahrten und der Rückkehr entsagend, hier zu
bleiben, um bei der zu errichtenden Universität eine Stelle zu übernehmen; aber
ich habe zu wenig antiquarischen und noch weniger liberalphilanthropischen Sinn,
um mich jenen Schulmeisterhoffnuugen hinzugeben, auf die allein man den Glauben
an eine mögliche Regeneration dieses Landes gründen könnte; zudem würde die
Erkenntnis dessen, was ich bisher erstrebte, kaum die künftige Generation dieses
Volks interessieren.

Ende Juni kommt er nach Konstantiiwpcl:

Die Lage dieser Stadt erinnert auf den ersten Blick sehr an die von Neapel,
aber bei näherer Betrachtung ergibt sich der Vergleich als unstatthaft. Nur mit
Rom kann diese neue Siebenhügelstadt Konstantins verglichen, vielmehr ihm ent¬
gegengesetzt werden: dort der heilige Ernst und die Wahrheit des Todes, hier der
ganze Zauber der täuschenden Maja dieses Lebens. Und dieser Vergleich ist nicht zu¬
fällig oder ein eitles Spiel rhetorischer Deklamation; so wenig als es zufällig ist,
daß gerade diese beiden Städte -- die eine das Zentrum des Christentums ist,
die andre, das apokryphische El Rum des Koran, die Hauptstadt des Islam. Ich
habe während meines hiesigen Aufenthalts auch den Koran studiert. Der deutsche
Herausgeber, Professor Wahl in Halle, ist ein bornierter steifleinener Philister, der
statt sich um das Verständnis der großen Tatsache zu bemühen, lieber seinem ohn¬
mächtigen orthodoxen Ärger auf eine meist sehr alberne Weise Luft macht. Die
ungeheure Ausdehnung dieser Religion der unbedingten Ergebung und ihre mehr
als zwölfhundertjährige Dauer ist ein welthistorisches Faktum, das nicht damit
erklärt wird, daß man ihren Urheber einen schlauen Betrüger schilt. Auch der
Koran ist ein Evangelium, zwar ein apokryphes, aber ein Evangelium; der Herr
der Zeiten hat zu seiner Zeit auch den Islam gegeben, der, bei Gott!, keine be¬
deutungslose Manifestation Gottes ist. Das Verhältnis des Koran zum Judentum
und Christentum ist in den heiligen Büchern auf das bestimmteste ausgesprochen
sin der Geschichte Jsmaels, des Sohnes Abrahams von der Magd, der ebenfalls
von Gott gesegnet worden sei, wenn auch in geringerm Maße als das fleischliche
und das geistige Israels. Die Natur hat die ganze Fülle ihres vielgestaltigen
Reichtums über dies Land ausgeschüttet, und es wäre sehr Unrecht, zu behaupten,
die Türken hätten ihrerseits nichts getan. Sie haben vielmehr alles getan, die
Hauptstadt des Reiches ihrem Paradiese so ähnlich zu machen als möglich; jenem
Orte dauernder Seligkeit, wo die Gläubigen nach dem vorübergehenden Schmerz
dieses Lebens fürderhin den Tod nicht mehr schmecken, sondern in ewig grünen
Gärten, die von lebendigen Strömen durchflossen sind, wohnen und der ungetrübten
Anschauung Allahs sich erfreuen sollen. Darum siehst dn fast kein Wohnhaus ohne
seinen Garten, und überall auf allen öffentlichen Plätzen sind prachtvolle Brunnen
erbaut, wo aus goldnen s?^ Schalen der Durstige umsonst getränkt wird. Die
Unruhe der Wissenschaft und die geistverzehrende Sucht nach Erkenntnis ist ihnen
unbekannt -- ich weiß nicht, ob das ein Unglück ist. . . . sÄhnliche Betrachtungen
stellt Friedrich Seiler im vorjährigen 49. Heft der Grenzboten S. 567 an.j . . .
Ich habe hier Moscheen gesehen, die an Größe sowohl als Schönheit der Archi¬
tektur mit den schönsten und größten unsrer christlichen Kirchen verglichen werden
können. In keiner christlichen Kirche habe ich mit mehr stiller Würde und Audacht
beten gehört als im hiesigen Kloster der Susis. Deren mystische Tänze sind
offenbar ein Rest uralter astralischer Religion, eine Nachbildung der kosmischen
Bewegung der Gestirne. Was nun die Türken selbst betrifft, so kann ich bei
völliger Unkenntnis der Sprache und nach bloß vicrzehntägigem Herumlaufen
natürlich kein giltiges Urteil über sie haben; soviel aber kann ich doch versichern,
daß ich nirgendwo eine liebenswürdigere Menschenklasse gefunden habe als die
türkischen Kaufleute und Handwerker. Das neu europäisierte Militär sieht zwar


Lrnst von Lasaulx

Trümmer seiner übermütigen Vaterstadt voraussah. . . . Wohlwollende Freunde
wollen mich bereden, längern Irrfahrten und der Rückkehr entsagend, hier zu
bleiben, um bei der zu errichtenden Universität eine Stelle zu übernehmen; aber
ich habe zu wenig antiquarischen und noch weniger liberalphilanthropischen Sinn,
um mich jenen Schulmeisterhoffnuugen hinzugeben, auf die allein man den Glauben
an eine mögliche Regeneration dieses Landes gründen könnte; zudem würde die
Erkenntnis dessen, was ich bisher erstrebte, kaum die künftige Generation dieses
Volks interessieren.

Ende Juni kommt er nach Konstantiiwpcl:

Die Lage dieser Stadt erinnert auf den ersten Blick sehr an die von Neapel,
aber bei näherer Betrachtung ergibt sich der Vergleich als unstatthaft. Nur mit
Rom kann diese neue Siebenhügelstadt Konstantins verglichen, vielmehr ihm ent¬
gegengesetzt werden: dort der heilige Ernst und die Wahrheit des Todes, hier der
ganze Zauber der täuschenden Maja dieses Lebens. Und dieser Vergleich ist nicht zu¬
fällig oder ein eitles Spiel rhetorischer Deklamation; so wenig als es zufällig ist,
daß gerade diese beiden Städte — die eine das Zentrum des Christentums ist,
die andre, das apokryphische El Rum des Koran, die Hauptstadt des Islam. Ich
habe während meines hiesigen Aufenthalts auch den Koran studiert. Der deutsche
Herausgeber, Professor Wahl in Halle, ist ein bornierter steifleinener Philister, der
statt sich um das Verständnis der großen Tatsache zu bemühen, lieber seinem ohn¬
mächtigen orthodoxen Ärger auf eine meist sehr alberne Weise Luft macht. Die
ungeheure Ausdehnung dieser Religion der unbedingten Ergebung und ihre mehr
als zwölfhundertjährige Dauer ist ein welthistorisches Faktum, das nicht damit
erklärt wird, daß man ihren Urheber einen schlauen Betrüger schilt. Auch der
Koran ist ein Evangelium, zwar ein apokryphes, aber ein Evangelium; der Herr
der Zeiten hat zu seiner Zeit auch den Islam gegeben, der, bei Gott!, keine be¬
deutungslose Manifestation Gottes ist. Das Verhältnis des Koran zum Judentum
und Christentum ist in den heiligen Büchern auf das bestimmteste ausgesprochen
sin der Geschichte Jsmaels, des Sohnes Abrahams von der Magd, der ebenfalls
von Gott gesegnet worden sei, wenn auch in geringerm Maße als das fleischliche
und das geistige Israels. Die Natur hat die ganze Fülle ihres vielgestaltigen
Reichtums über dies Land ausgeschüttet, und es wäre sehr Unrecht, zu behaupten,
die Türken hätten ihrerseits nichts getan. Sie haben vielmehr alles getan, die
Hauptstadt des Reiches ihrem Paradiese so ähnlich zu machen als möglich; jenem
Orte dauernder Seligkeit, wo die Gläubigen nach dem vorübergehenden Schmerz
dieses Lebens fürderhin den Tod nicht mehr schmecken, sondern in ewig grünen
Gärten, die von lebendigen Strömen durchflossen sind, wohnen und der ungetrübten
Anschauung Allahs sich erfreuen sollen. Darum siehst dn fast kein Wohnhaus ohne
seinen Garten, und überall auf allen öffentlichen Plätzen sind prachtvolle Brunnen
erbaut, wo aus goldnen s?^ Schalen der Durstige umsonst getränkt wird. Die
Unruhe der Wissenschaft und die geistverzehrende Sucht nach Erkenntnis ist ihnen
unbekannt — ich weiß nicht, ob das ein Unglück ist. . . . sÄhnliche Betrachtungen
stellt Friedrich Seiler im vorjährigen 49. Heft der Grenzboten S. 567 an.j . . .
Ich habe hier Moscheen gesehen, die an Größe sowohl als Schönheit der Archi¬
tektur mit den schönsten und größten unsrer christlichen Kirchen verglichen werden
können. In keiner christlichen Kirche habe ich mit mehr stiller Würde und Audacht
beten gehört als im hiesigen Kloster der Susis. Deren mystische Tänze sind
offenbar ein Rest uralter astralischer Religion, eine Nachbildung der kosmischen
Bewegung der Gestirne. Was nun die Türken selbst betrifft, so kann ich bei
völliger Unkenntnis der Sprache und nach bloß vicrzehntägigem Herumlaufen
natürlich kein giltiges Urteil über sie haben; soviel aber kann ich doch versichern,
daß ich nirgendwo eine liebenswürdigere Menschenklasse gefunden habe als die
türkischen Kaufleute und Handwerker. Das neu europäisierte Militär sieht zwar


<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <pb facs="#f0330" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/87808"/>
          <fw type="header" place="top"> Lrnst von Lasaulx</fw><lb/>
          <p xml:id="ID_1380" prev="#ID_1379"> Trümmer seiner übermütigen Vaterstadt voraussah. . . . Wohlwollende Freunde<lb/>
wollen mich bereden, längern Irrfahrten und der Rückkehr entsagend, hier zu<lb/>
bleiben, um bei der zu errichtenden Universität eine Stelle zu übernehmen; aber<lb/>
ich habe zu wenig antiquarischen und noch weniger liberalphilanthropischen Sinn,<lb/>
um mich jenen Schulmeisterhoffnuugen hinzugeben, auf die allein man den Glauben<lb/>
an eine mögliche Regeneration dieses Landes gründen könnte; zudem würde die<lb/>
Erkenntnis dessen, was ich bisher erstrebte, kaum die künftige Generation dieses<lb/>
Volks interessieren.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_1381"> Ende Juni kommt er nach Konstantiiwpcl:</p><lb/>
          <p xml:id="ID_1382" next="#ID_1383"> Die Lage dieser Stadt erinnert auf den ersten Blick sehr an die von Neapel,<lb/>
aber bei näherer Betrachtung ergibt sich der Vergleich als unstatthaft. Nur mit<lb/>
Rom kann diese neue Siebenhügelstadt Konstantins verglichen, vielmehr ihm ent¬<lb/>
gegengesetzt werden: dort der heilige Ernst und die Wahrheit des Todes, hier der<lb/>
ganze Zauber der täuschenden Maja dieses Lebens. Und dieser Vergleich ist nicht zu¬<lb/>
fällig oder ein eitles Spiel rhetorischer Deklamation; so wenig als es zufällig ist,<lb/>
daß gerade diese beiden Städte &#x2014; die eine das Zentrum des Christentums ist,<lb/>
die andre, das apokryphische El Rum des Koran, die Hauptstadt des Islam. Ich<lb/>
habe während meines hiesigen Aufenthalts auch den Koran studiert. Der deutsche<lb/>
Herausgeber, Professor Wahl in Halle, ist ein bornierter steifleinener Philister, der<lb/>
statt sich um das Verständnis der großen Tatsache zu bemühen, lieber seinem ohn¬<lb/>
mächtigen orthodoxen Ärger auf eine meist sehr alberne Weise Luft macht. Die<lb/>
ungeheure Ausdehnung dieser Religion der unbedingten Ergebung und ihre mehr<lb/>
als zwölfhundertjährige Dauer ist ein welthistorisches Faktum, das nicht damit<lb/>
erklärt wird, daß man ihren Urheber einen schlauen Betrüger schilt. Auch der<lb/>
Koran ist ein Evangelium, zwar ein apokryphes, aber ein Evangelium; der Herr<lb/>
der Zeiten hat zu seiner Zeit auch den Islam gegeben, der, bei Gott!, keine be¬<lb/>
deutungslose Manifestation Gottes ist. Das Verhältnis des Koran zum Judentum<lb/>
und Christentum ist in den heiligen Büchern auf das bestimmteste ausgesprochen<lb/>
sin der Geschichte Jsmaels, des Sohnes Abrahams von der Magd, der ebenfalls<lb/>
von Gott gesegnet worden sei, wenn auch in geringerm Maße als das fleischliche<lb/>
und das geistige Israels. Die Natur hat die ganze Fülle ihres vielgestaltigen<lb/>
Reichtums über dies Land ausgeschüttet, und es wäre sehr Unrecht, zu behaupten,<lb/>
die Türken hätten ihrerseits nichts getan. Sie haben vielmehr alles getan, die<lb/>
Hauptstadt des Reiches ihrem Paradiese so ähnlich zu machen als möglich; jenem<lb/>
Orte dauernder Seligkeit, wo die Gläubigen nach dem vorübergehenden Schmerz<lb/>
dieses Lebens fürderhin den Tod nicht mehr schmecken, sondern in ewig grünen<lb/>
Gärten, die von lebendigen Strömen durchflossen sind, wohnen und der ungetrübten<lb/>
Anschauung Allahs sich erfreuen sollen. Darum siehst dn fast kein Wohnhaus ohne<lb/>
seinen Garten, und überall auf allen öffentlichen Plätzen sind prachtvolle Brunnen<lb/>
erbaut, wo aus goldnen s?^ Schalen der Durstige umsonst getränkt wird. Die<lb/>
Unruhe der Wissenschaft und die geistverzehrende Sucht nach Erkenntnis ist ihnen<lb/>
unbekannt &#x2014; ich weiß nicht, ob das ein Unglück ist. . . . sÄhnliche Betrachtungen<lb/>
stellt Friedrich Seiler im vorjährigen 49. Heft der Grenzboten S. 567 an.j . . .<lb/>
Ich habe hier Moscheen gesehen, die an Größe sowohl als Schönheit der Archi¬<lb/>
tektur mit den schönsten und größten unsrer christlichen Kirchen verglichen werden<lb/>
können. In keiner christlichen Kirche habe ich mit mehr stiller Würde und Audacht<lb/>
beten gehört als im hiesigen Kloster der Susis. Deren mystische Tänze sind<lb/>
offenbar ein Rest uralter astralischer Religion, eine Nachbildung der kosmischen<lb/>
Bewegung der Gestirne. Was nun die Türken selbst betrifft, so kann ich bei<lb/>
völliger Unkenntnis der Sprache und nach bloß vicrzehntägigem Herumlaufen<lb/>
natürlich kein giltiges Urteil über sie haben; soviel aber kann ich doch versichern,<lb/>
daß ich nirgendwo eine liebenswürdigere Menschenklasse gefunden habe als die<lb/>
türkischen Kaufleute und Handwerker. Das neu europäisierte Militär sieht zwar</p><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0330] Lrnst von Lasaulx Trümmer seiner übermütigen Vaterstadt voraussah. . . . Wohlwollende Freunde wollen mich bereden, längern Irrfahrten und der Rückkehr entsagend, hier zu bleiben, um bei der zu errichtenden Universität eine Stelle zu übernehmen; aber ich habe zu wenig antiquarischen und noch weniger liberalphilanthropischen Sinn, um mich jenen Schulmeisterhoffnuugen hinzugeben, auf die allein man den Glauben an eine mögliche Regeneration dieses Landes gründen könnte; zudem würde die Erkenntnis dessen, was ich bisher erstrebte, kaum die künftige Generation dieses Volks interessieren. Ende Juni kommt er nach Konstantiiwpcl: Die Lage dieser Stadt erinnert auf den ersten Blick sehr an die von Neapel, aber bei näherer Betrachtung ergibt sich der Vergleich als unstatthaft. Nur mit Rom kann diese neue Siebenhügelstadt Konstantins verglichen, vielmehr ihm ent¬ gegengesetzt werden: dort der heilige Ernst und die Wahrheit des Todes, hier der ganze Zauber der täuschenden Maja dieses Lebens. Und dieser Vergleich ist nicht zu¬ fällig oder ein eitles Spiel rhetorischer Deklamation; so wenig als es zufällig ist, daß gerade diese beiden Städte — die eine das Zentrum des Christentums ist, die andre, das apokryphische El Rum des Koran, die Hauptstadt des Islam. Ich habe während meines hiesigen Aufenthalts auch den Koran studiert. Der deutsche Herausgeber, Professor Wahl in Halle, ist ein bornierter steifleinener Philister, der statt sich um das Verständnis der großen Tatsache zu bemühen, lieber seinem ohn¬ mächtigen orthodoxen Ärger auf eine meist sehr alberne Weise Luft macht. Die ungeheure Ausdehnung dieser Religion der unbedingten Ergebung und ihre mehr als zwölfhundertjährige Dauer ist ein welthistorisches Faktum, das nicht damit erklärt wird, daß man ihren Urheber einen schlauen Betrüger schilt. Auch der Koran ist ein Evangelium, zwar ein apokryphes, aber ein Evangelium; der Herr der Zeiten hat zu seiner Zeit auch den Islam gegeben, der, bei Gott!, keine be¬ deutungslose Manifestation Gottes ist. Das Verhältnis des Koran zum Judentum und Christentum ist in den heiligen Büchern auf das bestimmteste ausgesprochen sin der Geschichte Jsmaels, des Sohnes Abrahams von der Magd, der ebenfalls von Gott gesegnet worden sei, wenn auch in geringerm Maße als das fleischliche und das geistige Israels. Die Natur hat die ganze Fülle ihres vielgestaltigen Reichtums über dies Land ausgeschüttet, und es wäre sehr Unrecht, zu behaupten, die Türken hätten ihrerseits nichts getan. Sie haben vielmehr alles getan, die Hauptstadt des Reiches ihrem Paradiese so ähnlich zu machen als möglich; jenem Orte dauernder Seligkeit, wo die Gläubigen nach dem vorübergehenden Schmerz dieses Lebens fürderhin den Tod nicht mehr schmecken, sondern in ewig grünen Gärten, die von lebendigen Strömen durchflossen sind, wohnen und der ungetrübten Anschauung Allahs sich erfreuen sollen. Darum siehst dn fast kein Wohnhaus ohne seinen Garten, und überall auf allen öffentlichen Plätzen sind prachtvolle Brunnen erbaut, wo aus goldnen s?^ Schalen der Durstige umsonst getränkt wird. Die Unruhe der Wissenschaft und die geistverzehrende Sucht nach Erkenntnis ist ihnen unbekannt — ich weiß nicht, ob das ein Unglück ist. . . . sÄhnliche Betrachtungen stellt Friedrich Seiler im vorjährigen 49. Heft der Grenzboten S. 567 an.j . . . Ich habe hier Moscheen gesehen, die an Größe sowohl als Schönheit der Archi¬ tektur mit den schönsten und größten unsrer christlichen Kirchen verglichen werden können. In keiner christlichen Kirche habe ich mit mehr stiller Würde und Audacht beten gehört als im hiesigen Kloster der Susis. Deren mystische Tänze sind offenbar ein Rest uralter astralischer Religion, eine Nachbildung der kosmischen Bewegung der Gestirne. Was nun die Türken selbst betrifft, so kann ich bei völliger Unkenntnis der Sprache und nach bloß vicrzehntägigem Herumlaufen natürlich kein giltiges Urteil über sie haben; soviel aber kann ich doch versichern, daß ich nirgendwo eine liebenswürdigere Menschenklasse gefunden habe als die türkischen Kaufleute und Handwerker. Das neu europäisierte Militär sieht zwar

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

Nachkorrektur erfolgte automatisch.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341881_87477
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341881_87477/330
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 64, 1905, Erstes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341881_87477/330>, abgerufen am 23.07.2024.